Gedichte

Arndt, Ernst Moritz

Gedichte

 

Die große eBook-Bibliothek der Weltliteratur

 

Ernst Moritz Arndt

Gedichte

 

Hermanns Siegeslied

Wodan, Donnerer sie sanken,

Die Eroberer,

Die Tyrannen, durch der schlanken

Deutschen Todesspeer.

 

Ha! wie hieben löwenmutig

Todeswunden wir!

Ächzend flohen sie und blutig,

Jauchzend folgten wir.

 

Und die Fesseln ferner Welten

Sind gerächt, und nie

Sehen wir an unsern Belten

Nie als Herren sie.

 

Wodan, Dank! Tuiskons Söhne

Sind noch deiner wert,

Sieg sind ihrer Schilde Töne,

Tod ihr Heldenschwert.

 

Um die schimmernden Altäre

Mit dem Eichenkranz

Tanzen wir zu deiner Ehre

Frei den Lanzentanz.

 

Adler mit den blutigen Schwingen,

Flögt ihr luft'gen Pfad,

Um zum Kapitol zu bringen,

Was der Deutsche tat.

 

Denn es schweigt der Felderrn Rufen,

Schweigt der kleinste Mann;

Keiner, der auf Rosseshufen

Dieser Schlacht entrann.

 

Wein' itzt alle deine Götter,

August, um dich her!

In der Nacht der Eichenblätter

Herrschet Wodan mehr.

Liebeskraft

 

1796.

 

Wem flammet der Begeistrung heil'ges Feuer?

Wem pocht des Busens ungestümer Drang?

Wem braust der Strom durch meine goldne Leier

So freudig wie der Frühlingsbäche Klang?

 

O dir, die an dem weiten Flammenbusen

Die Pulse aller Wesen liebend wärmt

Und allgewaltig um den Born der Musen

Und um des Helden Tatenträume schwärmt.

 

Dir, Himmlische, schlag' ich die goldnen Saiten,

Dir rieselt meines Liedes Silberton,

Urania; schon in den Blütenzeiten

Der Vorwelt funkelte dein Feuerthron;

 

Du schlugest in das Chaos Lebensfunken,

Und Welten sprangen jubelnd aus dem Nichts,

Es kreisten Monde, Sonnen flogen, trunken

Des neuen Seins, die goldne Bahn des Lichts;

 

Von deinem Odem sprudelte die Quelle,

Die Blume öffnete den duft'gen Schoß,

Der Fisch durchschlüpfte seine Silberwelle

Und Würmchen liebten auf dem Erdenkloß.

 

Wes ist das Land, das Menschen aneinander

Mit losen Schlingen unauflöslich schnürt

Und freundlich seinen schlängelnden Mäander

Des Lebens leichten Schatten niederführt?

 

Von wessen Odem weht die heil'ge Flamme,

Die Purpur auf des Mädchens Wange haucht

Und, aufzudringen zu dem Götterstamme,

Im Styx der Kraft den Jüngling untertaucht?

 

Was färbt dem Morgenrot die Rosenwangen?

Was lehrt die Erden und die Sonne fliehn?

Die Blütenzweige flüsternd sich umfangen?

Die Blumen an der Blumen Lippen glühn?

 

O laß auch mich an deinen Busen fallen! –

Er schlägt für alles Leben ja so weit –

Mit deinen tausend Wogen laß mich wallen

Hinab den Strom in die Unendlichkeit.

Freude

 

1797.

 

Freundlich leuchten dir Sonne, Mond und Sterne,

Freundlich schimmert das Blumenkleid der Erde,

Tiefer rauschet das Meer mit seinen Wellen

Furchtbar und lieblich.

 

Droben kreist in Sonnenglut der Adler,

Drunten sumset der Käfer und die Milbe,

Aus den Büschen tönen der Nachtigallen

Zärtliche Lieder.

 

Ja, du bist schön und golden, Mutter Erde,

Schön in deinen rosigen Abendlocken,

Duftig in deines Erwachens Silberschimmer,

Bräutlich und züchtig.

 

Lustig hüpfest du hin im Weltentanze,

Alle deine Kinder am warmen Herzen,

Wandelst freudig dahin in deiner Sonne

Funkelndem Reigen.

 

Lustig sei und lachend des Menschen Stirne!

Nur dem Fröhlichen blüht der Baum des Lebens,

Dem Unschuldigen rinnt der Born der Jugend

Auch noch im Alter.

 

Heiter schwimmet die Luft mit ihren Sternen

Auf dem Busen des sanftbewegten Meeres,

Doch gestaltlos zittern auf wilden Wogen

Bleichende Schimmer.

Lied

 

1798.

 

Herrliche Sonne, du leuchtest hier oben,

Mond und Gestirne, ihr wandelt herab –

Weil ich denn liebe, so will ich euch loben,

Frühe bescheint ihr des Schlummernden Grab.

 

Singe mir, heilige Stimme der Liebe,

Nachtigallkehle, den kurzen Gesang,

Riesle mir, murmelnde Quelle, bis trübe

Lethe mir reichet den traurigen Trank;

 

Spielet, ihr Götter der Freude, ihr losen

Freundlichen Knaben, im holden Verein,

Kränzet die rosige Stirne mit Rosen,

Füllet den Becher mit goldenem Wein!

 

Führt in der Schönheit umschmeichelnden Banden,

Musen und Grazien, führt mich die Bahn.

Reich mit den Blüten Mnemosynens landen

Eure Geweihten im stygischen Kahn.

Klage

 

1798.

 

Was wehst du, süße Himmelsluft,

Um meine frischen Locken?

Was streut ihr, Zweige, Balsamduft

In weißen Blütenflocken?

Was flötest du, o Nachtigall,

Der Minne Freud' mit süßem Schall?

Was klingt in frohen Wellen

Ihr, kleine Murmelquellen?

 

Die Rose blüht, das Wasser rauscht

Im Frühlingsklange hinnen,

Die Jugend spielt am Bach und lauscht

Mit süßbetörten Sinnen –

O holde Jugend, bald verbleicht

Die Blum' am Bache, bald entfleucht

Der Liebe Zauberkehle

Den Büschen, Philomele.

 

Der Pflüger mit dem Lerchensang

Begrüßt den Tau der Frühe,

Der Schnitter geht im Sensenklang

Gebückt den Tag der Mühe;

Dann schwellt ihm die beklommne Brust

Erinnrung der entflohnen Lust,

Er fühlt des Lebens Narben

Und weint auf seine Garben.

 

Des Lebens Schöne ist ein Traum.

So klingt der Weisen Klage:

Er spielet um der Wiege Flaum

Mit goldnem Flügelschlage,

Wird dann zum heißen Mittagswind,

Daß Schweiß uns von der Stirne rinnt,

Und stürmt zuletzt in Flocken

Um unsre grauen Locken.

 

Doch manche holde Blume sinkt

Auch in dem Lenz der Tage,

Des grausen Schnitters Sense blinkt

Mit jedem Glockenschlage,

Sie mäht den Jüngling und den Greis,

Die Jungfrau mit dem Myrtenreis

Und bleicht die zarten Züge

Des Kindleins in der Wiege.

Ad locum

 

1799.

 

Zapft die Tonnen, füllt die Gläser,

Heute laßt uns fröhlich sein!

Ach! bald säuseln grüne Gräser

Auch um unsern grauen Stein:

Unser Leben schwingt die Flügel,

Hinkend holt der Tod es ein,

Um der Gräber stille Hügel

Klingt kein Jubel, fließt kein Wein.

 

Sonn' und Sterne fliegen trunken

Durch des Himmels blaue Bahn,

Frohberauschet läuten Unken

Und begeistert singt der Schwan;

Wenn die Nektarflut der Tonne

In den blanken Becher fleußt,

Flieget über Mond und Sonne

Des entzückten Zechers Geist.

 

Evan, Heil dir! Sorgenbrecher!

Freudenbringer, Heil und Preis!

Du erlabst den matten Zecher,

Du entflammst des Alters Eis,

Rötest die gebleichten Wangen,

Stärkest das gebogne Knie

Und erschreckst des Grames Schlangen

Durch der Lieder Melodie.

 

Heil dir, Göttersohn der Traube!

Jubelt, Saiten! Becher, klingt,

Bis man mit dem Trauerlaube

Unsre Urnen still umschlingt.

Hier in Bacchus' Heiligtume

Herrsche das Gesetz der Lust!

Ach! es traur't der Jugend Blume

Bald verwelkt an unsrer Brust.

Stammbuchblatt

 

1799.

 

Was ist Liebe? Eine zarte Blume,

Die zerflattert, wenn die Hand sie pflückt,

Eine Göttin, die im Heiligtume

Nur durch Anschaun Sterbliche beglückt,

Eine Biene, die mit leichtem Wallen

Wenig Stunden um die Kelche summt,

Eine Melodie der Nachtigallen,

Die nach kurzem Lenz verstummt.

Was ist Freundschaft, was ist Seelengüte,

Was der Herzen süße Sympathie?

Ach! aus bessern Welten eine Blüte,

In der Erden Lüften reift sie nie.

Was ist Tugend? in dem Lumpenkittel

Predigt sie: ein Nichts ist Ruhm und Gold!

Was ist Wahrheit? in dem Narrenspittel

Reicht man ihr den Gnadensold.

Lebenslied

 

1800.

 

Steh und falle mit eignem Kopfe,

Tu das Deine und tu es frisch!

Besser stolz an dem irdnen Topfe,

Als demütig am goldnen Tisch:

Höhe hat Tiefe,

Weltmeer hat Riffe,

Gold hat Kummer und Schlangengezisch.

 

Bau' dein Nest, weil der Frühling währet,

Lustig bau's in die Welt hinein;

Hell der Himmel sich oben kläret,

Drunten duften die Blümelein:

Wagen gewinnet,

Schwäche zerrinnet,

Wage! Dulde! die Welt ist dein.

 

Steh nicht horchend, was Narren sprechen,

Jedem blüht aus der Brust sein Stern;

Schicksal webet an stygischen Bächen,

Feigen webet es schrecklich fern.

Steige hinnieder!

Fasse die Hyder!

Starken folget das Starke gern.

 

Wechselnd geht unter Leid und Freuden

Nicht mitfühlend der schnelle Tag.

Jeder suche zum Kranze bescheiden,

Was von Blumen er finden mag.

Jugend verblühet,

Freude entfliehet:

Lebe! Halte! doch lauf nicht nach!

Lebensmut

 

1800.

 

Tummle dich, mein junges Leben,

Vorwärts gleich dem schnellen Renner!

Mußt nicht vor dem Staube beben

In dem heißen Kampf der Männer,

Mußt nicht vor den Stürmen zittern,

Die die Starken niederschmeißen,

Eichen aus den Felsen splittern,

Und die Felsen selbst zerreißen.

 

Frisch hinein! wo Tausend fallen,

Können Zehnmaltausend stehen,

Siegeslieder lustig schallen,

Wo sich Gräber schwarz erhöhen;

Die zu Bergen klimmen, brechen

Leicht die himmelkühnen Häupter,

Wohnt der Mensch auf grünen Flächen,

In der Flut der Ströme bleibt er.

 

Was die heil'gen Drei, die schwarzen

Schwestern, unvermeidlich weben,

Das Gesetz der strengen Parzen

Schlinget sich um jedes Leben:

Was wir streben, was wir wollen,

Hält die tiefe Macht gefangen,

Heimarmenens Donner rollen,

Zischend sprühn Erinnys' Schlangen.

 

Kränze deiner Jugend Locken

Mit den schönsten Maienblüten,

Bis des Winters kalte Flocken

Um die kahlen Scheitel wüten;

Tapfer mußt du stehn und fallen,

Klanglos ist der Tod der Matten,

Doch die Heldenseelen wallen

Herrlich in das Reich der Schatten.

Auf dem Grabe

 

1801.

 

Erde, wie du lebest und grünst!

Hast das Grab der Liebe umsponnen

Lustig mit Blumen bunt, mit grünen Gräsern,

Webest Moos um die Steine.

 

Aber, Tränen, fließet darauf;

Denn den Schläfer drinnen erquicket

Nimmer der Blumen Duft, er hört nicht das Lüftchen,

Das sein Lager umsäuselt.

 

Weine nicht! es wandelt der Mond

Mit den stillen Sternen vorüber,

Glänzt auf das goldne Moos, die tauenden Gräser,

Die den Hügel begrünen.

 

Weine laut! die Nachtigall schlägt,

Und die Mücken wimmern so traurig

Totengesang darein, es hüllet die Wolke,

Schon den Mond und die Sterne.

Des Knaben Segen

 

1801.

 

Wir haben den Knaben ins Gras gelegt.

Wie der Schelm sich lustig bewegt!

Wie er strebet mit Händen und Füßen!

Will mit Gewalt hinein in den süßen

Taumel, der um ihn summt und schwirrt!

Wie ihm das Auge lebendig wird!

Läßt es in der Entzückung schweifen

In des Lichts unermeßlichem Blau,

Möchte alles so gern genau

Mit den Fingern und Augen greifen,

Möchte in das fröhliche Leben

Hinein mit Schwalben und Bienen schweben,

Möchte sich stürzen nimmersatt

In der Welten unendliches Bad!

 

Kleiner Unschuldiger, halte still!

Dein Geschlecht kann nicht, was es will.

Ach! wie schimmert dir, süßer Knabe,

In dem Blick die gefährliche Gabe,

Alles zu fassen mit inniger Lust,

Alles zu ziehen in die Brust!

Wirst den unendlichen Durst nicht stillen,

Wirst die unendliche Brust nicht füllen.

 

Spiele denn die fröhliche Zeit,

Ehe der Lenz mit den Blumen verschneit,

Ehe die süße Nachtigall schweigt

Und der Sommer mit Wettern zeucht.

O wie wird's dann dem Busen enge!

Wie ist auf dem Wege so heiß das Gedränge!

Ein stetes Fluchen und Stoßen und Treiben –

Kannst nicht fliehen und kannst nicht bleiben,

Darfst nicht lieben und sollst nicht hassen –

Wo soll das geängstete Herz sich lassen?

Flehend suchet das Aug' umher,

Wie der Wehrlose nach dem Speer,

Sehnst dich hinaus aus dem wilden Getümmel

Unter der Kindheit freundlichen Himmel

Zu dem Steckenpferde, zum Ball,

Wünschest, daß in der stillen Erde,

Ferne von Sonne und Vogelschall,

Dir die Ruhe gegraben werde.

 

Wir haben den Knaben gesetzt auf die Bühne,

Worauf er künftig spielen soll.

Es gehe dem Unschuldigen wohl!

Wir vertrauen ihn dir, Erde du grüne,

Dir, leuchtender Himmel, liebevoll.

Wollet ihm kindlich das Herz bewahren

In der Verschuldung bösen Jahren!

Wollet ihn machen liebereich!

So bleibt das Herz ihm fromm und weich.

Großes Schicksal, das machtig waltet

Und das Leben verborgen gestaltet,

Nimm die lächelnde Unschuld hin!

Gesund ist sein Leib, gesund sein Sinn,

Ist in süßer Liebe geboren –

Laß ihn freundlich führen die Horen!

 

Wir haben zu den Göttern gebetet,

Drum leise um das Kindlein tretet.

Es ist von Himmel und Erde gesegnet,

Vom Schicksal, das uns still begegnet.

Drum weicher, als des Kranken Kissen,

Sei um die Kindheit das Gewissen!

Sie gleichet wohl dem süßen Mai,

Liebt süße Gesänge und kein Geschrei,

Mag still schauend in Blumen liegen

Und läßt sich spielend in Schlummer wiegen.

Elegie

 

1802.

 

Blätter wehen vom Baum, laut rauschet stürmender Regen

Auf die welken; sie fliehn mit ihm schwimmend hinab,

Mit ihm schwimmend zum Strom; fern trägt der starke zum Weltmeer,

Die im lustigen Grün säuselten Liebenden einst,

Die des Vögeleins Nest in stille Schatten geborgen,

Die des Vögeleins Lied weckten im spielenden Reiz.

Herbst, wie lehnst du dich ernst auf deine trauernde Urne!

Wie erweckest du neu, was in dem Busen schon schlief!

Scheint das fröhliche Leben nur grün im Spiegel des Todes?

Zeiget, was nichts ist, nur, was so lieblich einst war?

Stirbt in dem Leben selbst des Lebens schönstes Gedächtnis?

Gehn aus Verwesung allein Götter und Manen empor?

Süße Liebe, du klingst mit den Schwanenflügeln des Lenzes

Jugendlich hell um das Ohr, lange des Klanges entwöhnt?

Süße Liebe, du schlingst noch unverwelkliche Rosen

Jugendlich frisch um die Stirn, welche die Trauer umhüllt?

Ach! die holde Gestalt, womit du einst mich umfangen,

Liegt zerfallen als Staub unter den Modernden schon;

Blind wie lange das Aug', das mehr als Sterne des Himmels

Blickt' Entzücken und Ruh' einst in das stürmische Herz!

Und der Born des Gesangs, die Kehle, mit Erde gefüllet,

Die Philomelen gleich Frühling und Liebe besang!

Und die Lippen gebleicht wie lange, mit Küssen und Scherzen

Von den Grazien früh schon in der Wiege getränkt!

Ach! umsonst lauscht oft das Ohr, den Klang zu vernehmen;

Auch das göttliche Herz mußt' in das Dunkel hinab.

Komm' Erinnerung denn mit aller lieblichen Wehmut!

Urne, reiner entblüht deinem Staube die Huld;

Göttlich steiget das Bild hell leuchtend über den Lethe

Auf, wenn den irdischen Staub führte die Welle hinweg.

 

Aber meinen will ich in jedem blühenden Lenze:

Als die Rose verdarb, starb mir das liebende Weib;

Aber weinen will ich in jedem welkenden Herbste,

Denn im Herbst erscheint, Tod, dein vielfaches Bild.

Blumen will ich dir weihn, dir weihn die Gabe der Locken,

Und wenn Tränen auch euch weiß die elysische Welt,

Will ich das rieselnde Gras des stillen Hügels benetzen,

Wann der einsame Mond sieht nur mich und das Grab.

Ach! du warst so hold, hingst lieb und liebend am Leben,

Doch der Lucina Pfeil traf dich mit bitterem Schmerz.

 

Daß die Knospe würd', erstarb die duftige Blume,

Für das liebliche Weib ward mir ein liebliches Kind.

Heil, ihr Toten, mit euch! ihr stillen, friedlichen Manen!

Heil euch! liebend und süß lockt ihr das Leben zu euch.

Wie die brünstige Brust der Rose schwillet zur Sonne,

Schwillt die sterbliche Brust, selige Liebe zu dir;

So umspinnt ihr stilles Geheimnis die Spindel der Parzen:

Wo das Leben beginnt, suche den liebenden Tod.

Frühlingslied

 

1802.

 

Wann das Veilchen blüht und der Kuckuck singt

Und die Nachtigall flötet im Busch,

Wann die Jugend munter zum Reigen springt

Und es rauscht durch die Blätter husch! husch!

Dann führet zum Baume, zum Quell

Die Gesellin der frohe Gesell,

Dann paart sich die Liebe im Busch.

 

Sei willkommen, Frühling, du süßer Gast!

Sei willkommen, du fröhlicher Mai!

Der die Freude bringt und die Sorge haßt.

Noch sind Leben und Jubel uns frei.

Auf! liebliches Mädchen, zum Tanz!

Weil dir blühet der liebliche Kranz

Der Jugend, ein fröhlicher Mai.

 

Wann der Winter schneit und das Alter friert,

Dann du wünschest und weinest umsonst;

Wer die Blume pflückt, die den Frühling ziert,

Der verstehet die glücklichste Kunst.

Süß Liebchen, wir kommen zur Stell' –

Wie dir glänzen die Äugelein hell!

Frau Luna, ihr Sternlein mit Gunst.

Das Gespräch

 

1803.

 

Ich sprach zum Morgenrot: Was glänzest du

Mit deinem Rosenlicht?

Ich sprach zur Jungfrau schön: Was kränzest du

Dein junges Angesicht?

Morgenrot, du einst erbleichen mußt,

Jungfrau schön, du einst auch sterben mußt;

Drum schmücket euch nicht.

 

Ich schmücke mich, so sprach das Morgenrot,

Mit hellem Rosenlicht;

Ob mir dereinst ein andres Schicksal droht,

Das weiß und frag' ich nicht.

Der dem Mond, den Sternen gab den Schein,

Auch gefärbt hat rot die Wangen mein,

Drum traure ich nicht.

 

Ich kränze mich, so sprach die Jungfrau schön,

Weil noch mein Frühling blüht.

Sollt' ich darum in stetem Trauern gehn,

Daß einst die Jugend flieht?

Der beschirmt und hält der Vöglein Nest,

Der die Blumen blühn und welken läßt,

Dem traut mein Gemüt.

Das Wasser

 

1803.

 

Wie schau' ich still und fromm hinab

In deiner Wellen stilles Grab!

Ist um das Herz mir süß und weh

Und pochet, was ich nicht versteh',

Du Flut in tiefer See.

 

Dein Wasser rinnet immer hin,

So rinnet auch des Menschen Sinn,

Nimmt immer ab und immer zu,

Erlanget stets, hat doch nicht Ruh':

Sein Bild, o See, bist du.

 

Wohl aus der Erde dunklem Schoß,

Aus Klippen reißest du dich los,

Jagst schneller dich als Rosses Trab

Zum weiten Ozean hinab,

Erjagst dein ewig Grab.

 

So jagt mit seinem kurzen Tag

Der Mensch auch bunten Schatten nach,

Im Sturm und Schnee, im Saus und Braus,

Ihm läuft das süße Leben aus

Ins letzte enge Haus.

 

So spiegelst du vor meinem Blick

Mein eignes wechselndes Geschick:

In deiner Tiefe, deiner Höh'

Ich meine Flut und Ebbe seh',

Du Flut in stiller See.

Das Los des Schönen

 

1803.

 

Die Rose blühet auf Dornen,

Die Nachtigall singet im Leide,

Was hoffest du irdische Freude,

Wo nirgends das Schöne besteht?

Die Blüten verwelkten und starben,

Dann klangen die Sicheln zu Garben,

Doch manche der lieblichsten Blüten

Hat fruchtlos der Winter verweht.

 

Hier steh' ich, pflücke mir Blumen,

Der Liebsten den Hügel zu schmücken,

Ich hoffte in Freuden zu pflücken,

Was brachte der lustige Mai;

Nun lieget mir still und begraben

Die schönste der irdischen Gaben,

Drum pflück' ich die Blumen mit Tränen,

Die brachte der lustige Mai.

 

Klingt stiller, zärtliche Saiten,

Klingt still um die schlummernde Schöne!

Sie kannte den Wohllaut der Töne,

Der Seelen melodischen Klang!

Haucht, Blumen, die lieblichsten Düfte!

Die schläft in dem Schweigen der Grüfte,

Ging Veilchen zu pflücken und Rosen

Oft spielend die Auen entlang.

Melittion

 

1804.

 

Das Wasser lockt aus dem tiefen Meer

Das Licht;

Es hebt sich brünstig hinauf, doch leer

Wird's nicht.

So ist es auch mit der Liebe bestellt –

Du Herz, das süße Empfindung schwellt,

Du deutest, was sich nicht spricht.

 

Im Menschenantlitz, da locket tief

Die Glut,

Die alles freudig zu Leben rief

Und Mut,

Die Sonnen ballte und Erden geschmückt

Und Ströme strudelnd zum Meer geschickt,

Die Liebe selig und gut.

 

O süße Glut, die mich heiß verzehrt

In Pein!

O Licht, das hell ihr Gesicht verklärt

Mit Schein!

Dein Brennen und Leuchten ich alles versteh',

Tut mir im tiefsten Busen so weh

Die Jungfrau lieblich und fein.

 

Ihr Aug' hat heller als Morgenrot

Den Strahl,

Ihr Zorn brennt bittrer als bittrer Tod

Durch Stahl;

Doch wenn sie einmal nur freundlich gelacht,

Verschmäht um sie, was unsterblich macht,

Den goldnen Götterpokal.

 

Doch trägt der Himmel des Auges Schmerz

Im Blick,

Gleich fliehet alles ins tiefe Herz

Zurück.

O Liebe brünstig wie Wasser und Licht!

O süßer Schein von dem Menschengesicht,

Wer spricht dein Weh und dein Glück?

Leben

 

1805.

 

Ich war ein Kind,

Wie Frühlingssäusel flogen

Die Lebenssorgen spielend um meine Locken;

Das Gras gab weich die Blumendecke,

Der Himmel das ungemessene Aug' –

Leben und Traum noch eins:

Mich wiegte in beiden

Die Wiege der Liebe.

 

Ein Knabe ward ich.

Oft in den Hain der Eichen

Nahm mich mein Vater unter die heiligen Lauben;

Legte hinter die Garben des Feldes

Oft des Müden Ohr an des Meeres Sausen.

Ich bebte unter den regen Eichenwipfeln,

Weinte ob des Meeres Sausen,

Drückte vor dem Donner des Himmels

Mit der Lerche, dem Reh mich hinter die Büsche.

Doch blühten mir Blumen,

Mir sangen die Lüfte, die Vögel,

Warm schien die Sonne, der Fruchtbaum golden,

Sanft trug das Meer oft des Schaukelnden Kahn.

 

Ich ward ein Jüngling.

Götter des Himmels all!

Ihr kamt herab mit eurem seligen Traum.

Schwellend stand ich am Meer wie Wogen,

Wollte fließen fort mit den Waffern,

Stand lebendig unter dem Eichbaum,

Fühlte mich wie Lüfte gefiedert.

Adler des Himmels, ihr trugt mich oft

Glänzend in eure Donnerwolken,

In eurer Sonnen brünstige Glut;

Blumen der Erde, heiliger Mond,

Freundliche Nacht, wie liebt' ich euch,

Meine erste Liebe, geheim!

Schimmernd floß mir des Lebens Wolke

Um die schuldlosen Locken noch;

Wie prophetischer Raben Silberklang

Aus einsamer Luft

Umklangen mich Töne der Zukunft.

Ich lebt' und war glücklich.

 

Ich ward ein Mann.

Die himmlischen Götter all,

Die spielenden all, in ernster Gestalt

Stehen sie da: die Ägide

Schüttelt Minerva, zum höllischen Webstuhl

Sah ich hinab ins Dunkel der Parzen:

Sie saßen und webten

Tränen und Freuden im schrecklichen Schweigen.

Und des Blutes geflügelte

Rächerinnen, die Eumeniden,

Standen umher, die grinsende Ate

Flocht verworrene Knoten der Schuld,

Und meinem Donner droben

Fehlte der Klang, doch fraß

Mir sein Blitzstrahl die Hütte.

Flehend sah ich zum Himmel,

Wollte weinen und konnt' es nicht. –

Da nahm die Liebe den Mann

Freundlich an die milde Brust,

Füllt' ihm das Herz mit Jugend, das Aug' mit Tränen,

Gab dem Himmel den Glanz

Wieder, den Blumen den Duft –

Und die Sünde ging unter in Liebe,

Und die Eumenis wandelte abwärts,

Blüten kränzten das schuldige Haupt.

Die Biene und der Lenz

 

1805.

 

Ziehst du dein goldnes Röckchen an?

Die goldnen Stiefeln auch?

O Bienchen, Vöglein wohlgemut

Mit leichtem Sinn und leichtem Blut,

Was locket dich das Sonnenlicht?

Was lockt dich Blütenhauch?

 

Was summst du lustig hin und her,

Hast nie des Spiels genug?

Der Lenz ist kurz, du süßes Kind,

Dich faßt der Strom, dich nimmt der Wind,

Dich bringet um den Blütenraub

Der Menschen List und Trug.

 

Wohl zieh ich an den goldnen Rock

Und kleid' in Gold den Fuß,

Leicht ist mein Blut und leicht mein Sinn,

In Freuden ich geboren bin;

Drum locket mich das Sonnenlicht

Und Blumenliebesgruß.

 

Der Lenz ist kurz, das Leben schnell,

Drum flieg' ich schnell dahin;

Mein Frühlingsschein, mein Blumenreich,

In jedem Kelch mein Bettchen weich,

Auf jeder Flur mein Leben bunt –

Drob trag' ich frohen Sinn.

 

O Bienchen, Vöglein wohlgemut,

O süßes Frühlingskind!

Horch', horch', wie klagt die Nachtigall

Im Erlenbusch mit Trauerschall!

Auch sie im Lenz geboren ist,

Doch nur auf Trauern sinnt.

 

Wohl höre ich die Nachtigall,

Ihr Klagen fromm und still;

Sie ist die schmerzenreiche Frau,

Ihr Trauerkleid ist dunkelgrau;

Doch sprich, warum ich trauern soll,

Weil sie nicht froh sein will?

 

Schau' her, wie bebet Strauch und Laub

Im jungen Sonnenschein!

Wie küssen sich die Blumen lieb!

Und rufen: Kleiner Honigdieb,

Komm, sammle Blumenliebeskost!

Denn dieser Lenz ist dein.

 

O Vöglein, Vöglein wohlgemut,

Mit goldnem Flügelpaar!

O leichtes Leben frommer Brust!

Zieh mich zum Lenz, zu seiner Lust,

Und mache mir mit Liebesglanz

Die trüben Augen klar.

Elegie

 

1806.

 

Bist du es, Traum der Jugend mit all deinen lieblichen Blüten,

All deiner sprossenden Lust, all deiner Hoffnungen Glanz?

Führst du mit Wehmut zurück im Schleier schimmernder Nächte

Holde Gestalten, die längst bei den Entschlafenen ruhn?

Ach! oft schwirret dein Laut süßtönend in goldene Saiten.

Mir, von Tränen genetzt, weigert die Laute den Klang,

Und es zittert die Hand, die Arme spreiten Umarmung

Aus, doch die weichende Luft nimmt ihre Schatten zurück.

Nein, ein grünendes Grab, von späteren Rasen gewölbet,

Späteren Tränen benetzt, sendet den liebenden Geist.

Ja, du bist es, du Weib, das mich geboren, du kühnes,

Hohes und mutiges Herz, welches mich liebend umschwebt.

Mächtiger fühle ich mich, zu ringen mit Schwert und mit Leier,

Für das Vaterland frisch nehm' ich den blutigen Tod,

Für die Tugend, das Märchen der Schnöden, männlicher duldend

Wandl' ich mutig den Pfad, welcher zu Himmlischen führt.

Solches wehet von dir und strömet aus heiliger Nähe,

Was du dem Knaben oft, öfter dem Jüngling gelehrt.

 

Herrliches Weib, wo ist dein Leben nach der Verwandlung,

Welche, Tod genannt, frischeres Leben verjüngt?

Bist du die Stimme der Nacht, der Klang sehnsüchtigen Lenzes,

Philomele, die sonst oft um den Schlaf dich betrog?

Bist du der Blumen, der Nachtviolen, der züchtigen Veilchen,

Deren Gespielin du oft warst in einsamer Nacht?

Oder der zärtliche Geist des Lüftchens, der, sanft durch die Blätter

Rieselnd, Demut und Ernst haucht in die lauschende Brust?

Bist du des Abendrots, der leuchtenden Flamme des Morgens

Ein lebendiger Teil, heiligsten Lebens ein Teil?

O du hubest mich oft, den lallenden Knaben, zum Lichte,

Zu den Göttern hinauf, segnend und betend zugleich,

Hingst mit sehnendem Blick demütig hoffender Liebe,

Schauend ins tiefe Blau, selig am Sternenglanz.

Wo du auch bist und was du auch bist, dich ehren nicht Tränen,

Nein, ein männliches Herz, nein, ein rüstiger Lauf.

Gib dem Brennenden denn die heilige Weihe, daß oben

Bei den Himmlischen einst Licht sich vereine dem Licht.

An die Deutschen

 

1806.

 

Keine Träne, Hermann, für dein Volk?

Keine Träne? und die Schande brennet,

Und der Feind gebietet, wo die Freien

Siegten und fielen!

 

Keine Stimme laut, wo Luther sprach?

Alle Donner, die der Himmel sendet,

Sollten rufen: Volk, erwache! feiges,

Greife zum Schwerte!

 

Rache! Rache! Heißen, blut'gen Tod

Sklavenfürsten und dem Knecht, der fliehet!

Männerwort gefürchtet und gepriesen

Männliche Tugend!

 

Ach wohin? Wo Winkelried erlag,

Wilhelm schlug und Ruyter tapfer siegte,

Auf den höchsten Alpen, in den tiefsten

Sümpfen ist Knechtschaft.

 

Auch du, Hermann, auch du, kühnes Volk?

Auf! erwache! schüttle deine Ketten,

Daß die Schmach die Welt vernehme, bald auch

Blutige Rache.

 

Lieder helfen hier und Mäler nicht.

Mäler? Tief im Herzen sei das Denkmal,

An dem Turm der selbstgebornen Tugend

Hebe dich, Jüngling!

 

Und vorangeworfen kühn die Brust!

Und empor das Auge zu dem Himmel!

Hoch die Fahnen! Hoch zum Himmel! Höher

Flammende Herzen!

 

Tod, du süßer, für das Vaterland!

Süßer als der Brautgruß, als das Lallen

Auf dem Mutterschoß des ersten Kindes,

Sei mir willkommen!

 

Was das Lied nicht löset, löst das Schwert –

Blinkend Heil, umgürte meine Hüften!

Von der Schande kannst du Tapfre retten,

Zierde der Tapfern.

Deutsches Kriegslied

 

1806.

 

Frischauf! Es ruft das Vaterland

Die Männer in die Schlacht.

Frischauf! Zu dämpfen Trug und Schand'

Heran mit Macht! mit Macht!

 

Heran! und braucht den Männerleib,

Wozu ihn Gott gebaut,

Zum Schirm der Jungfrau und dem Weib,

Dem Säugling und der Braut!

 

Denn ein Tyrann mit Lügenwort

Und Strick und Henkerschwert

Übt in dem Vaterlande Mord

Und schändet Thron und Herd

 

Und will, so weit die Sonne scheint,

Der einz'ge König sein:

Ein Menschenfeind, ein Freiheitsfeind,

Spricht er: Die Welt ist mein.

 

Verhüt' es Gott und Hermanns Blut!

Nie werde solches wahr!

Erwache, alter deutscher Mut,

Der Recht und Licht gebar!

 

Erwache! Sonder Rast und Ruh'

Schlag jeden, der dir droht,

Und ruf ihm deutsche Losung zu:

Sieg gelt' es oder Tod!

 

Hinein! Denn schöner ist kein Tod

Als Tod fürs Vaterland,

Doch ewig bleibt des Sklaven Not,

Unsterblich seine Schand'.

 

Hinein! Kanonendonnerklang

Hallt zu dem blut'gen Kampf,

Die Fahnen wehn die Reihn entlang,

Die Rosse wirbeln Dampf.

 

Hinein! Hinein! Wo Eisen klirrt,

Wo Tod in Kugeln fleucht!

Dem Mann, der heut begraben wird,

Dem sei die Erde leicht!

Lob des Eisens

 

1806.

 

»Gold« schreit die feige Welt,

Und Gold macht feige Knechte,

Des Tapfern Herz verstellt

Und schwächt des Starken Rechte;

Für Gold mag keiner sterben,

Der nicht mehr leben darf,

Und edlen Ruhm zu werben

Macht's nie den Degen scharf.

 

Drum preis' ich das Metall,

Das schwarze, braune Eisen,

Denn ohne Glanz und Schall

Es tut sich herrlich weisen,

Heilt mächtig alle Wunden,

Die jenes blanke macht;

Wär' Eisen nicht gefunden,

Noch tappten wir in Nacht.

 

Es stellt den Pflug ins Land,

Die Erde zu bezwingen,

Es läßt das Schiff vom Strand

Auf schnellen Windesschwingen,

Baut Menschen feste Sitze

Und führt die Kunst ins Haus

Und löscht des Donners Blitze

Mit einer Stange aus.

 

Und wann die Sitte flieht

Und Männerarm' erschlaffen,

Wann Trug für Ehre blüht

Und Gold gebeut für Waffen,

Wann Despotismusjammer

Die Welt mit Schmach bedroht,

Dann schlägt aus ihm der Hammer

Sieg und Tyrannentod.

 

Dann wird es schöne Wehr,

Des Mannes Heil und Freude,

Als Schwert, als Schild, als Speer,

Als festes Brustgeschmeide

Macht es den Tritt der Braven

Den Knechten fürchterlich,

Wir wären alle Sklaven

Ohn' Eisen ewiglich.

 

Und sieget Tyrannei

Und sinkt des Glückes Wage,

So macht es blutig frei

Mit einem tapfern Schlage,

Zerhaut die Schlangenknoten,

Die Trug und Feigheit flicht,

Und schickt die tapfern Toten

Empor zu Recht und Licht.

 

Bleib, Eisen, Männern hold,

Laß Knechte Gold begehren.

Wer deine Kraft gewollt,

Der wollte hohe Ehren,

Der wollte herrlich leben

Und herrlich untergehn.

Drum sei dir Preis gegeben,

O Eisen schwarz und schön!

Epistel an Elisa

 

1807.

 

Ich saß so stumm, wie in dem schwarzen

Gericht des Orkus Rhadamanth,

Und wog auf schwerer Schicksalshand

Die Schuld und Unschuld mit den Parzen,

Las in der blutigen Schrift der Zeit

Der Thronen Sturz und Königsmorde

Und siegreich die Banditenhorde,

Die einer Welt mit Knechtschaft dräut. –

Da dacht' ich an die großen Seelen,

Die, keinem Schicksal untertan,

Den Weg zum stillen Ozean

Sich durch das freie Eisen wählen:

Denn eines, Herr sein oder Knecht,

Ist jedem Erdensohn gegeben;

Die erste Majestät im Leben,

Die höchste, heißt Gesetz und Recht,

Und wenn nur Knechte und Despoten

Auf Erden grasen matt und dumm,

Dann kehrt die alte Welt sich um,

Und Leben blühet aus dem Toten

Still in der Zeiten Wechsellauf,

Daß edlere Geschlechter werden;

Und sprängen sie aus Steinen und Erden

Durch Kadmen und durch Pyrrhen auf.

 

So saß ich, hielt die letzten Enden

Der Dinge wägend in der Hand

Und schaute stumm ins dunkle Land,

Von wannen nimmer Wandrer wenden;

Da rief mich deine Stimme süß,

O Freundin, in das frische Leben

Mit Blumenlust und Wolkenschweben,

Ins volle Frühlingsparadies.

 

O Freundschaft, holde Wundersaite,

Die lieblich durch den Busen klingt

Und alles Schöne wiederbringt,

Der Kindheit Traum, der Jugend Weite,

Du Männerstahl und Frauenschutz,

Das Herz zur Tugend zu ermannen,

Zu groß für Sklaven und Tyrannen,

Beutst du gemeinen Gütern Trutz

Und schwingst unsterblich durch das Leben,

Wie ein Gestirn den Feuerglanz,

Von Sphärentanz zu Sphärentanz

Uns aufwärts, wo die Götter schweben.

Ich höre deinen Zauberklang,

Der Gram entflieht ins öde Dunkel,

Der Himmel leuchtet, ein Karfunkel;

Die ganze Erde wird Gesang;

Und Guillotinen und Banditen,

Tyrannenseelen groß und klein

Versinken aus des Lichtes Schein

Tief, wo die Teufel Höllen hüten;

Und in der Freude freierm Schlag

Hebt sich die Brust dem Licht entgegen,

Und jedes Unheil wird ein Segen,

Ein Wonneruf wird jedes Ach.

So lieb und wunderbar getroffen

Hat mich, o Freundin, jedes Wort,

Das wüste Heer der Nacht ist fort,

Der ganze Himmel steht mir offen,

Die Erde sinkt, das kleine Nichts,

Worum sich Toren blutig schlagen,

Nur denen eigen, die es tragen

Empor ins Sonnenreich des Lichts.

 

Ja, Freundin, welche ferne Lande

Mein Fuß auch noch durchwandern muß,

Eh' ich den letzten Obolus

Bezahle an dem stygischen Strande,

Ich schwör' es dir und jener Glut,

Die edle Herzen ewig zündet,

Was sich unsterblich mir verkündet,

Das halt' ich fest mit Männermut,

Und kein Despot soll mir es rauben;

Und drückt es mich zu schwer hinab,

So öffn' ich durch das Schwert mein Grab

Und nehme in das Grab den Glauben.

 

Doch heute lacht der Lenz noch mild,

Geführt von Grazien und Scherzen,

Und zeiget jedem Menschenherzen

Der Freude anmutvolles Bild.

O möge er mit zarten Schwingen

Dich wie ein Blumenhauch umwehn

Und frisch und jugendlich und schön

Der Kindheit Träume wiederbringen!

Was du gewesen, was du bist,

Das ist der Gott in deinem Busen:

Orakel hat und Klang der Musen

Nur, welcher gleich ihm selber ist.

Paradiesisches Weinlied

 

1807.

 

Von der Sonne geboren, glüht

Licht des Lebens im Pokale.

Was das Auge für Wunder sieht

Blitzen auf in seinem Strahle,

Au'n und Bäume tanzen herum,

Aus den Herzen blüht Elysium,

Götter kommen,

Alle Frommen

In dem Himmel sehn sich um.

 

Seid gegrüßet, ihr Sel'gen! Seid

Heil'ge Väter uns willkommen!

Habt im Leben euch baß gefreut,

Oft ein Räuschchen mitgenommen:

Noah, Moses, Pythagoras,

Solon, Plato füllten das Glas,

Zechten fröhlich,

Schlürfen selig

Nun mit Engeln Nektarnaß.

 

Brüder, munter! Die Zeit ist schnell,

Lust und Jugend sind vergänglich,

Aber schaut, in dem Becher hell

Blühet Wonne überschwenglich.

Kränzt mit Rosen Stirnen und Haar

Und im Weine schauet so klar

Himmel offen,

Was wir hoffen,

Trunkner heil'ger Sel'gen Schar.

 

Süßes, glühendes Sonnenkind!

Goldner Wein voll Lebensflammen!

Wodurch Menschen verbrüdert sind,

Bringest du in Lust zusammen;

Dein und Cypriens heißet die Nacht,

Die zu Göttern Sterbliche macht. –

Heisa munter!

Sonn' ist unter,

Liebe glänzt und Sternenpracht.

Lied, gesungen zu Edeby am Mälare im Herbstmond 1807 für den Freiherrn Otto Magnus Munck

 

Ihr krausen Grillen weg! Hinweg, ihr düstern Sorgen!

Tief in das Meer hinab! Heut laßt uns fröhlich sein!

Ein weises Schicksal deckt den Sterblichen den Morgen –

Auf! halt die Stunde fest! Das Heute nur ist dein.

 

Es spielt Vergänglichkeit mit Hütten und mit Thronen:

Denk' Alexanders Los, der weiland Magnus hieß;

Wo ist der Heldenschritt gewaltiger Ottonen?

Geh, frage ihren Staub, den längst der Wind zerblies.

 

Sei du in Liebe groß, sei du in Freude Kaiser!

Bau' in den Herzen dir den ewig sichern Thron.

Dies Heldentum gilt mehr als alle Lorbeerreiser,

Trotzt der Vergänglichkeit und beut Tyrannen Hohn.

 

Herbei des alten Weins! und lustig angeklungen!

Schling Rosen um das Haar, schling Rosen um den Wein!

Der Mann ist auch ein Held und hat die Welt bezwungen,

Dem ernste Weisheit heißt, mit Freunden froh zu sein.

 

Drum Liebe lebe hoch, die Königin des Lebens,

Und Freundschaft, die den Haß an Männerbrust erdrückt!

Wer diese zwei gewann, der lebte nicht vergebens,

Der hat den höchsten Glanz der Erde sich gepflückt.

 

Auch dir, o Vaterland, dir Land der tapfern Goten!

Klingt, Freunde, dreimal hoch! Das Vaterland! es gilt!

Das Leben steht nur hoch auf Leben edler Toten –

Auf Vätertugend denn die Becher frisch gefüllt!

 

Und unserm König auch, dem Heldensohn, zu Ehren,

Der mit dem Schwerte blitzt und mit dem Zepter dräut,

Will ich das vollste Glas im vollen Jubel leeren:

Heil sei sein Königswort und Sieg sein Männerstreit!

 

Reicht, Freunde, euch die Hand! Stolz schlägt die Brust gehoben –

Die Freude führet auch auf zur Unsterblichkeit –

Den letzten vollen Klang dem Ewigen dort oben

Für manchen schönen Tag, für diesen schönen heut!

Frischauf!

 

1807.

 

Die Fahnen wehen, frischauf zur Schlacht!

Schlagt mutig drein!

Es klingt Musik, die uns fröhlich macht,

Ins Herz hinein,

Die Pfeifen und Trommeln mit süßem Klang

Das Feld entlang.

In die Schlacht, in die Schlacht hinein!

 

Wer möchte bleiben, wenn's lustig geht,

Im stillen Haus?

