Das sehr kleine Schlafzimmer der Eltern befand sich am andern Ende der Wohnung, vom Salon durch das Speisezimmer getrennt, war gelb ausgeschlagen und mit einem Doppelbett, einem Spiegelschrank und einem Toilettetisch in Zypressenholz möbliert. Endlich im Speisezimmer triumphierte das klassische Alteichen, inmitten dessen eine sehr stark vergoldete Hängelampe, oberhalb des blendend weißen Gedeckes, wie ein Feuerstrahl erglänzte.

»Das ist ja reizend!« wiederholte Mathieu, um liebenswürdig zu sein. »Das ist ja wunderhübsch!«

Vater, Mutter und Tochter waren freudig erregt, konnten sich nicht genugtun, ihn herumzuführen, ihm zu erklären, ihn die Sachen berühren zu lassen. Aber was ihm besonders auffiel, das war ein gewisses schon Gesehenes, eine Anordnung des Salons, welche er kannte, eine Art, die verschiedenen Dinge zu verteilen, die ihn an etwas erinnerte. Und dann sah er, daß die Morange in ihrer tiefen Bewunderung, in ihrem geheimen Neide versucht hatten, die Beauchêne nach Möglichkeit zu kopieren. Sie, mit ihren beschränkten Mitteln, konnten sich nur einen imitierten Luxus verschaffen, und auch diesen nur unter beträchtlichen Opfern; aber trotzdem waren sie darauf stolz, bildeten sich ein, sich dieser höheren und heißbeneideten Klasse zu nähern, indem sie sie von weitem nachahmten.

»Und endlich,« sagte Morange, das Fenster des Speisezimmers öffnend, »haben wir das da.«

Ein Balkon lief der ganzen Wohnung entlang. Von dieser Höhe war die Aussicht wirklich sehr schön, mit der Seine in langem Lauf und den Hügeln von Passy jenseits der Dächer – dieselbe Aussicht, die man von den Fenstern des Beauchêneschen Wohnhauses genoß, nur erweitert.

Valérie verfehlte auch nicht, ihn darauf aufmerksam zu machen.

»Wie? Ist das nicht großartig? Das ist etwas andres als die vier Bäume, die man vom Kai aus sieht!«

Das Dienstmädchen brachte die Eier, und man setzte sich zu Tische, während Morange triumphierend sagte, dies alles koste ihn nicht mehr als sechzehnhundert Franken jährlich. Es sei halb umsonst, sagte er, obgleich die Summe schwer auf dem Budget des Haushaltes lastete. Mathieu, der nunmehr begriff, daß man ihn hauptsächlich eingeladen hatte, um ihm die neue Wohnung zu zeigen, sah mit stiller Heiterkeit, wie glücklich diese guten Leute waren, vor ihm zu stolzieren. Selbst ohne jeden berechnenden Ehrgeiz, ohne Neid für den Luxus andrer Leute, zufrieden damit, in aller Einfachheit mit seiner Marianne und seinen Kindern zu leben, verwunderte er sich lediglich über diese von der Sucht zu scheinen und sich zu bereichern gefolterte Familie, betrachtete sie ohne Zorn, lächelnd und doch ein wenig traurig.

Valérie trug ein hübsches Kleid aus leichtem Foulard mit gelben Blumen, während ihre Tochter Reine, welche sie kokett zu kleiden liebte, in blauem Leinenkleide war. Und auch die Mahlzeit war zu reichlich: Seezungen nach den Eiern, sodann Koteletten, dann Spargel. Das Gespräch drehte sich um Janville.

»Ihre Kinder befinden sich also wohl? Es sind so reizende Kinder! – Und es gefällt Ihnen auf dem Lande. Es ist merkwürdig, ich glaube, ich würde mich da langweilen, es fehlt zu sehr an Zerstreuung. – Sicherlich werden wir uns das Vergnügen machen, Sie da zu besuchen, da Madame Froment so liebenswürdig ist, uns einzuladen.«

Aber unabwendbar geriet das Gespräch wieder auf die Beauchêne. Es war eine Manie bei den Morange; sie lebten in einer fortwährenden Bewunderung, welche nicht frei von versteckter Kritik war. Valérie, sehr stolz darauf, von Constance an ihrem Jour empfangen zu werden und von ihr zweimal zum Diner eingeladen worden zu sein, hatte sich ebenfalls einen Jour bestimmt, den Dienstag, gab intime Abendgesellschaften, ruinierte sich in kleinen Luxusausgaben. Sie sprach auch mit großer Ehrerbietung von Madame de Séguin du Hordel, von dem prächtigen Palais in der Avenue d’Antin, wohin Constance sie einmal gefälligerweise zu einem Ball hatte laden lassen. Und sie zeigte sich noch eitler auf die Freundschaft, welche ihr Sérafine, die Schwester Beauchênes, zuteil werden ließ, die sie nie anders als die Frau Baronin de Lowicz nannte.

»Sie ist einmal zu meinem Jour gekommen, sie ist so liebenswürdig und so heiter! Sie haben sie früher gekannt, nicht wahr, nach ihrer Heirat, nachdem sie sich mit ihrem Bruder wieder aussöhnte, mit dem sie sich infolge ihrer bedauerlichen Geldstreitigkeiten entzweit hatte. Das ist eine, die Madame Beauchêne nicht ins Herz geschlossen hat!«

Und sie kam wieder auf diese zu sprechen, fand, daß der kleine Maurice, so dick er war, kein gesundes Aussehen hatte, ließ durchblicken, welch schrecklicher Schlag es für die Eltern wäre, wenn sie diesen einzigen Sohn verlören. Sie hätten sehr unrecht, ihm nicht einen kleinen Bruder zu geben. Aber sie tat, als habe sie ganz im Vertrauen aus kompetentestem Munde erfahren, daß es die Frau sei, welche sich, mehr noch als der Mann, widersetze. Sie zwinkerte mit den Augen, Reines wegen, die unbefangen auf ihren Teller blickte, erzählte aber gleichwohl von einer Freundin, welche keine Kinder wolle, während der Mann deren wolle: also richte diese Freundin sich ein. »Aber,« sagte Mathieu lachend, »es scheint mir, daß auch Sie sich einrichten.«

»Oh!« rief Morange, »wie können Sie uns arme Leute mit Monsieur und Madame Beauchêne vergleichen, die so reich sind! Sie sollen mir ihr Vermögen, ihre Stellung geben, und ich bin einverstanden, ein Dutzend Kinder zu haben!«

»Und dann,« sagte Valérie mit einem leichten Schauder, »noch eine Tochter zu haben, ich danke! Ja, wenn wir sicher wären, einen Knaben zu bekommen, würden wir uns vielleicht dazu verleiten lassen.