Von dieser führte ein Ausgang in den Wirtschaftshof.
Um der jungen Arztfrau ein Vergnügen zu bereiten, zeigte ihr der Marquis die Ställe. Über den korbartigen Raufen waren Porzellanschilder angebracht, auf denen in schwarzen Buchstaben die Namen der Pferde standen. Man blieb an den einzelnen Boxen stehen, und wenn man mit der Zunge schnalzte, scharrten die Tiere. Die Dielen in der Sattel- und Geschirrkammer waren blank gewichst wie Salonparkett. Die Wagengeschirre ruhten in der Mitte des Raumes auf drehbaren Böcken, während die Kandaren, Trensen, Kinnketten, Steigbügel, Zügel und Peitschen wohlgeordnet zu Reihen an den Wänden hingen.
Karl bat einen Stallburschen, sein Gefährt zurechtzumachen. Sodann fuhr er vor. Das ganze Gepäck ward aufgepackt. Das Ehepaar Bovary bedankte und verabschiedete sich bei dem Marquis und der Marquise. Und heim ging es nach Tostes.
Schweigsam sah Emma dem Drehen der Räder zu. Karl saß auf dem äußersten Ende des Sitzes und kutschierte mit abstehenden Ellbogen. Das kleine Pferd lief im Zotteltrab dahin, in seiner Gabel, die ihm viel zu weit war. Die schlaffen Zügel tanzten auf der Kruppe des Gaules. Gischt flatterte. Der Koffer, der hinten angeschnallt war, saß nicht recht fest und polterte in einem fort im Takte an den Wagenkasten.
Auf der Höhe von Thibourville wurden sie plötzlich von ein paar Reitern überholt. Lachende Gesichter und Zigarettenrauch. Emma glaubte, den Vicomte zu bemerken. Sie schaute ihm nach, aber sie vermochte nichts zu erkennen als die Konturen der Reiter, die sich vom Himmel abhoben und sich im Rhythmus des Trabes auf und nieder bewegten.
Wenige Minuten später mußten sie Halt machen, um die zerrissene Hemmkette mit einem Strick festzubinden. Als Karl das ganze Geschirr noch einmal überblickte, gewahrte er zwischen den Beinen seines Pferdes einen Gegenstand liegen. Er hob eine Zigarrentasche auf; sie war mit grüner Seide gestickt und auf der Mitte der Oberseite mit einem Wappen geschmückt.
„Es sind sogar zwei Zigarren drin!“ sagte er. „Die kommen heute abend nach dem Essen dran!“
„Du rauchst demnach?“ fragte Emma.
„Manchmal! Gelegentlich!“
Er steckte seinen Fund in die Tasche und gab dem Gaul eins mit der Peitsche.
Als sie zu Hause ankamen, war das Mittagessen noch nicht fertig. Frau Bovary war unwillig darüber. Anastasia gab eine dreiste Antwort.
„Scheren Sie sich fort“ rief Emma. „Sie machen sich über mich lustig. Sie sind entlassen!“
Zu Tisch gab es Zwiebelsuppe und Kalbfleisch mit Sauerkraut. Karl saß seiner Frau gegenüber. Er rieb sich die Hände und meinte vergnügt:
„Zu Hause ists doch am schönsten!“
Man hörte, wie Anastasia draußen weinte. Karl hatte das arme Ding gern. Ehedem, in der trostlosen Einsamkeit seiner Witwerzeit, hatte sie ihm so manchen Abend Gesellschaft geleistet. Sie war seine erste Patientin gewesen, seine älteste Bekannte in der ganzen Gegend.
„Hast du ihr im Ernst gekündigt?“ fragte er nach einer Weile.
„Gewiß! Warum soll ich auch nicht?“ gab Emma zur Antwort.
Nach Tisch wärmten sich die beiden in der Küche, während die Große Stube wieder in Ordnung gebracht wurde. Karl brannte sich eine der Zigarren an.
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