Wohlauf! Wenn Jugend in Blüte steht,

Hinaus, hinaus,

Wo frisch und munter das Leben fliegt!

Wen das vergnügt,

In die Schlacht, in die Schlacht hinaus!

 

Wer möchte bleiben, wann alles klingt

In Saus und Braus?

Wann Ruhm die silbernen Glocken ringt

In die Welt hinaus?

Wer säße mit Weibern am Herde dann?

Das kann kein Mann.

In die Schlacht, in die Schlacht hinaus!

 

Ein Königsleben, Soldaten Gut,

Muß unser sein;

Wir tragen blanker den kühnen Mut

Als Schwertesschein,

Und wer in dem fröhlichen Streite fällt,

Der heißt ein Held.

In die Schlacht, in die Schlacht hinein!

 

Dem klingt Musik, die er leiden mag,

Gar lustig drein;

Nicht schöner klingt es am Jüngsten Tag

Ins Grab hinein.

O seliger Tod des Soldaten Tod!

Noch sind wir rot –

In die Schlacht, in die Schlacht hinein!

Marienwürmchen

 

1808.

 

Marienwürmchen, flieg weg!

Fliege nicht zu lange weg!

Übern Zaun und übers Heck,

Über Vaters Garten weg,

In die Welt hinaus –

Vergiß nicht dein Haus,

Vergiß nicht die lieben Kinder.

Die Blumen sind hier gesünder,

Die Sonne scheint hier heller.

Drum, Würmchen, fliege schneller

Zu Haus! Zu Haus! Zu Haus!

 

Marienwürmchen, flieg weg!

Fliege nicht zu lange weg!

Weg ist lang, und weht der Wind –

Achte die Flügel, liebes Kind,

Und die Füßchen klein

Auch vor Schelmerein:

Denn Krötentücken und Spinnen

Auf dein Verderben nur sinnen;

Doch hier dich alle lieben –

O wärst du doch geblieben

Zu Haus! Zu Haus! Zu Haus!

 

Marienwürmchen, komm wieder!

Dir rufen deine Brüder,

Brüderlein und Schwesterlein

Und die kleinen Kinderlein

Und Großmutter auch

Und Großvater auch –

Sie sitzen im schwarzen Rocke,

Der Küster zieht die Glocke

Und soll die Trauer läuten –

O komm zu lieben Leuten,

Zu Haus! Zu Haus! Zu Haus!

Waldhochzeit

 

1808.

 

Wann der Kuckuck singt, wann der Kuckuck singt,

Ist Hochzeit im grünen Wald,

Und es tanzt und springt, und es spielt und klingt

Die Liebe mit süßer Gewalt;

Die Knaben und Mädchen zu zweien

Sie wandeln im fröhlichen Maien

Zum grünen, grünen Wald.

 

Und mit Heisahei! und abermal Hei!

Die Liebe sie spielet frisch,

Nach dem Tanze führt sie je zwei und zwei

Die Spieler ins Schattengebüsch;

Da streut sie auf schwellenden Moosen

Ein Bettchen von Veilchen und Rosen

Im grünen, grünen Wald.

 

Sei nicht bange, Mädel, es muß so sein,

Die Liebe, sie brauchet Gewalt,

Fährt gern mit Donnern und Blitzen drein,

Und lustig zur Hochzeit schallt.

Dein Blümchen magst nimmer du retten,

Drum freu' dich der blumigen Betten

Im grünen, grünen Wald.

 

Auf! mein Kuckuck, klinge und singe laut!

Es ist Hochzeit im grünen Wald.

Auf! mein Himmel, Bräutigam kling' und Braut

Und donnre der Lust Gewalt!

Auf! Schwestern, und schlinget den Reihen

Zu zweien, zu zweien, zu zweien

Im grünen, grünen Wald!

Liebesnähe

 

1808.

 

Lieb' sei ferne,

Ist doch immer da,

Gleich dem Licht der Sterne

Ewig fern und nah.

 

Schließt Gedanken

Wohl ein Kerker ein?

Glück und Stunden wanken,

Das Gefühl ist mein.

 

Leuchte, Sonne!

Wandle, frommer Mond!

Meines Busens Wonne

Hoch mit Göttern thront.

 

Frühling, scheine!

Winter, stürme kalt!

In der Brust dies eine

Nimmer wird es alt.

 

Holde Treue,

Weiß und engelrein!

Wie des Himmels Bläue

Bleibt dein lichter Schein.

 

Sei denn ferne

Liebe, sei sie nah,

Gleich dem Licht der Sterne

Immer ist sie da.

Reime aus einem Gebetbuche für zwei fromme Kinder

 

1809.

 

1.

Ein Blümlein steh' ich im Erdental,

Mich lockt die Sonne mit warmem Strahl,

Mit meinen Blättchen buhlet der Wind,

Der Zephir nennt mich liebliches Kind,

Und Tau und Regen erquicken mich;

Wohl jung und lustig und schön bin ich,

Doch muß ich welken und sterben.

 

Und wann ich endlich gestorben bin,

So schläft und träumet mein kleiner Sinn

Im Winterwiegelein still und fromm;

Dann kommt der Frühling und rufet: Komm!

Komm, Kindlein! ruft die Sonne dazu,

Wach' auf vom Schlummer! Vorbei ist die Ruh'

Sollst wieder blühen in Freude.

2.

 

Zieh mich auf! Zieh mich auf zu dir!

Du, der im Himmel wohnet.

O wie schön, o wie schön bei dir,

Der überschwenglich lohnet!

 

Jugend flieht, Freude fliehet früh,

Glück wechselt leicht abwendig,

Gott versäumt, Gott vergisset nie,

Ist immer gleich beständig.

 

Sei denn fromm, sei denn still in mir,

Mein Herz in süßer Freude!

Denn er wohnt und er zieht in dir

Und kennt die Kindlein beide.

3.

 

Es saß ein Kindlein im weißen Kleid,

Ein Kränzlein trug es der Herrlichkeit

Von Rosen und Lilien schön gewunden,

Solche Blumen sind nicht auf Erden erfunden;

Auch war das Kindlein schön und süß,

Als käm' es aus dem Paradies.

 

Und wer das liebliche Kindlein sah,

Dem wunderbarliche Lust geschah,

Als wär' er zum Himmel schon hoch erhoben

Und hörte Gott Vater von Engeln loben

Und säh' die Stern' im Jubelring

Lobpreisen den Schöpfer aller Ding'.

 

Wohin das liebliche Kindlein kam,

Alle Zwietracht plötzlichen Abschied nahm,

Und Liebe und Friede und stille Freude,

Als wär' es schon Himmel, erfreut' die Leute.

Das Kindlein lieb, das dies getan,

Gleich Gottes Engel all' empfahn.

 

Das Kind auf Erden die Unschuld heißt,

Im Himmel auch ist es hoch gepreist

Vor heiligen Mächten und hohen Thronen,

Die rings um den Höchsten im Lichte wohnen,

Steht Gott zunächst zur rechten Hand

Und wird sein Liebling dort genannt.

 

Denn alles Schöne geworden ist

Durch Kindereinfalt zu jeder Frist,

Die Sonnen und Monden und hellen Sterne,

Die leuchten und winken aus weiter Ferne,

Der Blumenkeim, das Menschenherz:

Drum will es alles himmelwärts.

 

Das Kindlein hab' ich gekonterfeit

Mit seinem Kränzlein und weißen Kleid,

Daß Glaube und Sehnsucht der ewigen Liebe

Uns brünstig zum Himmel der Freuden hübe:

Denn wer das Kindlein zu sich hält,

Dem ist das Herz gar wohl bestellt.

 

Besonders Kindelein fromm und zart

Und holden Mägdlein von stiller Art,

Auch helles Gespiegel den reinen Frauen

Ich habe dies Bildchen gestellt zu schauen,

Daß drin sie spat und frühe sehn

Und werden gleich der Unschuld schön.

4.

 

Himmlische Auen,

Wo meines Daseins Wiege stand,

Eh' ich zu schauen

Ging das betränte Erdenland,

Holde Gespielen,

Engel des Himmels, kennt ihr mich?

Wähnen und fühlen,

Träumen mit euch, nur das kann ich.

 

Aber die Wonne

Flüchtig wie Schatten vorüberrauscht.

Hier, wo die Sonne

Gleich mit der Nacht die Stunden tauscht,

Hier, wo die Klage

Über der Todesurne schallt

Und mit dem Tage

Schönheit und Jugend vorüberwallt.

 

Traurig gefangen

Schmachtet die Seele auf zum Licht,

Doch ihr Verlangen

Stillet die Erde unten nicht;

Leuchten die Sterne,

Schau' ich nach oben sehnend hin,

Dort zu der Ferne,

Dort zu den Frommen steht mein Sinn.

 

Himmlische Auen,

Wo meines Daseins Wiege stand,

Werd' ich euch schauen

Frei von dem eitlen Erdentand?

Süße Gespielen

Himmlischer Kindheit, Engelein,

Werd' ich bald spielen

Mit euch droben den Ringelreihn?

 

Eija! wie fröhlich

Geht mir im Busen frisch das Herz!

Eija! wie selig

Fühl' ich versinken Erdenschmerz!

Ewige Lichter,

Strömet ihr Lebensglut auf mich?

Engelgesichter,

Himmelsgespielen, grüßt ihr mich?

5.

 

Unter Blumen spielen

Gern die kleinen Kinder,

Blumen sind süß und schön.

Wie den Sonnenkindlein,

Wie den bunten Blumen,

Soll den Kindern das Herzchen stehn.

 

Denn die Blumen heben

Gern die Liebesäuglein

Liebend zum Lichte auf;

Wann die Sonne sinket,

Sinken sie in Schlummer,

Stehn zugleich mit der Sonne auf.

 

Wißt ihr, kleine Kinder,

Droben hoch auf Sternen

Blühen viel tausendmal

Tausend bunte Blumen,

Und die Englein winden

Kränze daraus im Himmelssaal.

 

Wann die Kinder schlafen,

Hängen sie die Kränze

Ihnen am Bettchen auf,

Und in goldnen Träumen

Tut der ganze Himmel

Sich mit Sternen und Blumen auf.

6.

 

Ein Kind wollt' Blumen pflücken gehn

Des Morgens früh im Taue,

Und tausend Blümlein bunt und schön

Entblühten auf der Aue;

Lenz war es rings und Sonnenschein,

Und alle Blümlein groß und klein

Standen da in süßer Freude.

 

Und als das Kindlein tritt ins Feld,

Die Blümlein werden munter,

Und jedes gleich sein Köpfchen hält

Hinaufwärts und hinunter,

Wohin des Kindchens Händchen langt:

Ein jedes Blümlein sehr verlangt

In seiner Hand zu sterben.

 

Da plötzlich tritt ein Engel weiß

Gar freundlich zwischen beide

Und spricht: »Gegrüßt der Jugend Preis!

Und Blümlein auf der Heide!

Voll Himmelslust und Himmelschein,

Von innen und von außen rein,

Blumen schön und fromme Kinder!

 

Willkommen, Veilchen still und zart!

Willkommen, Lilie reine!

Und du, von Königinnenart

Und Königin alleine,

Du Rose, hohes Purpurrot!

Euch, Holde, segne alle Gott,

Wie er dies Kindlein segnet!«

 

Er drauf das Kindlein freundlich küßt

Und küßt die Blumen schöne,

Dann rauscht er, wie er kommen ist,

Dahin wie Saitentöne.

Das Kindlein schaut ihm brünstig nach

Und lauscht den Worten, die er sprach,

Und ruft: »Ach! komm doch wieder!«

 

Und als er doch nicht wiederkömmt,

So geht es traurig weiter,

Und nichts die heißen Tränen hemmt,

Die fallen auf die Kräuter

Und auf die Blumen ringsumher;

Dem Kindlein wird das Herz so schwer

Und will ihm fast zerbrechen.

 

Da, siehe! wie ein Himmelschein

Fällt ihm ein Glanz entgegen,

Es schießt ein helles Kränzelein

Herab als Himmelssegen

Und fällt dem Kindlein in den Schoß,

Ihm wird das Herz in Freuden groß

Wohl ob dem lieben Kränzel.

 

Und diesen Kranz von Engelhand

Das Kindlein hat getragen,

Solang es ging im Erdentand,

In Nächten und an Tagen.

Das Kränzlein schön von Himmelsart

Hat weiß und rein das Kind bewahrt

Und ihm das Herz behütet.

 

Sooft nun Kinder Blumen sehn,

Sie solln des Engels denken,

Daß ihnen auch er wolle schön

Ein solches Kränzel schenken.

Mit Erdenblumen spielt der Wind,

Doch Blumen, die vom Himmel sind,

Die blühen unvergänglich.

7.

 

Gott, deine Kindlein treten

Mit Freuden zu dir hin,

Sie stammeln und sie beten;

Du kennst der Worte Sinn:

 

Was aus dem Borne quillet,

Der nimmermehr versiegt,

Was ihnen selbst verhüllet

Im tiefsten Herzen liegt,

 

Das lockst du hoch nach oben

In seliger Begier,

Die Milde dein zu loben

Und Güte für und für.

 

O du, der in den Höhen

Und in den Tiefen wohnt,

Laß kindlich uns verstehen,

Was überschwenglich lohnt.

 

Gib fromme Kinderworte,

Gib süßen Kinderwahn!

So wird uns nur die Pforte

Der Himmel aufgetan.

8.

 

Du, der in flammende Gebete

Des Lebens höchste Kraft gelegt

Und aus des Busens tiefster Stätte

Das Herz in süßer Sehnsucht regt,

Du, aller Himmel höchster Meister,

Du, alles Lebens höchster Schein,

Komm, führe in das Land der Geister

Dein sehnend Kind zum Lichte ein.

 

Wo Myriaden Sonnen kreisen,

Der Morgenröten Jubelklang

In tausendfach verschiednen Weisen

Ertönt, ein heiliger Gesang,

Wo Millionen Heil'ge knien

Und schauen dir ins Angesicht,

O Vater! Gott! laß dort mich blühen

Am kleinsten Strahl von deinem Licht!

 

Denn ach! zur kalten Erde wollen

Die Himmelslichter nicht herab,

Und ihre goldnen Lampen rollen

Gefühllos über Sarg und Grab;

Der Wechsel hier vom Leid zum Glücke,

Vom Glück zum Leide ist zu schwer:

Es bricht die zarte Geisterbrücke,

Und Paradiese blühn nicht mehr.

 

Drum Himmel steige! Sinke Erde

Und irdisch Leben unter mir!

Daß ich ein weißer Engel werde,

Steht, weiße Engel, neben mir,

Und helft im Glauben mir vollenden

Der Erde mühevollen Streit,

Und traget mich auf reinen Händen

Empor ins Land der Seligkeit.

9.

 

Wir wandeln hier in Finsternissen

Und schaun vergebens nach dem Licht;

Nicht trösten mag uns, was wir wissen

Und was wir können, helfen nicht:

So wickelt ewig auf und ab

Sich Labyrinth aus Labyrinthen,

Und heute sehen wir verschwinden,

Was gestern süße Täuschung gab.

 

Doch liebt der Stolze seine Irre,

Der Eitle seinen Lügenschein

Und wirret in das Truggewirre

Sich jede Stunde fester ein,

Verschmäht die Wahrheit für Gedicht,

Verschmäht die Flamme für den Schimmer,

Und hascht und sucht und findet immer,

Doch ach! sich selber find't er nicht.

 

O du, durch den die Sonnen brennen

Und leuchtend durch die Himmel gehn,

Gott, lehre du mich selbst erkennen

Und meiner Künste Lug verstehn,

O hebe dein demütig Kind

Empor mit deinen Liebesarmen

Und laß sein Herz in dir erwarmen,

Vor dem die Engel Stammler sind.

 

Aus deines Lichtes reichem Meere

Floß einst ein einziger Tropfen aus

Und zündete die Sternenheere

Und Lampen all im Himmelshaus –

O einen Funken nur für mich!

Nur einen Schimmer von dem Glanze!

Und droben in dem Sternentanze

Mit allen Seligen preis' ich dich.

10.

 

Es lebt ein Geist, durch welchen alles lebt,

Durch den die Sonne kreist,

Der Blumenbusch die goldnen Köpfchen hebt,

Den Lenz der Vogel preist;

 

Durch den das Menschenherz, das Wunderding,

Vor eignen Wundern bebt,

Wann er es mächtig zu dem Sonnenring

In tiefster Sehnsucht hebt.

 

O Geist der Geister, knieend bet' ich an,

Was keine Zunge spricht;

Zieh, ew'ges Licht, den kleinen Funken an,

Er will zu deinem Licht.

 

Er floß vom sel'gen Götterlande aus

Herab zur Erdenflur

Und sehnt sich ewig nach dem Sonnenhaus,

Nach himmlischer Natur.

 

O Geist der Geister, trage mich empor!

Und mache ganz mich dein!

Es ist mein Vaterland, was ich verlor:

Der Himmel ist ja mein.

11.

 

Lehr' mich beten,

Gott der Herrlichkeit,

Kindlich vor dich treten,

Wie das Herz gebeut.

 

Mach' unschuldig,

Mache fromm dein Kind,

Denn die Welt ist schuldig,

Übervoll voll Sünd'.

 

Nach dem Bilde

Schufest du mich dein,

Vater aller Milde,

Laß mich heilig sein!

 

Nimm die Erde,

Nimm die Schuld von mir!

Daß ich Engel werde,

Wohne du in mir!

 

O Gedanke!

Himmelschein voll Licht!

Erd' und Himmel wanke,

Gott verläßt mich nicht.

12.

 

Hebe mich empor zu dir,

Der die kindliche Begier

Mir im tiefsten Busen zündet,

Daß mein Herz die Wahrheit findet,

Die dein heil'ges Wort verkündet:

Suchet mich, so findet ihr.

 

O verheißungsvolles Wort!

Sei mein Schild und sei mein Hort!

Sei mein Licht im finstern Staube!

In Verzweiflung sei mein Glaube:

Daß mir nichts die Wahrheit raube:

Gott ist hier und Gott ist dort.

 

Ach! Ich bin ein schwaches Kind,

Sehe viel und bin doch blind,

Wähne viel und kann nichts wissen,

Suche Licht in Finsternissen,

Wanke, tausendfach gerissen,

Hin und her vom Erdenwind.

 

Du, der einzig helfen kann,

Vater, nimm dich meiner an,

Helle mir Verstand und Augen,

Daß sie dich zu sehen taugen

Und aus deiner Liebe saugen,

Was die Bien' aus Blumen kann.

 

O mein Gott, ich fühle dich

Freundlich und herzinniglich.

O wie wohl wird mir von innen!

Erd' und Erdenqual zerrinnen,

Und mit allen meinen Sinnen

Fühle, habe, lieb' ich dich.

 

Fahre hin, du Erdental!

Schon bin ich im Himmelssaal,

Schwebe auf den sel'gen Höhen,

Wo die Zehnmaltausend stehen

Und den Lobgesang erhöhen

Mit den Frommen allzumal.

13.

 

Traum ist das Leben,

Schatten von Träumen der Jugend Lust,

Wolken verschweben,

Also die Bilder der Menschenbrust;

Alles ist Wanken,

Sinken und Steigen,

Selbst die Gedanken,

Sterblicher, sind nicht dein Eigen.

 

Doch willst du bauen,

Bauen auf das, was vergänglich ist,

Doch willst du trauen

Dem, was das Maß der Sekunde mißt;

Trug aus Betruge

Spinnen und weben

Taumelnd im Fluge,

Eitler, das heißet dein Leben.

 

Sagt mir denn keiner

An, wie die Unruh' zu Ruhe wird,

Tröstet denn keiner

Sehnsucht, die schmachtend im Busen girrt?

Himmlischer Glaube,

Magst du nicht finden,

Wie auf dem Staube

Wir uns das Bleibende gründen?

 

Ach! nicht hienieden,

Nicht wo in Gräbern die Asche liegt

Suche den Frieden,

Nicht wo die Freude mit Winden fliegt.

Arbeit und Tränen

Irdischem weihe,

Aber dein Sehnen

Stelle zur himmlischen Bläue.

 

Da gehn die Lichter,

Ewige Spiegel der reinsten Lust,

Liebende Richter,

Liebende Tröster der Menschenbrust;

Dahin gerichtet,

Was dich bedränget!

Da wird gelichtet,

Was dir hier Nacht noch verhänget.

14.

 

Traum der fliehenden Minuten,

Wie auf Fluten

Mondenschimmer wechselnd bebt,

Wie auf grünen Sommermatten

Licht und Schatten

Flüchtig durch einander schwebt –

 

Also stürzt des Lebens Welle,

Nacht und Helle

Wechselnd sich ins eigne Grab,

Und das Liebste, was wir hatten,

Flieht als Schatten

Mit zur Schattenwelt hinab.

 

Stolzer Mensch, was ist dein Eigen?

Wie ein Reigen

Lieblich, aber kurz verklingt,

So verklingt der Jugend Schöne,

Deren Töne

Nur die Wehmutsglocke ringt.

 

Was ist Liebe? Süßes Sehnen,

Banges Wähnen,

Recht des eitlen Traumes Traum.

Die unsterblichen Gewalten

Willst du halten,

Und du hältst dich selber kaum.

 

Was ist Schwur und feste Treue?

Wolkenbläue

Wechselt nicht wie Menschenwort;

Und du nimmst, was auf dem Sande

Steht, zum Pfande?

Doch wie Sand so fließt es fort.

 

Das Unendliche ergründen

Willst du, finden,

Was die Weltenräder treibt?

Weise hab' ich viel vernommen,

Doch beklommen

Lernt' ich, daß es Rätsel bleibt.

 

Deine Kunst, dein eitles Wissen

Teufelskissen

Ist es leerer Eitelkeit;

Dennoch weckst du Dunst aus Dünsten,

Mit Gespinsten

Webst du golden dir dein Leid.

 

Auf! aus Nacht der Eitelkeiten

In die weiten

Welten, leuchtend über dir!

Aus des Lebens reinen Quellen

Trinke hellen

Himmelsgeist und Wonne dir!

 

Trinke heitern Geist der Wahrheit!

Und in Klarheit

Wird die Täuschung vor dir stehn;

Weinen wirst du bittre Tränen,

Doch dein Sehnen

Wird durch alle Himmel gehn.

 

Und von Gottes goldnen Kerzen

Zünd' im Herzen

Sich die Flamme keusch und rein,

Die unsterblich Leben fodert,

Aufwärts lodert

Durch der Erde Nebelschein.

 

Auf! mit stolzem Angesichte

Zu dem Lichte!

Zu dem Lichte alles Lichts,

Wo die tausend Sonnen brennen!

Lern' erkennen:

Gott ist alles, du bist nichts.

 

Und vom finstern Erdenstaube

Schwingt der Glaube

Rettend deine Seele auf,

Erde sinkt und Erdgewimmel,

Und der Himmel

Tut sich der erlösten auf.

15.

 

Abendgebet

Der muntre Tag ist wieder still,

Und alles schlafen gehen will,

Das Wild auf weichen Mooses Flaum,

Der Vogel auf den grünen Baum,

Der Mensch in seine stille Kammer,

Sich auszuruhn von Müh' und Jammer.

 

Doch tritt er aus der Hüttentür

Zuvor noch in die Nacht herfür,

Sich christlich erst bereiten muß

Mit Liebesdank und Liebesgruß,

Muß sehen, wie die Sterne blinken,

Und noch den Odem Gottes trinken.

 

Du, der von oben Wache hält,

Du milder Vater aller Welt,

Vernimm mein stammelndes Gebet,

Das zu den hellen Sternen geht,

Wollst mich von deinen Sonnenkreisen

Im rechten Beten unterweisen.

 

Ich war den Tag in deiner Hut,

Behüt' auch heint mich, Vater gut,

Durch deine milde Freundlichkeit

Vorm bösen Feind und seinem Neid;

Denn was den Leib mir mag befallen,

Das ist das kleinste Leid von allen.

 

O sende von dem Strahlenschein

Den liebsten Engel zu mir ein

Als Friedensboten unters Dach,

Als Wächter in mein Schlafgemach,

Daß Herz und Sinne und Gedanken

Sich fest um deinen Himmel ranken.

 

Dann geht der Tag so lustig fort,

Dann klingt die Nacht ein Liebeswort,

Dann ist der Morgen Engelgruß,

Dem alles Böse weichen muß,

Und wir hienieden schon auf Erden

Wie helle Kinder Gottes werden.

 

Und fällt der letzte Abendschein

Einst in das müde Aug' hinein,

Sehnt meine Seele sich hinauf

Zum ewig sel'gen Sonnenlauf,

So werden alle Engel kommen

Mich heimzuholen zu den Frommen.

16.

 

Morgengebet

Die Nacht ist nun vergangen,

Der Morgen steht so herrlich da,

Und alle Blumen prangen

Und alle Bäume fern und nach;

Auf Feldern und auf Wiesen,

In Wald und Berg und Tal

Wird Gottes Lust gepriesen

Von Stimmen ohne Zahl.

 

Die frommen Nachtigallen,

Sie klingen hellen Freudenklang,

Die Lerchen, höchst vor allen,

Zum Himmel tragen sie Gesang,

Der Kuckuck auf den Zweigen

Und auch das Zeisiglein,

Sie wollen sich dankbar zeigen,

's will keiner hinten sein.

 

Und ich? ich sollte schweigen,

Ich, Gottes reiches Ebenbild?

Durch das mit Liebesneigen

Der Feuerstrom der Gottheit quillt,

Dem er die Sternenlichter

Zur Brüderschar geweiht

Und Engelangesichter

Verklärt in Herrlichkeit?

 

Das Wild im grünen Walde,

Der Vogel auf dem grünen Baum,

Sie priesen alsobalde

Den Vater überm Sternenraum?

Es sumsete die Imme,

Das Würmchen seine Lust,

Und ich hätt' keine Stimme

Des Lobes in der Brust?

 

Nein, Vater aller Güte,

Du meiner Seele Freudenlicht,

Wie gern will mein Gemüte!

Doch meine Worte können nicht.

Wer mag dich würdig preisen,

Durch den die Welten sind,

Vor dem die tiefsten Weisen

Kaum lallen wie ein Kind!

 

O Herr, laß mich auch heute

In deiner Liebe wandeln treu,

Daß ich der Sünden Beute,

Der Eitelkeiten Spiel nicht sei,

Laß mich nach deinem Bilde

Den Weg der Tugend gehn,

So wird der Tag mir milde,

So kommt die Nacht mir schön.

17.

 

Wer hat den Sand gezählt,

Welcher im Wasser haust?

Wem hat kein Blatt gefehlt,

Wann der November braust?

Wer weiß im Januar

Wieviel der Flocken wehn,

Wie viele auf ein Haar

Tropfen aufs Weltmeer gehn?

 

Wer mißt den Ozean,

Wo er am tiefsten fließt?

Wer mag die Strahlen fahn,

Welche die Sonne schießt?

Wer holt das Lichtgespann

Fliegender Blitze ein?

Nenne den Wundermann!

Keiner mag größer sein.

 

Gott ist der Ohnezahl,

Vor dem die Zahl vergeht,

Der durch den Sternensaal

Sonnen wie Flocken weht;

Gott ist der Überall,

Gott ist der Ohnegrund,

Schneller als Licht und Schall,

Tiefer als Meeresgrund.

 

Sandkörner zählest du,

Nimmer die Freundlichkeit,

Weltmeere missest du,

Nie die Barmherzigkeit,

Sonnenstrahl holst du ein,

Nimmer die Liebe doch,

Womit sein Gnadenschein

Sündern entgegenflog.

18.

 

Gottes süße Liebe,

Gottes freundlich frommes Herz,

Ziehe meine Triebe

Alle himmelwärts.

 

Unten sind nur Tränen,

Unten ist nur eitel Lug,

Ungestilltes Sehnen,

Täuschung nur und Trug.

 

Unten ist nur Mühe,

Kampf nur, wann's am besten ist,

Hader spat und frühe,

Daß man dein vergißt.

 

Alle, gleich den Blinden,

Tappen wir in Biesternis,

Können dich nicht finden

In der Finsternis.

 

O du reiche Quelle,

O du Brunnen jeder Lust!

Mache mir es helle,

Hell in Aug' und Brust!

 

Ziehe, süße Liebe,

Aus dem Dunkel mich zum Licht,

Alle meine Triebe,

All mein Angesicht.

 

Gottes Liebe, ziehe,

Zieh in dich mich ganz hinein!

Daß ich hier schon blühe

Wie ein Himmelsschein.

 

Gottes Liebe, Spiegel

Aller Freude, alles Lichts,

Gib mir Sonnenflügel,

Zu entfliehn dem Nichts:

 

Daß ich gleich der Lerche

Flieg' empor ins Sternenhaus

Über Tal und Berge

Und die Welt hinaus.

 

19.

 

O du süßes Engelbild,

Das mir Sinn und Seele füllt,

Himmelsglanz von bessern Sphären,

Friedensbote hoher Ehren,

Meine Sehnsucht, mein Verlangen,

Sprich, wo bist du hingegangen?

 

O wie war mit dir es süß,

Alle Welt ein Paradies,

Eitel Friede, Lust und Freude –

Was erzählten wir uns beide

Von den wunderbaren Dingen

Jenseits, wo die Sphären klingen!

 

Kehre wieder, komm zurück,

Alte Unschuld, altes Glück!

Daß die bösen Schatten weichen,

Die mir Gottes Sterne bleichen,

Daß die wilden Triebe schweigen,

Die mein Herz zur Sünde neigen.

 

Tröste dein verwaistes Kind,

Ach! der kalte Erdenwind

Hat es gnug in Finsternissen

Irrend hin und her gerissen –

Komm, du süßer Trost der Frommen!

Laß den Frieden wiederkommen.

20.

 

Frühlingslied

Frischauf! liebe Kinder! Es ist Maientag.

Heute sei fröhlich, wer froh sein mag!

Frisch! alle zu den Blumen hinaus!

Der Himmel öffnet sein Sonnenhaus,

Alle Engelein kommen mit Prangen,

Sie wollen den Frühling empfangen.

 

Frischauf! liebe Kinder! Es ist Maientag.

Seht, wer das Schönste sich pflücken mag:

Demut, das Veilchen, lächelt so blau,

Die Unschuld winket als Lilie im Tau,

Und die Rose, die himmlische Liebe,

Auf Dornen trauert sie trübe.

 

Frischauf! liebe Kinder! Es ist Maientag.

Horcht, was der Engelgespiele sprach:

Schön bist du Erdenmaitag und süß,

Das holde Bildnis vom Paradies,

Aber auf himmlischen Blumenauen

Da sollt ihr Schöneres schauen.

 

O du süßer Himmel und dein Maientag!

Seliger himmlischer Maientag!

Droben verwelket Demut nicht mehr,

Die Unschuld klagt nicht: Die Welt ist leer,

Und die Rose, die himmlische Liebe,

Sie steht auf Dornen nicht trübe.

 

O du süßer Himmel und dein Maientag!

Glücklich, wer schon deine Blumen brach!

Frisch! alle zu den Blumen hinaus!

Der Himmel öffnet sein Sonnenhaus,

Und die Engel wollen mit Prangen

Die frommen Kinder empfangen.

21.

 

O wie sehr tut mich verlangen

Nach den süßen Himmelsauen,

Wo die Tage selig prangen,

Wo die Nächte Wonne tauen,

Wo die Unschuld und die Freude

Stehn als Himmelswache beide!

 

O wie sehr tu' ich mich sehnen

Nach den süßen Paradiesen,

Nie benetzt von Trauertränen

Wie die kalten Erdenwiesen!

Himmelsrosen, Himmelsnelken

Blühen dort, die nie verwelken.

 

O die schönen Reigentänze,

Welche selige Engel schwingen!

O die immergrünen Kränze,

Die der Frommen Stirn umschlingen!

Land der Sehnsucht, Land der Frommen,

O wann werd' ich zu dir kommen!

 

Ach! die Erde ist ein Schwanken

Auf und ab von Ruh' zum Streite,

Himmel wollen die Gedanken,

Doch die Sünde stellt auf Beute:

Drinnen lechzet Sternenliebe,

Draußen locken Erdentriebe.

 

O du süßer Himmelsfrieden,

Komm mit deiner Engelmilde!

Führe doch den Streitesmüden

Wieder auf die Lustgefilde,

Wo wir wie die Kinder spielten

Und nur Lust und Unschuld fühlten.

 

Komm, du süßer Friede! kehre

Mit den Kinderfreuden wieder!

Stiller Engel, komm und lehre

Mir die alte Unschuld wieder,

Daß ich schon auf diesen Auen

Kann das Leben Gottes schauen.

22.

 

Lockst du mich, du Gottesfrieden,

Zu den schönen Himmelsauen,

Die wir Dunkle, ach! hienieden

Nur in blassen Schatten schauen?

Lockst du mich, o Sehnsucht, immer,

Wie die Frommen Glockenläuten,

Wieder hin zum Sternenschimmer?

Wieder in die alten Zeiten?

 

In die Zeiten, längst vergangen?

In der Seelen Kindertage?

Dahin schmachtest du, Verlangen?

Dahin, Herz, mit jedem Schlage?

Ja, der Funke will zur Sonne,

Und die Seele will zum Himmel,

Zu des stillen Lebens Wonne

Aus dem tollen Erdgewimmel.

 

Nein, es ist kein Wahn der Träume,

Ist kein Irrlicht düstrer Nächte,

Mein sind jene Sternenräume,

Mein sind jene Götterrechte:

Fremdling bin ich nur im Staube,

Meine Heimat such' ich wieder,

Meine grüne Himmelslaube,

Meine Himmelsblumen wieder.

 

Was soll ich hienieden streben

Zwischen Kummer stets und Freude,

In dem unruhvollen Leben

Der Minuten schnelle Beute?

Wie die Vöglein auf den Zweigen

Wechselnd hin und wieder fliegen,

Schwebt des Menschen Tun und Neigen,

Schwebt sein Wünschen, sein Vergnügen.

 

Wie soll ich hienieden finden,

Was die heiße Liebe stillet,

Wo die Unruh' wilder Sünden

Aus der Erdenfreude quillet?

Wo wir heute lassen müssen,

Dem wir gestern angehangen?

Wo Begierde und Gewissen

Sind in stetem Krieg befangen?

 

Was soll ich hienieden schaffen,

Hier, wo nichts beständig bleibet?

Wo vom Staub und Blut der Waffen

Stets die wilde Rennbahn stäubet?

Wo die Lüge auf dem Throne

Gaukelnde Orakel singet

Und mit blut' ger Dornenkrone

Wahrheit kaum vernommen klinget?

 

Fahre hin, du Land der Tränen!

Hin, du Land der süßen Lügen!

Damit wir uns hinnen sehnen,

Darum mußt du viel betrügen;

Damit wir das Feste wollen,

Darum muß in dir nichts bleiben,

Alles durcheinander rollen

Und die Welle Welle treiben.

 

Locke, stiller Gottesfrieden!

Süße Sehnsucht, schweige nimmer!

Werfet Himmelschein hienieden

Auf der Nichtigkeiten Trümmer,

Daß die Seelen innewerden

Unter Zittern, unter Bangen:

Wahres gibt es nicht auf Erden,

Jenseits sollen wir erlangen.

23.

 

Ich bin so traurig in dem Herzen

Und weiß nicht mehr, wo hin noch her,

In meinem Innern braust von Schmerzen

Ein weites, kaltes wüstes Meer,

Es reißt mich Sehnsucht und Verlangen

Vom Süd zum Nord, vom Ost zum West,

Gleich einem Menschen, der von Schlangen

Im Busen trüg' ein ganzes Nest.

 

Ich bin so traurig in dem Sinne,

Der sonst so still und freundlich war,

So voll von Gottes süßer Minne,

Von Gottes Licht so hell und klar;

Bei Menschen fühl' ich mich verlassen,

Und einsam faßt mich schlimme Not,

Ich kann mich selber nicht mehr fassen

Und wünsche oft: O wärst du tot!

 

Denn ach! mein Gott hat mich verlassen,

Weil ich zuerst mich selbst verließ

Und auf des Lebens breite Straßen

Mich töricht gnug verlocken ließ.

Im bunten, gaukelnden Gebrause,

Wo floh es hin, mein altes Glück?

Wie find' ich zu der stillen Klause

Der Kinderunschuld mich zurück?

 

O du, der in das Land der Nächte

Die Liebe selbst herabgesandt,

Daß sie uns allen Gnade brächte

Und Heilung mit der milden Hand,

Der sie ans harte Kreuz geschlagen,

Mit Dornen blutig sie zerriß,

Daß wir in Sünden nicht verzagen,

Der unerschöpften Huld gewiß.

 

Du tröste, was den Trost verloren,

Du richte das Gefallne auf,

Und zu den steilen Himmelstoren

Gib Mut und Licht dem Pilgerlauf.

Du bist die Güte, du die Treue,

Ich bin der Staub, ich bin das Nichts,

Das sehnend lechzt zur heitern Bläue

Des reinen Glücks, des reinen Lichts.

24.

 

Gott der Gärtner

Die Erde ist ein Garten

Voll süßer Blümelein,

Gott selbst will ihrer warten

Und gerne Gärtner sein,

Will ihrer spät und früh

In frommer Treue pflegen,

Mit Sonnenschein und Regen

Und Tau erquicken sie.

 

Die erste Blum' vor allen

Das muß die Liebe sein,

Der Menschen Wohlgefallen,

Der Engel schönster Schein:

Sie ist die Rose rot

Und muß auf Dornen stehen,

Sobald die Winde wehen,

Ist ihre Schöne tot.

 

Die zweite, die Gott liebet

Nächst Liebe allerbest',

Ist, die das Gute übet

Und sich nichts merken läßt;

Ihr Name Demut heißt,

Auf Erden auch das Veilchen,

Sie blüht ein kurzes Weilchen

Und kaum die Blüte weist.

 

Der Glaube heißt die dritte,

Sie duftet nur bei Nacht

In aller Geister Mitte

Bei voller Himmelspracht:

Da tut das Herz sich auf

Der frommen Nachtviole,

Wann hell von Pol zu Pole

Sich schwingt der Sterne Lauf.

 

Auch Hoffnung ist nicht minder

Ein liebes Gotteskind,

Wohl liebstes seiner Kinder,

Die nur hienieden sind.

Schneeblümchen grün und bleich,

Holdselig von Gebärden,

Du bist ihr Bild auf Erden,

Kommst mit dem Lenz zugleich.

 

Auch du, die im Gemüte

Beständig ist und treu,

Du, aller Zeiten Blüte,

Mir lieb gegrüßet sei!

Merlblümchen frisch und bunt!

Beständigkeit soll leben!

O wolle Gott uns geben

Solche Lieb' zu jeder Stund'!

 

Und du, die auf dem Throne

Des Blumengartens sitzt

Und mit der weißen Krone

Gleich einem Engel blitzt,

O Lilie, Unschuld süß!

Du winkest lieb uns hinnen

Mit Herzen und mit Sinnen

Zurück zum Paradies.

 

Noch Blumen viel und Kräuter

Hat Gott der Gärtner mehr,

Wer sie erzählte weiter,

Zählt wohl den Sand am Meer:

Wieviel er ausgestreut,

Wie könnt' ich alle zählen

Die zarten Blumenseelen

Im bunten Sonnenkleid!

 

Sollt' ich mir eine nehmen,

Die Lilie müßt' es sein,

Steht wie ein Geisterschemen

Mit hellem Himmelschein;

Wehmütig geht ihr Blick

Empor zum Licht der Sterne,

Sie wäre gar zu gerne

Zum Vaterland zurück.

 

O Gärtner treu und milde,

Der alles kann und weiß,

Mach' mich zu ihrem Bilde,

Mach' mich so rein und weiß.

Dann kann ich droben froh

Als Lilienmädchen kommen

Und unter allen Frommen

In Unschuld blühen so.

25.

 

Der Heil'ge Christ ist kommen,

Der süße Gottessohn,

Des freun sich alle Frommen

Am höchsten Himmelsthron,

Auch was auf Erden ist,

Muß preisen hoch und loben

Mit allen Engeln droben

Den lieben Heil'gen Christ.

 

Das Licht ist aufgegangen,

Die lange Nacht ist hin,

Die Sünde ist gefangen,

Erlöset ist der Sinn,

Die Sündenangst ist weg,

Und Liebe und Entzücken

Baun weite Himmelsbrücken

Aus jedem schmalsten Steg.

 

Verwaiset sind die Kinder

Nicht mehr und vaterlos,

Gott rufet selbst die Sünder

In seinen Gnadenschoß,

Er will, daß alle, rein

Von ihren alten Schulden,

Vertrauend seinen Hulden,

Gehn in den Himmel ein.

 

Drum freuet euch und preiset,

Ihr Kindlein fern und nah!

Der euch den Vater weiset,

Der Heil'ge Christ ist da;

Er ruft so freundlich drein

Mit süßen Liebesworten:

»Geöffnet sind die Pforten,

Ihr Kinder, kommt herein!«

Laß klingen

 

1809.

 

Ich singe ein Liedel, juchheisa! juchhei!

Es säuseln die Lüfte, es locket der Mai,

Die Quellen, sie rieseln mit lustigem Klang,

Die Bäche, sie spielen und flöten Gesang.

 

O liebliche Rosen, o Lilien weiß!

O dürfte ich singen die Lust, die ich weiß!

O dürfte ich klingen, was süß und was weh

Im Busen sich regt, das ich selbst nicht versteh'?

 

Vergebliche Sorge, du schelmisches Kind,

Du haschest das Lüftchen, du fesselst den Wind,

Du zählest die Blätter im Frühlingsgebüsch,

Du trägest in Netzen die Weine zu Tisch.

 

Laß klingen, was klinget, laß wehen, was weht,

Du weißt nicht von wannen, wohin's mit dir geht.

Der Vogel muß singen, das Lüftchen muß wehn,

Doch frage nicht, ob sie die Klänge verstehn.

Ballade

 

1809.

 

Und die Sonne machte den weiten Ritt

Um die Welt,

Und die Sternlein sprachen:»Wir reisen mit

Um die Welt«;

Und die Sonne sie schalt sie:»Ihr bleibt zu Haus,

Denn ich brenn' euch die goldnen Äuglein aus

Bei dem feurigen Ritt um die Welt.«

 

Und die Sternlein gingen zum lieben Mond

In der Nacht,

Und sie sprachen:»Du, der auf Wolken thront

In der Nacht,

Laß uns wandeln mit dir, denn dein milder Schein,

Er verbrennet uns nimmer die Äugelein.«

Und er nahm sie, Gesellen der Nacht.

 

Nun willkommen, Sternlein und lieber Mond,

In der Nacht,

Ihr verstehet, was still in den Herzen wohnt

In der Nacht.

Kommt und zündet die himmlischen Lichter an,

Daß ich lustig mitschwärmen und spielen kann

In den freundlichen Spielen der Nacht.

Chorgebet

 

1809.

 

Herrscher der Dinge,

Selige Götter,

Deutet der Menschen

Klügeln euch je?

Feuriger Schwinge

Fähret das Wetter

Schmetternd zur Erde,

Stiftend das Weh.

 

Und von dem Tage

Fliehet der Schimmer,

Und von den Nächten

Fliehet der Schlaf:

Denn von dem Schlage

Hebet sich nimmer,

Wen es mit Blitzen

Schrecklicher traf.

 

Bringet ihr wieder

Freundliche Sonnen,

Wandelt das Glück auch

Lustig darein,

Locken uns Lieder,

Reizen uns Wonnen,

Blühet das Leben

Lieblich im Schein,

 

Und von den Blitzen

Und von dem Wehe

Rollender Wolken

Klingt es nicht mehr;

Leuchtenden Sitzen

Himmlischer Höhe

Gleicht sich in Wonne

Irdisches Heer.

 

Selige Götter,

Richtet mit Gnade,

Richtet der Menschen

Flüchtig Geschlecht –

Geht ihr im Wetter

Donnernde Pfade,

Träufelt ihr Segen,

Eu'r ist das Recht.

 

Denn was im Staube

Wechselt und wandelt,

Fliehet wie Sand im

Winde dahin,

Und gleich dem Laube,

Welches verwehet,

Wechselt der Menschen

Schicksal und Sinn.

 

Darum bescheiden

Sollen sie treten

Unter des Himmels

Leuchtendem Saal,

Blühend in Freuden

Sollen sie beten,

Daß sie nicht treffe

Fressender Stahl.

 

's wechselt die Welle

Unten nach oben,

Spielet den Schwimmer

Auf und hinab:

Heut ist sie helle,

Heut ist er oben,

Morgen sie reißt ihn

Brausend ins Grab.

Gottes Gericht

 

1809.

 

(Hesekiel XXI, V. 15.)

 

»Ich will das Schwert lassen klingen,

Die Herzen sollen verzagen.

Wie Blitz auf feurigen Schwingen

Herbrausen Reiter und Wagen,

Es schallen Donnergeschosse,

Blut dürsten Männer und Rosse.«

 

So hat der Herr es gesprochen,

Der Schaffer, Helfer in Nöten.

