Weißt du noch, Mutter, wie oft ich vom Tische weglief, weil ich das Lachen nicht verbeißen konnte?

MUTTER. Wie sollte ich das nicht mehr wissen! Wenn dein Vater Sorgen hatte und ein ernstes Geschäft besprach, dann fandest du das lächerlich. Und wenn man dich bei irgendeinem Geschäft einmal dringend nötig gehabt hätte, dann warst du nirgends zu finden.

FRANZISKA. Selbstverständlich! Schöne Erinnerungen hab' ich nur an die Bergabhänge rings ums Schloß herum. Das Innere des Schlosses mitsamt dem Hof und seinen schattigen Plätzen war mir immer ein Grauen. Im Innern war der Krieg und draußen der Friede. Wie oft stand ich am Tor, den Klopfer in der Hand, und fragte mich, welche Entsetzlichkeit, eingeschlagene Türen oder zerkratzte Gesichter, mich drinnen überraschen würde. Dann stellte ich mir in Gedanken alle Scheußlichkeiten vor. Ich hatte den verrückten Aberglauben, daß von dem, was man sich vorgestellt hat, nichts eintreffen könnte, weil dann die Überraschung wegfiel. – Aber das Lachen, das mich bei Tisch überkam, war doch nur der Ausdruck meiner hilflosen Traurigkeit über eure unsinnigen Zänkereien. Seitdem lache ich, wenn[14] ich etwas Entsetzliches höre. Das ist herzlos. Das ist unmenschlich. Aber daran bin doch ich nicht schuld.

MUTTER. Das ist alles noch kein Grund, dich bei deinem ersten Ausflug in die Welt vom ersten besten Menschen, der dir in den Weg kommt, verführen zu lassen.

FRANZISKA. Es ist ihm gar nicht eingefallen, mich zu verführen.

MUTTER. Ich lasse mich doch von meinem eigenen Kind nicht zum Narren halten! Was tat er denn sonst?

FRANZISKA. Ich habe ihn verführt. Es war gar nicht so leicht.

MUTTER. Immer nur deine freche, kaltherzige Prahlerei!

FRANZISKA. Ich wollte meine Unschuld endlich loswerden.

MUTTER. Der Mann scheint dir ja gehörige Grillen in den Kopf gesetzt zu haben, um zu seinem Ziele zu kommen.

FRANZISKA. Wenn er das geringste von meinem Entschluß geahnt hätte, dann hätte er mir mit dem tiefsten Abscheu den Rücken gekehrt.

MUTTER. Daran hätte er weiß Gott im Himmel recht getan.[15]

FRANZISKA. Hast du mich denn zur Welt gebracht, Mutter, damit ich mich als alte Jungfer zur Schöpfung hinausschleiche? Ich wollte mich nicht mit einem ungebildeten Menschen einlassen. Was soll man tun, wenn einem die Ehe von den eigenen Eltern als die scheußlichste Menschenquälerei vorgeführt wurde!

MUTTER. Aber um Gottes willen, mein Kind, bedenkst du denn in deiner Hirnlosigkeit nicht, daß du dir auf einmal die erdrückendsten Entbehrungen und Opfer aufgeladen haben kannst? – Denn das schwöre ich dir, an mich denk' nur ja nicht, wenn du ein Dach für deinen Bastard suchst! Höhnisch. Oder hast du dir auch das Wasser schon ausgewählt, in dem du dich ertränken willst?

FRANZISKA. Ich bin in einer Geburtsversicherung.

MUTTER. So, so. – In einer ...