In Blut wird Sünde gebrochen,

Die Schmach das Eisen muß töten:

So tilgt er Weibergebärde

Und heilt die Welt mit dem Schwerte.

 

Dann wollen Männer nicht sterben,

Und Weiber Kindlein nicht wiegen,

Dann nahet Mord und Verderben,

Und Völker müssen erliegen,

Und Schlachten mähen das Alte,

Damit sich Neues gestalte.

 

Dann fahren durch die Verruchten,

Gott hat die Macht ihnen geben;

Und flehen lernen, die fluchten,

Und Toren Hände erheben;

Wild schnauben Räuber und Henker,

Sie meinen's, er ist der Lenker.

 

Drum laß es donnern und blitzen,

Du, Herr, bleibst ewig derselbe,

Du rollst in leuchtenden Sitzen

Das hohe Himmelsgewölbe,

Du trägst die Erde, die kleine,

Und nennst sie freundlich die deine.

 

Du hebest hoch vom Getümmel

Die Guten auf von der Erde,

Du hebst sie selbst in den Himmel,

Daß unten herrlich sie werde.

Das Leid, es muß ja vergehen,

Das Glück muß wieder erstehen.

 

O laß den himmlischen Glauben,

Die süße Liebe uns halten!

Dann laß Tyrannen nur schnauben,

Wir stehen in höhern Gewalten;

Wir lachen der bübischen Wichte,

Denn Gottes sind die Gerichte.

Aufruf an die Deutschen bei Schills Tode

 

1809.

 

O Deutsche, nicht mehr Deutsche,

Nicht Männer, eitel Weiber!

Was krümmt ihr tief die Leiber

Dem Schlag der Sklavenpeitsche?

Was kriecht ihr wie die Hunde

Vor Henkern und Banditen

Und lernt die Worte hüten

Des Zorns vom freien Munde?

 

O eure tapfern Väter!

O eure großen Ahnen!

Die Helden, die Germanen!

Das waren kühne Täter,

Nicht schöner Worte Sprecher,

Nein, stolzer Freiheit Kinder,

Tyrannenüberwinder,

Entnervter Tugend Rächer.

 

Ihr aber, Sklavenhorden,

Wie macht ihr Eisen blutig?

Wie seid ihr kühn und mutig?

Ach! nur euch selbst zu morden.

Feil steht ihr dem Tyrannen

Zum Brudermorde fertig,

Steht seines Winks gewärtig,

Euch selber zu entmannen.

 

O Sonne, die noch scheinet!

O Himmel, der noch rollet!

Versteht ihr, was ihr wollet?

Weint eurem Wahnsinn! Weinet!

Verflucht den Trug, die Schande,

Womit ihr euch zerreißet,

Womit ihr Knechte heißet

In freier Väter Lande.

 

Zusammen! Risch zusammen!

Es will die Welt vergehen,

Ihr seht sie schon verwehen

In hellen, lichten Flammen.

Ihr habt den Brand gezündet,

Ihr müßt mit Blut ihn dämpfen

Und mit den Räubern kämpfen,

Bis ihr die Freiheit findet.

 

Dann, auf getürmten Leichen

Der Schänder schreitend, pflücket

Den Schmuck, der Freie schmücket,

Das Laub der deutschen Eichen;

Dann schwört den Schwur der Treue

Dem lieben Vaterlande,

Daß nie Despotenschande

Die heilige Erd' entweihe.

Ständchen

 

1809.

 

Es leuchtet ein Licht durch die weite Welt,

Das schönste und hellste von allen,

Es ist nicht als Sonne zum Tag bestellt,

Nicht als Mond die Nacht zu durchstrahlen,

Blaß werden die Sternlein, die Kleinen,

Vor seinem allmächtigen Scheinen.

 

Es dringet wie Blitze durch Eisen und Stahl,

Kein Panzer mag fest vor ihm stehen,

Doch dränget sich jeder zum fährlichen Strahl!

Und sollt' er zur Stunde vergehen.

O scheine, du süßes Verderben!

Wie lieblich, in Flammen zu sterben!

 

Geh auf denn, mein Licht! Geh wieder zur Ruh'!

Ich darf dich, du schönstes, nicht nennen;

Doch strömet mein Herze wie Wasser dir zu,

Heiß fühl' ich es lodern und brennen!

Auf! lasset es schmettern und klingen!

Es will mich die Wehmut bezwingen.

Gebet an die Liebe

 

1809.

 

Blitzesschnelle, Adlerschwinge

Deucht der Liebe Macht geringe.

Süße Mutter aller Dinge,

Gerne trag' ich deine Schuld,

Gerne will ich alles leiden,

Deine Schmerzen, deine Freuden,

Denn du mischest mild zu beiden

Unaussprechlich süße Huld.

Erinnerung an Psychidion

 

1809.

 

Was blickst du sehnend so zurück?

Der Tag er geht geschwind,

Und Menschenleben, Menschenglück

Vergehen gleich dem Wind.

 

Doch wann die Zeit vergangen ist

Und die Erinnrung kömmt,

Wie alles dann so freundlich ist,

Was jetzt das Herz beklemmt!

 

Wie alles dann so lieb und hold

Von ferne widerscheint!

Gleichwie der Mond am Himmel rollt,

Der Nächte stiller Freund!

 

Drück' an die Brust den lieben Traum,

Das süße Kinderspiel,

Für Freud' und Leid ist weiter Raum

Im Herzen voll Gefühl.

Gebet

 

1810.

 

Du, der ewig waltend steht,

Höre, Vater, mein Gebet:

Denn mich drückt die böse Stunde,

Denn mich brennt die heiße Wunde,

Tief im Herzen brennt sie sehr,

Wärst du nicht, wär' ich nicht mehr.

 

Denn du, alter treuer Gott,

Alter lieber deutscher Gott,

Hast mit Männern und mit Rossen

Über mich dich ausgegossen,

Mich in Staub getreten sehr,

Und ich bin kein Freier mehr.

 

Und ein eitles, schlechtes Volk

Dräut mit Henkerbeil und Dolch,

Dräut mit Galgen und mit Stricken,

Und ich muß mich schweigend bücken:

Die vor meinen Vätern flohn,

Sprechen meiner Ehre Hohn.

 

Und die Eignen stehn dabei,

Freveln mit in Büberei,

Knechtisch wedeln deutsche Hunde,

Wedeln sich das Brot zum Munde,

Schreien gegen Vaterland,

Gegen dich in Trug und Schand';

 

Schalken gegen Recht und Licht

Mit dem Weiberangesicht,

Wert, daß sie mit schlaffen Händen

Nadel, Knäul und Spindel wenden.

O die Buben! Daß dein Strahl

Sie zerschmettre tausendmal!

 

Dann wann der Bandit sich kränzt

Und der Pöbel hundeschwänzt,

Toren Kron' und Zepter halten,

Dann verstehen wir dein Walten,

Tod und Jammer überall

Deutet's mit verborgnem Schall.

 

Aber züchtigst du gleich schwer,

Lässest du doch nimmermehr,

Hast die Sehnsucht uns gegeben

Nach dem lichten Götterleben,

Nach dem hochgebornen Recht,

Nennst uns selber dein Geschlecht.

 

Auf zur Tugend und zum Licht

Hast du uns das Herz gericht't:

Freier Atem, freie Rede,

Für die Wahrheit offne Fehde,

Fehd' auf Leben und auf Tod!

Also klinget dein Gebot.

 

Denn des Mannes ganzen Wert

Hält die Zunge und das Schwert;

Will das letzte nicht mehr schneiden,

Muß die erste schon es leiden:

Männerarm und Männerwort

Ist der Glücks- und Freiheitshort.

Schlachtgesang

 

1810.

 

Zu den Waffen! Zu den Waffen!

Als Männer hat uns Gott geschaffen,

Auf! Männer, auf! und schlaget drein!

Laßt Hörner und Trompeten klingen,

Laßt Sturm von allen Türmen ringen,

Die Freiheit soll die Losung sein!

 

Zu den Waffen! Zu den Waffen!

Die Arme müssen sich erstraffen

Und stählern alle Brüste sein,

Voll Kraft und Mut und Wut der Leuen,

Bis wieder strömt in deutschen Treuen

Der deutsche Strom, der deutsche Rhein.

 

Zu den Waffen! Zu den Waffen!

Zur Hölle mit den welschen Affen!

Das alte Land soll unser sein!

Kommt alle, welche Klauen haben,

Kommt, Adler, Wölfe, Krähen, Raben!

Wir laden euch zur Tafel ein.

 

Zu den Waffen! Zu den Waffen!

Komm, Tod, und laß die Gräber klaffen!

Komm, Hölle, tu den Abgrund auf!

Heut schicken viele tausend Gäste

Wir hin zu Satans düsterm Neste,

Heut hört die lange Schande auf.

 

Zu den Waffen! Zu den Waffen!

Als Männer hat uns Gott geschaffen,

Weht, Fahnen, weht! Trompeten, klingt!

In deutscher Treue alle Brüder,

Hinein! Es kehret keiner wieder,

Der nicht den Sieg zu Hause bringt.

Blumengruß an Elisa

 

1810.

 

Die letzten Kinder der Sommerau

Standen wir Kleinen, uns fehlte der Tau,

Uns fehlte der freundliche Sonnenstrahl

Und auch das linde Lüftchen zumal.

 

Da kommt ein sinnender Wandersmann

Und pflückt uns und redet uns freundlich an,

Verspricht uns Freude im fernen Land

Und süße Pflege von Herz und Hand.

 

So kommen wir, holde Frau, zu dir,

Erbleicht und verwelkt und ohne Zier,

Doch trägst im Herzen du Liebe rein,

So wird es uns wieder lebendig sein.

 

Denn Blumenleben ist Liebe nur,

Die Sterne schmücken uns auf der Flur,

Das bunte Röckchen ist Sonnenkleid,

Das Weiß haben Engel herabgeschneit.

 

Und rührt ein liebendes Herz uns an,

Wie ist uns selig im Sterben dann!

So nimm uns, Liebling, und birg uns schön,

Bis unsre Schwesterchen auferstehn.

Klinglieder

 

1810.

 

1.

Den tiefen Ernst des Lebens zu verkünden

Winkt, weist und spielt die Allmacht aus Geschichten.

Die Vorwelt einzig darf die Nachwelt richten,

Die Gegenwart tappt taumelnd fort mit Blinden.

 

Nie mag den Weg zum Sternenlande finden,

Wer nicht, wann Wolken sich für Donner dichten,

Auf Blitzen wagt dahin den Flug zu richten,

Wo Tod und Leben ineinander schwinden.

 

Drum strebe, Mut, zum alten Götterhügel,

Dem strahlenden der Sonnen, welche gingen,

Dem dämmernden der Sonnen, welche kommen.

 

Dort steht mein Bild im ungetrübten Spiegel,

Dort tragen mich der Muse Ätherschwingen

Empor ins Land der Tapfern und der Frommen.

2.

 

Ein Rätsel tritt das Heilige ins Leben,

Ein Rätsel wohnt es in des Busens Gründen;

Es wandelt, wo die Blitze Wolken zünden,

Geahnet kaum dahin im leisen Schweben.

 

Daß wir die Herzen und die Händ' erheben

Und Unsichtbares brünstiglich verkünden,

Muß alles, was wir irdisch sehn, verschwinden:

Im freisten Tode blühet freistes Leben.

 

So fahre hin, du Nichts, du dünner Schemen,

Der Leben heißt, und laß die hohen Bilder

Der ew'gen Liebe auf mit Göttern steigen!

 

Dich, Braut der Engel, will ich mit mir nehmen

Im Himmelsfluge, denn du leuchtest milder

An Ruh' und Glanz als alle Stern' im Reigen.

3.

 

Woher, du süßes Bild aus Licht gewoben,

Um das die Schönheit fließen wie die Sterne

Umfließen jene Burg der blauen Ferne,

Wo Gott die Myriaden Geister loben?

 

Hast du hieher, mein Engel, dich erhoben,

Daß ich den Himmel schon auf Erden lerne,

Demütig lieb' und hoff' und dulde gerne,

Das heiße Herz sehnsüchtig stets nach oben?

 

Du winkest mild, wie Himmelsliebe winket,

Und weisest auf die ewig hellen Kerzen

Dort oben, auf die bunten Blumen unten;

 

Und wie du, Süße, lächelst, sinkt und sinket,

Wie Sterne zu dem Meer, ein Licht zum Herzen,

Und in Entzückung ist das Leid verschwunden.

Als ich ein Kind war

 

1811.

 

Als ich ein Kind war,

Was sah ich für Farben!

Himmlische Schimmer

Glänzten im Abendschein,

Glänzten im Morgenrot,

Und wann der Schlaf sanft

Einwiegte die Äuglein,

Gingen nicht Sonnen und Sterne

Dem träumenden Seelchen

Auf? Götterlichter,

Ach! der himmlischen Heimat

Selige Spiegel?

 

Als ich ein Kind war,

Was fand ich für Blumen!

Nicht bloß die blauen

Lieblichen Veilchen,

Nicht dich, rote Rose,

Blumenkönigin allein,

Nicht euch, ihr schneeweißen

Unschuldskinder, Lilien, allein –

Ach! noch zehntausend

Andere und andere

Schöner und duftender

Blühten da auch hier unten.

Wo sind sie blieben?

 

Als ich ein Kind war,

Was hatt' ich für Gespielen!

War nie allein

Einsam im grünen Wald,

Einsam im Felde.

Wer warst du, bunte Blume?

Wer du, kleines Bäumchen?

Und du, in den Zweigen

Singendes Vöglein?

Waret ihr nicht Engel

Freundliche Engel Gottes,

Mitfühlend, mitspielend?

Ach! du, die so schön war,

Junge lebendige Welt,

Wo gingst du hin?

 

Als ich ein Kind war,

Was hatt' ich für Träume!

Kann ich es nennen,

Was Namen nicht hat?

Kann ich euch zeigen,

Unvergängliche Bilder

Himmlischer Schönheit?

O meine Sehnsucht

Kennet euch noch und die nimmer

Rastende Liebe.

 

Himmlischer Vater,

Du, der uns alle

Seine Kinder nennet,

Dessen Geisteratems

Gebilde wir sind,

O mache mich wieder

Wie ein unschuldiges Kind!

Ach! nur ein Lallen,

Ein leises Stammeln

Jener Gefühle!

Jener Kinderspiele!

Nur einen Schimmer

Jener Gestalten!

Einen Ton jener Klänge!

O warum blieb ich

Nicht ewig ein Kind?

Gebet eines kleinen Knaben an den Heiligen Christ

 

1811.

 

Du lieber heil'ger frommer Christ,

Der für uns Kinder kommen ist,

Damit wir sollen weiß und rein

Und rechte Kinder Gottes sein.

 

Du Licht, vom lieben Gott gesandt

In unser dunkles Erdenland,

Du Himmelskind und Himmelsschein,

Damit wir sollen himmlisch sein.

 

Du lieber heil'ger frommer Christ,

Weil heute dein Geburtstag ist,

Drum ist auf Erden weit und breit

Bei allen Kindern frohe Zeit.

 

O segne mich! Ich bin noch klein,

O mache mir den Busen rein!

O bade mir die Seele hell

In deinem reichen Himmelsquell!

 

Daß ich wie Engel Gottes sei

In Demut und in Liebe treu,

Daß ich dein bleibe für und für,

Du Heil'ger Christ, das schenke mir!

Trost

 

1811.

 

Was stürmst du, Herz, und bist so wild?

Ist nicht der alte Gott dein Schild?

Der alte Gott im Himmel hoch,

Der lebet und regieret noch.

 

Der alte Gott, der Allmachtsheld,

Der Erd' und Himmel hingestellt,

Der stillt des Sturmes wilde Wut

Und ruft dem Meer: Hier stehe, Flut!

 

Zog er dir nicht die Rüstung an,

Die kühn mit Geistern ringen kann?

Haucht' er dir nicht die Sehnsucht ein,

Des hohen Stolzes edle Pein?

 

Leid frißt das Herz und frißt den Mut:

Denk', diese Welt und du seist gut;

Leid löscht die Kraft und den Verstand,

Die Freud' ist Gottes Feuerbrand.

 

Leid ist der blanken Waffen Rost,

Die Freude hoher Seelen Kost;

Leid schleicht im Finstern wie ein Dieb,

Der Freude ist die Sonne lieb.

 

Drum hell den Blick und frisch die Hand!

Und schwinge Gottes Feuerbrand!

Berausche dich in edlem Wein!

Und bade dich im Sonnenschein!

 

Und wenn auch Sturm die Woge treibt,

Der Pfad von blut'gem Staube stäubt,

Hinein! Und kommst du nicht heraus,

Wiss', hier und dort ist Gottes Haus.

Der Mann

 

1811.

 

Brauset, Winde! Schäume, Meer!

Mir im Herzen braust es mehr;

Schlage, Unglückswetter, ein!

Mut will trotzig oben sein.

 

Schwillt die Flut ins Himmelshaus,

Keine Anker wirft er aus;

Schmettern Blitze höllentief,

Blickt sein freies Aug' nicht schief.

 

Freudig schießt er auf Gefahr,

Wie auf Raub der Sonnenaar,

Stürzt mit Wangen frisch und rot

Kühn hinein in tiefsten Tod.

 

Froh für Recht und Vaterland

Faßt das Eisen seine Hand,

Für das Laster feig und feil

Wird sein Mund ein Donnerkeil.

 

Seine Losung heißet Gott,

Darum ist die Welt ihm Spott;

Freiheit klingt sein Feldgeschrei,

Darum haßt er Tyrannei.

 

O wie selig ist der Mann,

Der in Wahrheit sagen kann:

Du, Gefahr, bist meine Braut,

Treue, du mir angetraut!

 

O wie selig ist der Mann,

Der in Wahrheit sagen kann:

Mut, du bist mir Sonnenschein,

Mut, du bist mir edler Wein!

 

Sonnenschein behält sein Licht,

Saft der Reben altet nicht:

So erlischt nicht kühner Mut,

So erbleicht nicht Heldenblut.

 

Will die Welt zu Scheitern gehn,

Mut bleibt fest und ruhig stehn;

Ja, fällt selbst der Himmel ein,

Mut wird Gott mit Göttern sein.

Kriegslied

 

1811.

 

Frischauf! Und ziehet die Schwerter aus!

Und spornet die stampfenden Pferde!

Tyrannen erbrüsten sich überaus

Und schänden mit Sklaven die Erde,

Sie tilgen die Freiheit, sie löschen das Licht,

Wetzt ihr zur Erlösung das Eisen nicht.

 

Wetzt ihr zur Rache nicht Männermut,

Der schärfer noch schneidet als Eisen,

Blitzt ihr vom Auge nicht Feuerglut,

Drin Tod und Verderben sich weisen,

Setzt ihr nicht den heiligen Schwur darein:

Wir wollen heut frei oder Leichen sein.

 

Frischauf! Und bindet die Herzen fest

In dem großen, dem heiligen Bunde!

Vertilgt das tyrannische Schlangennest

Und schlaget wie wütende Hunde

Den Buben, der schalket, den Knecht, der dient,

Den Fremdling, der frech sich des Herrn erkühnt.

 

Sie wollen uns rauben das Vaterland,

Uns rauben die Ehre, die Treue,

Uns wickeln französisch in Lug und Tand,

Daß Zwietracht die Starken entzweie,

Sie wollen uns rauben das weidliche Wort,

Das schärfer als Pfeile die Schande durchbohrt.

 

Sie wollen uns rauben den ewigen Gott,

Den Geist, den allmächtigen Walter,

Die gaukelnden Affen – o Hohn und Spott!

Wir greifen zum Schwert, dem Erhalter,

Wir waschen die Schanden uns ab in Blut:

Das blinkende Eisen macht alles gut.

 

Drum frisch! Es walte das Gott der Herr,

Der Vater der Tapfern und Freien!

Sein heißt die Rüstung und sein die Wehr,

Er kann uns den Sieg nur verleihen:

Wer Gott sich vertrauet, der ist der Mann,

Der fröhlich sich schlagen und sterben kann.

Lied der Rache

 

1811.

 

Auf zur Rache! auf zur Rache!

Erwache, edles Volk, erwache!

Erhebe lautes Kriegsgeschrei!

Laß in Tälern, laß auf Höhen

Der Freiheit stolze Fahnen wehen!

Die Schandeketten brich inzwei!

 

Denn der Satan ist gekommen,

Er hat sich Fleisch und Bein genommen

Und will der Herr der Erde sein,

Und die Weisheit tappt geblendet,

Und Mut und Ehre kriecht geschändet

Und will nicht in den Tod hinein.

 

Und die Wahrheit traurt verstummet,

Die brandgemalte Lüge summet

Frech jede große Tugend an,

Kühn durch Schwert und Henkerbeile

Meint sie, daß seine Donnerkeile

Der Himmel nicht mehr schwingen kann.

 

Drum zur Rache auf! zur Rache!

Erwache, edles Volk, erwache!

Und tilge weg des Teufels Spott!

Ist er stark durch Lügenkünste,

Du reiße höllische Gespinste

Inzwei durch deinen stärkern Gott:

 

Durch Gott, vor dem die Teufel zittern,

Wann wild in Schlachtenungewittern

Der Donner durch die Reihen fährt,

Wann die Freien fröhlich sterben,

Tyrannenschädel gleich den Scherben

Zersplittern durch der Tapfern Schwert.

 

Auf! es gilt die höchsten Fehden,

Die stummen Stöcke möchten reden,

Der stumme Stein Posaune sein,

Faule Berge sich bewegen,

Und ihr nur griffet nicht zum Degen?

Ihr wolltet faul zum Kampfe sein?

 

Auf! die Stunde hat geschlagen –

Mit Gott dem Herrn wir wollen's wagen:

Frisch in den heil'gen Kampf hinein!

Laßt in Tälern, laßt auf Höhen

Die Fahnen hoch gen Himmel wehen!

Die Freiheit soll die Losung sein!

Des Kriegers Zuversicht auf Gott

 

1811.

 

Nun walt' es Gott, der alles kann,

Der große starke Held!

Mit ihm frischauf, so Roß als Mann!

Frischauf, ins Feld! ins Feld!

 

Frischauf! und wäre Feindeszahl

Wie Sand, wie Sand am Meer –

Wer seine Sache Gott befahl,

Für den wird Gott ein Heer.

 

Er streut den Sand im Sturm dahin,

Verweht des Herbstes Laub:

So weht er auch Tyrannen hin

Und Henker in den Staub.

 

Drum frisch, ihr Brüder insgemein!

Drum frisch fürs Vaterland!

Mit Gott dem Helfer froh hinein

Fürs heil'ge deutsche Land!

 

Mit Gott dem Helfer froh hinein

In Dampf und Pulverrauch!

Das alte Land soll unser sein,

Die alte Freiheit auch!

 

Hinein! und färbt die Schwerter rot!

Die Rosseshufen rot!

Schlagt alle Welschen mausetot!

Schlagt alle Buben tot!

 

Hinein! und laßt die Fahnen wehn!

Gott! Freiheit! Vaterland!

Und wenn wir uns nicht wiedersehn,

So deckt uns deutscher Sand.

Gott der Hirt

 

1811.

 

Es ist ein Schäfer fromm und gut,

Der treibet güldne Schafe aus,

Er hält sie wohl in sichrer Hut,

Und jedes kommt ihm froh zu Haus;

Blau ist die weite Himmelsweide,

Der Schäfer sitzt auf höchster Höh'

Und schaut die Weltenenden beide,

Daß seiner Schar kein Leid gescheh'.

 

So weidet sie in Ewigkeit,

Und jedes kennet seine Flur

Und weichet keinen Finger breit

Von seines Weges fester Spur;

Man sieht die einen um die andern

Gar lustig ohne Anstoß gehn,

Denn könnten sie in Irre wandern,

So müßte gleich die Welt vergehn.

 

Der Herde Fürstin Sonne heißt,

Ihr folgt ihr Sohn, der helle Tag,

Der Mond wird als ihr Fürst gepreist,

Daß sich die Nacht erfreuen mag;

Ihm folgen viele tausend Lichter

Als schnelle Diener hübsch und fein

Und ziehn die Menschenangesichter

Empor mit wunderbarem Schein.

 

Denn wie mit Gottes Augen blickt

Das ganze Firmament herab,

Und bis ins tiefste Herz entzückt

Verläßt der Mensch sein Erdengrab,

Er schwingt sich über Erdenqualen

Hin, wo der Seraph selig fliegt,

Wo aller Tand von Wort und Zahlen,

Wo der Gedanke selbst versiegt.

 

Du, der die güldnen Schafe treibt,

Du guter, treuer, frommer Gott,

Was in die Brust so tief sich schreibt,

Das ist kein Wahn, das ist kein Spott:

Ich werde mit der sel'gen Herde

Einst droben lustig weiden gehn

Und als ein dunkles Bild die Erde

Tief unter mir sich wälzen sehn.

 

Laß denn die güldnen Schafe aus,

O Schäfer, laß sie wieder ein,

Ich schaue immer froh hinaus

In deiner Auen hehren Schein;

Und wann der Mond mit seinen Sternen

So lieb auf mich herniederblinkt,

Dann fühl' ich, wie aus jenen Fernen

Dein Licht empor zur Wonne winkt.

Männerglück

 

An Wolf Grafen Baudissin.

 

1811.

 

Was ist herrlichster Klang? Ist's droben

Auf des Donnerers Stühlen sitzen

Und, von wolkiger Nacht umwoben,

Rings aus rollenden Wettern blitzen?

Brausend in Hagelschauern und Regen

Niedersenden Schrecken und Segen?

Ist es der Klang?

 

Nein. Wo Schwerter auf Schwerter klingen,

Fahnen rauschen und Kugeln zischen,

Männer blutig mit Männern ringen,

Tod und Sieg sich stäubend vermischen,

Dort, wann Trommeln, Pfeifen erschallen,

Für das geliebte Vaterland fallen,

Das ist der Klang.

 

Aber lieblich auch klinget der Reigen,

Den die Göttin des Reizes führet,

Die mit Flöten und süßen Geigen

Schön die Feste der Menschen zieret:

Bacchus und Phöbus folgen der Holden,

Friede bewohnet die Häuser, und golden

Winket die Ruh'.

 

Selig, welchem die droben walten

Beides geben in gleichen Maßen!

Denn wo Friede und Krieg sich spalten,

Öffnet Unheil die breiten Straßen.

Fertig zum Schwertertanze, zur Leier

Haltet des Lebens würdige Feier,

Männer des Kampfs!

An Psychidion

 

1811.

 

Psyche Psychidion, mein süßes Seelchen,

Himmlisches Vöglein mit den goldnen Flügeln,

Locket der Lenz dich wieder in die Freude?

Lockt dich die Liebe?

 

Locket dich mehr als Lenz und mehr als Liebe,

Wie sie im Staub des Erdentals gehört wird?

Lockt dich die Sehnsucht wieder zu der Heimat

Sel'gen Gespielen?

 

Hin, wo das Heilige tönt um den, der war, ist,

Sein wird, des Name Liebe klingt und Freude,

Welcher die Seelen ausgoß aus der Urne,

Ausgoß die Sterne?

 

Laß sie dich locken, laß die Engelflügel

Klingen zum Äther, alter Götterheimat,

Daß du uns unten das von oben deutest,

Himmlische Träume;

 

Daß du uns lehrst, warum die Demut droben

Lieblingin Gottes, herrscht vor hohen Thronen,

Was in der Unschuld schweigt und was in holder

Scham sich verhüllet.

 

Aber fliege nicht von uns, süßer Vogel,

Komm zu der Erde grünen Fluren wieder,

Damit auch wir, was auf den Sternen wandelt,

Hoffen und sehnen.

 

Psyche Psychidion, mein süßes Seelchen,

Himmlisches Vöglein mit den goldnen Flügeln,

Möge liebende Sehnsucht nie dich lassen!

Liebender Wahn nie!

Auf dem Rugard im Herbstmond 1811

 

An Charlotte von Kathen.

 

Wohin, du freundlicher Strahl,

Wohin locket dein Frühlicht?

Wohin, dämmernder Morgen,

Spielet dein wechselnder Schein?

Berge steigen unter der Berghöh',

Waldige Hügel steigen

Duftig an dem Gestade des Meers auf,

Wo ich als Knabe gespielt.

Und es schwellet mir Sehnsucht

Leuchtende Augen,

Und es flüstert süße Erinnrung

Künftige Freuden

Mir ins lauschende Ohr:

Tor, wohin mit der Unruh'?

Kennst du der Ferne

Gauklisch äffendes Ziel nicht?

Weißt du nicht, was um Paläste

Goldenen Trug spinnt?

Nicht, was an Thronen

Schüttelt mit blut'gem Verrat?

Hier eine Hütte, wo die liebliche Talkluft

Gegen den südlichen See

Abschließt, wo an dem Waldberg

Nachtigallieder der Frühling weckt,

Und ein Feldchen, an dessen

Fernster Grenze dein Weib dir

Von der Schwelle rufet: Spann aus nun,

Denn das Mahl ist bereit.

 

Aber siehe! Die Nebel

Sinken hin vor der höheren Sonne.

Schaue, wie fliegen

Wandernde Masten

Hin durch die Flut!

Taumelnde Berghöhn

Wandeln mit ihnen,

Schimmernde Türme

Stattlicher Städte

Fließen und tanzen

Jenseits im Blauen,

Und die Bewegung

Mächtigen Lebens

Brauset auch mir in die

Flügel der Seele,

Lüftet des Busens

Schwellende Segel.

Fahr wohl, Ruhe!

Wiege der Kindheit,

Liebliches Eiland, fahr wohl!

Und wiege in Freuden

Hinfort ein glücklich Geschlecht!

Ich mag nicht bleiben,

Denn in die Weite

Lockt die Gefahr mich,

Süße Sirene;

Dräuend auch stellt sich

Blinkender Rüstung

Riesengestalt mir:

Arbeit bei Menschen

Heißt sie, den Göttern

Klingt sie Minerva.

Drum muß ich hinnen;

Wo sich die Länder

Hängen an Länder,

Wo sich die Kämpfe

Drängender mischen,

Da steht mein Leben:

Stille, fahr wohl!

An den General Grafen Philipp Schwerin1

 

1811.

 

Schwerter sollen helfen, meinst du Stolzer?

Schwerter? Was am Schwerte blinkt, zerhieb

Oft das Größte; was nicht Tugend schärfte,

Schändet im Eisen.

 

Leuen löse, Tigerrachen öffne!

Laß die Schlange zischen! Schlangengift,

Katzenbosheit reicht nicht an des Greuels

Blutige Spitze.

 

O des Greuels, wann die schwarze Schande

Ihren Schmutz ergießt, daß aller Klang

Hoher Worte, aller Klang des Busens

Zürnend verstummet!

 

Schau' umher, wo findest du die Männer,

Die so laut, als nach der Mutter Brust

Schreit das Kind, die Zeit ruft? Du erblassest,

Schweigen gibt Antwort.

 

Werde blasser noch! Wo sind die Träume,

Die auch dich betörten, dies Geschlecht

Könne frei sein, wolle frei sein, Gecken

Fühlen, was Mann ist.

 

Ha! Du fühlst ihn, trägst die hohen Bilder

In dem frischen Schritt, im frischen Ton,

In des Auges Zorn und in der Locken

Fliegendem Wehen.

 

Auf denn! Lüge wird nicht freien Brüsten,

Was die Zeit verschreit; das Deine bleibt.

Gottgeboren – stehe denn, ein Gleichnis

Edlerer Väter!

 

Steh olympisch hell im Sonnenschimmer,

Wann es unten nachtet! Sei dir gleich!

Denn olympisch wird der Tag erstehen,

Dessen wir hoffen.

 

Her die Hand! Und mutig laß uns ringen!

Gottes Krieger! Auch des Wortes Stahl

Sprühet Blitze, hauet Schwerteshiebe

Schartig auf Schande.

 

Gottes Krieger sind wir, Feuertaufe

Hieß der Styx, worin man uns getaucht,

Durch die schwerste Arbeit zu den Sternen

Sollen wir streben.

 

Flammen zeugen Flammen, Seelen Seelen,

Wort wälzt Wort, und Tat treibt Tat – so braust

Männertugend voller Strom der Zukunft

Leuchtend entgegen.

Fußnoten

 

1 Der edelste deutsche Schwede in Ostgotland.

 

 

Die Tauben

1811.

 

Freundliche Vögel, o seid gegrüßt mir, flatternde Tauben!

Einst das Spiel meines Tags, jetzt das Spiel meiner Nacht,

Seid mir gegrüßt! Ihr bringt mir immer so liebe Gesellschaft,

Wann mir der Schlaf aufs Bett schleicht mit dem seligen Traum,

Dann kommt mit zu dem Spiel die frommste, zärtlichste Mutter;

Kindisch tändeln wir fast, Tauben und Mutter und Sohn.

Also will es der Gott, der Erstes und Letztes verbindet,

Der in dem Herzen geheim Himmel und Erde verflicht.

Denn in der wimmelnden Schar der Kindheitsbilder als erstes

Führt die Erinnerung stets lustiges Taubenspiel auf,

Stellet das Haus mir hin, den Garten, die Blumen, die Vögel,

Alles im dämmernden Schein, wie es die Kindheit geliebt:

Schneeweiß flattern die Kleinen noch auf, und schneeweiß die Alten

Durch die Raute herein, welche zum Kämmerchen führt,

Mütterchen streut noch das Korn, das Büblein klatscht in die Hände;

Auch das Nest im Kamin seh' ich wie damals noch heut.

Seid mir darum geliebt, ihr weißen, freundlichen Boten

Aus der vergangenen Zeit, Boten vom Himmel, geliebt!

Lehren will ich die Liebe dem Sohn, er lehre den Söhnen,

Daß noch das Enkelgeschlecht ehre des Vaters Gebot.

Die Lerche

 

1811.

 

Als man das achte Jahr zu Achtzehnhundert nach Christi

Unsers Herrn Geburt zählte, zur Zeit, wo der Klang

Geht der Sicheln ins Feld, da lag ich einsamen Schlummers

Fern in dem Lande, wo Jo klinget zugleich mit dem Ja.

Da ward öfters der Fremdling besucht von Träumen von jenseits

Her des Wassers, von dem, was über Land, über Meer

Trägt der Ruf, und von dem, was Liebe innigst im Herzen

Von den Geliebten so süß, süßer vom Vaterland spinnt.

Einst als der Mond mit dem lieblichen Strahl schon bleicher und tiefer

Funkelte, schon ein Stern hinter dem andern erlosch,

Schlug es mit rauschenden Flügeln fast hart ans Fenster und rief mir:

»Mache gleich auf, es ist kalt, auch ist der Falke nicht weit.«

Ich aus dem Bett und öffne das Fenster, da flattert ein Vöglein

Schwirrend mir dicht in den Schoß, zitternd und wimmernd und naß.

Und ich beschaue das Vöglein mir, da ist es die Lerche,

Und ich denke bei mir: Vöglein, wo flatterst du her?

Und es sieht so bedeutend mich an, halb menschlichen Blickes,

Spricht dann:»Kennst du mich nicht? Kennst du den Vater nicht mehr?

Habe mich auch recht lieb und hege mich warm in dem Busen;

Fern ist der Weg, den ich flog, fern, den ich fliegen noch muß.«

Und es fiel mir aufs Herz, es schossen mir schwere Gedanken

Hin durch die Seele, und heiß floß aus den Augen ein Strom.

Wimmerndes Vöglein, du kamst ein Bote der Sehnsucht und Treue:

Also findet der Geist Boten der Liebe dem Geist;

Denn mein Vater verließ die irdische Heimat und grüßte,

Wandelnd die himmlische Fahrt, noch den Entfernten durch dich.

O er war dir ja gleich an fröhlichen Liedern und Freuden,

Liebte das glückliche Land, liebte die Felder wie du.

Heil dir, Herold des Himmels, und Heil dem frommen Geschlechte,

Das in den Furchen sein Nest baut und die Wiesen bewohnt!

Friede soll ewig bestehn den spätesten Enkeln von beiden,

Und es erlahme die Hand meines Geschlechts, die den Tod

Schickt auf die Deinen mit Blei und Schlingen stellet und Netze,

Oder mit diebischer Lust fährt auf die piepende Brut!

Traum

 

1811.

 

Es war die schönste Frühlingszeit,

Die Erde trug ihr Blumenkleid,

Die Vögel aus den Zweigen sangen,

Die Wasser von den Bergen klangen,

Und Lust und Jubel überall

Klang rings mit süßem Freudenschall.

Da kam ich eines Morgens früh

In einen Garten, ich weiß nicht wie,

Von Blumen und von Kräutern bunt;

Drin sang der Nachtigallen Mund,

Und Lerchen sangen ohne Zahl

Hernieder von dem Himmelssaal.

Der Garten schien mir wohl bekannt,

Die Mauern und der Scheunen Wand,

An Bäumen mancherlei und Hecken

Mir tät gar tiefe Sehnsucht wecken,

Als hätt' in meinen Kindertagen

Ich dort oft Äpfel abgeschlagen,

Und im Gebüsche linker Hand

Im Herbste Dohnen ausgespannt.

 

Als ich nun also sinnend stand,

Ward plötzlich hell der Himmelsrand,

Die Dämmrung war in Rauch zerronnen,

Und alle Sterne wurden Sonnen,

Und Büsch' und Bäume mit den Zweigen

Fingen alle an emporzusteigen

Bis zu des Himmels lichten Decken,

Und Riesen wurden Sträuch' und Hecken,

Auch Mauern und Scheunen hielten Schritt

Und stiegen in die Wolken mit.

 

Als alles dies ich staunend sah,

War gleich ein neues Wunder da:

Auf aller Bäume Wipfeln schön

Sah ich den Glanz von Rosen stehn

Und Engel funkelnd ohne Zahl

Herniedergehn und allzumal

Wie kleine Kinder mit Vergnügen

Sich auf den Rosenköpfen wiegen. –

Wie selig schaute ich darein,

Wie Vögel in den Morgenschein!

Doch zog ein liebliches Geläute

Mich bald hinweg zur linken Seite.

Ich sah, da stand ein strohen Haus,

Da flogen Tauben ein und aus

Und girrten lustig auf dem Dache,

Auch hielten Hähne Türenwache

Und krähten froh aus frischer Brust

Die Liebe und die Morgenlust;

Auch alle Schwalben unterm Dach

Begrüßten mit den jungen Tag.

Das Häuschen selbst, nicht hoch noch lang,

War nett von außen, die Fenster blank,

Die Ständer grün, die Wände weiß,

Gefegt, geziert umher mit Fleiß;

Und Balsamin und Rosmarin

Prangten rings in Töpfen rot und grün.

Und in des Hauses Türe stand

Ein Weib wie her aus fremdem Land,

Mit blauen Augen gleich Himmelschein

Schaut's in das Lenzgewimmel hinein,

Sah freundlich aus und gar bescheiden,

Wie Engel sich mit Demut kleiden,

Oft auch die lächelnde Gebärde

Sie senkte halb zur grünen Erde.

Als ich nun näher komm' ans Haus,

Da tritt sie von der Schwell' heraus,

Geht lieblich winkend mir entgegen

Und zeichnet mit den Fingern Segen,

Springt her und nimmt mich in den Arm

Und küßt mich mit den Lippen warm

Und gönnt mir lieben Augenschein.

Ich sah, es war die Mutter mein,

Der beste Schatz, den mir im Leben

Der liebe fromme Gott gegeben.

 

Als wir noch also fröhlich stehn,

Sehn wir ein Mägdlein näher gehn,

Ein schönes, junges, frommes Kind,

Wie Lilien und Rosen sind;

Ihr Gruß ist süß, ihr Blick ist mild,

Ein rechtes weißes Engelbild.

So himmlisch hold und wundersam

Mir einst ein Bild entgegenkam

Im Traum in meinen frühen Jahren,

Als meiner Sommer sechzehn waren.

Wie ich das schöne Mägdlein seh',

Springt hoch das Herz mir in die Höh',

Ich will sie brünstig gleich umfassen,

Doch will sie sich nicht fangen lassen

Und hüpft holdseliger Gebär

Durch Busch und Blumen vor mir her.

Schon ward sie matt der süßen Jagd,

Als plötzlich laut der Himmel kracht,

Die Sterne hüllen Wolken ein,

Weg sind die Engel und ihr Schein,

Weg sind die Frauen beim Getümmel,

Das ganze liebliche Gewimmel,

Die Blumen und die Rosenbäume.

 

So spielen oft um uns die Träume

Und gaukeln manchen losen Scherz,

Auch manchen Ernst uns in das Herz.

Glückselig ist, wer, wann er wacht,

Zu sehr nicht auf die Bilder acht't:

Sie sind kein Evangelienbuch

Und bringen öfter eitel Trug,

Verführen leicht die grüne Jugend.

Doch folgest du Vernunft und Tugend,

Und ist dein Busen spiegelrein,

So sind sie gleich dem Himmelschein,

Der, wann entschläft das Licht der Welt,

Hernieder auf die Erde fällt,

Das Herz erquickt und gar verjüngt

Und Lust und süßen Frieden bringt,

Und was der Tag nicht zeigen kann

In Bildern zeigt vor Weib und Mann.

Doch, wenn dich Torheit äfft und schaukelt,

Dir Wahn um alle Sinne gaukelt,

Und Unruh' weiter will und weiter,

So sind sie aller Narrheit Leiter,

Verdunkeln deines Himmels Licht

Und machen dich zum argen Wicht.

Dann wird dein Herz ein Satansnest,

Das nirgends Ruh' und Frieden läßt,

Ein Spahn, der in dem Weltmeer schwimmt,

Ein Funke, der bei Pulver glimmt.

Es woll' uns heint und auch nach Jahren

Vor solchen Träumen Gott bewahren!

Willkommen

 

An Freiherrn Otto Magnus Munck.

 

Neujahr 1812.

 

Willkommen, Freund, am deutschen Strand!

Willkommen unter deutschen Eichen!

Willkommen! Laß uns Herz und Hand

Zum alten Bunde fröhlich reichen!

 

Willkommen! Süßer Freudenklang,

Du braustest einst an Mälarns Strande,

Sirenen tönten drein Gesang,

Und Nymphen schwammen froh zum Lande;

 

Die Ulmen tanzten mit uns rund,

Und alle Lüfte spielten Geigen,

Das ganze blaue Sternenrund

Beriefen wir zu Freudenzeugen.

 

O süße Zeit, wo flohst du hin?

Wer sitzet heut an jenen Wellen?

Wem schattet jetzt der Ulmen Grün,

Wann Sommersonnen Pfeile schnellen?

 

Wen ladet jetzt der Birkenhain,

Der grauen Eichen dunkles Rauschen

Zu süßen Phantasien ein,

Wann Geister durch die Schatten lauschen?

 

O rinnet nur, ihr Tränen, rinnt!

Die Geister ziehen mit den Seelen,

Und da, wo keine Herzen sind,

Weiß die Natur nichts zu erzählen.

 

So komm und weihe durch dein Herz

Die fremde Flur zum Vaterlande!

In Leid und Freud', in Lust und Schmerz

Wir halten fest die alten Bande.

 

Es drehet Zeit und Welt sich um,

Die Menschen und die Sterne wandern;

Hier blüht uns kein Elysium,

Glück rollt von einem zu dem andern.

 

Nur eines steht ein Felsenberg,

Der nie von seiner Stätte rücket,

Das Herz, das nimmer überzwerch

Vom graden Pfad der Ehre blicket.

 

Das bleibt der ewig feste Pol,

Worum die kleinen Dinge rollen:

Es wanket alles leicht und hohl,

Steht nicht auf festem Grund dein Wollen.

 

Das Glück, das glatt und schlüpfrig rollt,

Tauscht in Sekunden seine Pfade,

Ist heute mir, dir morgen hold

Und treibt die Narren rund im Rade.

 

Laß fliehn, was sich nicht halten läßt,

Den leichten Schmetterling laß schweben

Und halte nur dich selber fest:

Du hältst das Schicksal und das Leben.

 

Willkommen denn zum Neuen Jahr!

Laß uns die Blicke fröhlich heben!

Die Freundschaft lebe treu und wahr!

Die Freiheit soll am höchsten leben!

 

Die Freiheit ist der Seelen Stahl

Und ritterliche Wehr der Braven,

Die Freien trägt der Sternensaal,

Der Teufel herrschet über Sklaven.

 

Ein freies Wort, ein freier Mann

Ist hoher Klang für Engelohren:

Wer solchen Klang nicht fühlen kann,

Dem ging der Himmel schon verloren.

 

Frischaus, den großen Wunsch und Klang!

Der ganzen Hölle Trotz geboten!

Dem feigen Laster Untergang

Und allen Teufeln und Despoten!

 

Willst du nur sehen, was heut ist,

Du siehst, soweit die Sonnenpferde

Rundwandeln, Lug und Hinterlist

Und Knechte grasen auf der Erde.

 

Sieh weiter, Freund! Uns wird noch schön

Der Menschheit Morgen wieder dämmern,

Die Freiheit kann nicht untergehn,

Solange Schmiede Eisen hämmern.

 

Drum Eisen lebe mehr als Gold!

Und Eisenmänner sollen leben,

Die, wie Fortunens Kugel rollt,

Nicht auch sich senken oder heben!

An Antonia Amalia, Herzogin von Württemberg

 

1812.

 

Knabe war ich, es drang kein Klang von gewaltigen Dingen

Unter das strohene Dach, welches die Kindheit geschirmt,

Einfalt wohnte mit mir und stille freundliche Sitte,

Frömmigkeit lullte mich ein, Frömmigkeit weckte mich auf,

Liebe führte mich mild durch Büsche, Felder und Auen,

Liebe zeigte mir fromm Götter und Sterne zuerst;

Und es hüteten noch mit mir die Engel des Himmels

Herden des Vaters im Hain, Herden am brausenden Meer,

Kamen als Träume herab, als schöne, helle Gesichte,

Wie in der ältesten Zeit, spielten als Kinder mit mir.

O was ruf' ich zurück in Tagen des Jammers, der Sünde,

O was ruf' ich zurück, Kindheit, dein seliges Bild,

Als mein Taubenschlag noch die fliegendsten Wünsche begrenzte,

Als mein Mädchen mir noch deuchte die weiteste Welt,

Als die Bibel mein Buch, mein einziges Buch und mein Licht war,

Und mein höchstes Gesetz Spruch aus dem Muttermund?

 

Ach! Es rollte sich bald die Hülle der Unschuld herunter,

Frühe zeigte sich mir mit der unendlichen Welt

Auch die unendliche Macht, die hoch über Donnern und Blitzen

Wettert und leuchtet – ich sah, eisernes Schicksal, dich früh,

Und ich trug es so jung dein unerbittlich Verhängnis,

Trug es im schweigenden Ernst, trug es im trauernden Blick,

Oft ermahnte mich dann mein fröhlicher Vater: »Sei fröhlich!«

Öfter die Mutter und schalt: »Bube, warum so allein?«

Wenn ich mit Arbeit den Tag, mit bretternem Lager die Nächte

Feierte, schüttelten sie traurig das liebende Haupt;

Denn sie meinten, es werde der Sohn, ein finsterer Träumer,

Sich und andern die Lust töten in künftiger Zeit.

Ich aber sprach: »Wer weiß, wozu die Übung mir frommet?«

Ich aber sprach: »Wer weiß, was mir das Schicksal bestimmt?«

Leichthin sprach ich's, doch schwer erdrückten mich Lasten der Liebe,

Die nur ein eisernes Herz, nimmer ein menschliches trägt;

Abwärts weint' ich allein und traurig, daß ich so traurig

Machte, die zärtlich ihr Herz senkten in meines hinab.

 

Jahre, ihr seid nun verrollt, ihr schlimmen und trüblichen Jahre,

Lange erleuchtet ist mir Schicksal und Menschheit und Gott,

Aber gekommen ist doch, was frühe dem Knaben geahnet,

Arbeit und Not und Gefahr, Unheil, Zwietracht und Krieg.

Nicht umsonst warst du, o Tag, voll bitterer Kämpfe,

Nicht umsonst dein Ernst, stille, denkende Nacht:

Wohl bedurfte der Mann der festen und stahlenen Rüstung,

Welche der Knabe sich schon hart um den Busen gewölbt.

Freude gabest du mir, o Leben, Freude und Liebe,

Du, o reiche Natur, Freude und Liebe genug:

Doch die Ahndung hat auch ihr dunkles Verhängnis erfüllet,

Bis auf den heutigen Tag alles mit Strenge erfüllt.

Zeugen mögt ihr mir nun, ihr heiligen Geister der Liebe,

Freundlicher Vater, und du, tapfere Mutter, mit ihm,

Zeugen mögt ihr mir nun dort oben im sternigen Reigen,

Wie ich die Zukunft gefühlt, wie ich das Schicksal gefühlt.

O ihr zeuget mir oft, ihr haucht wie heilige Lichter

Himmlischen Atem mir ein, göttliche Wonne mir zu.

 

Tochter Germaniens, sei begrüßt mir, herrliche Fürstin!

Nimm den prophetischen Klang, nimm das errötende Herz,

Nimm das verhallende Wort, den flüchtigen Atem der Stunde –

O du bist menschlich und fromm – nimm das Menschliche hin!

Kühnliches hörest du gern und Tapfres kannst du verstehen,

Nimmer in banglicher Furcht zaget dein fürstlicher Sinn.

Über den blutigen Staub und über die wilden Getümmel,

Welche der Augenblick tönt, hebt sich dein freudiger Mut!

Laß ihn fliegen und leuchten und blitzen in heiligen Flammen!

Stolzem Vertrauen drückt gern göttliches Siegel sich auf. –

Sieh! Ich verkünde es dir, so wahr mir der Gott in die Seele

Künftiger Tage Geschick, Deutung der Zukunft gelegt:

Herrliches wirst du noch sehn: das heilige Volk der Germanen,

Wieder ein ritterlich Volk, stehen gerüstet mit Kraft;

Herrliches wirst du noch sehn: die Heldengestalten der Väter

Wieder in Enkeln erblühn, blühn mit dem Zepter und Schwert.

Dann wird Freiheit den Erdball umwalten, Gerechtigkeit herrschen,

Klingen gefürchtet das Wort, blitzen gefürchtet das Schwert

Über den blutigen Staub und über die Lüge des Tages

Schweben die Wahrheit, das Recht, glänzende Engel, dahin.

 

Nimm denn die Wonne dir, nimm die Gewißheit mit liebendem Herzen,

Nimm den herrlichen Wahn, fürstliche Seele, denn hin!

Selig, welche bestanden und unbefleckt von der Schande

Hielten den heiligen Stolz, hielten den gläubigen Sinn!

Gott wird richten und hat gerichtet, der mächtige Walter,

Klinge, prophetischer Klang! Halle, verfliegendes Wort!

Vaterlandslied

 

1812.

 

Der Gott, der Eisen wachsen ließ,

Der wollte keine Knechte,

Drum gab er Säbel, Schwert und Spieß

Dem Mann in seine Rechte,

Drum gab er ihm den kühnen Mut,

Den Zorn der freien Rede,

Daß er bestände bis aufs Blut,

Bis in den Tod die Fehde.

 

So wollen wir, was Gott gewollt,

Mit rechter Treue halten

Und nimmer im Tyrannensold

Die Menschenschädel spalten,

Doch wer für Tand und Schande ficht,

Den hauen wir zu Scherben,

Der soll im deutschen Lande nicht

Mit deutschen Männern erben.

 

O Deutschland, heil'ges Vaterland!

O deutsche Lieb' und Treue!

Du hohes Land! Du schönes Land!

Dir schwören wir aufs neue:

Dem Buben und dem Knecht die Acht!

Der füttre Krähn und Raben!

So ziehn wir aus zur Hermannsschlacht

Und wollen Rache haben.

 

Laßt brausen, was nur brausen kann,

In hellen, lichten Flammen!

Ihr Deutschen alle Mann für Mann

Fürs Vaterland zusammen!

Und hebt die Herzen himmelan!

Und himmelan die Hände!

Und rufet alle Mann für Mann:

Die Knechtschaft hat ein Ende!

 

Laßt klingen, was nur klingen kann,

Die Trommeln und die Flöten!

Wir wollen heute Mann für Mann

Mit Blut das Eisen röten,

Mit Henkerblut, Franzosenblut –

O süßer Tag der Rache!

Das klinget allen Deutschen gut,

Das ist die große Sache.

 

Laßt wehen, was nur wehen kann,

Standarten wehn und Fahnen!

Wir wollen heut uns Mann für Mann

Zum Heldentode mahnen:

Auf! Fliege, stolzes Siegspanier

Voran dem kühnen Reihen!

Wir siegen oder sterben hier

Den süßen Tod der Freien.

Marsch

 

1812.

 

Frischauf, ihr Kamraden! Wir ziehen in das Feld,

Wir haben unser Herz auf Franzosen gestellt,

Die Wehr und der Mut sind geschliffen und blank,

Drum her mit Franzosen! Die Zeit wird uns lang,

Hurra, ihr Kamraden! Hurra, ihr Soldaten!

Hurra! ist Franzosen ein tödlicher Klang.

 

Heraus alle, welchen die Freiheit gefällt!

Gott schuf für die Freiheit, die Tugend die Welt.

Die Freiheit sie lebe, das köstlichste Gut!

Für Freiheit, ihr Brüder, da schonet kein Blut!

Hurra, ihr Kamraden! Hurra, ihr Soldaten!

Hurra! Und vertilget die teuflische Brut!

 

Heraus auch für Deutschland, das heilige Land!

Vertilget den welschen, den teuflischen Tand!

Auf tapferer Väter vermorschtem Gebein

Da soll kein Franzose sein Kiwi! mehr schrein!

Hurra, ihr Kamraden! Hurra, ihr Soldaten!

Dem Werda! der Deutschen ist Kiwi! zu fein.

 

Heraus für die Eltern, für Weib und für Kind,

Für Jungfraun und Bräute zur Rache geschwind!

Das stärket die Arme, das stählet den Mut,

Drob streitet man fröhlich, drob streitet man gut.

Hurra, ihr Kamraden! Hurra, ihr Soldaten!

Das locket das Eisen zum feindlichen Blut.

 

Heraus alle! Rufet am lautesten Gott!

Und machet die schnöden Tyrannen zu Spott!

Mit Schwertern und Lanzen in blutiger Jagd

So jaget die Räuber bei Tag und bei Nacht;

Hurra, ihr Kamraden! Hurra, ihr Soldaten!

Hasasa! Trarara! Die lustige Jagd!

 

Auf! Spielet, Kanonen, zum lustigen Tanz!

Auf! Blitzet, ihr Säbel, den blinkenden Glanz!

Auf! Wirbelt, ihr Trommeln, im Saus und im Braus!

Auf! Wehet, ihr Fahnen, zum Himmel hinaus!

Hurra, ihr Kamraden! Hurra, ihr Soldaten!

Wir ziehen zum Sieg oder Tod heut hinaus.

Der Soldat

 

1812.

 

Was ist des Soldaten Lust?

Durchs Leben sich drängen und schlagen,

Mit Schwestern und Piken und Lanzen

Die wilde Fortuna kuranzen,

Bis Sinn ihr und Atem versagen.

Das ist des Soldaten Lust.

 

Was ist des Soldaten Glück?

Sein lustiges Herz ist nicht wenig,

Damit ist er besser beraten

Als andre mit Gold und Dukaten,

Damit ist er Kaiser und König.

Das ist des Soldaten Glück.

 

Was ist des Soldaten Schatz?

Die heute ihn küßt und nicht morgen,

Sein Lieben ist Kommen und Wandern,

Geht immer von einer zur andern

Und kann für die Zukunft nicht sorgen.

Das ist des Soldaten Schatz.

 

Was ist des Soldaten Braut?

Eine stolzige Jungfer, heißt Ehre,

Sie streichelt mit eisernen Händen

Und kleidet in Stahl ihre Lenden,

Daß Kindheit und Mannheit sich mehre.

Das ist des Soldaten Braut.

 

Was ist des Soldaten Musik?

Die lustigen Trommeln und Pfeifen,

Der Schwerter und Säbel Geklitter,

Das laute Kanonengewitter,

Wann Kugeln an Kugeln sich streifen.

Das ist des Soldaten Musik.

 

Was ist des Soldaten Bett?

Die Erde ist Pfühl ihm und Kissen,

Sein Oberbett decket der Himmel,

Sein Nachtlicht das Sternengewimmel,

Sein Wächter ein festes Gewissen.

Das ist des Soldaten Bett.

 

Was ist des Soldaten Schutz?

Sein Mut und das blinkende Eisen

Als sicherste Rüstung ihn zieret,

Und Gott, der die Kugeln regieret,

Daß an ihm vorüber sie reifen.

Das ist des Soldaten Schutz.

 

Was ist des Soldaten Lohn?

Am Abend und Morgen Beschwerde

Und Wunden und bleierne Bohnen –

So tut man Soldaten belohnen,

Zum Schlusse drei Ellen lang Erde.

Das ist des Soldaten Lohn.

 

Das Lied vom Schill

 

1813.

 

Es zog aus Berlin ein tapferer Held,

Er führte sechshundert Reiter ins Feld,

Sechshundert Reiter mit redlichem Mut,

Die dürsteten alle Franzosenblut.

 

Auch zogen mit Reitern und Rossen im Schritt

Wohl tausend der tapfersten Schützen mit,

Ihr Schützen gesegn' euch Gott jeglichen Schuß,

Durch welchen ein Franzmann erblassen muß!

 

So zieht der tapfre, der mutige Schill,

Der mit den Franzosen sich schlagen will;

Ihn sendet kein Kaiser, kein König aus,

Ihn sendet die Freiheit, das Vaterland aus.

 

Bei Dodendorf färbten die Männer gut

Das Magdeburger Land mit französischem Blut,

Zweitausend zerhieben die Säbel blank,

Die übrigen machten die Beine lang.

 

Drauf stürmten sie Dömitz, das feste Haus,

Und jagten die Schelmenfranzosen heraus,

Dann zogen sie lustig ins Pommerland ein,

Da soll kein Franzose sein Kiwi! mehr schrein.

 

Auf Stralsund stürmte der reisige Zug –

O Franzosen, verständet ihr Vogelflug!

O wüchsen euch Federn und Flügel geschwind!

Es nahet der Schill, und er reitet wie Wind.

 

Er reitet wie Wetter hinein in die Stadt,

Die der Wallenstein weiland belagert hat,

Wo der zwölfte Karolus im Tore schlief.

Jetzt liegen ihre Mauern und Türme tief.

 

O weh euch, Franzosen! Jetzt seid ihr tot,

Ihr färbet die Säbel der Reiter rot,

Die Reiter sie fühlen das deutsche Blut,

Franzosen zu säbeln, das deucht ihnen gut.

 

O Schill, o Schill, du tapferer Held!

Was sind dir für bübische Netze gestellt!

Viele ziehen zu Lande, es schleichet vom Meer

Der Däne, die tückische Schlange, daher.

 

O Schill, o Schill, du tapferer Held!

Was sprengst du nicht mit den Reitern ins Feld?

Was schließest in Mauern die Tapferkeit ein?

In Stralsund, da sollst du begraben sein.

 

O Stralsund, du trauriges Stralesund!

In dir geht das tapferste Herz zugrund',

Eine Kugel durchbohret das treueste Herz,

Und Buben sie treiben mit Helden Scherz.

 

Da schreiet ein frecher Franzosenmund:

»Man soll ihn begraben wie einen Hund,

Wie einen Schelm, der an Galgen und Rad

Schon fütterte Krähen und Raben satt.«

 

So trugen sie ihn ohne Sang und Klang,

Ohne Pfeifenspiel und ohne Trommelklang,

Ohne Kanonenmusik und Flintengruß,

Womit man die Tapfern begraben muß.

 

Sie schnitten den Kopf von dem Rumpf ihm ab

Und warfen den Leib in ein schlechtes Grab,

Da schläft er nun bis an den Jüngsten Tag,

Wo Gott ihn zu Freuden erwecken mag.

 

Da schläft der fromme, der tapfre Held,

Ihm ward kein Stein zum Gedächtnis gestellt;

Doch hat er auch keinen Ehrenstein,

Sein Name wird nimmer vergessen sein.

 

Denn zäumet ein Reiter sein schnelles Pferd,

Und schwinget ein Reiter sein blankes Schwert,

So rufet er immer: »Herr Schill! Herr Schill!

Ich an den Franzosen Euch rächen will.«

Das Lied vom Gneisenau

 

1813.

 

Bei Kolberg auf der grünen Au,

Juchheididei! Juchheididei!

Geht's mit dem Leben nicht zu genau,

Juchhei! Juchhei! Juchhei!

Da donnert's aus Kanonen,

Da sät man blaue Bohnen,

Die nimmer Stengel treiben,

Bei Kolberg auf der Au.

 

Bei Kolber hat es flinken Tanz,

Juchheididei! Juchheididei!

Um Mauer und Graben, um Wall und Schanz',

Juchhei! Juchhei! Juchhei!

Sie tanzen also munter,

Daß mancher wird herunter

Vom Tanzplatz tot getragen,

Bei Kolberg auf der Au.

 

Wie heißt die Braut, die Hochzeit hält?

Juchheididei! Juchheididei!

Um die so mancher tanzend fällt?

Juchhei! Juchhei! Juchhei!

Stadt Kolberg heißt die Schöne,

Sie weckt die hellen Töne,

Wonach die Tänzer tanzen

Auf Kolbergs grüner Au.

 

Wie heißt ihr schöner Bräutigam?

Juchheididei! Juchheididei!

Er ist ein Held von deutschem Stamm,

Juchhei! Juchhei! Juchhei!

Ein Held von echten Treuen,

Daß sich die Deutschen freuen,

Und Gneisenau klingt sein Name

Auf Kolbergs grüner Au.

 

Bei Kolberg auf der grünen Au,

Juchheididei! Juchheididei!

Da tanzt der tapfre Gneisenau,

Juchhei! Juchhei! Juchhei!

Er tanzt so frisch und freudig,

Er tanzt so scharf und schneidig

Franzosen aus dem Atem!

Auf Kolbergs grüner Au.

 

So ging's auf Kolbergs grüner Au,

Juchheididei! Juchheididei!

Mit Tod und Leben nicht zu genau,

Juchhei! Juchhei! Juchhei!

Und manchen Franzen haben

Sie nach dem Tanz begraben:

Der Tanz ging ihnen zu mächtig

Auf Kolbergs grüner Au.

 

Doch als es still wird auf der Au,

Juchheididei! Juchheididei!

Da deucht es schlecht dem Gneisenau,

Er ruft:»Ei! Ei! Ei! Ei!«

Er hasset die Franzosen,

Die argen Ohnehosen,

Nach England muß er reisen

Von Kolbergs grüner Au.

 

Komm nun zurück, du frommer Held!

Juchheididei! Juchheididei!

Und zieh mit Deutschen froh ins Feld

Und rufe: »Hei! Juchhei!«

Tu einen Tanz noch wagen,

Wir wolln die Welschen jagen

Mit dir und deinem Degen

Von Deutschlands grüner Au.

 

Komm nun zurück aus Engelland!

Juchheididei! Juchheididei!

Das Glück hat alles umgewandt,

Juchhei! Juchhei! Juchhei!

Komm, laß dein Spiel erklingen,

Komm, laß die Welschen springen,

Wie du sie springen ließest

Auf Kolbergs grüner Au.

Das Lied vom Dörnberg

 

1813.

 

Es war ein Freiherr fromm und gut

Vom Kattenland und Kattenblut –

O tapfres Land der Hessen! –

Der haßte tief den welschen Tand,

Der konnte Ehr' und Vaterland

Und Freiheit nicht vergessen.

 

Es hatt' auf den Landgrafenthron

Den Bruder sein Napoleon

Im Kaiserstolz gesetzet;

Der Bruder hieß Hieronymus,

Ein Weichling, der im Diebsgenuß

Der Wollust sich ergetzet.

 

Das deucht dem edlen Dörnberg schlimm,

Er rüstet sich im Heldengrimm,

Den Buben will er schlagen,

Die Welschen will der Ritter wert

Mit Spieß und Stange, Kolb' und Schwert

Weit übern Rhein verjagen.

 

Schon hat er klug sein Netz gespannt,

Schon hält ers Schwert in tapfrer Hand,

Schon warten seine Treuen,

Sie brennen all von deutschem Mut,

Sie dürsten all Franzosenblut

Mit Durst der edlen Leuen.

 

Das deuchte einem Schelm nicht recht,

Ein Ritter, doch von Sinn ein Knecht,

An Ehren mißgeboren,

Der sagt's dem König alles aus,

Der rüstet sich und schirmt sein Haus

Mit Wehr an Türmen und Toren.

 

Da muß der edle Dörnberg fliehn,

Verräter spähen hinter ihn,

Sein Leben zu erlauschen;

Er auf der Flucht muß ab und an

Mit manchem fremden Wandersmann

Wohl Kleid und Kappe tauschen.

 

Bis er den wackern Braunschweig find't,

Der Welfen echtgebornes Kind,

Den treuen deutschen Degen;

Da mußt' noch mancher welsche Hund

Sich blutig auf den grünen Grund

Durch seinen Säbel legen.

 

Sie hauen sich wie Männer durch,

Dann segeln sie zur Freiheitsburg,

Altengelland mit Namen;

Da ruhen sie vom harten Strauß

Die müden wunden Glieder aus.

Gott sprach zur Kühnheit Amen.

 

Nun, Deutsche, hört die neue Mär!

Der Dörnberg ziehet wieder her,

Er führet tapfre Reiter,

Er reitet ein geschwindes Pferd,

Er schwinget ein geschliffnes Schwert,

Und Gott ist sein Begleiter.

Das Lied vom Chasot

 

1813.

 

In Deutschland lebt' ein edler Graf,

Eine freie Stadt sein Vaterland,

Ein rechter Ritter fromm und brav,

Seine Seele trug er in seiner Hand.

Die Stadt heißt Lübeck mit stolzem Namen,

Der Graf heißt Chasot von edlem Samen.

 

Dem freien reichsgebornen Mann

Gefiel die Schande des Reiches schlecht,

In seinen Adern Ehre rann,

Drum haßte er durstig den Schelm und Knecht,

Ein Freund von redlichen Biederleuten

Kann er zum Recht nicht die Knechtschaft deuten.

 

Drum war er mit dem Degen risch,

Wo gegen die Welschen die Trommel klang:

Das machte Mut ihm und Seele frisch,

Das war ihm höchster Freudenklang,

Da mußt' er hin über Land und Wasser,

Der tapfre kühne Franzosenhasser.

 

Als nun die Post nach Deutschland schallt:

Der Kaiser von Rußland ziehet aus,

Dem Grafen das Herz in dem Leibe wallt,

Da kann er nicht sitzen still zu Haus,

Da muß er sein Blut und Leben wagen,

Er muß sich mit den Franzosen schlagen.

 

Durch Buben und Verräter schleicht

Viele hundert Meilen der Grafensohn

Hin, wo's dem Herzen lustig deucht,

Wo klinget des Kriegs Posaunenton,

Wo Alexander die Männer rüstet

Und mutigen Russen nach Streit gelüstet.

 

Bald braust auf sie wie wildes Meer

Der welschen Rotten gewaltige Flut,

Sie ziehen trotziglich daher

Und dräuen im prahlenden Übermut:

Hierher! Wer stehet vor unseren Heeren?

Wer mag uns die Herrschaft der Erde wehren?

 

Doch Gott im Himmel sah darein

Und der Russen mächtige Kriegesfaust,

Wie Herbstwind schüttelt das Laub im Hain,

So hat sie der Sturmwind der Schlacht zerzaust:

Sie sollten Raben und Wölfe füttern,

In Rußland sollt' ihr Gebein verwittern.

 

Der edle Graf in mancher Schlacht,

In manchem blutigen Männerstrauß

Sich gegen die Schelme lustig macht,

Er sieht sie zerstieben zu Staub und Graus,

Er sieht sie fliehen, er sieht sie fallen.

Das deucht ihm der lustigste Fall von allen.

 

Drauf reist er hin nach Petersburg

An Hoffnungen und an Freuden reich,

Eine Zierde der hohen Kaiserburg,

Ein stolzer Sprößling aus Deutschem Reich,

Dort soll er des Vaterlands heil'gen Waffen

Erlesene Scharen von Männern schaffen.

 

Schon hebt die deutsche Legion

Für Freiheit und Ehre das Siegespanier,

Sie brennet gegen Schmach und Hohn

Und gegen Franzosen von Kriegsbegier,

Sie brennet von Sehnsucht der süßen Stunde,

Wo Rache klinget von Mund zu Munde.

 

Sie schauet auf des Grafen Schwert

Und auf sein frommes und deutsches Herz,

Er dünket ihr vor allen wert

Voranzuspielen im Schlachtenscherz,

Voranzustreiten dem kühnen Reihen

Als Held und Führer der edlen Freien.

 

Du edler Graf, wo ziehst du hin?

Wo ziehst du hin durch Winter und Schnee?

Auf Deutschland steht dir nur der Sinn,

Dir tun die armen Gefangnen weh,

Die armen Gefangnen, die die Franzosen

Haben in den Tod und das Elend gestoßen.

 

Du edler Graf, wo ziehst du hin?

Wo ziehst du hin durch Winter und Schnee?

Auf Deutschland steht dir nur der Sinn,

Drum ziehst du nach Pleskow am Peipussee,

Da willst du die armen Gefangnen erlösen

Und waffnen und führen gegen die Bösen.

 

O Pleskow, Stadt am Peipussee!

Wann hört die Klage der Freien auf?

Wann saust nicht mehr ein dumpfes Weh

In deiner Wellen ächzendem Lauf?

In dir soll der Bravste von allen Braven,

In dir soll der edle Graf Chasot schlafen.

 

Der Ritter, der die Kranken pflegt

Und der Verwundeten Schmerz verbind't,

Wird in die dunkle Gruft gelegt,

Schon spielt um seinen Hügel der Wind,

Die irdische Sonne wird nimmer ihm scheinen,

Doch werden ihn ewig die Freien beweinen.

 

Denn einen freiern deutschen Mann,

Als Chasot war, der viel edle Graf,

Das Deutschland nie gebären kann,

An Leib und Seele so fest und brav,

Ein Kind in Liebe, ein Held in Treuen,

Ein Herz wie die Herzen der edlen Leuen.

 

Drum setzen wir diesen Leichenstein,

Drum singen wir dieses Trauerlied,

Solange grünt eine Eich' im Hain,

Solang eine Blume auf Auen blüht,

Eine Liebe noch glühet in deutschen Seelen,

Sollen Kränze und Lieder ihm nimmer fehlen.

Lieder aus dem Katechismus für den deutschen Wehrmann

 

1813.

 

Trostlieder

1.

Reue über die Sünde

Hilf, Herr! Wir haben viel gesündigt,

Drum drückt uns Schmach und Unglück schwer.

Dein heilig Wort, das du verkündigt,

Das kannten wir im Trug nicht mehr,

Des Glaubens süßes Himmelslicht

Schien unsern blinden Herzen nicht.

 

Umnebelt waren wir von Dünsten,

Vom gauklisch bunten Höllenschein,

Und spannen uns mit eitlen Künsten

Stets dichter in die Lüge ein,

Das Leben schwankte ohne Ziel,

Und jeder tat, was ihm gefiel.

 

Die fromme Liebe war erkaltet,

Die stille Demut war dahin,

Was droben auf den Sternen waltet,

Erkannte nicht der trübe Sinn,

Von eigner Weisheit aufgebläht

Vergaß er Gottes Majestät.

 

Drum liegen wir so tief darnieder,

Drum plagt uns fremde Tyrannei,

Daß Gott der Herr mit Schrecken wieder

Gesuchet und gefürchtet sei,

Daß wir erkennen, wie wir sind

Vor ihm wie Sand und Spreu im Wind.

 

Du Höchster in des Himmels Höhen,

Des Name Huld und Gnade heißt,

O laß uns doch nicht gar vergehen!

O sende deinen treuen Geist

Erleucht' uns mit des Glaubens Schein

Und hauch' uns deine Liebe ein!

 

Dann stehn wir wieder auf in Freuden,

Dann kommt uns wieder Sieg und Glück,

Dann heben wir aus langen Leiden

Zu dir empor den frohen Blick,

Dann klingen und dann singen wir:

Gott bleibt der Helfer für und für.

2.

 

Trost auf Gott

Gott, du bist meine Zuversicht,

Mein Schirm und meine Waffen,

Du hast den heil'gen Trieb nach Licht

Und Recht in mir geschaffen;

Du großer Gott,

In Not und Tod

Ich will an dir mich halten,

Du wirst es wohl verwalten.

 

Und wenn die schwarze Hölle sich

Mit ihrem Gift ergösse

Und trotziglich und mörderlich

Durch alle Länder flösse,

Gott bleibt mein Mut,

Gott macht es gut

Im Tode und im Leben:

Mein Recht wird oben schweben.

 

Und wenn die Welt in Finsternis

Und Unheil sich versenkte,

Mir steht das feste Wort gewiß,

Das Ewigkeiten lenkte

Das alte Wort

Bleibt doch mein Hort:

Wieviel auch Teufel trügen,

Die Guten sollen siegen.

 

O großes Wort, o fester Stahl!

O Harnisch sondergleichen!

Was Gott versprach, was Gott befahl,

Das läßt mich nicht erbleichen:

Die stolze Pflicht

Erzittert nicht,

Mag Land und Meer vergehen,

Sie wird mit Gott bestehen.

 

Drum walt' es Gott, der alles kann,

Der Vater in den Höhen!

Er ist der rechte Held und Mann

Und wird es wohl verstehen.

Wer Gott vertraut,

Hat wohl gebaut

Im Tode und im Leben:

Sein Recht wird oben schweben.

3.

 

Es spricht der freche Bösewicht:

Ich bin durch mich geworden,

Und macht die Welt zum Hochgericht

Und lüstet nur nach Morden

Und ruft in seinem eitlen Wahn:

Die Länder sind mir untertan,

Ich bin der Herr der Erde.

 

Und weiß nicht, daß den Sternensitz

Der höchste Meister lenket,

Der schneller als sein Flammenblitz

Die Ewigkeiten denket,

Der Tyrannei wie Spreu verweht,

Sein heißt die erste Majestät,

Sein Walten hat kein Ende.

 

Der zieht die rechten Waffen an,

Wer ihm allein vertrauet,

Dem Helden, welcher helfen kann,

Wann Tod und Furcht ergrauet:

Wer sich auf solchen Schutz verläßt,

Der steht im Glück und Unglück fest,

Kein Teufel mag ihn schrecken.

 

Drum unverzagt und wohlgemut,

Wer Freiheit liebt und Ehre!

Ein recht Gewissen streitet gut

Und schlägt die größten Heere,

Ein treuer Sinn ist echter Stahl

Und überwindet tausendmal,

Was Gott den Herrn nicht fürchtet.

 

So kniet hin und betet an

Und schwört die rechte Treue,

Daß sich in jedem deutschen Mann

Der alte Trost erneue,

Daß wir den Glauben halten fest,

Daß Gott uns nimmermehr verläßt,

Wenn wir ihn nicht verlassen.

4.

 

Wann beginnt das Heil zu tagen?

Es braust mit Rossen und mit Wagen

Wild durch die weite Welt der Krieg,

Brandgemalte Teufel scherzen

Mit Menschenrechte Menschenherzen,

Die schwarze Hölle hat den Sieg.

Sie rufen trotzig aus

In alle Welt hinaus:

Jauchzet! Jauchzet! Das Heil ist da,

Die Freiheit da,

Der Menschheit ew'ger Friede da.

 

Doch die Wahrheit steht und schweiget,

Die stolze Freiheit traurt und zeuget

Des Satans glatten Worten nicht,

Die Ehre fliehet vor der Schande,

Die Treue räumet flugs die Lande,

Sie wohnet nur mit Recht und Pflicht.

Die hohen Zeugen all

Erklingen lauten Schall:

Nimmer, nimmer war Gottes Reich

Der Hölle gleich,

Ihr Bund heißt Elend, Trug ihr Steig.

 

Seid gegrüßt, ihr edlen Zeugen!

Der höchste Richter wird nicht schweigen,

Der waltend hoch auf Sternen geht,

Der die lichten Himmelskerzen

Entzündet und die Menschenherzen

Mit seines Odems Kraft durchweht.

Er ist der rechte Mann,

Der einzig helfen kann:

Preis dem Mächtigen! Preis dem Hort!

Es steht sein Wort:

Das Gute sieget hier und dort.

 

Tobe, Satan! Sei verwegen!

Vor dieser Macht zersplittern Degen,

Zerspringet diamantner Stahl!

Gott will Recht und Ehre schützen

Und Trug und Bosheit niederblitzen

Mit seiner Rache Donnerstrahl:

Der starke Siegesheld,

Der Erd' und Himmel hält,

Schmettert Schande hinab ins Nichts,

Der Gott des Lichts

Ist nicht ein Gott des Bösewichts.

 

Darum himmelauf, Gedanken!

Mit Gott dem Helfer in die Schranken

Für Freiheit, Recht und Vaterland!

So ihr's meint mit rechten Treuen,

Bläst Gott euch an mit Mut der Leuen

Und stärkt mit Kraft die schwächste Hand!

Der gute fromme Gott,

Er bleibt in Not und Tod.

Fallet nieder und betet an!

Der helfen kann,

Er ficht als Streiter euch voran.

Ermunterungslieder vor der Schlacht

 

1.

Frischauf, ihr deutschen Brüder!

Frischauf zum heil'gen Streit!

Der Satan drückt uns nieder

Und wütet weit und breit.

Er will die Erdenflur

Zur Schlangenwüste machen,

Mit Tigern und mit Drachen

Verheeren die Natur.

 

Er will die Freiheit morden

Und brechen jedes Recht,

Der Trug ist Herr geworden,

Es dient der Mut als Knecht,

Die Wahrheit fliehet fern

Vom blutigen Getümmel

Hoch in den lichten Himmel,

Sie klagt es Gott dem Herrn.

 

Drum auf, ihr deutschen Brüder!

Es hat's der Herr gehört –

Auf! Schlagt die Schande nieder,

Die Recht und Licht zerstört!

Auf! Waffnet Herz und Hand

Mit alter deutscher Treue,

Daß Redlichkeit sich freue,

Daß zittre Trug und Tand!

 

Auf mit dem Herrn der Scharen!

Wohlauf in Not und Tod!

Es wird euch wohl bewahren

Der alte treue Gott;

Von ihm kommt alles her,

Zu ihm geht alles wieder:

Drum zagt nicht, deutsche Brüder!

Gott steht mit euch im Heer.

 

Gott steht mit euch im Leben,

Gott steht mit euch im Tod;

Will Gott den Arm erheben,

Wo bleibet, was euch droht?

Mit Gott das Schwert zur Hand!

Mit Gott hineingefallen!

Und laßt die Losung schallen:

Gott! Freiheit! Vaterland!

2.

 

Flammet Herzen! Wehet Fahnen!

Flammet, wehet himmelan!

Denn die Wonne der Germanen,

Denn die Schlacht, sie hebet an,

Und es tilgt der scharfe Stahl

Lange Schande, lange Qual.

 

Klingt, Trompeten! Klingt, Posaunen!

Trommel, schmettre wirbelnd drein!

Schrecken fliege und Erstaunen

Mit uns furchtbar durch die Reihn!

Vorderst leuchtend schwebe, Sieg!

Denn wir ziehn in heil'gen Krieg.

 

Auch ist einer mitgezogen,

Der am besten streiten kann,

Hat der Rache Schwert gezogen,

Einer, ein gewalt'ger Mann –

Hört! Sein Name klinget Gott,

Und der Feinde Trotz wird Spott.

 

Denn er ist der Freiheit Retter

Und der Treue sichrer Hort,

Weht wie Sturmwind dürre Blätter

Lug und Trug der Buben fort;

Gott ist unser Heil und Sieg,

Denn wir ziehn in heil'gen Krieg.

 

Deutsche Ehre zu erneuen,

Zu vertilgen welschen Tand,

Ziehn wir aus mit echten Treuen

Für das heil'ge Vaterland,

Mit uns ziehen Pflicht und Recht:

Zittre drum, Tyrann und Knecht!

 

Zittre! Denn wir wollen sterben,

Sterben all in einem Mut,

Oder auch das Land erwerben

Mit dem Eisen, mit dem Blut:

Deutschland ist's, der Freiheit Land,

Tapfrer Männer Vaterland.

 

Darum, Herzen, werdet Flammen!

Darum, Fahnen himmelan!

Deutschlands Kinder, frisch zusammen!

In dem Freiheitskampf voran!

Brecht der Knechtschaft schnödes Joch!

Gott im Himmel lebet noch.

 

Hebt die Hände! Laßt uns schwören!

Für das heil'ge deutsche Land,

Für der Väter hohe Ehren

Herz und Schwert zum Sieg gewandt!

Laßt uns tilgen Hohn und Spott!

Betet alle: Groß ist Gott!

3.

 

Vor der Schlacht

Auf! Die Schwerter hell heraus!

Und die Herzen froh gehoben!

Noch steht Gottes Himmelshaus,

Noch schwebt Gottes Rechte oben,

Noch hält Gott das Weltgericht.

Gott ist unsre Zuversicht.

 

Laßt die Fahnen lustig wehn!

Laßt die Trommeln mutig klingen!

Gott der Herr wird mit uns stehn

Und den Blitz der Rache schwingen,

Gott verläßt die Guten nicht.

Gott ist unsre Zuversicht.

 

Tobe nur, du Höllenheer!

Wütet, mordet nur, Tyrannen!

Gott verweht wie Sand am Meer

Lug und Trug und Schande dannen.

Gott bestraft den Bösewicht.

Gott ist unsre Zuversicht.

 

Auf! Mit Gott zum Heldenstreit!

Auf für Freiheit, Recht und Ehre,

Daß sich deutsche Redlichkeit,

Daß sich deutsche Treue mehre!

Gott, der Tyrannei zerbricht,

Gott ist unsre Zuversicht.

 

Klingt denn, Trommeln! Fahnen weht!

Herzen weht in lichten Flammen!

Für der Freiheit Majestät,

Für das Vaterland zusammen!

Frisch hinein, und zaget nicht!

Gott ist unsre Zuversicht.

4.

 

Ein anderes

Frischauf, ihr deutschen Scharen!

Frischauf zum heil'gen Krieg!

Gott wird sich offenbaren

Im Tode und im Sieg:

Mit Gott, dem Frommen, Starken,

Seid fröhlich und geschwind,

Kämpft für des Landes Marken,

Für Eltern, Weib und Kind.

 

Frischauf! Ihr tragt das Zeichen

Des Heils an eurem Hut.

Dem muß die Hölle weichen

Und Satans Frevelmut,

Wenn ihr mit treuem Herzen

Und rechtem Glauben denkt,

Für wie viel bittre Schmerzen

Sich Gottes Sohn geschenkt.

 

Drum auf für deutsche Ehre,

Du tapfres Teutsgeschlecht!

Der beste Schild der Heere

Heißt Vaterland und Recht,

Als schönste Losung klinget

Die Freiheit in das Feld,

Wo sie die Fahne schwinget,

Wird jedes Kind ein Held.

 

Drum auf, ihr deutschen Scharen!

Frischauf zum heil'gen Krieg!

Gott wird sich offenbaren

Im Tode und im Sieg;

Und wenn die ganze Hölle

Sich gösse über euch,

Ihr spült sie, wie die Welle

Das Sandkorn, weg von euch.

Danklieder

 

1.

Groß ist Gott!

Es klingt sein mächtig Werde,

Die Himmel wölben sich,

Mit Blumen steigt empor die Erde,

Die Tiefe setzet sich!

Der Jubelklang der Sterne,

Des Menschen froher Lobgesang

Tönt durch die Nähe, durch die Ferne

Den hohen Klang:

Groß ist Gott, unendlich groß!

 

Allmächtig ist Gott!

Er hebet aus dem Staube,

Was niedrig ist und klein,

Verwehet gleich dem Sand, dem Laube,

Was waget frech zu sein,

Er schlägt die schnöden Spötter,

Ihr stolzer Mut wird eitel Nichts,

Er ist der höchste Gott der Götter,

Der Gott des Lichts.

Allmächtig ist Gott, der starke Gott.

 

Allmächtig ist Gott!

Es zog in wilden Haufen

Die Hölle trotzig aus,

Sie prahlte: Meine Rosse saufen

Die tiefsten Ströme aus;

Sie prahlte: Meinen Scharen

Sind Meer und Länder untertan.

Da kam der Himmelsheld gefahren –

Es lag ihr Wahn.

Allmächtig ist Gott, der starke Gott.

 

Barmherzig ist Gott!

Er hat den Feind geschlagen,

Er hat mir Sieg verliehn;

Was trotzig war, das muß verzagen,

Was schwach war, das ist kühn;

Er bricht die schweren Bande,

Er tilgt die fremde Tyrannei,

Er rettet mich von Trug und Schande,

Er macht mich frei.

Barmherzig ist Gott, der fromme Gott.

 

Danket Gott!

Er will sich gnädig weisen,

Er führet unsern Krieg;

Nicht unsre Hände, unsre Eisen:

Der Herr gab uns den Sieg.

Drum fallet fröhlich nieder

Und singt ihm lauten Lobgesang!

Durch alle Herzen klinge wieder

Der hohe Klang:

Groß ist Gott, unendlich groß!

2.

 

Wohlauf mit Herz und Mut!

Wohlauf! Dem Herrn zu danken,

Der große Wunder tut

Und herrschet ohne Wanken.

Auf! Bringet Lob und Preis

Dem höchsten Gott und Herrn,

Der alles sieht und weiß,

Was nah ist und was fern.

 

Er ist der Schlachten Held,

Der hoch auf Sonnen wohnet.

Der Unschuld trägt und hält

Und Trug mit Schande lohnet,

Er ist der starke Hort

Der Freiheit und des Rechts,

Weht List der Buben fort

Und Rat des feigen Knechts.

 

Sein heißt die Majestät,

Die Thronen sein, die Lande,

Er stürzt, was trotzig geht,

In Elend und in Schande,

Was niedrig ist und klein,

Das hebt er aus dem Nichts

Zu hellem Ehrenschein,

Der Gott des Weltgerichts.

 

Er half uns wunderbar,

Er war der Schwachen Streiter:

Wild schnob der Feinde Schar,

Wild schnoben Ross' und Reiter;

Sie brausten ohne Zahl

Daher wie Flut im Meer,

Sie schlug nicht unser Stahl,

Gott, Gott war unser Heer.

 

Drum klinget Freudenklang,

Drum singet Jubellieder

Und fallt mit Lobgesang

Vor seinem Throne nieder;

Auf! Dankt ihm für und für!

Auf! Dankt und betet an!

Gott, Gott ists dort und hier,

Der einzig helfen kann.

3.

 

Auf! Danket Gott und betet an

Den Helden aller Helden,

Von dem die Erden ab und an

Und alle Himmel melden;

Auf! Werdet heute ein Gesang!

Auf! Klinget heute einen Klang:

Gott sei allein die Ehre!

 

Denn trotzig gleich der Meeresflut,

Wann wilde Stürme brausen,

Ergoß sich grimmer Feinde Wut

Mit Schrecken, Angst und Grausen;

Voran zog Hunger, Pest und Tod,

Und durch die Länder ward gedroht:

Wer wagt mit uns zu streiten?

 

Da ließ der Herr vom Himmelssaal

Die Donnerglocken schallen;

Sie schlug nicht unser Arm und Stahl,

Sie sind durch Gott gefallen:

Der Held der Helden hat's getan,

In Staub zerschmettert liegt ihr Wahn,

Ihr Trotz ist stummes Schweigen.

 

Drum danket Gott und betet an

Den Helden aller Helden

Und lasset Weib und Kind und Mann

Die hohen Wunder melden,

Drum singet frohen Lobgesang,

Drum klinget lauten Freudenklang:

Gebt unserm Gott die Ehre!

Lieder bei besonderen Fällen

 

1.

Der Fahnenschwur

Hebt das Herz! Hebt die Hand!

Schwöret für die große Sache,

Schwört den heil'gen Schwur der Rache!

Schwöret auf das Vaterland!

Schwöret auf den Ruhm der Ahnen,

Auf die deutsche Redlichkeit,

Auf die Freiheit der Germanen,

Auf das Höchste schwöret heut!

 

Hebt das Herz! Hebt die Hand!

Erd' und Himmel soll ihn hören

Unsern hohen Schwur der Ehren,

Unsern Schwur fürs Vaterland.

Glorreich schwebe, stolzes Zeichen,

Das voran im Streite weht!

Keiner soll von hinnen weichen,

Wo sich dies Panier erhöht!

 

Hebt das Herz! Hebt die Hand!

Wehe mutig, edle Fahne!

Daß sich jede Brust ermahne

Für das heil'ge Vaterland!

Mache, stolzes Ehrenzeichen,

Alle Männer ehrenfest,

Daß sie tausendmal erbleichen,

Eh' nur einer dich verläßt!

 

Hebt das Herz! Hebt die Hand!

Heil uns dieser Ehrenweihe!

Ewig lebe deutsche Treue!

Ewig blühe deutsches Land!

Freiheit, deutsche Freiheit, schwebe

Um die Hütten, um den Thron!

Trug und Lug und Schande bebe!

Und zur Hölle fahre Hohn!

 

Hebt das Herz! Hebt die Hand!

Hebt sie zu der Welten Meister!

Hebt sie zu dem Geist der Geister!

Hebt sie hoch vom Erdentand!

Daß wir's treu und heilig halten

In Gedanken, Wort und Tat:

Gott muß doch zuletzt verwalten,

Was der Mensch beschlossen hat.

2.

 

Gebet bei der Wehrhaftmachung eines deutschen Jünglings

Betet, Männer! – Denn ein Jüngling kniet –

Daß sein Herz, sein Eisen heilig werde!

Küsse, Knabe, fröhlich diese Erde,

Denn sie ist der Freiheit heil'ges Land.

Willst du seinen Namen hören?

Glühe bei dem Klang der Ehren!

Deutschland heißt dein Vaterland.

 

Betet, Männer! – Denn ein Jüngling kniet –

Macht den Klang unsterblich seinen Ohren!

Deutscher Jüngling, frei bist du geboren,

Freiheit sei dein Glanz, dein höchstes Gut!

Ihr sollst du dein ganzes Leben,

Ihr den letzten Atem geben,

Ihr dein bestes Herzensblut!

 

Betet, Männer! – Denn ein Jüngling kniet –

Und er hat den höchsten Schwur geschworen.

Hier und dort sei ihm das Heil verloren,

Wenn er diese Worte jemals schwächt!

Erd' und Himmel sollen zeugen!

Dienen müss' er dann dem Feigen

Und erzittern vor dem Knecht!

 

Betet, Männer! – Denn ein Jüngling kniet –

Schönes Eisen, du, der Freien Freude,

Schmuck der Tapfern, köstlichstes Geschmeide,

Das der Hammer aus Metallen schlug!

Werde, ritterlicher Degen,

Deutschem Lande Ruhm und Segen!

Werde Deutschlands Feinden Fluch!

 

Betet, Männer! – Denn ein Jüngling kniet –

Eisen, könnte Untreu diesen schänden,

Dann empöre dich in seinen Händen,

Stoß in seine Brust geschwindsten Tod!

Dulde nimmer, Schwert der Ehren,

Daß Verräter bei dir schwören!

Dulde nimmer Sklavennot!

 

Betet, Männer! – Denn ein Jüngling kniet –

Steh nun auf, umgürtet mit dem Stahle!

Steh nun auf! Es schaun vom Himmelssaale

Deine Ahnen fröhlich auf dein Fest,

Segnen deine Waffenweihe,

Machen dich für Pflicht und Treue

Ehrenfest und eisenfest.

 

Betet, Männer, heiligstes Gebet!

Gott im höchsten Himmel gebe Segen

Diesem freien Mann und seinem Degen,

Daß er Blitz in deutschen Schlachten sei!

Gott behüte unsre Lande,

Unsre Seelen vor der Schande!

Gott erhalte Deutschland frei!

Des Deutschen Vaterland

 

1813.

 

Was ist des Deutschen Vaterland?

Ist's Preußenland, ist's Schwabenland?

Ist's, wo am Rhein die Rebe blüht?

Ist's, wo am Belt die Möwe zieht?

O nein! nein! nein!

Sein Vaterland muß größer sein.

 

Was ist des Deutschen Vaterland?

Ist's Bayerland, ist's Steierland?

Ist's, wo des Marsen Rind sich streckt?

Ist's, wo der Märker Eisen reckt?

O nein! nein! nein!

Sein Vaterland muß größer sein.

 

Was ist des Deutschen Vaterland?

Ist's Pommerland, Westfalenland?

Ist's, wo der Sand der Dünen weht?

Ist's, wo die Donau brausend geht?

O nein! nein! nein!

Sein Vaterland muß größer sein.

 

Was ist des Deutschen Vaterland?

So nenne mir das große Land!

Ist's Land der Schweizer? Ist's Tirol?

Das Land und Volk gefiel mir wohl:

Doch nein! nein! nein!

Sein Vaterland muß größer sein.

 

Was ist des Deutschen Vaterland?

So nenne mir das große Land!

Gewiß es ist das Österreich,

An Ehren und an Siegen reich?

O nein! nein! nein!

Sein Vaterland muß größer sein.

 

Was ist des Deutschen Vaterland?

So nenne mir das große Land!

So weit die deutsche Zunge klingt

Und Gott im Himmel Lieder singt,

Das soll es sein!

Das, wackrer Deutscher, nenne dein!

 

Das ist des Deutschen Vaterland,

Wo Eide schwört der Druck der Hand,

Wo Treue hell vom Auge blitzt

Und Liebe warm im Herzen sitzt –

Das soll es sein!

Das, wackrer Deutscher, nenne dein!

 

Das ist des Deutschen Vaterland,

Wo Zorn vertilgt den welschen Tand,

Wo jeder Franzmann heißet Feind,

Wo jeder Deutsche heißet Freund –

Das soll es sein!

Das ganze Deutschland soll es sein!

 

Das ganze Deutschland soll es sein!

O Gott vom Himmel sieh darein

Und gib uns rechten deutschen Mut,

Daß wir es lieben treu und gut.

Das soll es sein!

Das ganze Deutschland soll es sein!

Des deutschen Knaben Robert Schwur

 

1813.

 

Der Knabe Robert fest und wert

Hält in der Hand ein blankes Schwert,

Er legt das Schwert auf den Altar

Und schwört beim Himmel treu und wahr:

 

Ich schwöre dir, o Vaterland,

Mit blankem Schwert in fester Hand,

An des Altares heil'gem Schrein,

Bis in den Tod dir treu zu sein.

 

Ich schwöre dir, o Freiheit, auch

Zu dienen bis zum letzten Hauch

Mit Herz und Seele, Mut und Blut –

Du bist des Mannes höchstes Gut.

 

Auch schwör' ich heißen, blut'gen Haß

Und tiefen Zorn ohn' Unterlaß

Dem Franzmann und dem franschen Tand,

Die schänden unser deutsches Land.

 

Du droben in dem Himmelszelt,

Der Sonnen lenkt und Herzen hält,

Du großer Gott, o steh mir bei,

Daß ich es halte wahr und treu!

 

Daß ich, vom Lug und Truge rein,

Dein rechter Streiter möge sein,

Daß dieses Eisen ehrenwert

Fürs Recht nur aus der Scheide fährt!

 

Und zieh' ich's gegens Vaterland

Und Gott, dann welke hin, o Hand!

Dann dorre, Arm, zum dürren Ast!

Dann werd' ein Halm dir Zentnerlast!

 

O nein! O nein! O ewig nein!

Der Robert will kein Schurke sein,

Der Robert schwört's bei Gott dem Herrn:

Die Ehr' und Tugend bleibt sein Stern.

Auf die Schlacht bei Groß-Görschen oder Lützen

 

den 2. Mai 1813.

 

Habt ihr wohl den Klang vernommen,

Der durch alle Länder klingt,

Wie der Ruhm den Flug genommen

Und die goldnen Flügel schwingt?

Wie der Schande Zentnerschwere

Sich von Deutschlands Nacken löst,

Und die alte deutsche Ehre

Hell in Kriegsposaunen stößt?

 

Hörtet ihr die hohen Namen?

Preußen! Preußen! klingt der Klang;

Tausend Stimmen rufen Amen,

Tausend Herzen glühen Dank,

Millionen Knie sinken

Freudig betend vor dem Herrn,

Millionen Augen blinken

Selig auf zum Tagesstern.

 

Nehmt den Stolz, ihr frommen Männer! –

Dieser Preis wird nimmer Wahn –

Nehmt den Stolz, ihr ersten Renner

Auf der deutschen Ehrenbahn,

Die der süße Reiz der Tugend

Lockte froh zu Sieg und Tod,

Wie der Bräute Rosentugend

Lockt der Wonnefackel Rot.

 

Tapfre Preußen! Tapfre Preußen!

Ihr, die Glück und Sieg versöhnt,

Deutschlands Retter sollt ihr heißen,

Wo nur deutsche Sprache tönt;

In der Enkel fernsten Tagen,

Durch der Säkeln Nacht hinaus

Soll noch jeder Deutsche sagen:

Diese fochten's mutig aus.

 

Jetzt die edlen Heldenschatten,

Die der dunkle Tod umfing,

Wollen wir mit Glanz bestatten

In des Schlachtfelds blut'gem Ring;

Auf! Und türmt den Berg von Steinen!

Türmt ein deutsches Heldenmal!

Sonne, komm mit hellsten Scheinen,

Leuchte drauf den schönsten Strahl!

 

Auf! Und pflanzet grüner Eichen

Ernste Haine ringsumher!

Betet, daß in deutschen Reichen

Buben freveln nimmermehr!

Betet, fluchet, daß die Sklaven,

Die den heil'gen Toten nahn,

Plötzlich alle Himmelsstrafen

Auf das schuld'ge Haupt empfahn!

 

Und ihr, die von listen Höhen,

Von dem heitern Element,

Wo die Geister wandeln gehen,

Alles schauet, alles kennt,

Helden aus den grauen Zeiten,

Die ihr längst geschieden seid,

Hört die Siegesglocken läuten,

Freut euch deutscher Herrlichkeit!

 

Ihr auch, die auf diesen Auen

Jüngrer Schlachten Staub erregt

Und mit Schrecken, Tod und Grauen

Reihen gegen Reih' bewegt,

Gustav, großer Schwedenkönig,

Zweiter Friedrich, Wallenstein,

Lernt, wie eure Schlachten wenig

Sind vor diesem Ehrenschein.

 

Denn das Lied muß schwarz sich kleiden,

Welches euch besingen will,

Und der helle Klang der Freuden

Wird bei euren Taten still,

Und Germanien mag wohl klagen

Um den schweren Haß und Neid,

Wodurch in vergangnen Tagen

Ihr so groß geworden seid.

 

Aber selig, wer in diesen

Hehren Götterschlachten fällt!

Der wird ewig froh gepriesen

Als ein Heiland, als ein Held;

Auf der Freiheit Siegesstätten

Blüht die Ehre ewig grün,

Heil'ge kommen da zu beten,

Engel kommen da zu knien.

Der Waffenschmied der deutschen Freiheit

 

1813.

 

Wem gebührt der höchste Preis?

Nur dem Mann, der still erschafft,

Der in Mühen schwer und heiß

Nie verzagt und nie erschlafft,

Der im Drange von Gefahren

Fühlt, was seine Väter waren;

 

Der selbst mit dem Schelm und Knecht,

Mit dem Buben glatt und blank

Immer wahr und grad' und recht

Geht der Ehre festen Gang,

Der demütig und bescheiden

Alles kann um Tugend leiden;

 

Den der Ehre Gaukelspiel

Und das Gold nicht lockt noch hält,

Der auf ein Gefühl, ein Ziel

Alle Kräfte mächtig stellt,

Schandeketten zu zerbrechen

Und den welschen Trug zu rächen;

 

Der, wenn Memmen matt und feig

Dingen um der Knechtschaft Lohn,

Nimmer müd und nimmer bleich

Trotzt der Spötter schnödem Hohn,

Der, wenn alle Welt auch teufelt,

Nie am Vaterland verzweifelt.

 

Nenne ihn! Wie heißt der Mann?

Deutscher Freiheit Waffenschmied?

Der nie wankend ab und an

Ging den festen Heldenschritt?

Der im stillen hat geschaffen

Ross' und Männer, Krieg und Waffen?

 

Scharnhorst heißt der edle Mann,

Deutscher Freiheit Waffenschmied,

Der auf Rettung rastlos sann,

Vieles tat und vieles litt,

Daß er könnte deutsche Ehren

Für den heil'gen Krieg bewehren.

 

Schon hat er den großen Streit,

Der uns steht um höchstes Gut,

Herrlich hat er ihn geweiht

Mit dem teuren Heldenblut:

Allen Tapfern rann's zum Pfande,

Daß erliegen wird die Schande.

 

Darum, Klang, der Freiheit klingt,

Kling ihn hell wie Orgelton,

Darum, Lied, das Freiheit singt,

Singe Deutschlands tapfern Sohn,

Zeig' ihn allen Biederleuten

Als ein Zeichen beßrer Zeiten.

 

Treuer, biedrer deutscher Held,

Gott mit uns und Gott mit dir!

Der die Ehre oben hält,

Stehe bei dir für und für!

Nimm mit Vaterlandesrettern

Nimm den Kranz von Eichenblättern.

Deutscher Trost

 

1813.

 

Deutsches Herz, verzage nicht,

Tu, was dein Gewissen spricht,

Dieser Strahl des Himmelslichts,

Tue recht und fürchte nichts.

 

Baue nicht auf bunten Schein,

Lug und Trug ist dir zu fein,

Schlecht gerät dir List und Kunst,

Feinheit wird dir eitel Dunst.

 

Doch die Treue ehrenfest

Und die Liebe, die nicht läßt,

Einfalt, Demut, Redlichkeit

Stehn dir wohl, o Sohn vom Teut.

 

Wohl steht dir das grade Wort,

Wohl der Speer, der grade bohrt,

Wohl das Schwert, das offen ficht

Und von vorn die Brust durchsticht.

 

Laß den Welschen Meuchelei,

Du sei redlich, fromm und frei;

Laß den Welschen Sklavenzier,

Schlichte Treue sei mit dir.

 

Deutsche Freiheit, deutscher Gott,

Deutscher Glaube ohne Spott,

Deutsches Herz und deutscher Stahl

Sind vier Helden allzumal.

 

Diese stehn wie Felsenburg,

Diese fechten alles durch,

Diese halten tapfer aus

In Gefahr und Todesbraus.

 

Deutsches Herz, verzage nicht,

Tu, was dein Gewissen spricht,

Redlich folge seiner Spur,

Redlich hält es seinen Schwur.

Scharnhorst der Ehrenbote

 

1813.

 

Wen erlest ihr für die großen Toten,

Die einst ritterlich fürs deutsche Land

Ihre Brust dem Eisen boten?

Wen erlest ihr als den rechten Boten,

Götter, für das Schattenland?

 

Wer ist würdig, solche Mär zu bringen:

»Aufgestanden sind die Söhne Teuts,

Millionen Stimmen klingen:

Unsre Schandeketten sollen springen!?

Auch der Donner klingt's des Streits.«

 

Wer mag Hermann seine Rechte reichen

Und der Väter Angesichter schaun?

Wahrlich keine von den bleichen

Seelen, die vor jedem Sturmwind streichen,

Die zermalmte schier das Graun.

 

Nur ein Held mag Helden Botschaft tragen,

Darum muß Germaniens bester Mann,

Scharnhorst muß die Botschaft tragen:

»Unser Joch, das wollen wir zerschlagen,

Und der Rache Tag bricht an.«

 

Heil dir, edler Bote! Hohe Weihe

Gibt dein Gang dem deutschen Waffenspiel:

Jeder wird ein Held in Treue,

Jeder wird fürs Vaterland ein Leue,

Wann ein solcher blutig fiel.

 

Heil dir, edler Bote! Männerspiegel,

Biedermann aus alter, deutscher Zeit!

Herrlich grünt dein Grabeshügel,

Und der Ruhm schlägt seine goldnen Flügel

Um ihn bis in Ewigkeit.

 

Und er steht uns wie ein heil'ges Zeichen,

Wie ein hohes, festes Götterpfand,

Daß die Schande wird entweichen

Aus dem Vaterlande grüner Eichen,

Aus dem heil'gen deutschen Land.

 

Wann einst fromme Herzen deutsch sich finden,

Ohne Eide mit dem Händedruck

Werden hier sie Treue binden,

Bräuten, welche Hochzeitkränze winden,

Blühet hier der Ehrenschmuck.

 

Wann sich Männer nächtlich still verschwören

Gegen Lug und Vaterlandsverrat,

Gegen Gaukler, die betören,

Gegen Memmen, welche Knechtschaft lehren,

Hieher lenken sie den Pfad.

 

Will der Vater seinen Sohn bewehren,

Hieher führt er ihn im Abendschein,

Heißt ihn knien, heißt ihn schwören,

Treu des Vaterlandes heil'gen Ehren,

Treu bis in den Tod zu sein.

 

So blüht Tugend aus der Tugend Samen

Herrlich durch die Zeiten ohne Ziel;

Buben zittern bei dem Namen,

Edle rufen Scharnhorst! wie ein Amen

Für das gläubigste Gefühl.

Des Knaben Abendgebet

 

1813.

 

Die Welt tut ihre Augen zu,

Und alles wird so still,

Auch ich bin müde, und zur Ruh'

Ich nun mich legen will;

Ich leg' im stillen Kämmerlein

Mich in mein Bettchen warm,

Und Engel sollen Wächter sein

Vor jedem Trug und Harm.

 

Du, lieber Gott, der uns die Nacht

Mit Mond und Sternen schuf,

Der himmlisch uns das Herz gemacht

Für himmlischen Beruf,

Der uns den lichten Himmelschein

Gesenkt in tiefe Brust,

Damit wir sollen selig sein

Durch deiner Liebe Lust.

 

Du, lieber Gott, du gehst mit mir

Ins stille Kämmerlein

Und stellst die Wächter an die Tür,

Die Engel fromm und fein;

Sie treten leis und sanft daher

Und halten treue Hut,

Daß diese Nacht und nimmermehr

Uns nichts was Leides tut.

 

Nun habe Dank für jeden Tag

Und Dank für jede Freud'.

Ich weiß nicht, was ich beten mag

Mit rechter Herzlichkeit;

Du weißt am besten, was ich will,

Du liebster, treuster Hort,

Drum bin ich mit den Lippen still,

Gott ist mein einzig Wort.

Frühling

 

1813.

 

Juchhei! Blümelein!

Dufte und blühe!

Strecke alle Blättchen aus,

Wachse bis zum Himmel naus,

Juchhei! Heididei!

Blümlein, und blühe!

 

Juchhei! Lüftelein!

Hauche und wehe!

Hell der Himmel über dir,

Bunt die Erde unter dir –

Juchhei! Heididei!

Lüftlein, und wehe!

 

Juchhei! Bächlein klein!

Rausche und brause!

Brause hin durch Berg und Tal,

Grüß' die Freunde allzumal.

Juchhei! Heididei!

Bächlein, und brause!

 

Juchhei! Vögelein!

Klinge und singe!

Blütenhain und Sonnenschein,

Frühling tanzt den bunten Reihn –

Juchhei! Heididei!

Vöglein, und singe!

 

Juchhei! Menschenherz!

Klinge und springe!

Wolltest du das letzte sein?

Nicht der hellste Tänzer sein?

Juchhei! Heididei!

Klinge und springe!

 

Juchhei! Alle Welt!

Juchhei! In Liebe!

Liebeslust und Wonneschall,

Erd' und Himmel halten Ball.

Juchhei! Heididei!

Juchhei! In Liebe!

Klänge aus der Vergangenheit

 

1813.

 

Sternengruß

Wandelt ihr, liebe Sterne am Himmel,

Herauf so licht und hehr?

Ich weiß zwei schönere Sterne,

Die brennen mein Herz so sehr.

 

Ihr kommt wohl jeglichen Abend

Und bringt die süße Ruh',

Dann schließet ihr wieder am Morgen

Die goldnen Äuglein zu.

 

Meine Sterne die scheinen am Abend,

Sie scheinen um Mitternacht,

Sie scheinen am hellen Mittag

Und wann der Morgen erwacht.

 

Meine Sterne sind zwei blaue Augen,

Die trägt ein holdiges Kind;

Da hinein muß ich ewiglich schauen

Und schaue mich krank und blind.

 

Wandelt hin nun, Sternlein am Himmel,

Und sagt es dem Kindlein fein,

Ich muß vor Traurigkeit sterben,

Wendet sie von mir den Schein.

 

Wandelt hin nun, Sternlein am Himmel,

Und sagt es dem Kindlein fein,

Ich bin in dem Paradiese,

Will sie mein eigen sein.

Was Goldringelein sagen soll

 

Geh hin, geh hin, Goldringelein,

Und sage meinem trauten Kinde,

Treufest wie Berge soll sie sein

Und lieblich wie die Frühlingswinde,

Doch nicht wie Zephirs Flügel leicht,

Der alles küssend weiter fleucht.

 

Geh hin, geh hin, Goldringelein,

Und sage meiner hübschen Feinen,

Sie soll in meines Herzens Schrein

Hell leuchtend wie Karfunkel scheinen,

Womit man heil'ge Bilder schmückt,

Daß sich der Frommen Herz entzückt.

 

Geh hin, geh hin, Goldringelein,

Und sage meiner süßen Holden,

Wann ostwärts geht der Sonne Schein

Und Sterne Höllennacht vergolden,

Wann Bäche rinnen berghinauf,

Dann höret meine Liebe auf.

 

Geh hin, geh hin, Goldringelein,

Das sollst du noch zuletzt ihr sagen:

Nichts süßer ist als Liebespein,

Nichts lustiger als Liebesklagen,

Nichts fröhlicher als Liebesnot,

Nichts seliger als Liebestod.

Klinglieder

 

1813.

 

1.

Geliebtes Eiland, mütterliche Erde,

Wo ich von siebzehn schönen Jugendlenzen

Die Bäume und die Hügel sah bekränzen,

O Rügen, Land voll lieblicher Gebärde!

 

Sprich, ob ich je die Taten sehen werde,

Wovon die Bilder also lieblich glänzen,

Daß ich in andern Völkern, andern Grenzen

Stets suchen muß nach Arbeit und Beschwerde?

 

All deine süße Schöne mußt' ich lassen,

All deine holde Stille mußt' ich fliehen,

Ich mußt' ein größres Vaterland mir suchen.

 

O diesen Stolz, werd' ich ihn je erfassen?

Wirst du, Germanien, noch in Freiheit blühen,

Wo Sklaven stöhnen und Tyrannen fluchen?

2.

 

So klingst du wieder, längst verklungner Klang?

So blüht ihr wieder, längst verwelkte Rosen?

So wollt ihr, Phantasien, mit mir kosen,

Wie mit dem Lenz der muntre Waldgesang?

 

Was will dies? Wandelt nicht mein Lebensgang,

Wo Furien wild in Kriegsposaunen stoßen?

Wo Männer blutig um das Schicksal losen?

Was täuschet mich der Himmlischen Empfang?

 

Gewiß, ihr Holden, habt ihr euch verirrt,

Ihr sucht den Mann nicht, dem die Locken grauen,

Ihr sucht den Mann nicht mit dem finstern Blick.

 

Was hör ich? Eine süße Stimme girrt –

Was ist's, das die entzückten Blicke schauen?

O bleibe, Traum! O bleibe, träumend Glück!

3.

 

Was klingt mir für ein süßer Wunderschall

Mit Himmelstönen tief im tiefsten Herzen,

Gleichwie die Stimme klingt der hohen Schmerzen,

Die ewig liebekranke Nachtigall?

 

Was blüht ihr, längstvergangne Wonnen, all

Und zündet mir die Brust mit Himmelsschmerzen?

Und laßt die finstern Geister in mir scherzen?

O das ist Liebe, das ist Liebesschall!

 

O bliebst du ewig, süßer Wunderschall!

O würd' ich selber ganz zur Philomele

Und klänge mich in Liebesklagen tot!

 

Denn wer die Liebe hat, der hat das All,

Die Liebe ist der Seelen große Seele,

Der Götter Leben und der Götter Tod.

4.

 

Woher, du süßes Schmachten, frommes Wähnen,

Die sich mit Inbrunst auf zum Himmel drängen?

Die mir die heiße Brust wie Ströme sprengen

Im Ozean von Träumen und von Tränen?

 

Woher, du tiefes wunderbares Sehnen

Mit Todesliebe und mit Todesklängen,

Gleich jenen wonnereichen Grabgesängen,

Womit der süße Tod erklingt in Schwänen?

 

O in der Töne Wollust so verklingen!

In süßen Tränen Wellen gleich verrieseln!

In süßen Träumen Geistern gleich verschweben!

 

O Schwäne, welche mir im Busen singen,

Ihr schmölzet wohl die Brust von harten Kieseln,

Euer Sterben gäbe wohl dem Tode Leben.

An die Nachtigall

 

1813.

 

Süße Klage,

Kleine Nachtigall,

Klang der Nächte, sage,

Wer gab dir den Schall?

 

Fielst von Sternen

Du, ein Engeltraum,

Daß wir Sehnsucht lernen

Nach dem lichten Raum?

 

Wurdest Leier

Für der Liebe Leid,

Singst der Seelen Feier

Nun im Federkleid?

 

Philomele,

Holdes Himmelskind,

Zarte Geisterseele,

Wie die Engel sind!

 

O der Herzen

Goldner Leierklang!

Klinge, Lust der Schmerzen,

Klinge laut, Gesang!

 

Klinge, Liebe,

Klinge, Sehnsucht, drein!

Funkelt, helle Triebe,

Hell wie Sternenschein!

 

Stimmt Gesänge

Gleich der Nachtigall,

Und im Strom der Klänge

Flutet hin zum All!

An die Wehmut

 

1813.

 

Du, die im Sternenschleier

Der Nächte wandeln geht,

Wo Traum und Ahnung freier

Um fromme Seelen weht,

Wo sich von grünen Grüften

Die grüne Hoffnung hebt

Und in den Himmelslüften

Mit Engeln selig schwebt,

 

Die dann um stille Seelen

Ihr zartes Dunkel spinnt,

Die Wunder zu erzählen,

Die hoch im Himmel sind,

Die dann die hellen Saiten

Des tiefsten Herzens rührt

Und durch die langen Zeiten

Die Geister wandeln führt –

 

Sei süß mir, o Huldinne,

Sei, Wehmut, mir gegrüßt!

Die mild durch alle Sinne

Gleich Himmelsquellen fließt,

Die Gram und heißes Sehnen

In sanften Schlummer lullt

Und in der Flut der Tränen

Ertränkt die bittre Schuld.

 

Dir will ich ewig danken,

Dir, meiner Nächte Lust,

Die weich mit Himmelsranken

Umflicht die wunde Brust,

Die süße Liebesworte

Mit Engeltönen singt

Und an der Himmelspforte

Der Sehnsucht Glocken ringt.

 

Dich will ich ewig loben,

Dich und die Schwester dein,

Die Liebe, die nach oben

Auch lockt der lichte Schein,

Die Liebe, die auf Erden

Wohl nie Genüge find't,

Oft traurig an Gebärden,

Gleich dir ein himmlisch Kind.

 

O bleibet, süße beide,

O bleibt mir ewig treu!

Daß fröhlich ich im Leide,

In Freuden traurig sei.

Was flache Toren preisen,

Das mag mein Glück nicht sein,

Wo eure Sterne kreisen,

Da kann ich selig sein.

Lug ins Leben aus meinem Nachtwächterhäuschen in Reichenbach

 

1813.

 

1.

Still steht das Leben, es steht der Zorn der Männer gefesselt,

Durch der Könige Wort ruhet das Eisen der Schlacht.

Ich auch sitz' hier in Engen, an Reichenbachs bröcklichte Mauer

Lehnt sich das Häuschen, wo Streit kaum mir ein Stübchen gewann.

 

2.

Denn zwei Stunden wohl war ich gelaufen von einem zum andern,

Hatte mit Worten genug, fast mit den Fäusten gekriegt,

Bis ich den Käfig errang, der reinlich und heiter und still ist;

Hat er der Fliegen zuviel, hat er des Lichts doch genug.

 

3.

Neu ist begonnen der Krieg, ich nehm' ihn als frohe Bedeutung

Gerne des größeren an; Friede das klänge wie Tod:

Erst ein russischer Oberst, der wollte mich trotzig verdrängen,

Dann ein Kosakenmajor – Was ich erstritten, blieb mein!

 

4.

Ist denn Stillstand, bleibt es auch still um mein einsames Häuschen,

Lass' ich das Leben so gehn – auch die Gedanken stehn still.

Zukunft, dich fraget nicht gern in solchen Zeiten die Seele;

Darum, Vergangenheit, komm! Sei mir, Erinnrung, gegrüßt!

 

5.

Als man sechzig und neun zu siebzehnhundert geschrieben

Nach unsers Herrn Geburt, sah ich das Licht dieser Welt,

Hinter dem Korsen vier Monde, dem auch dies Quartier ich verdanke;

Anderswo säß' ich gewiß, trieb' er nicht also die Welt.

 

6.

Fröhliche Zeit! Es war der zweite heilige Christtag,

Als meinem Vater die Post scholl: Noch ein Knäbchen ist da!

Glückliche Zeit! Es war die sechste Stunde des Abends,

Wo in der südlichen Welt alles zur Wonne sich schickt.

 

7.

Himmlischer Vater, o nimm den Dank für das selige Leben!

Zwar nicht Karneval stets, doch hat's der Masken genug

Und in den Masken der Freuden genug, und selbst in den Wechseln

Schwebt nicht dein liebender Geist immer als Spieler mit drein?

 

8.

Wo ich geboren bin? Am Ufer des Baltischen Meeres

Lullte die sausende Flut mich als mein Wiegenlied ein.

Sei mir, mütterlich Land, sei freundlich gegrüßet, o Rügen!

Liebliche Insel, wohin ewig die Liebe sich sehnt.

 

9.

Sei auch du mir gegrüßt, o Schoritz, am lustigen Busen

Stillerer Wellen, du Sitz, wo ich die Kindheit durchspielt!

Du auch, Dumsevitz; beide mit grünenden Hainen und Fluren

Und mit den Hügeln, die einst maß sich zu Bergen das Kind.

 

10.

Grüß' ich euch, grüßt' ich nicht auch die himmlischen Seelen der Liebe,

Freundliche Eltern, nicht euch eher als Land und als Meer?

Denn was Gutes ich bin, was Frohes ich Froher gefunden,

Habet des Dank! Denn von euch kam mir der Segen nächst Gott.

 

11.

Karnevalsgabe begrüßten mich einst die fröhlichen Menschen,

Mich als ein festliches Kind, Festliches dachten sie auch:

Daß ich würde Gespenster erschaun und Traumbilder deuten,

Und daß ein lustiger Sinn würde sich helfen hindurch.

 

12.

Auch um den Namen war Streit, als wäre das Kleine was Großes:

Ernst, rief die Mutter, er heißt Philipp, klang, Vater, dein Wort.

Mutter, du siegtest, auch hat das Geschick in dem Ernst mir der schweren

Vollen Bedeutung genug, oft fast zu viel gelegt.

 

13.

Und ich spielte zwölf Jahre und lernte mit fröhlichem Mute,

Worin uns Himmel und Meer, Hügel und Tal unterweist,

Wodurch der fabelnde Mund der Mutter, der fromme des Vaters

Lehren, was künftig wird sein, weil es das Ewige ist.

 

14.

Dann kamen Meister des Wissens, es schwebten fünf andere Jahre

Leichter als Träume dahin – o die glückselige Zeit!

Und es rühmten mich alle die Meister, mich lobten die Eltern,

Und bei den Nachbarn selbst hieß ich ein sittiges Kind.

 

15.

Darauf die feurige Zeit, wo heiß zwischen Schmerzen und Freuden

Kindheit und Jugend sich trennt und der Gedanke beginnt.

Was gedenk' ich hartseliger Kämpfe und schlafloser Nächte?

Was meiner Tage voll Mühn, Mühen, die selber ich schuf?

 

16.

Was ich wollte, das wußte ich nicht und weiß es auch heut kaum,

Doch ich vollbrachte mit Ernst, was mir der Busen gebot:

Trotz war mein herber Gesell, und eiserner Stolz war mein Wächter,

Mann sein mein höchstes Gefühl – Würdest du so doch, Mann!

 

17.

Und es ging mir die Liebe vorbei, die Wollust, die Freude

Manchen mühseligen Tag, manche durchkämpfte Nacht,

Und ich erschuf nichts, erfand nichts, empfand kaum, was ich empfunden,

Dachte kaum, was ich gedacht, schien nur von Träumen ein Traum.

 

18.

So flohen wieder neun Jahre dahin – o nein! Wie Soldaten

Gleichen geschlossenen Schritts zogen sie langsam dahin,

Wo nicht die Jugend zuweilen dazwischen ein lustiges Spiel trieb,

Doch ward ihr jegliches Spiel bei mir gebührlich gebüßt.

 

19.

Denk' ich nun alles zurück, so kann ich nicht traurig, nicht froh sein:

Gott hat es also gewollt, darum auch mußt' ich es tun.

Will ich mir's deuten, ich weiß, die eigene Deutung wird Torheit,

Bleib' es denn Rätsel, wie selbst, Leben, ein Rätsel du bist.

 

20.

Träumend so naht' ich dem dreißigsten Lenz um wenige Jahre,

Als wie die Nacht vor dem Blitz plötzlich das Dunkel mir wich,

Als mir ein Saitenspiel klang durch alle Nerven des Busens,

Durch jeden Porus ein Strahl leuchtete göttlichen Lichts.

 

21.

Das war Leben, das zweite, das rechte Leben im Aufgang,

Das war Liebe, sie ist ja mit dem Leben nur eins.

Und ich fühlte den Mann und träumte die mannlichen Dinge,

Doch wie ich selber ein Mann wurde, das dacht' ich nicht mehr.

 

22.

Gleichwie die Schwinge des Vogels der Morgenröte entgegen

Trägt das fröhliche Herz, trägt den hellen Gesang,

Wiegt' ich auf fröhlichen Fittichen auch mich hin durch die Lüfte,

Und wie mit Äther gefüllt schwoll mir die selige Brust.

 

23.

Und nun riß mich der Gott, der mutig mich weckte zur Freude,

Frisch in das Leben hinein, Hoffnung und Glaube ging mit;

Und ich beschaute die Städte und Länder und Sitten der Menschen,

Hatt' ich ja lange genug einsam mich selbst nur beschaut.

 

24.

Und nun ward mir's hell um die Augen, die drinnen und draußen

Schaun das lebendige All, schauen den ewigen Gott,

Und es deuchte mir alles, als hätt' ich es längst schon erkundet,

Und ich sprach bei mir selbst: Wunder! Was ist denn der Mensch?

 

25.

Und ich fiel in den Staub und reckte die Hände gen Himmel:

Sieh mich! Hier kniet vor dir dankend ein glücklicher Mensch,

Was ich mit Arbeit gesucht in langer Zeit und nicht funden,

Gibst du mir, gnädiger Gott, jetzund auf einmal von selbst.

 

26.

Darauf drückt' ich ein Weib mir lieb an den liebenden Busen,

Und ich freute der Lust, freute der Liebe mich sehr,

Und ich pries die Gestirne, die seligen, droben am Himmel,

Und was auf Erden so schön sprießt und grünet und blüht.

 

27.

Und ich dachte: Nun rollet nur hin und kehret nicht wieder,

Jahre! Du, Leben, so mit! Kehre auch du nicht zurück!

Denn das Unsterbliche hatt' ich und hab' ich und werde es haben.

Mutig, ihr Götter! Nun blitzt! Schon bin ich Blitzen zu hoch!

 

28.

Und sie blitzten – es sank mein zärtliches Weib in die Grube,

Schlummert den schweigenden Schlaf lange mit Schlafenden schon.

Sie entschlief, als den Sohn sie geboren, die herrliche Gabe,

An seinem neunten Tag ward sie als Leiche beklagt.

 

29.

Und ich grämte mich sehr und weinte Monden und Jahre,

Doch mit dem Lichte hinfort ging auch durch Trauer mein Pfad,

Denn ich hatte die Götter gesehn, den Himmel empfunden,

Über die Blitze hinaus hatt' ich mein Leben geführt.

 

30.

Und nun kam mir die zweite, die tiefere, stillere Schwermut,

Kam mir ein höherer Traum, welcher mich nimmer verläßt.

O sein Dasein ist süß, jetzt seh' ich Gespenster und Geister,

Nebel steht dick in dem Tal, doch auf den Bergen ist Glanz.

 

31.

Und ich war rüstig in Gram und tapfer in männlichen Tränen,

Und ein beweglicher Stahl schmolz sich mir weich um die Brust,

Mühe ward fröhliches Spiel und Arbeit lächelnde Freude,

Leben und Schicksal zugleich sah ich in Liebe verklärt.

 

32.

Jetzt erst lernt' ich, was hell durch alle Geschichten erklinget,

Jetzt erst sah ich dein Bild, männliche Tugend, enthüllt:

Wofür Herkules drang durch Plagen und Kämpfe zu Göttern,

Wofür Hermann sein Schwert bergender Scheide entriß.

 

33.

Und ich tat ihn, den Schwur der höchsten, heiligsten Liebe,

Legte die Hand auf das Herz, wandte zum Himmel den Blick,

Nie zu vergessen das Land, wo Ja einst Eide gegolten,

 

Nie zu vergessen den Glanz, der auf Germanien ruht.

 

34.

Denn nach traurigem Schlaf, der trübliche Jahre verdämmert,

Weckte in Wetter und Sturm Gott der Gewaltige uns;

Daß wir wieder gedächten der glorreichen Ehren der Väter,

Hob sich ein wilder Tyrann, Geißel des Himmels, empor.

 

35.

Wütend hat er die Völker von Kriegen zu Kriegen getrieben,

Mischend den höllischen Trug schlau mit dem himmlischen Schein,

Hat er die Menschensitze, die Menschengedanken erschüttert,

Bis aus dem wüsten Gewirr herrliche Freiheit erblüht.

 

36.

Ja sie wird blühen, so klingt's von Gott mir innerst im Busen,

Liegen im Staube wird bald Lügen und Lügengezücht,

Stehen wird wieder Germaniens Kraft in Ehren und Waffen,

Wann mit dem modernden Schutt weichliche Schande versank.

 

37.

Dies hat hell mir geklungen, dies hab' ich gesehnt und getrauet,

Flüchtling zu Wasser und Land, Flüchtling in Not und Gefahr,

Hiefür hab' ich am Mälare oft, am Strande der Newa

Nächtlicher Beter zum Licht flehende Hände gestreckt.

 

38.

Hiefür hab' ich die Segel den trügrischen Winden gespannet,

Habe mit Rädern den Staub fernester Straßen erregt,

Hiefür sitz' ich nun hier im engen, einsamen Stübchen. –

Dank dir, allmächtiger Gott, für den allmächtigen Zorn!

 

39.

Denn die Räder der Seele, sie rollen in herrlichen Kreisen,

Und in die Segel der Brust brauset ein mutiger Wind,

Daß ich mag sagen: Glückseliger Mann, der solches empfunden!

Denn wer nicht liebet und haßt, lebt den erbärmlichsten Tod.

 

40.

Still steht das Leben, es steht der Zorn der Männer gefesselt,

Und durch der Könige Wort ruhet das Eisen der Schlacht.

Ich auch sitz' hier in Engen, an Reichenbachs bröcklichte Mauer

Lehnt sich das Häuschen, wo Streit kaum mir ein Stübchen gewann.

 

41.

Bin ich nicht glücklich? Das Rad Fortunens, das auf und hinab mich

Also gerollt bis hieher, rollt ja den Größten auch so.

Gab nicht auch das mir die Zeit, die Feigen nur Großes genommen,

Daß ich die Nichtigkeit ganz fühle bis tief in ihr Nichts?

 

42.

Bin ich nicht glücklich? Wie stehn in Kraft die mächtigen Berge

Fern in dem dämmernden Blau, Lehrer des Ewigen, da!

Scheint nicht freundlich der Mond, der liebende Hort, durch mein Fenster?

Leuchten die Sterne nicht lieb hier wie im Königspalast?

 

43.

Bin ich nicht glücklich? Ich lernte durch Not das meiste entbehren,

Doch was mein Busen geliebt, hab' ich mir nimmer versagt;

Da bin ich Königen gleich und Kaisern, die Herrlichstes wagen,

Da steht mein herrischer Thron fester gebaut als Demant.

 

44.

Bin ich nicht glücklich? Ich halte die grünende, bräutliche Hoffnung,

Nehme sie stolzen Vertrauns mit mir hinab in das Grab:

Siegen wird Wahrheit und Recht und fallen die prunkende Lüge –

 

O ich glückseliger Mann! Solches hat Not nicht gelehrt.

 

45.

Solches hast du mir gelehrt, du Walter auf himmlischen Höhen,

Solches erlauscht' ich von dir, wehender, liebender Geist,

Welcher die Sterne durchweht, die Brüste der Menschen durchleuchtet,

Dir muß ich knien – Gebet, werde ein jauchzendes Lied!

 

46.

Bin ich nicht glücklich? Auch selbst wenn der Kampf, den wir ritterlich streiten,

Mich mit den Besten zugleich risse hinweg von der Bahn?

Diese Glückseligkeit steht Tyrannen nimmer erreichlich,

Nur zu der Hölle hinab recken sie mordisch die Hand.

 

47.

Seh' ich nicht leuchten das Rot der herrlichen Zukunft der Zeiten?

Grünt mit der Jugend der Welt nicht auch die meinige frisch?

Zahlt für des zwanzigsten Jahrs und dreißigsten Jahres Entbehrung,

Gnädige Götter, den Zins ihr nicht im vierzigsten reich?

 

48.

Blüht mir die Blume der Lust nicht lieblich in himmlischen Träumen,

Wie sie im sechzehnten Jahr kaum aus der Knospe geblüht?

Schlingt um das dünnere Haar die Liebe nicht leuchtende Rosen,

Jene, die stolzer besitzt, weil sie Besitzes entbehrt?

 

49.

So, ihr Höchsten, erfüllt ihr jeglichem, was ihr gelobet,

Liebe hält ewig ihr Wort, Liebe und Glaube, die zwei:

Fasse, Pygmalion, brünstig den Stein und hauche die Seele

Immer und immer darein – Sieh! Er erwacht zu Gefühl.

 

50.

Sei mir denn, niedriges Häuschen, gegrüßt und bröckelnde Mauer!

Auch wenn du bröckelst, Glück, welches dem Pöbel gefällt!

Siehe, ich rufe den Mond zum Zeugen und alle Gestirne,

Daß ich kein anderes Los wahrlich mir wünsche denn meins.

 

51.

Rollt denn, ihr Räder, die weiter mich tragt, und flattert, ihr Segel!

Glaube und Liebe sind mit, Zorn fliegt fröhlich voran,

Vaterland klinget der Ruf, die Freiheit schwebt wie ein Engel,

Schwingend den leuchtenden Kranz, über der staubigen Bahn.

 

Lebenstraum der Künftigen gemalt zu Reichenbach im Sommer

 

1813.

 

Still hält der Wagen, es stehn die Gedanken im rollenden Leben

Mit ihm still und erbaun flugs sich ein freundliches Nest,

Sich und der Liebe ein Nest, von längst verschienenen Jahren

Einen anmutigen Traum, welcher noch immer sich träumt.

So ist das Herz, im Getümmel begehrt es der friedlichen Stille,

Und aus der Stille sogleich will es ins Wilde hinaus.

Wohl erkenn' ich hierin das wechselnde Schicksal der Menschen,

Wohl erkenn' ich hierin, wie es mir selbst ergeht.

Schon ist der Mittag des Lebens im Wechsel von Freuden und Leiden

Näher dem Untergang mir über die Scheitel gerollt,

Und von dem eignen Gemüt, von dem, was Gott aus der Höh' schickt,

Ward über Land, über Meer vielfach getrieben mein Lauf.

Doch der Wagen hält still, flugs kommt mir Sehnsucht und Liebe

Und noch mit ihnen ein Bild, welches mich nimmer verläßt.

Haltet, Gedanken, denn still und lasset ein Hüttchen uns bauen,

Reinlich und dicht und bequem, sicher wie niedriges Glück.

Wohin ziehen wir, Liebling? Wohin? Zur Insel der Heimat?

Oder zum heiligen Rhein? Rede! Was liebest du meist?

Liebster, antwortest du mir, wie kann ich Unkundige wählen?

Schildre die Orte und dann frage dein Liebchen zuletzt;

Oder erwähle du selbst: denn baust du das Häuschen in Wüsten,

Wird es mir wahrlich mit dir doch der glückseligste Ort.

Also zur Insel der Heimat zuerst – du liebliches Rügen,

Was meine Seele nur spinnt, knüpfet sie immer an dich,

Freundliches Eiland im Meer voll frommer und gastlicher Menschen,

Voll auch der Schönheit, die Gott über die Fluren gestreut.

Hier an dem fernsten Gebirg' der östlichen Marken von Deutschland

Grüß' ich die glückliche Zeit, die schon Vergangenheit heißt,

Jedes anmutige Tal und jedes umbrauste Gestade,

Jeglichen Hügel und Busch, wo ich als Knabe gespielt,

Über mir hebt aus dem Dunst der blauen Dämmrung der Riese,

Welcher die Berge benennt, glänzend den Gipfel voll Schnee,

Aber ihn sehe ich nur, euch fühl' ich mit Herzen und Seele,

Ferne Gestade, wohin ewig die Sehnsucht entfliegt.

Jetzt sind wir angekommen. – Es steigt in Mitte der größern

Insel ein Inselchen auf, stiller von Fluten umspielt;

Pulitz heißt es, es war die Liebe des sehnenden Jünglings,

Und wie ein seliger Traum schwebt es dem Manne noch vor.

Süß ist das Eiland, geschirmt durch Höhen und Wälder vor Stürmen,

Schauet es über das Land, über die Küsten hinaus

Fern auf das wogende Meer, wo Schiffe wie reisende Vögel

Glänzender Fittiche Flug spreiten dem hauchenden Wind.

Aus dem Eden hinaus wie traulich schaut sich's ins Wilde!

Aus der geschirmten Hut in die umbrauste Gefahr!

Siehe, ein grünes Juwel, vom Silber der Fluten umgossen,

Funkelt es hell wie das Licht, bräutlich und jugendlich schön.

Und wir bauen das Häuschen uns hin, das Nestchen der Liebe,

Reinlich und dicht und bequem, sicher wie niedriges Glück,

Hart am Haine der Eichen, der heiligen Bäume der Freiheit,

Wo sich zum Süden hinab sanfter das Inselchen neigt.

Da erfasset uns nie der Samum des Landes, der Ostwind,

Beißet der Nord uns nicht scharf, wann er mit Flocken erbraust.

Bald ergrünet daran ein Gärtchen voll lustiger Bäume,

Wenige Jahre, so schwillt schon an den Zweigen die Frucht;

Früher umzieht deine Hand das freundliche Häuschen mit Blumen,

Unter den bunten erblühst, Blume der Blumen, du selbst.

Dies ist gemacht für die Lust, die spielend auf kindlichen Schwingen

Gleich einem Vögelchen gern tändelt dem Neste zunächst.

Treibet uns höherer Ernst und tiefere Wehmut und Liebe,

Rauschen die Eichen nicht fern und der beschattende Hain,

Welche zum Himmel empor mit ahnenden Seelen entwehen,

Welche wie Geistergespräch lispeln in Stille der Nacht,

Welche das süße Geheimnis bedecken errötender Küsse

Und das Geflüster, das hold säuselt wie Taubengegirr.

Oder es locken die spielenden Wellen die spielenden Seelen

Oft ans Gestade hinaus, und auf der rollenden Flut

Wiegen die Geister sich fort, sehnsüchtige Geister der Liebe,

Und an das klopfende Herz sinkt mir mein liebendes Weib.

Öfter noch lockt uns die Nacht zur seligen Feier der Sterne,

Und in den himmlischen Glanz müssen wir brünstig hinaus:

Daß uns der Wonnen so viel' der Geber des Guten beschieden,

Knien in Demut wir hin, Schweigen ist höchstes Gebet.

 

Willst du das Nützliche sehn, des gern der Mensch sich erfreuet

Und gespeiset von Gott dankende Hände erhebt,

Wandeln wir hin durch die Felder, die mäßigen Umfangs der Ähren

Uns und dem Kindlein genug tragen und kleinem Gesind';

Oder auch lustiger noch durchstreifen wir blumige Wiesen,

Wo uns die Herde der Hirt treibt entgegen dem Pfad;

Oder noch, wenn es dem Liebchen gefällt und linde die Luft geht,

Stoßen den Nachen wir ab hoch auf die wallende Flut,

Werfen das Netz nach dem Barsch und stellen dem Aale die Reusen,

Ködern die Angel dem Hecht, spießen bei Fackeln ihn auf.

Herbstlich auch bahnen wir uns mit schneidenden Messern die Steige

Labyrinthischen Laufs rings durch das Wäldchen hindurch,

Stellen die Schlingen mit Beeren drin auf den reisenden Vögeln;

So wird der Köchin in Not öfter ein Braten beschert.

 

Nun, was meinest du? Ist dies Leben nicht Freude und Liebe?

Sind nicht der Gaben von Gott, sind nicht der Wonnen so viel?

Nimmer welket noch altet das Herz, das Gott und Natur liebt,

Aber das Herz nur, das liebt, weiß auch von Gott und Natur.

 

Liebliches Pulitz, du hast im Frühling Lieder der Schwäne,

Die sich in lenziger Lust sammeln ringsum auf der Flut,

Liebliches Pulitz, du hast der Nachtigall Wundergesänge,

Hast den erhabnen Gesang immer, der brauset vom Meer:

Wohl ein Nestchen der Liebe, die einsam gerne und still wohnt,

Wohl für die Unschuld ein Sitz, welcher der Lärm nicht gefällt.

Doch bedarf der gesellige Mensch zuweilen des Menschen,

Doch bedarf er zu gehn aus ihm selber heraus.

Siehe, wir schirren den Wagen uns an und suchen uns Menschen,

Suchen auf andrer Flur andres Gesicht und Gefühl.

 

Herrlich raget nicht fern der Rugard, das Auge des Landes,

Wo in verdämmerter Zeit weiland die Herrscher gethront,

Bergen, das Städtchen daran, bewohnt von gastlichen Menschen,

Wo uns der redlichste Freund, wo uns der Bruder begrüßt;

Putbus im grünenden Schmuck der prangenden Hügel und Haine

Und der anmutige Vilm sind nur zwei Stunden von uns:

O der Vilm, das liebe und süße Gedächtnis der Kindheit!

Wann die Mutter mit uns abendlich trat an das Meer,

Wo ich geboren bin, zu Schoritz, der freundlichen Stelle,

Wies sie uns fern in der Flut seinen hochschimmernden Hain.

 

Wollen wir weitere Fahrt, so winken uns Gräber der Helden,

Gräber der Väter, die ernst mahnen an frühere Zeit,

Mahnen an tapfere Männer, die Freiheit mit Eisen beschirmten,

Die in dem Handschlag die Treu' trugen, im Schwerte die Macht.

Siehe, du findest sie rings auf der Insel, die Mäler der Vorzeit,

Jenes Gigantengeschlechts, welches die Zwerge erstaunt,

Magst du in Krakows Hain im Schauer der Gräber wandeln

Oder beim heitern Rambin sehen die Hügel getürmt,

Mag dich auf Patzigs Höhn, auf Ossians Campischen Heiden

Wehmut der nichtigen Zeit, worin du atmest, umwehn.

Locket dich weiter der Trieb, wir schaun das reizende Mönchgut,

Paradiesischen Sitz mitten in brausender Flut,

Schauen das fruchtbare Land, wo ragt die alte Arkona,

Wo den Fürsten der See türmten Genossen das Grab.

Segeln nach Hiddensee, der Heimat friedlicher Menschen,

Welche auf stürmischem Meer stellen den Fischen den Tod,

Weiterhin lockt uns der Hain, der schauerlich düster den See1 schwärzt,

Den mit dem Kühegespann Hertha, die Göttin, befuhr, –

Wo von der Stubbenkammer herab der Blick auf dem Meere

Zahllose Segel erspäht, weißes Geflügel der See,

Wo sich die hohe Natur ein ewiges Denkmal gegründet,

Königstuhl nennt es das Volk, weil sich der König der Welt,

Weil sich der Mensch, im Graun von Himmel und Erde versinkend,

Aus der Anbetungen Staub fliegend zu Sternen erhebt.

So hat der himmlische Vater uns gnug des Glücks und der Schönheit

Hier mit dem lustigen Saum rauschender Wogen umfaßt;

So verrollt sich im wechselnden Tanz der blühenden Horen

Fröhlich das Leben, doch rollt nimmer die Liebe sich ab.

 

Wählst du das Eiland, sprich, das Stillen geziemt und Zufriednen?

Oder gefällt es dir mehr, wo es lebendiger ist?

Dann komm mit mir zum Rhein, zum heiligen Strom der Germanen,

Wo an den Ufern der Glanz blühender Reben sich hebt,

 

Wo sich mit lichterem Blau ein milderer Himmel erwölbet,

Wo sich ein reges Geschlecht fröhlicher Menschen bewegt.

Dort ein Hüttchen gebaut, von grünenden Ranken umwunden,

Wovon der Weinstock oft Trauben ins Fenster dir senkt;

Dort uns Bäume gepflanzt und duftige Blumen gepfleget,

Dunklere Lauben gewölbt, welche der Mond nur durchscheint,

Welche die Nachtigall sucht für einsame Klagen des Abends:

Mond und Nachtigall sind liebenden Seelen vertraut.

 

O der zu glückliche Traum! Schon hör' ich's trommeln und blasen:

Das klingt Reise und Krieg, selige Stille, fahr wohl!

Her rollt der Wagen, es fliegen dahin die frommen Gedanken,

Alles wird wild um mich her, alles wird wilder in mir;

Sausender rollt auch das Rad des Glückes heute denn jemals

Hin auf dem schlüpfrigen Pfad ewig begossen mit Blut.

O der zu glückliche Traum! Wo fänden wir trauliche Stätte,

Welche nicht Schrecken und Wut mordischer Waffen umtost?

Dienstbar trauert der Rhein, der heilige Strom der Germanen,

Und auch mein heimisches Land heißet noch heute nicht frei;

Rings tobt Trug und Gewalt, ein grimmer Tyrann schwingt die Geißel,

Könige stehen gebückt, staunend gehorchet das Volk.

 

Hat wohl dein liebender Freund, wohin er das Haupt mag legen,

Flüchtig, geächtet, weil Recht besser als Lug ihm gefiel?

Findet er jemals die Ruh'? Die Ruh' des engeren Lebens?

Findet er jemals die Ruh' träumender Sehnsucht mit dir?

Sicher ist nichts, kein Thron und Palast, kein Berg und kein Eiland,

Sicher ist nichts als allein, was nicht Besitzes bedarf.

Dies laß uns halten, was tief im innersten Busen uns brennet,

Dies, was mit kühner Gewalt ferneste Fernen verknüpft.

Siehe! Das Häuschen, es steht, die Laube grünt und der Garten,

Mondstrahl schimmert darauf, Nachtigall klinget darin –

Erde vergeht, und Irdisches flieht, o laß uns den Busen

Dehnen zum himmlischen Raum, welcher es alles umfaßt.

Fußnoten

 

1 Wo Hertha fuhr, soll die Geschichte wohl schweigen; die Fabel hat sie auch in diesen prächtigen Buchenhain hingespielt.

 

 

Der Freudenklang

1813.

 

Durch Deutschland flog ein heller Klang

Vom Süden bis zum Norden,

Ein Ehrenklang, ein Freiheitsklang

Ist laut geklungen worden:

Der Wütrich ist gefallen,

Durch Gott den Herrn gefallen,

Mit seinen Henkerhorden.

 

Drum auf, ihr Männer! Auf ins Feld!

Drum auf, ihr deutschen Brüder!

Die Bösen hat der Herr gefällt,

Ihr Glück ersteht nicht wieder –

Drum auf mit Jubelschalle!

Und ruft und schwöret alle:

Wir sind und bleiben Brüder.

 

Nicht Bayern und nicht Sachsen mehr,

Nicht Östreich und nicht Preußen,

Ein Land, ein Volk, ein Herz, ein Heer,

Wir wollen Deutsche heißen;

Als echte deutsche Brüder

Haun wir die Räuber nieder,

Die unsre Ehr' zerreißen.

 

In gleicher Liebe fest und treu,

In einem Bund geschlossen,

Ihr Welschen, ziehen wir herbei

Mit Männern und mit Rossen:

Wie Herbstesstürme brausen

Und wilde Meere sausen,

So kommen wir geflossen.

 

So kommen wir, so brausen wir

Und schwören rote Rache,

Und Gott der Herr ist mit uns hier

Und hält die gute Sache;

Der Herr der Himmelsscharen

Wird Recht und Licht bewahren,

Vor ihm erliegt der Drache.

 

Mit diesem Glauben ziehn wir aus

Als rechte deutsche Brüder,

In Deutschland stand der Freiheit Haus,

Wir baun es tapfer wieder,

In Fahr und Todesflammen

Wir baun es kühn zusammen,

Kein Teufel reißt es nieder.

Einladung zum Tanz

 

1813.

 

Das Schwert ist gefeget,

Der Säbel ist blank,

Der Speer ist umleget

Mit Stahl breit und lang,

Der Mut ist gewetzet,

Das Herz sich erletzet

Mit Trommeln und Pfeifen

Im kriegrischen Klang.

 

Nun her, ihr Franzosen!

Hieher in das Feld!

Hier tanzet auf Rosen!

Musik ist bestellt;

Schon klingen die Saiten

Des Reigens von weitem;

Versuchet, wer heute

Den Vortanz erhält.

 

Die Braut heißet Ehre,

Sie führet den Tanz

Und schreitet dem Heere

Voran mit dem Kranz;

Sie mahnet zur Rache

Für heilige Sache

Und hat ihn gefärbet

Mit blutigem Glanz.

 

Das Brautmädchen springet

So tapfer daher,

Heißt Freiheit und schwinget

Den mächtigen Speer;

Sie kann nicht erbleichen,

Auf Trümmern und Leichen

Da führt sie als Heldin

Das vorderste Heer.

 

Drum frisch, Kameraden!

Wer greifet den Kranz?

Seid alle geladen

Zum Spiel und zum Tanz;

Die Trommeln erklingen,

Die Fahnen sich schwingen –

Juchheisa! Juchheisa!

Zum lustigen Tanz!

Gottes Gericht

 

1813.

 

Es wirbeln die Trommeln: Heraus! Heraus!

Der Feind ist vergangen mit Mann und Maus,

Da liegt er zerschmettert durch Gottes Hand,

Und seine Gebeine bedeckt kein Sand.

 

Die Raben, sie krächzen, die Krähen sind laut,

Der Winter hat Brücken von Eis gebaut,

Der Hunger ist bitter und tief der Schnee –

Was will das bedeuten? O weh! O weh!

 

Vierhundertmaltausend zu Roß und Fuß

Gingen über die Weichsel, den Niemenfluß,

Vierhundertmaltausend – o welch ein Heer!

Gott hat sie zerstört und der Russen Wehr.

 

Napoleon hat auf den Teufel gebaut,

Alexander der Kaiser hat Gott vertraut,

Die Franzen verehrten Wollust und Geiz,

Die Russen verehrten das heilige Kreuz.

 

Die Franzen, sie prahlten im trotzigen Mut,

Die Russen, sie brannten von frommer Glut,

Die Franzen, sie stritten für Lug und Wind,

Die Russen, sie stritten für Weib und Kind.

 

Drum wurden die Franzen wie Sand verweht,

Wann Sturmwind hinunter-, hinübergeht;

Ihr Grab ist das Wasser, der Schnee ihr Bett,

Sie machen die Wölfe und Raben fett.

 

Es wirbeln die Trommeln: Heraus! Heraus!

Zum Kriege der Rache ins Feld hinaus!

Die Franzen sie fliehen! Frisch hinterdrein!

Wer wollte wohl heute der letzte sein?

 

Auf! Frische Gesellen! Und greift die Wehr!

Auf! Über die schnöden Banditen her!

Färbt Lanzen und Schwerter im Blute rot

Und schlaget die Schelmenfranzosen tot.

 

So hetzet sie munter zum Rhein, zum Rhein,

Und über den Rhein und über den Rhein;

Wo Worte der Treue der Deutsche spricht,

Da wohne französische Lüge nicht.

 

Die Raben sie krächzen, die Krähen sind laut,

Der Winter hat Brücken von Eis gebaut,

Der Hunger ist bitter und tief der Schnee –

Was will das bedeuten? O weh! O weh!

Wer ist ein Mann?

 

1813.

 

Wer ist ein Mann? Wer beten kann

Und Gott dem Herrn vertraut;

Wann alles bricht, er zaget nicht:

Dem Frommen nimmer graut.

 

Wer ist ein Mann? Wer glauben kann

Inbrünstig, wahr und frei;

Denn diese Wehr bricht nimmermehr,

Sie bricht kein Mensch inzwei.

 

Wer ist ein Mann? Wer lieben kann

Von Herzen fromm und warm:

Die heil'ge Glut gibt hohen Mut

Und stärkt mit Stahl den Arm.

 

Dies ist der Mann, der streiten kann

Für Weib und liebes Kind;

Der kalten Brust fehlt Kraft und Lust,

Und ihre Tat wird Wind.

 

Dies ist der Mann, der sterben kann

Für Freiheit, Pflicht und Recht:

Dem frommen Mut deucht alles gut,

Es geht ihm nimmer schlecht.

 

Dies ist der Mann, der sterben kann

Für Gott und Vaterland,

Er läßt nicht ab bis an das Grab

Mit Herz und Mund und Hand.

 

So, deutscher Mann, so, freier Mann,

Mit Gott dem Herrn zum Krieg!

Denn Gott allein kann Helfer sein,

Von Gott kommt Glück und Sieg.

Die Leipziger Schlacht

 

1813.

 

Wo kommst du her in dem roten Kleid

Und färbst das Gras auf dem grünen Plan?

Ich komm' aus blutigem Männerstreit,

Ich komme rot von der Ehrenbahn.

Wir haben die blutige Schlacht geschlagen,

Drob müssen die Mütter und Bräute klagen,

Da ward ich so rot.

 

Sag' an, Gesell, und verkünde mir,

Wie heißt das Land, wo ihr schlugt die Schlacht?

Bei Leipzig trauert das Mordrevier,

Das manches Auge voll Tränen macht,

Da flogen die Kugeln wie Winterflocken,

Und Tausenden mußte der Atem stocken

Bei Leipzig der Stadt.

 

Wie heißen, die zogen ins Todesfeld

Und ließen fliegende Banner aus?

Es kamen Völker aus aller Welt,

Die zogen gegen die Franzosen aus,

Die Russen, die Schweden, die tapfern Preußen

Und die nach dem glorreichen Östreich heißen,

Die zogen all aus.

 

Wem ward der Sieg in dem harten Streit,

Wem ward der Preis mit der Eisenhand?

Die Welschen hat Gott wie die Spreu zerstreut,

Die Welschen hat Gott verweht wie den Sand;

Viele Tausende decken den grünen Rasen,

Die Übriggebliebnen entflohen wie Hasen,

Napoleon mit.

 

Nimm Gottes Lohn! Habe Dank, Gesell!

Das war ein Klang, der das Herz erfreut!

Das klang wie himmlische Zimbeln hell,

Habe Dank der Mär von dem blutigen Streit!

Laß Witwen und Bräute die Toten klagen,

Wir singen noch fröhlich in spätesten Tagen

Die Leipziger Schlacht.

 

O Leipzig, freundliche Lindenstadt,

Dir ward ein leuchtendes Ehrenmal:

Solange rollet der Jahre Rad,

Solange scheinet der Sonnenstrahl,

Solange die Ströme zum Meere reisen,

Wird noch der späteste Enkel preisen

Die Leipziger Schlacht.

Der tapfre König von Preutzen

 

1813.

 

Der König von Preußen zieht reisig aus

Mit dreimalhunderttausend Mann.

Sie sehen so lustig und freudig aus,

Daß er die Welt wohl bezwingen kann;

Und wie zu dem Zuge die Trommel klingt,

Und wie in dem Zuge die Fahne wallt,

Einem jeden das Herz in dem Leibe springt,

Einem jeden der Mund nur von Freuden schallt!

Heididei! Dideldei! Dideldei! Dideldei!

Einem jeden der Mund nur von Freuden schallt.

 

Bei Lützen sie hielten die erste Schlacht,

Da blühten die Maiblumen blutigrot,

Da schläft wohl mancher, der nie erwacht,

Ein fauler Langschläfer ist der Tod.

Doch schliefen die Burschen gar lustig ein,

Ein jeder nahm drei der Franzosen mit –

Sie schlugen wie Donner und Wetter drein

Mit Sturmeswut und im Sturmesschritt:

Heididei! Dideldei! Heididei! Dideldei!

Mit Sturmeswut und im Sturmesschritt.

 

An der Katzbach auch hatt' es gar heißen Strauß,

Da jagte der Blücher den Macdonald,

Da rissen die Welschen wie Hasen aus,

Weil der alte Herr so gewaltig knallt';

Da deckten zehntausend den grünen Plan,

Und zwanzigtausend streckten's Gewehr,

Viele Tausende schwammen die nasse Bahn

Des Stromes als Leichen hinab zum Meer:

Heididei! Dideldei! Heididei! Dideldei!

Des Stromes als Leichen hinab zum Meer.

 

In Böhmen bei Kulm in den Bergeshöhn –

Hei vivat, mein König! Mein Siegesheld! –

Da hast du den giftigen Ratten schön

Die mordliche Falle gar fein gestellt.

Sie liefen mit gierigem Stolz hinein,

Der Rattenkönig Vandamme voran,

Bald klang's dir lustig von groß und klein:

Er hat sie gefangen mit Maus und Mann!

Heididei! Dideldei! Dideldei! Dideldei!

Er hat sie gefangen mit Maus und Mann.

 

Auch taten's deine Preußen bei Dennewitz,

Heididei! Dideldei! Dideldei! Dideldei!

Da mißte der Mareschall Ney den Witz

Und lief wie ein Toller Berlin vorbei.

Herr Marschall, Herr Marschall, wo wollt Ihr hin?

Gen Süden liegt nimmer die Königsstadt,

Gen Norden zu reiset Ihr nach Berlin!

Doch er hört nicht und läuft wie ein Wagenrad.

Heididei! Dideldei! Dideldei! Dideldei!

Doch er hört nicht und läuft wie ein Wagenrad.

 

Bei Leipzig sie hielten den letzten Tanz,

Der Franzosenkehraus der sollt' es sein.

Drei Tage ward getanzt, sie verspielten's ganz,

Achtzigtausend nur flohen lebendig zum Rhein,

Achtzigtausend von dreihunderttausend Mann,

Die übrigen tot und gefangen all.

Alle Welt lobt den König, den tapfern Mann,

Und der alte Blücher ward Feldmarschall:

Heididei! Dideldei! Dideldei! Dideldei!

Und der alte Blücher ward Feldmarschall.

 

Drum vivat der König von Preußen, der Held!

Drum vivat der Blücher, der Feldmarschall!

Sie säeten Kugeln wie Erbsen ins Feld

Und spielten zum Tanz mit Kanonenknall.

Auch vivat der Bursche, der flink hinterdrein

Frisch folgte dem König, dem Feldmarschall.

Bald singen wir Heidideldei! am Rhein

Und treiben nach Frankreich die Jagd mit Schall:

Heididei! Dideldei! Dideldei! Dideldei!

Und treiben nach Frankreich die Jagd mit Schall.

Das Lied vom Feldmarschall

 

1813.

 

Was blasen die Trompeten? Husaren, heraus!

Es reitet der Feldmarschall im fliegenden Saus,

Er reitet so freudig sein mutiges Pferd,

Er schwinget so schneidig sein blitzendes Schwert.

 

O schauet, wie ihm leuchten die Augen so klar!

O schauet, wie ihm wallet sein schneeweißes Haar!

So frisch blüht sein Alter wie greisender Wein,

Drum kann er Verwalter des Schlachtfeldes sein.

 

Der Mann ist er gewesen, als alles versank,

Der mutig auf gen Himmel den Degen noch schwang,

Da schwur er beim Eisen gar zornig und hart,

Den Welschen zu weisen die deutscheste Art.

 

Den Schwur hat er gehalten. Als Kriegsruf erklang,

Hei! wie der weiße Jüngling in 'n Sattel sich schwang,

Da ist er's gewesen, der Kehraus gemacht,

Mit eisernen Besen das Land rein gemacht.

 

Bei Lützen auf der Aue er hielt solchen Strauß,

Daß vielen tausend Welschen der Atem ging aus,

Daß Tausende liefen dort hasigen Lauf,

Zehntausend entschliefen, die nimmer wachen auf.

 

Am Wasser der Katzbach er's auch hat bewährt,

Da hat er den Franzosen das Schwimmen gelehrt:

Fahrt wohl, ihr Franzosen, zur Ostsee hinab!

Und nehmt, Ohnehosen, den Walfisch zum Grab.

 

Bei Wartburg an der Elbe wie fuhr er hindurch!

Da schirmte die Franzosen nicht Schanze noch Burg,

Da mußten sie springen wie Hasen übers Feld,

Hinterdrein ließ erklingen sein Hussa! der Held.

 

Bei Leipzig auf dem Plane, o herrliche Schlacht!

Da brach er den Franzosen das Glück und die Macht,

Da lagen sie sicher nach blutigem Fall,

Da ward der Herr Blücher ein Feldmarschall.

 

Drum blaset, ihr Trompeten! Husaren, heraus!

Du reite, Herr Feldmarschall, wie Winde im Saus!

Dem Siege entgegen, zum Rhein, übern Rhein!

Du tapferer Degen, in Frankreich hinein!

Das Lied vom heiligen deutschen Lande

 

1813.

 

Es klang von hohen Ehren

Ein heller Wunderklang,

Wie längst verschollne Mären

Er durch die Seelen drang,

Wie Wasser aus den Tiefen

Zum Himmel schäumend sprühn,

Wie Geister, welche schliefen,

Die Mitternacht durchziehn.

 

So faßt' es alle Herzen,

So klang's durch jede Brust,

Voll heißer Weheschmerzen,

Voll heißer Wonnelust;

Wie Menschen in Gewittern

Den Glanz des Höchsten sehn,

Mit Freude und mit Zittern

In seiner Macht vergehn.

 

Denn Gott, der alte Retter,

Der droben wandeln geht,

Erschien in Blitz und Wetter

In hehrer Majestät;

Als Richter wollt' er kommen

Herab vom Himmelreich,

Drum freut euch all ihr Frommen,

Ihr Frevler, werdet bleich.

 

Wer kann die Taten sprechen,

Die Gott der Herr getan,

Wodurch er Schanden brechen

Und Ehren lohnen kann?

Wer zählt die edlen Toten,

Die trotzig auf das Kreuz

Sich kühn zur Sühnung boten

Im süßen Himmelreiz?

 

Wer zählt die Wundertaten,

Die Preise mannigfalt,

Die also schön geraten

Durch Gottes Allgewalt?

Der Wahn ist nun zerstoben,

Zermalmt die Tyrannei,

Der Mensch blickt hin nach oben

Und jauchzet: Wir sind frei!

 

Das war der Klang der Ehren,

Das war die Wunderzeit,

Die, selig im Gebären,

Sich ihrer Wehen freut;

Das brauset in den Tiefen,

Das blitzt am Firmament,

Die Geister, welche schliefen,

Jetzt jedes Kind erkennt.

 

Sie schreiten schön gerüstet

Daher im Himmelschein,

Und jedes Herz gelüstet

In ihrer Schar zu sein;

So wie die Kindlein eigen

Der lieben Mutter sind,

Naht ihnen frommes Neigen

Ein jedes Menschenkind.

 

Der erste ist der Glaube,

Er trägt den Kreuzesbaum

Und blicket von dem Staube

Hinauf zum Sternenraum:

Hienieden ist sein Sehnen

Und seine Freude nicht,

Der Himmel nur lockt Tränen

Von seinem Angesicht.

 

Von allen Himmelsbräuten

Das allerschönste Kind

Geht Hoffnung ihm zur Seiten,

Gar lieblich, zart und lind:

Sie weiß nichts von der Erden

Noch von der Erdenfreud',

Will gern ein Engel werden

Und trägt ein grünes Kleid.

 

Die dritte heißt die Liebe,

Trägt einen Dornenstrauch

Und saugt mit süßem Triebe

Der roten Rosen Hauch:

Sie meldet, daß im Leide

Die höchste Wonne blüht,

Drum Wehmut mit der Freude

Ihr als Geleite zieht.

 

Es wandeln still und leise

Die Himmelsboten drei,

Gar hold ist ihre Weise

Wie Kinderspiel im Mai,

Sie spielen tausendfaltig

Dahin im Ernst und Scherz,

Daß Gottes Kraft gewaltig

Entflammt das Menschenherz.

 

Und mit Posaunenschalle

Ertost es durch die Welt:

Ihr Völker, kommet alle!

Gott führet an, der Held.

Hinein, hinein mit Freuden!

Hinein ins blut'ge Feld,

Für Recht und Licht zu streiten!

Gott führet an, der Held.

 

Du hast es wohl vernommen,

Mein heil'ges deutsches Land;

Du Vaterland der Frommen,

Nach Helden viel genannt,

Du zogst den kühnen Degen

Mit Gott für heil'gen Krieg,

Und über dir war Segen,

Und neben dir stand Sieg.

 

O Land der alten Treue!

Mein deutsches Vaterland!

Du hast des Himmels Weihe,

Du hast sein Unterpfand:

Halt fest mit starkem Sinne,

Was Gott der Herr dir gab,

Des Himmels reine Minne,

Die ist der Heere Stab,

 

Die ist der Heere Fahne,

Ihr Stahl und ihre Burg

Und ficht im hehren Wahne

Die Todesschlachten durch;

Die sei in allen Tagen

Im Frieden und im Streit

Dein Wollen und dein Wagen

Nun und in Ewigkeit.

Das Lied vom Stein

 

1814.

 

Wo zu des Rheines heil'gen Wogen

Die Lahn in bunten Ufern rauscht,

Da ist ein Adler aufgeflogen,

Der früh dem Sphärenklang gelauscht,

Der frühe in des Lichtes Wonne

Die junge Seele eingetaucht,

Den früh der goldne Reiz der Sonne

Mit stolzer Sehnsucht angehaucht.

 

Da saß er in dem Felsenneste,

Das seine Väter einst gebaut,

Da klang ihm auf der hohen Feste

Der grauen Vorzeit Wunderlaut:

Hei! Wie dem Jüngling von dem Klingen

Die Brust erschwoll im süßen Wahn!

Hei! Wie er oft geregt die Schwingen,

Als mäß' er schon die Sonnenbahn!

 

Drauf in das Leben ausgeflogen

Wie find't er alles anders gar!

Verfinstert hat den Himmelsbogen

Ein wüster Schwarm dem Sonnenaar,

Die Krähen und die Dohlen haben

Verhüllt des Lichtes goldnen Schein,

Und Eulen wollen gar und Raben

Herolde und Propheten sein.

 

Doch mitten in den Truggestalten

Schirmt ihn des Herzens fromme Scheu,

Er bleibt den himmlischen Gewalten

Des Jugendwahnes redlich treu,

Er winkt hinauf zur höchsten Ferne,

Hinab zum tiefsten Geisterort

Und spricht: »Die Götter und die Sterne

Sie halten ewig fest ihr Wort.

 

Ist gleich der Sonnenpfad der Väter

Vom schwarzen Pöbelschwarm verhüllt,

So brennt mir doch vom lichten Äther

In tiefster Brust ein Flammenbild;

Laß ewige Nacht das All bedecken,

Den Himmel tun den Höllenfall,

Die Seele zittert keinen Schrecken,

Sie trägt das All, sie ist das All.«

 

Heil dir, du Sohn vom Felsenneste!

Heil dir, du mutig Sonnenkind!

Der hohe Walter ob der Feste,

Er hat gesandt den Sausewind:

Die schwachen Flügel sind zerbrochen,

Dem Adler sind die Lüfte rein,

Das Nichts ist in sein Nichts gekrochen,

Der Tugend soll das Zepter sein!

 

Heil, fester Stein von festem Steine!

Heil, stolzer, freier, deutscher Mann!

Der in des Ruhmes Sonnenscheine

Vor aller Welt nun leuchten kann!

Zerschmettert liegt die Pöbelrotte,

Zerflogen ist der Knechte Wahn,

Und mit dem alten deutschen Gotte

Geht Ehre auf der Ehrenbahn.

 

Heil, fester Stein von festem Steine!

Heil Freiheit, Vaterland und Recht!

Sieh lange noch am deutschen Rheine

In Freuden blühen Teuts Geschlecht!

Sieh lange noch vom Sitz der Ahnen

Im schönsten Lebensabendschein

Die freien Enkel der Germanen,

Das freie Land, den freien Rhein!

Des Reisenden Abendlied

 

1814.

 

Gegangen ist das Sonnenlicht,

Still schweiget Feld und Hain,

Und hell am Firmamente bricht

Hervor der Sterne Schein,

Und hell aus stiller Seele blitzt

Ein wundersamer Strahl

Von dem, der ewig waltend sitzt

Im hohen Himmelssaal.

 

Wie wäre doch das Menschenkind

So elend, so allein,

Wenn nicht von oben zart und lind

Ihm käme dieser Schein?

Es wäre nichts als Trug und Wahn,

Ein zitternd Blatt am Baum,

Ein Körnlein Sand im Ozean,

Ein Traumbild fast vom Traum.

 

Das Leben wallt von Ort zu Ort,

Hat nimmer Ruh' noch Rast

Und treibt im wilden Fluge fort,

Geschnellt durch eigne Last;

Es brauset wie ein schäumend Meer,

Das keine Ufer kennt,

Und wirft uns Tropfen hin und her

Im wilden Element.

 

Drum komm, o du, der Frieden bringt,

O Gott, in stiller Nacht,

Wo hell die Engelglocke klingt

Bei goldner Sterne Pracht –

Komm, wirf den frommen Liebesstrahl

Mir warm ins arme Herz,

Und die Gedanken allzumal,

O zieh sie himmelwärts!

 

Drum komm mit deinem Engelheer,

Du Vater lieb und gut!

Du bist die einzig feste Wehr,

Die einzig sichre Hut;

Gar nichtig ist der Menschen Macht,

Die eitle Eitelkeit:

Was Gott bewacht, ist wohl bewacht

Hier und in Ewigkeit.

Rückblick

 

14. Dezember 1814.

 

Ja, weine nur und schau' zurück

In goldne Jugendferne,

Ja, suche nur das alte Glück,

Die alten hellen Sterne,

Den alten Lenz im Blütenkranz –

Was blieb von jener Wonne ganz?

Ach ferne! Ach ferne!

 

Wie hast du jenes edle Gut,

Das dir der Herr vertrauet,

So frische Kraft, so kühnen Mut

In Arbeit durchgebauet?

Auf! Vorgezeigt das Kapital,

Gemehret zehn- und hundertmal!

Dir grauet? Dir grauet?

 

Mir graut, und eine Träne fällt

Ins Saitenspiel des Lebens,

Wie sind die Töne weggeschnellt,

Die Klänge höchsten Strebens

In Träumerei und Narretei!

Und fernher tönt ein dumpfer Schrei:

Vergebens! Vergebens!

 

Vergebens! O vergebens! klingt

Es durch des Busens Saiten,

Und aus der Seele Tiefen singt

Der Spruch der Ewigkeiten:

»Knie nieder, Mensch, und werde klein!

Gott, der dich schuf, wird gnädig sein:

Beim Schreiten ist Gleiten.«

 

O frommer Spruch, wohl machst du klein

Und machst doch stark im Streiten;

So wandr' ich wohlgemut hinein,

Wo's schreiten gilt und gleiten.

Ein Spruch singt noch, und der macht frei:

»Gott ist dabei, Gott stehet bei

Im Schreiten, im Gleiten.«

Bundeslied

 

1815.

 

Sind wir vereint zur guten Stunde,

Wir starker, deutscher Männerchor,

So dringt aus jedem frohen Munde

Die Seele zum Gebet hervor:

Denn wir sind hier in ernsten Dingen

Mit hehrem, heiligem Gefühl;

Drum muß die volle Brust erklingen

Ein volles, helles Saitenspiel.

 

Wem soll der erste Dank erschallen?

Dem Gott, der groß und wunderbar

Aus langer Schande Nacht uns allen

In Flammen aufgegangen war,

Der unsrer Feinde Trotz zerblitzet,

Der unsre Kraft uns schön erneut

Und auf den Sternen waltend sitzet

Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

 

Wem soll der zweite Wunsch ertönen?

Des Vaterlandes Majestät!

Verderben allen, die es höhnen!

Glück dem, der mit ihm fällt und steht!

Es geh', durch Tugenden bewundert,

Geliebt durch Redlichkeit und Recht,

Stolz von Jahrhundert zu Jahrhundert,

An Kraft und Ehren ungeschwächt!

 

Das dritte, deutscher Männer Weide!

Am hellsten soll's geklungen sein!

Die Freiheit heißet deutsche Freude,

Die Freiheit führt den deutschen Reihn,

Für sie zu leben und zu sterben,

Das flammt durch jede deutsche Brust,

Für sie um großen Tod zu werben,

Ist deutsche Ehre, deutsche Lust.

 

Das vierte – Hebt zur hehren Weihe

Die Hände und die Herzen hoch! –

Es lebe alte deutsche Treue!

Es lebe deutscher Glaube hoch!

Mit diesen wollen wir's bestehen,

Sie sind des Bundes Schild und Hort:

Fürwahr es muß die Welt vergehen,

Vergeht das feste Männerwort.

 

Rückt dichter in der heil'gen Runde

Und klingt den letzten Jubelklang!

Von Herz zu Herz, von Mund zu Munde

Erbrause freudig der Gesang!

Das Wort, das unsern Bund geschürzet,

Das Heil, das uns kein Teufel raubt

Und kein Tyrannentrug uns kürzet,

Das sei gehalten und geglaubt!

Die Schlacht beim schönen Bunde

 

1815.

 

Auf Viktoria! Auf Viktoria!

Welch ein Klang aus Niederland!

Über Strom und Berg geklungen,

Tausendstimmig nachgesungen

Rollet er die Welt entlang.

 

Alter Blücher! Alter Blücher!

Jüngling mit dem weißen Haar!

Der wie Mars zu Rosse sitzet,

Der wie Gottes Wetter blitzet,

Machst den Schwur du wieder wahr?

 

Jenen Schwur, den du geschworen

Einst an Gott und Vaterland,

Deinen Degen zu zerbrechen

Oder Deutschlands Schmach zu rächen

An dem welschen Bubentand?

 

Alter Blücher! Alter Blücher!

Mahnst du das Banditenheer

An der Katzbach nasse Tiefen

Und an Leipzig, wo sie liefen?

An Brienne, Laon, La Fère?

 

Auf Viktoria! Auf Viktoria!

Dreimal hoch Viktoria!

Wer in Spanien ist gewesen,

Kennt den Namen auserlesen,

Kennt das Feld Vittoria.

 

Talavera, Salamanka

Und Vittoria dreimal hoch!

Auch ein Klang klingt von Tolose,

Und dir bebt das Herz, Franzose –

Wellington, der lebet noch.

 

Auf Viktoria! Auf Viktoria!

Blücher, Wellington und Gott,

Diese drei sind fest verbunden,

Und der Feind ist hingeschwunden,

Und sein Dräun ist Kinderspott.

 

Bei La belle Alliance –

Heißt auf Deutsch der Schöne Bund –

Hielt der große Himmelsrichter

Das Gericht der Bösewichter,

Ihres Trotzes letzte Stund'.

 

Auch Viktoria, auch Viktoria

Euch, ihr Tapfre, die ihr ruht!

Die kein Schlachtruf mehr erwecket,

Die des Todes Nacht bedecket,

Freiheit blüht aus eurem Blut.

 

Nun nach Frankreich! Nun nach Frankreich!

Klinget dort Viktoria!

Daß die Büberei sich schäme,

Daß die Eitelkeit sich gräme,

Klinget hell Viktoria!

 

Nun nach Frankreich! Nun nach Frankreich!

Gießt den Strom der Männer aus!

Laßt sie sehen, laßt sie fühlen,

Was es heißt, mit Eiden spielen;

Kehrt die Brut der Hölle aus!

 

Nun nach Frankreich! Nun nach Frankreich!

Ins Franzosenparadies!

Straft das Land der bösen Heiden,

Das uns zwanzig Jahr' an Freuden,

Zehn an Freiheit darben ließ.

 

Nun nach Frankreich! Nun nach Frankreich!

Holt gestohlnes Gut zurück!

Unsre Festen, unsre Grenzen,

Unsern Teil an Siegeskränzen,

Ehr' und Freude holt zurück!

 

Auf Viktoria! Auf Viktoria!

Welch ein Klang aus Niederland!

Hände, Herzen auf nach oben,

Gott zu danken, Gott zu loben!

Gott hat Glück und Sieg gesandt.

Klage um drei junge Helden

 

1816.

 

Ich mag wohl traurig klagen,

Gar mancher klagt mit mir:

Drei Helden sind erschlagen

In grüner Jugend Zier;

Es waren drei junge Reiter,

Sie zogen so fröhlich hinaus,

Sie zogen gar balde weiter

Zu Gott in das himmlische Haus.

 

In Mansfelds edlen Bergen

Weht edle Freiheitsluft,

Da kriecht es nicht von Schergen,

Da lügt kein Schelm und Schuft,

Da wächst das freie Eisen,

Da wächst der freudige Mut,

Und alle, die Männer heißen,

Sind reisig und tapfer und gut.

 

In Mansfeld war geboren

Das fromme, deutsche Kind,

Der Freund, den wir verloren,

Wie wenig Freunde sind,

Der Eckardt1, der Vielgetreue,

Dem Gott und das Vaterland rief,

Nun schlummert der junge Leue

Im Grabe so still und so tief.

 

Auf Leipzigs grünen Felden –

O Leipzig, hoher Klang! –

Da traf's den jungen Helden,

Daß er vom Rosse sank.

Das war ja sein frommes Lieben

Bei Tage und bei Nacht,

Das hatt' ihn hinausgetrieben

In den Tod, in die mordische Schlacht.

 

Wohl dir! Du hast's errungen

Mit deines Blutes Born,

Die Schande ward bezwungen

Vom edlen Freiheitszorn;

Doch müssen wir andern weinen

Und klagen im bittern Schmerz:

Solange die Sterne scheinen,

Schlug nimmer ein treueres Herz.

 

Es thront am Elbestrande

Die stolze Magdeburg,

Ihr Ruhm klang durch die Lande,

Ihr Unglück auch hindurch,

Als Tilly dem wilden Feuer

Einst sie zu verzehren gebot;

Da trug sie den Witwenschleier,

Denn ach, ihre Schöne war tot.

 

Sie mag ihn wieder nehmen,

Ihr starb ihr bester Sohn,

Er ging, ein großer Schemen,

Hinauf zu Gottes Thron,

Da hießen den Schönen, Frommen,

Der kam aus dem heiligen Streit,

Die Englein alle willkommen

Zur ewigen, himmlischen Freud'.

 

Wohl viele sind gepriesen

Im großen deutschen Land,

Doch dich, mein frommer Friesen2,

Hat Gott allein gekannt;

Was blühend im reichen Herzen

Die Jugend so lieblich verschloß,

Ist jeglichem Laut der Schmerzen,

Ist jeglichem Lobe zu groß.

 

War je ein Ritter edel,

Du warst es tausendmal,

Vom Fuße bis zum Schädel

Ein lichter Schönheitsstrahl;

Mit kühnem und stolzem Sinne

Hast du nach der Freiheit geschaut,

Das Vaterland war deine Minne,

Es war dir Geliebte und Braut.

 

Du hast die Braut gewonnen

Im ritterlichen Streit,

Dein Herzblut ist verronnen

Für die viel edle Maid;

In Welschland von grimmen Bauern

Empfingst du den tödlichen Streich,

Drob müssen die Jungfraun trauern,

Die Blume der Schönheit ist bleich.

 

Hoch im Cheruskerlande

Da steht ein altes Schloß

Auf grüner Bergeshalde,

Wovon mein Stolberg3 sproß;

Es sandte herrliche Boten

Schon aus in grauester Zeit,

Die klagten bei hohen Toten,

Gefallen im Vaterlandsstreit.

 

Davon lebt auch noch heuer

Wohl mancher Name wert:

Der Vater schwingt die Leier,

Der Sohn, der schwingt das Schwert;

 

Wie jener es vorgesungen,

So machte ihm dieser es nach:

Was frühe dem Knaben geklungen,

Das bringet der Jüngling an 'n Tag.

 

Es scholl die Kriegsdrommete

Des welschen Aufruhrs neu,

Sie klang wie Hochzeitflöte

Dem Grafen stolz und frei,

Da ließ er sein Hengstlein zäumen,

Da hängt' er den Säbel frisch ein

Und sprengte mit heldlichen Träumen

Gar lustig wohl über den Rhein.

 

Sein Traum ist nun erfüllet

Von deutscher Herrlichkeit,

Sein Durst ist nun gestillet

Nach edlem deutschen Streit;

Er ritt mit den tapfern Reitern

Zum Kampfe nach Brabant hinab,

Da schuf er den Blumen und Kräutern

Ein rotes, blutiges Grab.

 

Was Lenz und Sonne schufen

Im bunten Rosenmai,

Das stampften Rosseshufen

Im Junius inzwei!

Auch lag in der Jugend Schöne

Mancher Jüngling die Felder entlang,

Das Wehe der Klagetöne

Von Müttern und Bräuten erklang.

 

Auf Brabants grüner Aue,

Sie heißet Sankt Amand,

Da troff vom roten Taue

Das Eisen mancher Hand,

Mit Rotten aus Welschland trafen

Die preußischen Reisigen dort,

Da holte der Himmel den Grafen,

Da riß eine Kugel ihn fort.

 

Drum muß ich traurig klagen,

Wohl mancher klagt mit mir,

Drei Helden sind erschlagen

In grüner Jugend Zier,

Es waren drei holde Knaben,

Sie waren so schön und so gut,

Fürs liebe Vaterland haben

Sie fröhlich vergossen ihr Blut.

 

Schlaft still und fromm in Treue

Bis an den Jüngsten Tag,

Wo sich ein Morgen neue

Euch wieder röten mag!

Es blühet um euren Frieden

Gedächtnis so golden schön:

Im Siege ward euch beschieden

Fürs Vaterland hinnen zu gehn.

Fußnoten

 

1 Friedrich Eckardt, aus Rothenburg in der Grafschaft Mansfeld, Stadtrat und Bergrat in Berlin, zog als Reiter mit aus in den heiligen Krieg, starb als Rittmeister einige Tage nach der Leipziger Schlacht in Halle an der Munde von einer Flintenkugel.

 

2 Karl Friedrich Friesen aus Magdeburg, ein rechtes Bild ritterlicher und jungfräulicher Unschuld, mit Schönheit, Kraft und Wissenschaft gerüstet, gleich geübt in geistiger und leiblicher Fechtkunst, fiel als Leutnant der Lützowschen Freischar im sechsundzwanzigsten Jahr seines Lebens in Frankreich in einem Gefechte mit Bauern.

 

3 Christian Graf zu Stolberg, ein Sohn des edlen Friedrich Leopold, starb den Heldentod in der Schlacht vön Ligny in Brabant. Er war schön und stattlich, ein Neunzehnjähriger voll ritterlicher, frommer Kraft.

 

 

Das Feuerlied

1817.

 

Aus Feuer ist der Geist geschaffen,

Drum schenkt mir süßes Feuer ein!

Die Lust der Lieder und der Waffen,

Die Lust der Liebe schenkt mir ein,

Der Traube süßes Sonnenblut,

Das Wunder glaubt und Wunder tut.

 

Was soll ich mit dem Zeuge machen,

Dem Wasser ohne Saft und Kraft?

Gemacht für Frösche, Kröten, Drachen

Und für die ganze Würmerschaft?

Für Menschen muß es frischer sein,

Drum bringet Wein und schenket Wein!

 

O Wonnesaft der edlen Reben!

O Gegengift für jede Pein!

Wie matt und wäßrig fließt das Leben,

Wie ohne Stern und Sonnenschein,

Wenn du, der einzig leuchten kann,

Nicht zündest deine Lichter an!

 

Es wäre Glauben, Lieben, Hoffen

Und alle Herzensherrlichkeit

Im nassen Jammer längst ersoffen,

Und alles Leben hieße Leid,

Wärst du nicht in der Wassersnot

Des Mutes Sporn, der Sorge Tod.

 

Drum dreimal Ruf und Klang gegeben!

Ihr frohen Brüder, stoßet an!

Dem frischen, kühnen Wind im Leben,

Der Schiff und Segel treiben kann!

Ruft Wein, klingt Wein und aber Wein!

Und trinket aus und schenket ein!

 

Aus Feuer ist der Geist geschaffen,

Drum schenkt mir süßes Feuer ein!

Die Lust der Lieder und der Waffen,

Die Lust der Liebe schenkt mir ein,

Der Traube süßes Sonnenblut,

Das Wunder glaubt und Wunder tut.

Trinklied

 

1817.

 

Bringt mir Blut der edlen Reben,

Bringt mir Wein!

Wie ein Frühlingsvogel schweben

In den Lüften soll mein Leben

In dem Wein.

 

Bringt mir Efeu, bringt mir Rosen

Zu dem Wein!

Mag Fortuna sich erbosen,

Selbst will ich mein Glück mir losen

In dem Wein.

 

Bringt mir Mägdlein, hold und mundlich

Zu dem Wein!

Rollt die Stunde glatt und rundlich,

Greif' ich mir die Lust sekundlich

In dem Wein.

 

Bringt mir auch – das darf nicht fehlen

Bei dem Wein –

Echte treue, deutsche Seelen

Und Gesang aus hellen Kehlen

Zu dem Wein.

 

Klang dir, Bacchus, Gott der Liebe,

In dem Wein!

Sorgen fliehen fort wie Diebe,

Und wie Helden glühn die Triebe

Durch den Wein.

 

Klang dir, Bacchus, Gott der Wonne,

In dem Wein!

Ha! Schon schau' ich Mond und Sonne,

Alle Sterne in der Tonne,

In dem Wein.

 

Höchster Klang, wem sollst du klingen

In dem Wein?

Süßestes von allen Dingen,

Dir will ich's im stillen bringen

In dem Wein.

Zumutung des Mutes

 

1817.

 

Laß sie schweben

Deine Vögel! Laß sie fliegen!

Stolzes Leben

Träumet nur von Siegen.

Wann sie fallen

Nieder vor erflogner Wonne,

Wisse, aus der Sonne,

Die sie wollten, wird der Spott nicht schallen.

 

Wackre Jäger

Stellen nach dem schönsten Wilde,

Tapfre Schläger

Decken mit dem Schilde

Nur die Seite,

Über der die Wehr nicht schwebet,

Doch die andre strebet

Vorwärts stets zu Kampf und Sieg und Beute.

 

Also strebe

In des Kampfes frische Weite!

Also hebe

Blanke Wehr im Streite!

Alles decken

Wollen nur die Feigen, Matten,

Die des Todes Schatten

Stündlich überhängt mit bleichen Schrecken.

 

Darum fröhlich,

Kühnes, glühendes Herz des Mutes!

Darum selig,

Selig freien Blutes,

Das verronnen,

Wo der Helden beste fielen!

Mußt so deinen Sonnen,

Deiner Liebe frisch entgegenspielen.

 

O so schwebet,

Meine Vögel, sonder Zagen!

Schwebet! Schwebet!

Höher wird es tagen;

Dort versinken

Nebel, die uns unten irren:

Wollt ihr Sonnen trinken,

Dürft ihr zwischen Tag und Nacht nicht schwirren.

 

Schwebet, schwebet,

Meine Vögel, sonder Weile!

Flieget, strebet

Fort in Blitzeseile!

Blitzeskinder,

Sollt ihr kühn in Flammen baden,

Erdenüberwinder,

Adler, fliegen zu den Sternenpfaden.

Grutz der Heimat

 

1817.

 

Geliebte Felder, süße Haine,

So bin ich endlich wieder da,

Wo ich als Kind beim Sternenscheine

So oft die Engel wandeln sah,

Wo mir aus himmlischen Geschichten

Ein Himmel diese Erde schien,

Von Freuden wimmelnd und Gedichten,

Wie Adams Eden lieb und grün?

 

So seh' ich dich, mein Schoritz, wieder,

Wo mir das Meer mit dunkelm Klang

Die ahnungsvollen Wunderlieder

Der Zukunft um die Wiege sang?

So kann ich wieder dich begrüßen,

Mein Dumsevitz, du trauter Ort?

So traut, daß meine Tränen fließen,

Und meine Lippe weiß kein Wort?

 

Wie vieles muß ich nicht bedenken,

Wenn euch ich also wiederseh'?

Wohin sich meine Schritte lenken,

Tut alles mir so lieb, so weh,

An jeden Baum, an jede Quelle

Hängt liebend die Erinnrung sich,

Und jedes Blättchen, jede Welle

Fragt freundlich: Wandrer, kennst du mich?

 

Und diese leise Kinderfrage

Fällt wie ein Stein mir auf das Herz,

In stiller Rückflut ferner Tage

Kommt inhaltschwer ein ernster Scherz,

Und zwischen Weinen, zwischen Lachen

Die Wehmut endlich mächtig siegt:

Es läßt sich nicht zum Spaße machen,

Worin ein ganzes Leben liegt.

 

Sind einst nicht hier auch sie getreten

In Jugendkraft und Freudigkeit,

Die jetzt für mich im Himmel beten

Hoch über Erdenlust und Leid?

Habt ihr mich hier nicht eingesegnet

Fürs Leben, Eltern fromm und treu,

Und Lieb' auf mich herabgeregnet,

Wie's Blüten regnet in dem Mai?

 

Was ward aus euren frommen Sorgen?

Was trug die treue Liebe ein?

Reicht wohl an jenen schönen Morgen

Des Lebens voller Mittagschein?

Mögt ihr von euren lichten Höhen,

Wo nichts mehr zwischen Schatten schwebt,

Noch auf den Wandrer niedersehen,

Der unten heiß im Staube strebt?

 

Wie kommt er aus der weiten Ferne

Auf seiner Kindheit Feld zurück?

Schaut noch zum Spiegel sel'ger Sterne

Ein heitrer Spiegel auf sein Blick?

Und spielt er noch mit reinen Händen

Das süße Kinderblumenspiel?

Ach! Abwärts muß er sich hier wenden –

Wo steht er nun? Wo steht sein Ziel?

 

O ernster Klang der fernen Tage!

O süße Mahnung schönster Zeit!

Die Träne tritt als stumme Klage

Auf gegen den, der viel bereut:

Die Blumen und die Sterne bleiben

In steter Unschuld licht und rein,

Doch Menschenwandern, Menschentreiben

Mag nimmer ohne Sünde sein.

 

Doch nehmt mich, ihr geliebten Fluren,

Fromm auf in euren süßen Schoß,

Die Reinheit himmlischer Naturen

Ward hier nur eines einz'gen Los;

Bei uns ist's Ahnen, Träumen, Sehnen

Und vielfach Irren auf und ab –

Drum rinnet nur, ihr heißen Tränen,

Als Balsam auf den Wanderstab.

Das Lied vom Siegerich

 

1817.

 

Von Freiheit will ich klingen –

Das ist der höchste Klang –

Von Freiheit will ich singen

All, all mein Leben lang,

Daß mächtig ihr Geläute

Die kühnen Herzen weckt

Und für die schönste Beute

Der Tugend Sehnen streckt.

 

Auch klingt mein Lied von denen,

Die Stolz auf Recht und Gott

Und hohes Herzenssehnen

Gelockt in edlen Tod,

Die ritterlich verblutet

Das Leben jung und schön,

Getrieben und gemutet

Durch das, was wir nicht sehn.

 

Denn das, was wir nicht sehen,

Heißt Gott und Vaterland,

Die Freiheit in den Höhen,

Ein unsichtbares Land,

Geliebt, geschaut im Glauben,

Im stillen frommen Mut,

Durch keine List zu klauben,

Weil's ist ein hehres Gut.

 

Von hohen Bergen fließet

Ein Flüßlein in den Rhein,

An dessen Ufern sprießet

Ein Knabe fromm und fein

Aus altem Heldenstamme,

Mit Welschen nie im Kauf:

Drum schlägt auch edle Flamme

Aus Stamm und Wurzeln auf.

 

Das Flüßlein, welches fließet

Zum Rheine, heißt die Wied,

Der Knabe, welcher sprießet

Am Flüßchen, heißt Neuwied.

Sie haben ihn genennet

Den Viktor Siegerich:

Der stolze Name brennet,

Auf Taten schickt er sich.

 

Er hatte seinen Weiser –

So galt es im Geschlecht –

Zu dienen Deutschlands Kaiser,

Das deucht ihm Pflicht und Recht;

Wo deutsche Fahnen wehen,

Wo deutsche Losung schallt,

Da muß der Siegrich stehen,

Da treibt's ihn mit Gewalt.

 

So zog in Franzens Schlachten

Er zweimal fröhlich aus,

Doch ach! Die Männer brachten

Den Sieg nicht mit nach Haus:

Da hat die welsche Rotte,

Kühn durch des Teufels Macht,

Den Spruch vom deutschen Gotte

Bei vielen klein gemacht.

 

Auch Siegerich den Jungen

Hat da das welsche Glück

Verwundet und bezwungen –

Das deutsche wich zurück –

Er kam in böse Bande

Gen Straßburg an dem Rhein;

Da beweint' er deutsche Lande

Verwelscht und deutschen Wein.

 

Er mußt' in Kerkers Mauern

Der trüben Monde drei

Versehnen und vertrauern,

Da war der Kampf vorbei:

»Die Schwerter und die Lanzen,

Ihr Krieger, steckt sie ein!

Ihr sollt zur Hochzeit tanzen,

Das soll der Friede sein.«

 

»O Friede, schnöder Friede!

Wie bist du ehrensiech!

Ist das der Schluß vom Liede?

Viel besser wäre Krieg.«

So klingt im deutschen Lande

Ringsum der Jammerschall:

»Wir tragen schwer die Schande,

Ihr springt den Hochzeitball.«

 

Nun steht der Kerker offen

Dem Viktor Siegerich,

Doch hin ist Lust und Hoffen,

O Vaterland, für dich;

Noch gibt die alte Sonne

Dir Licht und Lebenschein,

Doch weh! Der Freiheit Wonne

Und Stolz ist nicht mehr dein.

 

Er sieht die Welschen meucheln

Die Ehre und das Recht,

Er sieht die Fürsten heucheln

Und schmeicheln gleich dem Knecht,

Er sieht in Diademen

Den neuen Sklavenprunk,

Wie sie sich übernehmen

In Babels Hurentrunk.

 

Er hört die Hochzeit schallen

Von Habsburgs edlem Sproß,

Hört auf den Hofer knallen

Das feige Mordgeschoß:

In Wien erklingt der Reigen;

In Mantua knallt der Schuß,

Wodurch zur Gruft sich neigen

Der beste Deutsche muß.

 

Da hat's ihn weggetrieben,

Da war die Freude tot,

Er wäre nicht geblieben

Um alles Goldes Bot,

Um Zepter und um Kronen,

Die nicht die Ehre weiht:

Er muß mit solchen wohnen,

Wo Freiheit kämpft den Streit.

 

Er muß mit solchen stehen,

Die mit der Freiheit stehn,

Drum läßt er Wimpel wehen,

Die hin nach Westen sehn,

Nach Spanien hin, nach Westen –

Es klingt daher so schön –

Da will er mit den Besten

Den welschen Trug bestehn.

 

Nach Spanien will er reisen,

Ins stolze Wunderland,

In Spanien will er weisen

Deutsch Herz und deutsche Hand;

Nach Spanien will er reisen,

Der Freiheit Heim und Haus,

Da hofft sein gutes Eisen

Auf manchen welschen Strauß.

 

So haben ihn die Wogen

Und Winde und Gewalt

Des Herzens fortgezogen,

Wo Krieg um Cadix schallt;

Da blüht ihm erste Freude

Nach langer trüber Zeit,

Sein Schwert fährt aus der Scheide,

Sein Fuß fliegt in den Streit.

 

Und wohl, wohl ist's gelungen

Dem Eisen und dem Fuß,

Daß unter ihm bezwungen

Manch Welscher bluten muß;

Auf Andalusiens Feldern,

Da trat er rote Spur,

Aus der Pyrene Wäldern

Bedräut er Welschlands Flur.

 

So in zwei schönen Jahren –

O stolzer Freiheitskampf! –

Ist er hindurchgefahren,

Der Welschen Schreck und Dampf;

Sie sahn sein Eisen blitzen,

Sein Auge blitzte mehr,

Stets flog er an den Spitzen,

Der Vordermann im Heer.

 

So ist er einst geflogen

Gleich Himmelsflammen wild

Auf roten Schlachtenwogen,

Der Katalanen Schild,

Hat mit den roten Wogen

Die Feinde weggespült:

Da ist von Gottes Bogen

Der Pfeil auf ihn gezielt.

 

Da deckt, vom deutschen Lande,

Von deutscher Liebe fern,

Der Hasser welscher Schande,

Der deutschen Fürsten Stern,

Der Preis der deutschen Jugend,

Der junge, grüne Held,

Das fromme Bild der Tugend,

Erblaßt das fremde Feld.

 

Da ist der Held gefallen

In jenem großen Jahr,

Als des Tyrannen Wallen

Gen Moskau schaurig war;

Er hat nicht mehr gesehen,

Was seine Seele rang,

Das Vaterland erstehen

Aus Jammers Überschwang.

 

Doch ist er auch gestorben

Fürs deutsche Vaterland

Und hat den Kranz erworben,

Der Ehre schönstes Pfand,

Den Kranz, wodurch die Freien

Im Himmel herrlich stehn,

Die gegen Tyranneien

Durch Feuer und Eisen gehn.

 

Drum schreibt die deutsche Treue

Mit goldnem Strahlenschein

Dich, kühner Schlachtenleue,

In ihre Tafeln ein;

Solang in festen Kreisen

Noch Mond und Sonne reist,

Wird man dich, Siegrich, preisen,

Wo man die Freiheit preist.

 

Von Freiheit muß ich klingen –

Das ist der höchste Klang –

Und ihre Glocken ringen

All, all mein Leben lang.

Drum hab' ich auch gesungen

Vom Siegerich die Mär,

Die weit und breit erklungen

Ist über Land und Meer.

Des Lilienmädchens Wiegenlied

 

1817.

 

Schlafe, Kindlein hold und weiß,

Das noch nichts von Sorgen weiß,

Schlaf in stiller süßer Ruh',

Tu die kleinen Äuglein zu.

 

Draußen stehn die Lilien weiß,

Haben allerschönsten Preis,

Droben in der lichten Höh'

Stehn die Englein weiß wie Schnee.

 

Kommt, ihr Englein weiß und fein,

Wiegt mir schön mein Kindelein,

Wiegt sein Herzchen fromm und gut,

Wie der Wind der Lilie tut.

 

Schlafe, Kindlein, schlafe nun!

Sollst in Gottes Frieden ruhn;

Denn die frommen Engelein

Wollen deine Wächter sein.

Die Sprache Teuts

 

1817.

 

Von hohen Zungen,

Die tönten wie der Silberklang aus Schwänen,

Ist mir erklungen

Ein süßer Klang voll Lieben und voll Sehnen;

Der Knabe lauschte

Tief staunend, was von ferne,

Gleichwie ein Jubellied der Sterne,

Gewaltig rauschte.

 

Das war dein Brausen,

Du stolze Sprache Teuts, die Blitz und Wetter

Und Sturmessausen

Und der Kanonen schallendes Geschmetter

Vermählt dem Säuseln

Der Wellen, die im Lenze

Leicht angehaucht die Ringeltänze

Auf Bächen kräuseln.

 

O Donnerfrohe!

O tapfre Heldenbraut der schnellen Blitze,

Wie jede Lohe

Des Feuers aufzuckt zum gestirnten Sitze,

Fliegt stolze Minne

In Tönen und in Worten,

Und stürmend zu den Himmelspforten

Spornst du die Sinne.

 

Drob wähnen viele,

Sie können auch den Sonnenreigen fliegen

Im Heldenspiele,

Wo Adler kaum im kühnsten Fluge siegen.

Der Sonnenwächter

Sieht traurig, wie sie fallen,

Und hört, wie hier von unten schallen

Spott und Gelächter.

 

Doch schwächern Flügeln,

Die auch in süßer Töne Lust erbeben,

Auf Blumenhügeln

Ward ihnen holdes Schwingen, Klingen, Schweben,

In leichten Scherzen,

In trauter Erdennähe

Spielt zarte Lust und zartes Wehe

Sich lieb vom Herzen.

 

Drum laß sie klingen

Zu ihrem Sonnenglanz die Sonnenaare,

Auf leisen Schwingen

Durchflattre du der Birken grüne Haare,

In stillen Hainen

Mit süßen Philomelen

Sollst du dein süßes Leid erzählen

Und still beweinen.

Vorwärts!

 

1818.

 

Vorwärts! Vorwärts! rief der Blücher,

Deutschlands treuster, bester Degen,

Und auf schlüpfrig blut'gen Wegen

Schritt der alte Held so sicher.

 

Vorwärts! Vorwärts! hat's geklungen

Von der Oder bis zur Seine,

Und die welsche Mordhyäne

Hat der alte Held bezwungen.

 

Vorwärts! drum soll mir's auch klingen,

Vorwärts! will ich mir auch wählen,

Vorwärts! Klang der stolzen Seelen

Soll auch mir zum Sieg gelingen.

 

Rückwärts klingt ein Klang der Hölle,

Schlechter Klang und schlechtes Zeichen,

Worob Mut und Lust erbleichen

Und erstarrt des Herzens Welle.

 

Rückwärts schleichen Satans Schliche,

Wann er Seelen meint zu fangen,

Rückwärts schleichen feige Schlangen,

Wann sie lauschen Todesstiche.

 

Rückwärts tasten Krebsesscheren

Für den Mord und Spinnenfüße,

Wann im luftigen Verliese

Sie die Fliegen winseln hören.

 

Rückwärts – o die feigen Seelen! –

Nein! Nicht Namen sollst du nennen!

Wo sie mit dem Schwarzen brennen,

Mag der Schwarze sie sich zählen.

 

Vorwärts! Vorwärts! rief der Blücher,

Vorwärts! klinget frisch und freudig,

Vorwärts! hauet scharf und schneidig,

Vorwärts! schreitet kühn und sicher.

Mein Lichtlein

 

1818.

 

Der Alte, der die Sterne hält

In gleichen festen Bahnen

Und jedes Tröpflein senkt und schwellt

In tiefsten Ozeanen,

Der alte Meister droben hat

Ein Lichtlein mir gegeben,

Das mir erhellt den dunklen Pfad

Im irrwischvollen Leben.

 

Ihr fraget, wie das Lichtlein heißt,

Das süße Kind der Sterne,

Das stets die rechten Pfade weist

Auch in die fernste Ferne?

Ich weiß es nicht, ich kann es nicht

Mit Menschensprache künden,

Auch halt' ich's nicht und seh' ich's nicht

Und kann den Weg doch finden.

 

Es haben's viele wohl genannt

In Liedern und mit Zungen,

Doch unerklärt und unbekannt

Wird's immer noch geklungen.

Drum selig, wer es still bewahrt

In tiefsten Busens Höhlen!

Des Lichtleins Art ist stille Art

Und liebt die stillen Seelen.

 

Doch bitt' ich den, der's Lichtlein gab,

Den Alten in den Höhen,

Er wolle vor mir bis ans Grab

Sein Flämmchen lassen wehen,

Daß mutiglich und ritterlich

Ich durch das Dunkel strebe

Und fröhlich von der Erde mich

Zum Licht der Lichter hebe.

Empor

 

1818.

 

Auf! Auf, mein Geist, und schwinge dich

Empor vom Erdenstaube!

Flieg, fliege, fliege wonniglich,

Du schnelle Himmelstaube!

Empor vom dunklen Erdental!

Empor zum lichten Sternensaal!

Empor zum Christ, dem Heiland!

 

Empor! Empor aus finstrer Nacht!

Aus Staub und Schmach und Banden,

Aus Sklaverei und Bann und Acht

Zu jenen freien Landen,

Wo Lug und Trug und Wahn verweht,

Wo nie die Sonne untergeht,

Worin die Frommen blühen.

 

Hienieden ist nur Müh' und Not,

Nur eitel Eitelkeiten;

Der arme Mensch muß bis zum Tod

Mit Trug und Schatten streiten:

Dem bald man mit drei Ellen mißt

Den Raum, wo's still vom Kriegen ist,

Wie viel' sind seiner Plagen!

 

Hienieden was ist Lust und Glück?

Was ist des Menschen Freude?

Ein Hui, ein Nu, ein Augenblick,

Des Wechsels leichte Beute,

Ein Wasser, das von Bergen rinnt,

Ein Schnee, ein Nebel, Schaum und Wind:

Auf Erden mag nichts bleiben.

 

Drum auf, mein Geist, und schwinge dich

Die hellen Sternenstraßen!

Was irdisch ist, wirf hinter dich!

Du mußt es doch verlassen.

Das Unten muß für andre sein,

Das Droben bleibet ewig dein –

Zur Heimat wolln wir fliegen.

 

Drum auf! Mein Geist! Mein froher Geist!

Zur Heimat wolln wir fliegen;

Die Erde und was irdisch heißt,

Das lassen wir unten liegen.

O du, der unser Helfer ist,

Das hilf du uns, Herr Jesu Christ,

Daß wir's mit dir gewinnen!

Trost in Christo

 

1818.

 

Ich bin des Lebens müde,

Der eitlen Eitelkeit,

O komm, du Gottesfriede,

Und nimm mich aus dem Streit,

Nimm mich in deine Ruh',

In deine stillen Freuden,

Und schließe bittern Leiden

Des Wahns Erinnrung zu.

 

Zuviel hab' ich geduldet,

Gekämpfet überlang,

Gesündigt und verschuldet,

Drum ist mir weh und bang;

Ich weiß nicht aus noch ein

Auf diesen biestern Straßen,

Ich wäre gar verlassen,

Wär' Jesus Christ nicht mein.

 

Ich wäre längst vergangen,

Wär' Jesus Christ nicht mein,

In Zittern und in Bangen,

In Sündenangst und Pein,

In tiefer Seelennot,

Wär' er, das Licht der Frommen,

Vom Himmel nicht gekommen,

Der Zukunft Morgenrot.

 

Du süßer Jesu Christe,

So freundlich und so hold!

Ach! Wenn doch jeder wüßte,

Was deine Huld gewollt,

Wir würden immerdar

Entzückt nach oben schauen,

Und von den Sternenauen

Herab würd' alles klar.

 

Ja, von den Sternenauen,

Wo unsre Heimat ist,

Daher käm' uns das Schauen,

Wer du gewesen bist,

Nein, wer du ewig bist:

Im Himmel und auf Erden

Würd' offenbaret werden

Der ganze Jesus Christ.

Hoffnung in Sehnsucht

 

1818.

 

Wann auf des Zweifels Ozeane

Mein Schifflein treibt vor Sturm und Wind,

Wann jedem schönen Lügenwahne

Das bunte Farbenspiel zerrinnt,

Wann Hoffnung selbst nicht ankern kann,

Was ist mein sichrer Anker dann?

 

Das bist du, Hort und Trost des Lebens,

Das bist du, Heiland Jesus Christ,

Der du der Tröster alles Lebens,

Der Stiller alles Haders bist,

Der Liebe Quell, der Gnade Born,

Der uns erlöst vom Sündenzorn.

 

Das bist du, blöder Herzen Wonne

Und kranker Seelen Zuversicht,

Du aller Sonnen hellste Sonne,

Du aller Lichter reinstes Licht,

Du aller Scheine schönster Schein,

Du Wort des Vaters klar und rein.

 

O Liebesabgrund, den ergründen

Auch keines Engels Senkel kann,

Daß wir doch immer recht verstünden,

Wodurch der Hölle Trug zerrann,

Wodurch der Gnade sel'ges Licht

Nun himmlisch durch die Herzen bricht!

 

Daß wir doch alle immer wüßten,

Wodurch wir Gottes Kinder sind,

Wodurch wir zu des Himmels Küsten

Hinsteuern vor dem rechten Wind,

Wodurch wir selbst in Düsternis

Nicht zagen, unsrer Fahrt gewiß!

 

Das hilf du uns, daß wir's gewinnen,

Du süßer Heiland, Jesu Christ,

Der du den Herzen und den Sinnen

Allein die rechte Leuchte bist,

Die, wann auch Sonn' und Mond vergeht,

In wandelloser Klarheit steht.

Grablied

 

1818.

 

Geht nun hin und grabt mein Grab,

Denn ich bin des Wanderns müde,

Von der Erde scheid' ich ab,

Denn mir ruft des Himmels Friede,

Denn mir ruft die süße Ruh'

Von den Engeln droben zu.

 

Geht nun hin und grabt mein Grab,

Meinen Lauf hab' ich vollendet,

Lege nun den Wanderstab

Hin, wo alles Ird'sche endet,

Lege selbst mich nun hinein

In das Bette sonder Pein.

 

Was soll ich hienieden noch

In dem dunklen Tale machen?

Denn wie mächtig stolz und hoch

Wir auch stellen unsre Sachen,

Muß es doch wie Sand zergehn,

Wann die Winde drüber wehn.

 

Darum, Erde, fahre wohl!

Laß mich nun in Frieden scheiden,

Deine Hoffnung ach! ist hohl,

Deine Freuden werden Leiden,

Deine Schönheit Unbestand:

Alles Wahn und Trug und Tand.

 

Darum letzte gute Nacht,

Sonn' und Mond und liebe Sterne!

Fahret wohl mit eurer Pracht!

Denn ich reis' in weite Ferne,

Reise hin zu jenem Glanz,

Worin ihr erbleichet ganz.

 

Ihr, die nun in Trauern geht,

Fahret wohl, ihr lieben Freunde!

Was von oben niederweht,

Tröstet froh des Herrn Gemeinde;

Weint nicht ob dem eitlen Schein:

Droben nur kann ewig sein.

 

Weinet nicht, daß nun ich will

Von der Welt den Abschied nehmen,

Daß ich aus dem Irrland will,

Aus den Schatten, aus den Schemen,

Aus dem Eitlen, aus dem Nichts

Hin ins Land des ew'gen Lichts.

 

Weinet nicht, mein süßes Heil,

Meinen Heiland hab' ich funden,

Und ich habe auch mein Teil

In den warmen Herzenswunden,

Woraus einst sein frommes Blut

Floß der ganzen Welt zugut'.

 

Weint nicht: Mein Erlöser lebt,

Hoch vom finstern Erdenstaube

Hell empor die Hoffnung schwebt,

Und der Himmelsheld, der Glaube,

Und die ewige Liebe spricht:

Kind des Vaters, zittre nicht!

Abschied von der Welt

 

1818.

 

Ade! Ich muß nun scheiden,

Ihr Freunde, gute Nacht!

In Freuden und in Leiden

Gar schwer ist's mir gemacht,

In Kummer und in Tränen,

In Arbeit und in Not;

Drum ruft mein heißes Sehnen:

O komm, mein Herr und Gott!

 

O komm und schleuß dem Matten

Die müden Augen zu,

Bett' ihm im kühlen Schatten

Die stille, sanfte Ruh',

Bett' ihm im kühlen Grabe

Den letzten weichen Pfühl,

Die letzte Liebesgabe

Vom ganzen Weltgewühl.

 

Ade! Ihr sollt nicht weinen,

Ihr Freunde lieb und fromm,

Das Licht wird wieder scheinen,

Das ruft dem Schläfer: Komm!

Das klingt in seine Kammer:

Steh, Schläfer, steh nun auf!

Steh auf vom Erdenjammer!

Dein Himmel tut sich auf.

 

Ade! Ihr sollt nicht klagen,

Daß nun ich hinnen muß,

Die Nacht wird wieder tagen

Mit Freudenüberfluß,

Der große Held der Frommen

Wird mit der Krone stehn,

Und Engel werden kommen

Und mich zu Gott erhöhn.

Freude in Christo

 

1818.

 

Wann meine Seele traurig ist,

Und Mut und Lust in mir verzagen,

Wann wankend zwischen Wahn und List

Sich Welt und Sünde hart verklagen,

Wann auf der Zweifel wildem Meer

Mein Schifflein steuerlos muß treiben,

Wo scheint der Stern der Rettung her?

Was läßt mich dennoch oben bleiben?

 

Wann um mich alles finster wird,

Als säß' ich in der dunklen Hölle,

Wann's in mir bangt und zagt und irrt,

Als wenn die Sündflut um mich schwölle,

Wann diese tiefste Seelennot

Fast will am ew'gen Heil verzagen,

Wo dämmert dann das Morgenrot,

Der Sonne Zukunft anzusagen?

 

Aus dir! Aus dir! Du bist der Stern,

Du bist der Hoffnung lichte Sonne,

Der Knechte Knecht, der Herr der Herrn,

Der Kranken Arzt, der Schwachen Wonne,

Der Armen Schatz, der Biestern Licht,

Versöhner aller, die verloren,

Erlöser von des Zorns Gericht,

Der ganzen Welt zum Heil geboren.

 

Du bist's allein, Herr Jesu Christ,

Du bist die Hoffnung, du der Glaube,

Du rettest von des Bösen List

Und von der eitlen Lust am Staube,

Du richtest uns das Angesicht

Hin, wo die ew'gen Sterne funkeln,

Du sprichst: Mein Sein ist Lieb' und Licht,

Ihr sollt nicht bleiben in dem Dunkeln.

 

Du bist's allein, du süßer Hort,

Du milder Tröster aller Schmerzen,

Dein ist die Wonne, dein das Wort,

Dein ist die Kindschaft frommer Herzen:

Wir sollen alle Kinder sein,

In Einfalt Kinder und im Glauben,

Der Kinder soll der Himmel sein,

Das Reich ist derer, die da glauben.

Weihnachtslied

 

1818.

 

Erklinge, Lied, und werde Schall,

Kling gleich der hellsten Nachtigall,

Kling gleich dem hellsten Lerchenklang

Die ganze, weite Welt entlang.

 

Kling, Lied, und kling im höchsten Ton:

Es kommt der süße Gottessohn,

Es kommt das helle Himmelskind

Hernieder, wo die Sünder sind.

 

Er kehrt bei einer Jungfrau ein,

Will eines Weibes Säugling sein,

Der große Herr der ganzen Welt,

Ein Würmlein auf die Erde fällt.

 

Ein armes Knäblein nackt und bloß,

So liegt er in Marias Schoß;

Der alle Sterne lenken kann,

Fleht eines Weibes Gnade an.

 

Der eh'r als Erd' und Himmel war,

Das Wort des Vaters rein und klar,

Spricht lieb und freundlich bei uns ein

Und will der Sünder Bruder sein.

 

So kommt die unermeßne Huld,

Zu tragen unsre schwere Schuld,

Die ewige Liebe steigt von Gott

Zu uns herab für Schmach und Spott.

 

Des solln wir alle fröhlich sein

Und singen mit den Engelein

Und singen mit der Hirten Schar:

Das ew'ge Heil wird offenbar.

 

Des solln wir alle fröhlich sein,

Daß Gott will unser Vater sein,

Und daß der süße Jesus Christ

Heut unser Bruder worden ist.

 

Abendlied

 

1818.

 

Der Tag ist nun vergangen,

Und dunkel schläft die Welt,

Die hellen Sterne prangen

Am blauen Himmelszelt;

Nur in den grünen Zweigen

Singt noch die Nachtigall,

Im weiten, tiefen Schweigen

Der einz'ge Lebensschall.

 

Ich aber, Vater, stehe

In meiner Hüttentür

Und schau' hinauf zur Höhe

Und schau' hinauf zu dir;

Wie gerne möcht' ich klingen

Als helle Nachtigall,

Dir Preis und Dank zu bringen

Mit tiefem Schmerzenschall.

 

Ja, mit dem Schall der Schmerzen:

Denn geht die Nacht herauf,

So springt in meinem Herzen

Ein Quell der Tränen auf,

Der Tränen und der Klagen –

Du, Vater, weißt es best,

Was singen nicht und sagen,

Was sich nicht sprechen läßt.

 

Du kennest meinen Kummer,

Der auf gen Himmel blickt,

Wann für den süßen Schlummer

Die ganze Welt sich schickt,

Womit so schwer beladen

Mein Herz nach oben schaut,

Nach deinem Born der Gnaden,

Der Labsal niedertaut.

 

Ja, deine süße Liebe,

Die tröstet mir den Schmerz,

Ja, deine süße Liebe,

Die stillet mir das Herz,

Die löst in heißen Tränen

Das Eis des Busens auf

Und stellet Sinn und Sehnen

Zum hohen Sternenlauf.

 

O laß mich ewig schauen

Im stillen Kindersinn

Zu jenen güldnen Auen,

Woher ich kommen bin!

O richte Herz und Sinne,

Mein Vater, für und für

Zu deiner süßen Minne,

Zum Himmel hin, zu dir.

 

So mag ich froh mich legen

Nun mit der Welt zur Ruh',

Mein Amen und mein Segen,

Mein Wächter, das bist du;

So mag in deinem Frieden

Ich fröhlich schlafen ein,

Dort oben und hienieden

Im Schlaf und Wachen dein.

Der Fels des Heils

 

1818.

 

Ich weiß, woran ich glaube,

Ich weiß, was fest besteht,

Wann alles hier im Staube

Wie Sand und Staub verweht;

Ich weiß, was ewig bleibet,

Wo alles wankt und fällt,

Wo Wahn die Weisen treibet

Und Trug die Klugen prellt.

 

Ich weiß, was ewig dauert,

Ich weiß, was nimmer läßt,

Mit Diamanten mauert

Mir's Gott im Herzen fest.

Ja, recht mit Edelsteinen

Von allerbester Art

Hat Gott der Herr den Seinen

Des Herzens Burg verwahrt.

 

Ich kenne wohl die Steine,

Die stolze Herzenswehr,

Sie funkeln ja mit Scheine

Wie Sterne schön und hehr:

Die Steine sind die Worte,

Die Worte hell und rein,

Wodurch die schwächsten Orte

Gar feste können sein.

 

Auch kenn' ich wohl den Meister,

Der mir die Feste baut,

Er heißt der Fürst der Geister,

Auf den der Himmel schaut,

Vor dem die Seraphinen

Anbetend niederknien,

Um den die Engel dienen:

Ich weiß und kenne ihn.

 

Das ist das Licht der Höhe,

Das ist der Jesus Christ,

Der Fels, auf dem ich stehe,

Der diamanten ist,

Der nimmermehr kann wanken,

Der Heiland und der Hort,

Die Leuchte der Gedanken,

Die leuchten hier und dort.

 

So weiß ich, was ich glaube,

Ich weiß, was fest besteht

Und in dem Erdenstaube

Nicht mit als Staub verweht;

Ich weiß, was in dem Grauen

Des Todes ewig bleibt

Und selbst auf Erdenauen

Schon Himmelsblumen treibt.

Das Wort

 

1818.

 

Was ist die Macht, was ist die Kraft,

Des Christen stolze Ritterschaft,

Der Schirm und Schild und Schmuck der Ehren,

Die ungebrochne Wehr der Wehren,

In jeder Not und Fahr der Hort?

Das ist das Wort, das feste Wort.

 

Was kann wie ein zweischneidig Schwert,

Das blitzend aus der Scheide fährt,

Mark und Gebein im Hui zerschneiden,

Die Geister und die Leiber scheiden?

Was hat so freißlich scharfen Ort?

Das hat das Wort, das feste Wort.

 

Was braust daher wie Windesbraut

Und überdonnert Donners Laut?

Was donnert in der Sünder Ohren,

Gleich einem Schwur von Gott geschworen?

Was ist's, das durch die Seelen bohrt?

Das ist das Wort, das feste Wort.

 

Was säuselt wie ein Westenwind

Vom Frühlingshimmel sanft und lind?

Was säuselt lieblich durch die Herzen,

Ein Trost und Balsam aller Schmerzen?

Was wehet alle Sorgen fort?

Das tut das Wort, das feste Wort.

 

O Wort der Macht, o Wort der Kraft,

Das so gewaltig wirkt und schafft,

O Wort der Schrecken und der Freuden,

Zum Heilen mächtig und Zerschneiden,

Du warest eh'r als Zeit und Ort,

Du starkes Wort, du festes Wort.

 

O Wort der Macht, o Wort der Kraft,

Du, meines Herzens Ritterschaft,

Wollst ewig in und bei mir bleiben,

Durch Donner und durch Säusel treiben

Zum rechten Kampfe fort und fort,

Mein starkes Wort, mein festes Wort.

Ruf an den Geist

 

1818.

 

Dich, Geist der Wahrheit, Geist der Kraft,

Dich, Geist der Christusritterschaft,

Der alle Blöden trösten kann,

Dich starken Tröster ruf' ich an.

 

Dich Licht der Höhe, milden Stern,

Dich freundlich frommen Geist vom Herrn,

Der alles Dunkel lichten kann,

Dich Licht der Höhe ruf' ich an.

 

Tief sitz' ich in der dunkeln Nacht,

Wo mich die Sünd' hineingebracht,

Tief sitz' ich in der Finsternis,

Wohin Verzweiflung mich verstieß.

 

Mein Jammer brauset wie ein Meer

Mit allen Stürmen um mich her,

Er saust und brauset immerzu

Und läßt mir Tag und Nacht nicht Ruh'.

 

Drum komm, mein Hort, und rette mich,

Mein Tröster komm und tröste mich,

Mein Licht geh auf mit deinem Schein

Und funkle durch die Nacht herein.

 

Komm, Helfer in dem Sündengraus,

Und sprich mir zu und leg' mir's aus,

Was ich nicht mehr begreifen mag,

Was Christus zu den Sündern sprach.

 

Sprich mir das Wort der Liebe zu,

Den rechten Klang verstehst nur du,

Das rechte Wort, den rechten Klang,

Des Glaubens Hoffnung und Empfang.

 

O Geist der Liebe, Geist des Herrn!

Der Himmelsfreude Gnadenstern!

Geh auf in mir mit deinem Schein!

So kann ich wieder fröhlich sein.

Trost der Seele

 

1819.

 

Liebe Seele,

Traure nicht so sehr,

Wer ist ohne Fehle?

Ohne Kummer wer?

 

Was auf Erden

Trägt das Leinenkleid,

Muß ja sündig werden

Viel in Leid und Streit.

 

Gottes Liebe

Macht von Sünden rein;

Ist dir bang und trübe,

Bringt sie hellen Schein.

 

Gott hilft gerne

Dem, der ihm vertraut,

Der das Haus der Sterne

Über uns gebaut.

 

Der das Sehnen

Nach dem Himmel gab,

Trocknet alle Tränen

Bleichen Wangen ab.

 

Will versinken

Dir das Herz in Leid,

Sieh die Sterne blinken

Ew'ger Herrlichkeit.

 

Sieh dem Spiele

Ihres Reigens zu,

Und mit Wonne fühle:

Ewig bist auch du.

 

Nicht vermodern

Mag ein Himmelskeim;

Wo die Sonnen lodern,

Ist des Menschen Heim.

 

Dort von oben

Sank er einst herab:

Wo aus Licht gewoben,

Das begräbt kein Grab.

 

Darum mutig,

Liebe Seele, sei!

Ist der Kampf gleich blutig,

Ringe frisch und treu!

 

Wandle fröhlich

Auch durch dunkles Leid:

Droben bist du selig

Durch die Ewigkeit;

 

Sünd' und Kummer

Ahnest du dort kaum,

Wie im Morgenschlummer

Einen leichten Traum.

Aus: Drei Trostlieder aus dem Sommer 1819

 

Komm, Geist, und zieh dich stählen an!

Komm, Herz, und laß dich eisern kleiden!

Es rüste sich, was streiten kann,

Auf harten Krieg und schwere Leiden!

 

Komm, Stolz, und fasse das Panier!

Laß wehn die Fahnen, wehn zum Himmel!

Das rechte Bleiben ist nicht hier,

Drum wirf dich mutig ins Getümmel!

 

Komm, Hoffnung, auch! Es soll dein Grün,

Dein Maigrün, rosenrot sich färben,

Noch einmal sollst du herrlich blühn

Und dann gleich roten Rosen sterben.

 

So steht der Krieg, so ist der Zorn,

Und in der Mitte gar kein Bleiben:

Wer lechzet Strom zu sein, der Born

Muß kühn als Dunst von Felsen stäuben.

 

So alles dran! So alles drein!

Und setzt das Kleine für das Große!

Gott aber soll der Würfler sein!

Er wirft die Millionen Lose.

 

So alles dran! So alles drein!

Und setzt das Kurze für das Lange!

Gott aber soll der Würfler sein!

Bei dieser Schanzung seid nicht bange.

Frischauf!

 

1819.

 

Heraus, mein Herz, aus deinem Jammer!

Mein krankes Herz, verzage nicht!

Heraus aus deiner dunklen Kammer!

Und suche Licht, so findst du Licht!

 

Heraus! Es brütet in dem Dunkeln

Des Trübsinns volles Schlangennest –

Heraus! Wo Gottes Sterne funkeln,

Da wird der Mut dir hell und fest.

 

Wie? Willst du auf den Hort nicht bauen,

Der dir ein Fels in Nöten war?

Auf den Propheten nicht vertrauen,

Der selbst die Träume machte wahr?

 

Wie? Willst du Eitler dich betrüben,

Wenn Welt und du auch ungleich gehn?

Bedenk', sein Sein ist eitel Lieben,

Und was er will, das muß geschehn.

 

Wie? Willst du zage nicht mehr hoffen,

Als wär's um Welt und dich geschehn,

Und hast so oft den Himmel offen

Und Gott die Finger recken sehn?

 

Drum mutig! – Satan nimmt die Waffen –

Auf, gürte dich zu Lauf und Stand!

Erzittre nicht vor Gottes Affen,

Denn seine Wehr zerstäubt wie Sand.

 

Es gilt mit Gott hineinzufahren,

Mit Gott wird Unten Oben sein;

Denk' der Jahrtausende, die waren,

Jahrtausende, die werden sein.

Lehre an mich

 

1820.

 

Auf! Lege deiner Jugend Harnisch an!

Und schnalle um auch deine Rittersporen!

Was Glück? Sein Rädlein rollet ab und an;

Was Ruhm? Ein dunst'ges Gaukelbild für Toren.

Was bunter Tand, wonach die Menge greift?

Was Gold und Glanz und Titelklang und Orden?

Du greife das, was nicht wie Zufall schweift,

Du halte fest, was kein Tyrann kann morden.

 

Was du in strenger Arbeit dir erwarbst,

Was du im schweren Kampfe dir errungen,

Wodurch du reich sein wirst, auch wenn du darbst,

Und siegreich, wenn dich auch Gewalt bezwungen –

Das zarte Unsichtbare such' hervor,

Das dünne Fünkchen aus der Götterflamme,

Und jauchze: Zittre, Bube! Zittre, Tor!

Dies ist's, wodurch ich dir dein Nichts verdamme.

 

Dies ist's, worauf die ganze Erdenlast,

Wirfst du sie drauf, nur liegt und nimmer drücket,

Das Unsichtbare, was Gewalt nicht faßt,

Und, faßte sie's, nicht von der Stelle rücket,

Das Starke, was den bittern Feind, den Tod,

Mit allen seinen Schrecken selbst mag töten,

Das Frohe, was mit hellem Morgenrot

Des Unglücks dickste Wetternacht mag röten.

 

Dies nimm dir! Ruf auch die Gesellen auf,

Gespielen und Genossen tapfrer Jugend,

Die in der ernsten Arbeit dir den Lauf

Gestrecket auf der heißen Bahn der Tugend:

Durch das, was zornig schon den Knaben riß

Hinweg vom Tand, wonach's die vielen lüstet;

Steh nun als Mann im Sturm und Streit gewiß,

Auf! Waffne deine Schar und sei gerüstet!

 

O sieh! Schon steht dein tapfrer Wappenknecht,

Der edle Stolz, und zucket mit dem Eisen;

Drei Helfer sitzen auf, der Mut, das Recht,

Das Licht – sie wollen sich die Alten weisen;

Die Wahrheit trägt das leuchtende Panier,

Die Hoffnung schwingt die fliegende Standarte;

Auch unsichtbare Kämpfer folgen dir;

Gebet und Wunsch sind Hüter auf der Warte.

 

Mit solchen mutig drein auf Sieg und Tod!

Es gilt, was Freien ziemlich sei, was Knechten;

Nur einen Jammer gibt's, nur eine Not,

Für nichts und schlimmer gar für Frevel fechten.

Hinein mit Gott! Dein kleines Schicksal rollt

Aus seiner Hand mit Millionen Losen.

Das glaube – fest geschieht, was er gewollt –

Und glaubst du recht, so werden Nesseln Rosen.

Rückblick

 

1825.

 

Und haben wir das all durchlebt,

Durchwunden und durchrungen,

So dicht verworren und verwebt,

Mit Knoten viel durchschlungen

Und Dorngeflechten, scharf und spitz?

Sind wir durch Kunst und Mutterwitz

Durch oder drüber gesprungen?

 

O nein! Fest steht das Weltgesetz

Der alten ewigen Dinge:

Wir sind mit Hand und Fuß im Netz,

Mit Schnabel und mit Schwinge,

Und wolln wir brechen aus der Pein,

Wir zerren fester nur uns ein

Und rollen im engeren Ringe.

 

Wild wälzt das Schicksalsrad im Saus

Die blutbespritzten Speichen,

Daß starke Männer drob vor Graus

Im tiefsten Mut erbleichen;

Und sperrn sie auch sich kühn und stolz,

Sie stürzen hin wie morsches Holz,

Wann Sturmwind schüttelt die Eichen.

 

Und doch über all den Saus und Braus

Und all die grausen Sätze

Schwingt oft das Herz sich hoch hinaus

Und glaubt an keine Netze,

Es wieh'rt, ein edles Schlachtenroß,

Hinauf zum goldnen Freiheitsschloß,

Wie hartes Gebiß auch verletze.

 

So sang der alte Lebensfürst,

Und wie ein Held, so stand er;

Er hatt' die volle Jagd durchbürscht,

Und fragt ihr ihn: Was fand er?

Er sprach: Wie blinde Hessen drauf!

Dies Rätsel löset keiner auf,

Haut's durch wie Alexander!

An Henriette von Willich, als ich ihr den Thomas a Kempis »Von der Nachahmung Christi« überreichte

 

1830.

 

Viel ist gered't, gelesen und geschrieben,

Seit dieses Büchlein in die Welt gegangen,

Das Mal und Siegel von dem Geist empfangen,

Der Liebe sandte, daß sie lehrte lieben.

 

Wie vieles ist gewesen und vergangen,

Dies Büchlein hat vier Säkeln überdauert,

Und in dem Lande, wo's den Seelen schauert,

Lehrt's heute noch das ew'ge Heil erlangen.

 

Geliebtes Kind, kannst du einfältig fragen,

Einfältig wirst du darin Antwort finden:

Wie Liebe alles lösen kann und binden,

Weiß einzig sie das Höchste auszusagen.

Nachruf, dem Freiherrn Karl vom Stein

 

1831.

 

Der Löwe schläft – Ihr, die ihr wachen sollt,

Versteht ihr, daß die Besten schlafen gehen?

Die, als die Welt erlag, noch stark gewollt,

Die werden's nur verstehen.

 

Der Löwe schläft – Ihr, die ihr wachen sollt,

Versteht ihr, welcher Wächter heimgegangen?

Sein großes Herz braucht keiner Klagen Sold,

Nicht tränennasse Wangen.

 

Es heischt den Geist heraus, den deutschen Mut,

Zu brennen heiß für Vaterlandes Ehren,

Es heischt, wann's gilt, den letzten Tropfen Blut,

Nicht weibisch eitle Zähren.

 

Und schlängelt welsche List den Schlangenpfad

In deutsche Gaun, dann ruft der stumme Leue

Mit Donners Klang – es bebet der Verrat –

Er rufet: Treue! Treue!

 

Und klinget die Trompete: Es ist Krieg!

Und ziehen Feinde gegen Deutschlands Marken,

Dann mahnt's aus ihm zum Kampf auf Tod und Sieg

Die Tapfern und die Starken.

 

Der Löwe schläft – nicht er, nur sein Gebein;

Denn wann es ruft im Vaterlande: Wer da?

Dann ist er wach, dann ruft der Löwe Stein,

Dann ist sein Geist, ist er da.

 

Dann tönt die Losung Stein, beim Namen Stein

Ringt jeder Deutsche für das Freie, Hohe.

So schlägt es Blitz auf Blitz in Männer ein

Aus ihm in heil'ger Lohe.

 

Nein, Deutschland, nie wird dieser reinste Strahl

In deiner lichten Heldenkrone bleichen,

Solang aus Alpen braust dein Rhein zu Tal

Und grünen deine Eichen.

Das Grab

 

1835.

 

Steh hier still, hier wächst der Baum

Schon mit Blättern grün und voll,

Der des letzten Schlummers Traum

Freundlich dir umschatten soll.

Schau' ihn an, er ist so grün,

Nickt so lustig in die Welt,

Rote Rosen ihn umblühn,

Von der Maienluft geschwellt.

 

Welch ein Schimmer! Welch ein Duft!

Horche, wie der Morgen klingt,

Wie der Kuckuck unten ruft!

Wie die Lerche oben singt!

Und dies Leben rosenrot,

Diese Wonne liederreich

Wäre graulich, und der Tod

Hätte hier sein düstres Reich?

 

Nein, ihr Rosen, nein, du Baum,

Der mich einst umsäuseln wird,

Nein, du Vöglein, das den Traum

Dieses Schlafes einst umschwirrt,

Nein, ihr Maienlüftchen süß,

Die ihr mit den Blumen kost,

Hier blüht wieder Paradies,

Das nicht Sturm noch Flut umtost.

 

Wachse denn, du grüner Baum,

Wachset, Rosen, zum Gebüsch,

Mit dem vollen Frühlingstraum

Duftet um mein Bette frisch;

Liebe, hüte dieses Grab,

Hoffnung, winde drum dein Grün,

Und so laßt mich bald hinab

In die sel'ge Stille fliehn.

Klage um Wilibald

 

1835.

 

Eine Handvoll Erde,

Einen Rosenkranz,

Daß erfüllet werde

Treue Liebe ganz,

Werf' ich, süßer Knabe,

Unter schwerem Ach,

Letzte Liebesgabe,

Deinem Schatten nach.

 

Ach, der holde Schatten,

Ach, das liebe Bild,

Welches Engel hatten

Schön in Staub gehüllt,

Sollte nur als Schimmer

Mir vorüberfliehn,

Diese Knospe nimmer

Voll als Rose blühn.

 

O mein süßes Leben!

Alters Lust und Zier!

Könnt' ich mit dir schweben!

Wär' ich stets bei dir!

Von dem Staubgewimmel,

Von den Gräbern fern,

Stets in deinem Himmel,

Stets auf deinem Stern!

Der grüne Wald

 

1835.

 

O der süße, grüne Wald,

Wo wir einst in Wonne klangen,

Wo wir spielten, wo wir sangen,

Wo wir tanzten Maientänze,

Wo wir pflückten Maienkränze,

O der süße, grüne Wald!

Wie er immer widerhallt,

Wie er schallt:

Wilibald! Wilibald!

 

Schalle nur, du grüner Wald,

Rufe immer deinem Frommen,

Ach! Er kann nicht wiederkommen!

Blühet, Blumen, flüstert, Blätter,

Klinget, Vöglein, das Geschmetter

Eures Lenzes durch den Wald –

Bleich ist eure Lichtgestalt,

Stumm und kalt –

Wilibald, Wilibald.

 

O du süßer, grüner Wald!

Wo wir nun in leisen Tränen

Uns nach unserm Liebling sehnen,

Nimmermehr im frischen Maien

Mit der jungen Lust juchheien –

Rufe ewig, grüner Wald,

Mit der Liebe Allgewalt,

Daß es schallt:

Wilibald! Wilibald!

Frühling

 

1835.

 

Wann die leisen Bächlein rauschen,

Säuseln durch die Blätter bebt,

Muß ich horchen, muß ich lauschen,

Ob der Liebste niederschwebt;

Wann die Frühlingsvöglein singen,

Und die ganze Blumenflor

Nur ein Blühen ist und Klingen,

Singt und klingt und blüht er nur.

 

Und ich rufe meinen Schmerzen

Unter manchem lauten Ach:

Blüht auch ihr! – Ich will euch herzen,

Werdet frisch im Lenze wach!

Bringt die schönste meiner Gaben,

Bringt mir das verlorne Glück,

Bringt mir meinen süßen Knaben

In der alten Pracht zurück.

 

Und die Tränen fließen milder,

Und es schmilzt das starre Herz,

Und die holden Liebesbilder

Zaubert neu der neue Schmerz,

Liebesbilder, Liebesschatten,

Sie bevölkern jeden Raum;

Was wir haben, was wir hatten,

Was wir lieben, heißet Traum.

 

Ach! Ein süßer Traum, verdunkelt

In der Erde Nebelluft,

Dessen hellstes Bild erfunkelt,

Wann wir weinen auf der Gruft:

Erde müssen wir begraben

Und was in uns irdisch ist,

Wollen wir im Lichte haben,

Was vom Himmel göttlich ist.

Lerchengesang

 

1836.

 

Hast du noch einen Ton, du altes Herz,

So spann' ihn auf, und laß es klingen,

Laß deine Liebe, deinen Schmerz

Ihr volles Leid den Sternen singen.

 

Was hoch empor schlug, hallet tief zurück,

Es hallt in deinem Busen wieder,

Es weiß kein Lied vom Erdenglück,

Von Engelwonnen singt es Lieder.

 

Empor, du Lerche, zur gestirnten Höh'!

Was flatterst du im Erdgewimmel?

Dort klingt ein Echo für dein Weh:

Du bist vom Himmel, suche Himmel.

An die Lerche

 

1836.

 

Vöglein, Vöglein in den Lüften,

Lerche, die zum Himmel schwebt,

Unten still in Blumendüften

Und im Grün der Wiesen lebt,

Du bist mein, du süße Kehle,

Meine Sehnsucht, meine Lust,

Alles Weh der Menschenseele

Klingst du hell aus frommer Brust.

 

Also trägst du meine Schmerzen

Aus der Erde Nebelflor

Zu dem Herzen aller Herzen,

Zu dem Himmelshort, empor,

Trägst mich hin zu meinen Lieben,

Die nun oben selig sind:

Unten ist das Leid geblieben,

Droben wehet Lebenswind.

 

O wie süß, mit dir zu kreisen

In dem heitern Sonnenstrahl!

O wie süß, mit dir zu reisen

Himmelauf vom Erdental!

Auszujubeln, auszusingen,

Was das stille Herz nur weiß,

Und aus voller Brust zu klingen

Liebeslust und Himmelspreis!

Ruf an Gott

 

1836.

 

Du, der Licht war vor meinem Tage,

Du, der Klang war vor meiner Klage

In der Gestirne Jubelgesang,

Du, dem Sonnen und Welten entrollten,

Eh' meine Sinne fühlten und wollten,

Hilf, Herr! Mir ist die Seele so bang.

 

Du, der Licht bist, laß es durchdringen,

Du, der Klang bist, laß es erklingen,

Hauche von oben himmlischen Wind,

Hauche den Odem ewigen Lebens,

Daß entfliehen die Schauder des Bebens –

Hilf, Gott! Höre dein flehendes Kind!

 

Aus dem Lichtmeer nur einen Funken,

Wie ich einst ihn selig getrunken!

Aus deiner Wonne nur einen Ton! –

Und es wehen die Lüfte des Lebens,

Und es fliehen die Schauder des Bebens –

Du bist Vater, ich wieder dein Sohn.

Immer Liebe

 

1836.

 

Und klingst du immer Liebe wieder?

Und immer nur denselben Ton?

Und weißt du keine andern Lieder

Als Gottes Sohn, von Gottes Sohn?

Muß er dein Licht, dein Glanz, dein Schein,

Muß er dein Alles, Alles sein?

 

Ja, er allein: in diesem Namen,

In diesem allerschönsten Ton,

Klingt aller Himmel Himmel Amen,

Das Heilig! Heilig! klingt vom Sohn,

Und Cherubim und Seraphim

Anbetend knien sie hin vor ihm.

 

Ja, er allein: soweit die Winde

Das grüne Erdenrund umwehn,

Muß nun im Klang vom hohen Kinde,

Das Mensch ward, aller Jubel gehn:

Es klinget kein so süßer Ton

Als von dem Sohn und aus dem Sohn.

 

Nein, nimmer lernt es andre Lieder

Das arme, sündenkranke Herz,

Nein, nimmer klingt es andres wieder

Als jener Sehnsucht süßen Schmerz

Vom Menschensohn, vom Gottessohn,

Dies bleibt das Lied, der Klang, der Ton.

 

Du bleibst das Lied, du liebste Liebe,

Du bleibst die Sehnsucht, schönstes Bild,

Du Licht der Lichter, Trieb der Triebe,

Woraus der Himmel Wonne quillt:

Mein Herz klingt deine Herrlichkeit

Von nun an bis in Ewigkeit.

Himmelfahrt

 

1837.

 

Wie prangt im Frühlingskleide

Die grüne, bunte Welt!

Und hat in Welt und Heide

Musik und Lust bestellt:

Wie klingt und spielt der Scherz

In Büschen rings und Bäumen

Von Edens Blumenträumen

Den Klang in jedes Herz!

 

Hinaus denn, meine Seele!

In voller Lust hinaus!

Verkünde, ruf, erzähle

Und kling und sing es aus!

Du bist von Lerchenart,

Nach oben will dein Leben:

Laß fliegen, klingen und schweben

Die süße Himmelfahrt.

 

Auf! Lüfte deine Schwingen

Zum frohen Heimatort!

Dein Trachten, Sehnen, Ringen,

Dein Weg, dein Lauf ist dort –

O flieg aus diesem Glanz

Der bunten Erdenlenze

Ins Land der ew'gen Kränze!

Dort ist dein Ziel, dein Kranz.

Gesang der Christenlerche

 

1837.

 

Es klingt ein Klang der Klage

Rings durch die Welt umher:

»Kurz sind der Menschen Tage

Und ihre Mühen schwer,

Nach leichtem Jugendspiele

Treibt Arbeit, Müh' und Not

Sie rastlos fort zum Ziele,

Und dieses Ziel ist Tod.«

 

O Klang voll bittrer Wehen!

Uralter Heidenklang!

Aus Tiefen rings und Höhen

Wie klingst du grausig bang!

Mit Zweifeln, Zittern, Zagen,

Mit ungestilltem Schmerz

Stellst du die scharfen Fragen

Ans arme Menschenherz.

 

So mag ein Sandkorn schweben

Auf hoher Meereshöh',

Wie Menschen stürmisch beben

Auf wilder Lebenssee:

Ach! Zwischen Fürchten, Hoffen

Wie hielten sie's wohl aus,

Stündst du zum Trost nicht offen,

Du Grabesfriedenshaus?

 

Fort, Heidenklang! Verklinge!

Verkling, uraltes Weh!

Komm, Christenlerche, singe

Ein Lied aus höhrer Höh',

Ein Lied vom schönern Glauben,

Von süßern Friedens Ruh',

Komm, trag mit Noahs Tauben

Uns grüne Hoffnung zu.

 

Komm, Christenlerche, singe,

Was du so selig weißt,

Die Lust des Himmels singe,

Die Held und Heiland heißt,

Die Wahrheit heißt und Leben

Und Licht der Erdennacht,

Daß nun kein Leid mehr beben,

Kein Tod mehr grauen macht.

 

O süßer Klang der Freude!

O Klang der Seligkeit!

Nicht mehr der Stunden Beute,

Ich heiße Ewigkeit.

Verlisch, du Erdensonne!

Tu, finstres Grab, dich auf!

Hell flieget meine Wonne

Zum höchsten Stern hinauf.

Weihnachtsfreude

 

1837.

 

Steh auf! Die Sonn' ist aufgegangen,

Es scheint das Licht der Herrlichkeit –

O Seele, klinge dein Verlangen,

Hell kling herein die neue Zeit!

Laß heut die frohe Kunde schallen

Weit übern Erdenball ringsum!

Erklinge, singe, künde allen

Der Menschheit Evangelium.

 

Dies ist das Licht, dies ist der Morgen,

Der Vorwelt dünner Dämmerschein,

Oft leuchtend auf und oft verborgen,

Nun scheint er hell zur Welt herein,

Das Liebesrätsel ew'ger Güte,

Der Frommen Hort, der Weisen Lust –

Der Sehnsucht süße Rosenblüte

Erblüht nun voll in jeder Brust.

 

Drum sollst du, frohe Liebe, klingen,

Daß alle Welt in Wonne sei,

Mit allen Himmelschören singen:

Ihr dunkle Menschen eilt herbei!

O eilet euch im Licht zu baden!

Der Glanz des Himmels strahlt herein,

Und jeder Jammer, jeder Schaden

Der Nacht soll weggeleuchtet sein!

 

Kommt alle, die ihr lieft verloren

In freudenvoller Finsternis!

Denn Jesus Christus ist geboren,

Es scheint das lichte Heil gewiß.

O Liebesglanz! O Lebensmorgen!

O wunderbarer Gottesschein!

Weg Sünden, Schmerzen, Zweifel, Sorgen!

Denn Jesus Christ will unser sein.

Friedensgebet

 

1837.

 

Gib Frieden, Herr, gib Frieden,

Du milder Liebeshort!

Einst bist du abgeschieden

Mit süßem Freudenwort:

Ich geb' euch meinen Frieden,

Wie ihn die Welt nicht gibt,

Verheißen und beschieden

Dem, der mich glaubt und liebt.

 

Gib Frieden, Herr, gib Frieden!

Die Welt will Streit und Krieg,

Der Stille wird gemieden,

Der Wilde hat den Sieg,

Und Unruh' herrscht auf Erden

Und Lug und Trug und List –

Ach! Laß es stille werden,

Du stiller Jesus Christ!

 

Gib Frieden, Herr, gib Frieden,

Du milder Liebeshort!

Dann wird es schon hienieden

Ein Paradiesesort,

Und Sorgen fliehn und Schmerzen

Aus jeder schweren Brust,

In Freuden glühn die Herzen,

In Lieb' und Himmelslust.

Des Zweiflers Unruh'

 

1837.

 

Wohin, wohin, ihr flatternden Gedanken?

Wohin mit mir im brausenden Gewimmel?

Was reißt ihr mich durch aller Himmel Himmel

Und schlingt um nichts und alles eure Ranken?

 

Wir fliegen hoch. Sind wir so hoch geboren?

Und warnt uns nicht, was Fabel klingt und Sage,

Der Weisen Lehre und der Helden Klage,

Der Frommen Seufzer und der Spott des Toren?

 

Sie warnen: Kinder flüchtiger Sekunden,

Wie reißt euch doch der wilde Wahnsinn hinnen?

Was Menschen schaffen, bauen, denken, sinnen,

Wird ihnen gleich ein Morgentraum erfunden.

 

Ja, daß wir durch die höchsten Himmelshöhen

Und durch die tiefsten Höllen müssen schweifen,

Nach Unergreiflichkeiten müssen greifen,

Das ist das lange Weh der ältsten Wehen.

 

Da spielt die Hoffart und ihr Sohn, der Zweifel,

Ach, schon Gesell von Adam, unserm Ahnen;

Wir sind Soldaten unter seinen Fahnen

Und folgen ihres bunten Trugs Gewaifel.

 

Er ruft: Mir nach zum Sieg, ihr tapfern Knechte!

Mir nach, zum Dienst das Geisterreich zu zwingen!

Wir müssen durch zum Lichtesurborn dringen;

Den Feigen unten lassen wir die Nächte.

 

Das ist's, das ist der alte Fluch hienieden:

Wir jagen nach den bunten Zauberbildern,

Bis wir im wirren Geisterkrieg verwildern,

Stets weiter weg von Einfalt, Ruh' und Frieden.

 

Weh heißt die Aufschrift auf dem Lebensschilde,

Verwirrt hat unser Abc die Lüge,

Verwischt das klare Antlitz reiner Züge,

Des Götterbilds der Liebe, Lust und Milde.

 

Doch ist des Bildes Bild herabgekommen,

Des Armen Reichtum und das Licht der Blinden,

Der Edelstein, den Kunst und List nicht finden,

Der nur den Stillen leuchtet und den Frommen.

Des Schiffers Traum

 

1837.

 

Es heult der Sturm, die Woge schäumt,

Und durch die Wolken fahren Blitze,

Der alte Schiffer nickt und träumt

Gar ruhig auf dem nassen Sitze:

Wie wild um ihn die Woge schlägt,

Wie auf und ab das Schifflein schaukelt,

Ein Traum, der süße Bilder trägt,

Umspielt sein Haupt und scherzt und gaukelt.

 

Ein Eiland hebt er hell und schön

Mit reichen Fluren aus den Wogen,

Ein wundervolles Lenzgetön

Aus Blütenhainen kommt geflogen –

Der Alte ruft: »Hier legt ans Land!

Hier in die Bucht, den stillen Hafen!

O kommst du endlich, Friedensstand?

Wie will ich süß nach Stürmen schlafen!«

 

Da schießt aus schwarzer Nacht ein Strahl,

Ein glühnder Gottespfeil, von oben,

Der Schiffer und das Schiff zumal

Mit Mann und Maus sie sind zerstoben,

Die wilde Woge treibt zum Strand,

Treibt Trümmer und Leichen treu zum Hafen –

Glückseliger Träumer! Du hast Land,

Nun kannst du süß nach Stürmen schlafen.

Warum ruf' ich?

 

1837.

 

Und rufst du immer Vaterland

Und Freiheit? Will das Herz nicht rasten?

Und doch, wie bald umrollt der Sand

Des Grabes deinen Leichenkasten!

Die nächste Ladung trägst du schon

Geschrieben hell auf weißer Scheitel;

Gedenk' des weisen Salomon,

Gedenk' des Spruches: Alles eitel.

 

Ja, darum ruf' ich Vaterland

Und Freiheit – dieser Ruf muß bleiben,

Wann lange unsrer Gräber Sand

Und unsern Staub die Winde treiben;

Wann unsrer Namen dünner Schall

Im Zeitensturme längst verklungen,

Sei dieses Namens Widerhall

Von Millionen nachgesungen!

 

Ja, darum, weil wir gleich dem Schein

Der Morgendämmerung verschweben,

Muß dies die große Sonne sein,

Worin wir blühn, wodurch wir leben;

Drum müssen wir an diesem Bau

Uns hier die Ewigkeit erbauen,

Damit wir aus dem Geistergau

Einst selig können niederschauen.

 

O Vaterland! Mein Vaterland!

Du heil'ges, das mir Gott gegeben!

Sei alles eitel, alles Tand,

Mein Name nichts und nichts mein Leben –

Du wirst Jahrtausende durchblühn

In deutschen Treuen, deutschen Ehren:

Wir Kurze müssen hinnenziehn,

Doch Liebe wird unsterblich währen.

Der Stein im Rhein

 

1838.

 

Hier ist die Stelle, hier liegt der Stein,

Hier nahm mein Liebstes hinweg der Rhein,

Der Freude, der Liebe goldensten Hort,

Hier flog die Lust des Lebens mir fort.

 

O kurze Zeit! Und o lange Zeit!

Wird die Vergangenheit Ewigkeit?

Wird Zukunft eine Ewigkeit lang,

Weil solchen Hort mir die Woge verschlang?

 

O Tag! – Ja klage nur – Tag, der war!

Einst mustert' ein Feldherr mir meine Schar –

»Stell' auf die Knaben! Alle herbei!

Daß ich sehe, welcher der reisigste sei.«

 

Sie standen, und ich sprach: »Euer Rhein

Muß ewig Deutschlands Herrlichkeit sein;

Ihr misset's, und euer frischestes Blut

Für solchen Preis sei es keinem zu gut.«

 

Da trat der kleinste wohl aus dem Chor,

Ein stolzer Freiwilliger, leuchtend hervor,

Schlug in des Feldherrn Ehrenhand

Den edlen Willen rasch ein als Pfand.

 

Er hat's gehalten, er ward der Hort,

Ihn trug sein Rhein sich als Opfer fort:

So hat er mir ohne Schlachten die Schlacht

Vor tausend Schlachten blutig gemacht.

 

Nun liege fest vor den Welschen, mein Stein!

Nun brause freudiger, freier, mein Rhein!

Meine Sehnsucht und Liebe, sie rauschen mit dir –

O rauschten deine Wellen auch über mir!

Grablied

 

1838.

 

Auf! Laßt uns fröhlich singen

Ein Lied von Tod und Grab!

Gar herrlich soll es klingen

Ins letzte Bett hinab:

Des Friedhofs stiller Hügel

Kein Leben deckt er zu,

Der Geist schwingt frohe Flügel

Und fliegt der Heimat zu.

 

Er sagt der grünen Erde

Die letzte gute Nacht,

Denn Arbeit, Not, Gefährde

Sie sind mit Gott vollbracht,

Die Freuden und die Mühen

Der armen Sterblichkeit –

Nun sieht er Kränze blühen

Im Lenz der Ewigkeit.

 

Nun sieht er hell im Lichte,

Was hier so dunkel war,

Des Herzens Traumgesichte,

Des Lebens Rätsel klar;

Nun kann er ganz verstehen,

Was Gott, was Christus ist:

Wie wohl ist ihm geschehen,

Daß er gestorben ist!

 

Drum wolln wir fröhlich singen

Ein Lied von Tod und Grab,

Ein Himmelslied soll klingen

Ins Erdenbett hinab!

Die Seele hat gewonnen

Das ew'ge Morgenrot

Und schaut aus heitern Wonnen

Hinab auf Grab und Tod.

Jesusgebet

 

1838.

 

Herr, du mein Licht, mein Heil, mein Leben,

Du süßer Heiland Jesus Christ!

Hilf, Herr! Hilf! Laß mich nicht entschweben

Von dir, wo Seelenfreude ist,

Wo Einfalt ist, wo Frieden ist,

Bei dir, bei dir, Herr Jesus Christ!

 

Hilf! Laß mich nicht im Schein verwildern

Der Welt, die tausendfarbig gleißt,

Die lockt, die Wesen durchzubildern,

Soweit das All die Bahnen kreist –

O gib mir deinen stillen Geist,

Des Namen Lieb' und Demut heißt!

 

O könnt' ich schaun aus deinem Bilde

Der Welten Ziel, der Menschen Sein

Mit voller Klarheit, voller Milde,

Dann wäre schon der Himmel mein,

Dann täuschte mich kein Schein vom Schein,

Das Licht der Lichter wäre mein.

 

O Licht der Lichter! Bild der Bilder!

Du Gottesglanz, du Liebesglanz!

Du Stiller, Treuer, Frommer, Milder,

Erleuchte mir die Seele ganz!

Dein Bild dies bilde ganz mir ein!

Und werde, bleibe ewig mein!

Meine Grablegung

 

1839.

 

»Wann ich gestorben, schlagt den schwarzen Mantel

Um meinen morschen Leib, wie er verschlissen.

Ihr wißt, warum: die Sünde, die Tarantel,

Hat mich in grüner Jugend scharf gebissen.

 

Drum mußt' ich taumelnd in dem tollen Tanze,

Der Leben heißt, durch böse Irren schweifen,

Am Becher wilder Lust, am bunten Kranze

Der Torheit wie an Blumen mich vergreifen.

 

Wie sollt' ich anders denn vor Gott erscheinen

Am Jüngsten Tag, als trauernd und zerrissen?

Ach! Mein Gefolg', mein Engel, der wird weinen

Und mein Vertrauter zagen, mein Gewissen.«

 

So sprach ich. Und mein Töchterlein, das feine,

Wischt' aus den Augen sich die hellen Zähren:

»O Vater, diese Farben sind nicht deine;

Wie kommst du auf die alten Heidenmären?

 

Ich weiß es besser, wie wir dann dich kleiden:

Dein Leichentuch muß grün sein, und ein rotes

Herz auf dein Herz genäht; denn diese beiden,

Das Grün und Rot, verkünden nichts Gedrohtes.

 

Die frohen Christenfarben sollst du nehmen

Mit grünem Christenglauben in die Erde.

Was spielst du so mit wüsten Heidenschemen,

Verzerrt durch Graun der düstern Nachtgebärde?«

 

So winkte mich das Kind zur Himmelspforte

Zurück, zurück zum Grün, zum grünen Hoffen,

Zurück zum Rot, zu dem, des Wunden offen

Geblutet an dem Kreuz, zum Liebeshorte.

 

Drum, wann ich sterbe, sollt ihr grün mich kleiden,

Ein rotes Herz mir nähn auf Herzensstelle:

Grün ist das Wort vom Christ und rot die Welle,

Die eine schwarze Welt gesühnt durch Leiden.

Gerechtigkeit Gottes

 

1839.

 

Du findest keinen festen Weg zum Glücke

Hier, wo das bleiche Mondlicht niederschauet;

Nur, wer sich gleich der Regenbogenbrücke

Aus leichten, bunten Steinen ihn erbauet,

Ist weise, wer wie Kinder fort sich spielet,

Auf keinen Fang wie auf Gewisses zielet.

 

Es war der Mann gekommen aus dem Lande,

Wo Honig Gift ist1, Dolch die Streite sühnet,

Er schlug die Welt durch Schwert und Trug in Bande,

Durch Großes zu dem Größten stolz erkühnet –

»Mir«, sprach er trotzig, »gab der Herr die Reiche,

Wer wider mich und Gott will, der erbleiche!«

 

So rief der Korse, doch es schmolz zusammen

Sein Stolz im Schnee und Eis der Moskowiten,

Aufschlugen da aus allen Herzen Flammen,

Und Zorn und Liebe trieben heiße Blüten,

Zu einem Strauß des schönsten Kampfs gebunden:

Des Bösen Zauber war wie Dunst verschwunden.

 

Verkrächzet war das Lied der Schicksalsraben,

Und es erklang das Siegeslied der Christen

Zum Gotteskampf vom Greise bis zum Knaben,

Gebunden ward der Fürst der Hinterlisten;

 

Er fiel, und zweimal heulte die Hyäne

Europas, deutsch gegeißelt, an der Seine.

 

Da, als die Völker wachten auf vom Staunen

Und ließen frisch dem heißen Mut den Willen,

Blies ich mein Pfeifchen auch mit Kriegsposaunen,

Der Freiheit lang erstickte Lust zu stillen –

Da winkten manche Fromme mir den Segen,

Ich führte Federn nur, die bessern Degen.

 

Bald klingt es Frieden, nach gewalt'gen Dingen

Ist's allen Herzen wieder stiller worden,

Man läßt zum Rhein zurück die Trommeln klingen,

Man läßt die Fahnen wieder wehn gen Norden,

Und jeder suchet froh das liebe Seine,

Ich suche, finde meines mir am Rheine.

 

Da träumt' ich Ruh' dem kurzen Rest der Tage,

Ach, Traum ist Menschenwünschen, Menschenmeinen!

Der droben alles wägt auf höchster Wage,

Vor dem erlischt der Schein von Erdenscheinen,

Er dräute Wetter meinem stillen Sitze

Und schoß durch meinen Himmel manche Blitze.

 

Und endlich ließ er mir von jenen Streichen

Aus hellen Wolken einen niederschmettern,

Von jenen, welche Locken plötzlich bleichen,

Das Leben flugs entblüten und entblättern,

Er schoß auf meinen schönsten, schnellsten Knaben,

Ihn hat der Rhein genommen und begraben.

 

Gerecht ist Gott und gut allein und weise,

Er misset jedem zu mit rechtem Maße:

Wer nur die Blumen sucht der Pilgerreise,

Den treibt er fort zur bösen Dornenstraße:

Verlieren wollt' ich mich auf Blumenwegen,

Da trat mit Schrecken mir der Herr entgegen.

 

Gerecht ist Gott und gut allein und weise –

O Mensch, bekenn' es unter bittern Tränen! –

Er rollt Geheimnis durch des Lebens Kreise,

Auf daß du lernest nach dem Licht dich sehnen,

Auf daß die liebe Not dich lehre beten,

Vom Erdenweg in Himmelswege treten.

Fußnoten

 

1 So beschrieben und empfanden die Römer selbst schon ihr Korsika.

 

 

Mein Vöglein

1839.

 

Goldschwingen trugst du – o wie goldne Schwingen! –

Mein Vöglein, das so frühe mir entflogen;

Drum hat von dir der Glanz sich weggezogen,

Drum muß ich fernhin lauschen ihrem Klingen;

 

Ach! fernhin, wo, in sel'gen Lichtes Wogen

Die Engel badend Heilig! Heilig! singen;

Ach! fernhin – Mag so hoch ein Schuß gelingen,

Den Schmerz und Sehnsucht tun vom Herzensbogen?

 

Meist kommt der Pfeil zurück, der nicht getroffen,

Daß Herz und Augen Tränen mir verdunkeln,

Daß mir die Ohren wie voll Glocken klingen.

 

O Himmel, wann stehn deine Pforten offen,

Daß meine Geister mir entgegenfunkeln,

Daß meine goldnen Vögel um mich singen?

Mein Blumenkönig

 

1839.

 

Von Blumen trug er beide Händchen voll,

Drum nannten wir ihn scherzend Blumenkönig,

Dann goß er vor uns aus den bunten Zoll

Und meint', er trüge immer noch zuwenig –

Ach! Unsern Liebling, unsern schönsten Knaben,

Wir mußten ihn im Blütenlenz begraben.

 

Glückselig er! Er hat der schlimmen Welt

Nur Spiel und Scherz und Blumen abgewonnen,

Nie hat sich ihm des Lebens Nichts erhellt,

Nie ist ein Zauber ihm in Trug zerronnen:

Reich flog er weg mit allen Blütenscheinen,

Wir schauten arm ihm nach und mußten weinen.

 

O Rosenkönig, süßes Sternenkind!

Wann neu die Nacht die goldnen Lampen zündet,

Wann Lust und Leid voll Sehnsucht still und lind

Lauscht, was die obre Welt geheim verkündet,

Dann scheinst auch du mit Millionen Lichtern

Und funkelst mit den Engelangesichtern.

 

O Rosenkönig, süßes Sternenkind!

Dann streust du bunte Himmelsblumen nieder,

Und wie an Tagen, die vergangen sind,

Erfreut uns jene Blumenwonne wieder:

Dann spielt es rings mit längst verschwundnen Scheinen,

Wir spielen mit, wir träumen mit und weinen.

Des alten Soldaten letzter Ausmarsch

 

1839.

 

Marsch! Was klingen die Trompeten?

Marsch! Klingt das nicht Totenmarsch?

Helles Blasen nicht und Flöten

Ernst und still, nicht wild und barsch?

Marsch! Es muß gewandert werden!

Nicht zu Tanz und Kriegesspiel,

Nein, der letzte Marsch auf Erden

Und der nächste Marsch zum Ziel.

 

Marsch! Zum Abzug wird geblasen,

Und des Lebens hast du satt;

Nimm das letzte Grün vom Rasen,

Nimm vom Baum das letzte Blatt,

Nimm vom Strauch die letzte Rose;

Denn es muß geschieden sein:

All vergriffen sind die Lose,

Keines steht für dich noch ein.

 

Sei's! Trompeten und Posaunen,

Schallt, und donnre, Paukenschlag!

Donnre Schrecken und Erstaunen!

Mir entbebt kein Weh noch Ach!

Und ich will es fröhlich sagen:

Ja, des Lebens hab' ich satt,

Falle still und ohne Klagen

Wie vom Baum ein welkes Blatt.

 

Denn ich bin Soldat gewesen,

Und in manchem heißen Strauß

Bliesen Kugeln auserlesen

Mir fast Licht und Atem aus,

Wilde Scharen aller Farben

Drangen stürmend auf mich ein,

Schrammen, Striemen, Wunden, Narben

Müssen des mir Zeugen sein.

 

Nicht auf weichen, seidnen Sitzen

Wiegte mich das Leben durch,

Scharf mit Donnerschlag und Blitzen

Traf's mich aus der Himmelsburg:

Denn wo gute Kämpfer standen,

Bot ich mich dem Schützen voll,

Und der Schütz hat wohl verstanden,

Wie ins Herz man treffen soll.

 

»Welcher Schütz? O welche Fabeln?

Wohin träumt der irre Greis?

Spielt in Bildern und Parabeln

Aus, wovon er selbst nicht weiß?«

Schweigt! Hier müßt ihr alle lallen,

Kinder, kind'sche Träumer sein,

Beten, knien, niederfallen

Vor des Schützen Blitzesschein.

 

Marsch! O Freudenmarsch! Und munter

Spielt mir auf zum letzten Gang!

Klingt mir fröhlich noch hinunter

In das stille Grab den Klang!

Kameraden, bald hienieder

Folgt ihr mir zu gleichem Ziel –

Doch getrost! Wir kämpfen wieder

Droben beßres Kriegesspiel.

Die Nachtrheinfahrt

 

1839.

 

Zwei schlug's nach Mitternacht, wohl sieben Meilen

Hatt' ich am heißen Sommertag vollendet,

Da sahen, wo die Sieg zum Rhein sich wendet,

Nur Mond und Sterne mich nach Mondorf eilen.

 

Es schliefen Mensch und Tier und Wald und Bäume,

Die Vöglein bargen unter stillen Flügeln

Die Schnäbel und die Stimmen, aus den Spiegeln

Des Tages spielten Bilderspiel die Träume.

 

Ich rief dem Fergen, doch mir scholl's entgegen:

»Er liegt am Ufer jenseits eingeschlafen,

Denn selten kommt zu unserm kleinen Hafen

Ein Wandrer hin auf mitternächt'gen Wegen.

 

Doch steht ein Eichstock an der Sieg Gestade,

Und macht das schmale Fahrzeug Euch kein Grauen,

So mögt Ihr meiner Armeskraft vertrauen,

Ich rudr' Euch mutig durch die Wellenpfade.«

 

»Geh! Hol'!« – Er ging. Doch unterdes erblaßten

Mond und Gestirne, schwarze Wolken zogen

Gewitternacht zusammen, Blitze flogen,

Die sich vom Ost zum West umarmend faßten.

 

Der Eichstock kam. Sein blitzerhellter Treiber

Erschien mir nun, ein Mann gewalt'ger Knochen,

Schwarz, düster, gleich dem Fährmann viel besprochen,

Der weiland Geister führte dünnster Leiber.

 

Frisch sprang ich doch in diesen Charonsnachen,

Doch kaum das Viertel meines Wegs gefahren,

Erpfiff ein Lispelwind, er pfiff Gefahren,

Die bald als Sturm und Donner sollten krachen.

 

Schon bebet die Natur, die Vögel sausen

Durch wilde Luft, mit Bellen, Heulen, Stöhnen

Erwacht die Kreatur in Klagetönen,

Die kurz verhallend durcheinander brausen.

 

Der Ruf der Wächter, die die Nacht durchschreiten,

Schreit in geschwinder Angst aus dumpfem Horne,

Als bliesen sie ein Lied von Gottes Zorne,

Den Jüngsten Tag, den Untergang der Zeiten.

 

Und krach, schlägt's ein vor uns, die Wellen spritzen,

Der Nachen bäumt sich, wie zum letzten Sprunge

Ein fallend Roß, und aus dem Ruderschwunge

Entstürzen beide wir zugleich den Sitzen.

 

Ein Ruder brach, ein Vogel ohne Flügel

Fliegt nun das Schifflein fort. »Gott sei uns gnädig!«

So rufen wir kleinmütig und kleinredig:

»Der Wogenturm wird uns zum Grabeshügel.«

 

Doch Wunder! Wie wir kaum das Wort gesprochen,

Verstummt der Donner, und die Winde lispeln

Sich sanft zum Säuseln ab, zum Zephirwispeln,

Das Morgenrot erglänzt, aus Nacht gebrochen.

 

Wohin wir wollten, muß die Flut uns bringen;

Wir, die noch eben Tod in Tiefen sahen,

Schon können wir des Ufers Weiden fahen

Und bei Graurheindorf froh ans Ufer springen.

 

Die Lerche klingt, es klingt der Mensch den Morgen,

Wach' auf, mein Herz, und singe! hör' ich klingen

Aus kleinem Häuschen, mußte mit es singen,

Bald lag ich in der Meinen Arm geborgen.

Ermunterung

 

1840.

 

Was willst du dich betrüben?

Der alte Gott lebt noch,

Nicht hüben und nicht drüben,

Nicht ferne und nicht hoch:

Sein Sein ist allenthalben,

Sein Lieben klingt durchs All

In höchster Engel Psalmen,

In kleinster Vöglein Schall.

 

Er weiß um deine Schmerzen,

Er weiß um deine Lust,

Und willst du ihn von Herzen,

Gleich hat ihn deine Brust,

Gleich fällt wie Frühlingsregen

Bei warmem Sonnenschein

Sein süßer Gnadensegen

Dir voll ins Herz hinein.

 

Auf! Wirf dein schlechtes Grämen,

Dein eitles Sorgen weg!

Verscheuche alle Schemen,

Die irren deinen Weg!

Du sollst im Lichte schreiten,

Und der dich frei gemacht,

Das große Licht der Zeiten,

Schloß ewig deine Nacht.

 

Mag alles sinken, wanken,

Dies eine bleibet fest,

Gedanke der Gedanken,

Der nimmer sinken läßt:

Das große Licht der Zeiten,

Dein Heiland Jesus Christ,

Wird Strahlen um dich spreiten,

Wo alles finster ist.

 

Dies wage fest zu fassen,

Dies halte treu und fest,

Den schwöre nie zu lassen,

Der nimmer dich verläßt:

Der dich mit seinem Blute

Erlöst aus Nacht und Wahn,

Will, daß mit hellem Mute

Du wandelst deine Bahn.

Sankt Florentius' Mantel

 

1840.

 

Sankt Florentius, der fromme Bischof,

Ritt gen Straßburg zu dem hohen Schlosse,

König Dagobert sich zu verneigen.

In das Vorgemach hinaufgestiegen,

Dessen Doppeltüre führt zum Saale,

Wo der König thront vor seinen Mannen,

Späht er für den regenschweren Mantel

Rings nach einem Stuhl, nach einem Nagel,

Ja, nach einem Häkchen nur am Fenster,

Seine nasse Bürde dran zu hängen.

Ach! Vergebens: glatt sind alle Wände,

Bänke, Stühle gar nicht im Gemache.

Sieh! Da schießet durch die Fensteröffnung

Hell ein Sonnenstrahl gleich einer Lanze,

Etwas drauf zu hängen – und Florentius:

»Will es Gott, so trägt er«, und den Mantel

Wirft er auf den Strahl. Da geht die Tür auf,

Und der Bischof kniet vor dem König.

Und o Wunder! Als er bald zurückkommt,

Stehet noch die Sonnenstrahlenlanze

Und der Mantel drauf in Lüften hangend.

Und anbetend steigt der fromme Bischof

Schweigend nieder aus des Schlosses Hallen.

 

Dies das Märchen von Florentius' Mantel,

Von dem Strahle, der als Stange diente.

Doch was soll uns dieses Kindermärchen?

Ist's ein Nagel, Wahrheit dran zu hängen?

Ja, ein Nagel ist's, ein helles Gleichnis

Von dem Sonnenstrahl der Gnade Gottes.

Ach! Die hat auf Erden keinen Nagel,

Unbequemes daran wegzuhängen;

Ach! Die hat auf Erden keine Balken,

Lasten, welche drücken, draufzulegen.

Aber wo ein Fünkchen von ihr schimmert,

Wo ein dünnstes Streifchen ihres Lichtes

Von dem Himmel zu der Erde schießet,

Fasse, halte dran, als wären's Lanzen,

Lanzen Gottes, dich und deine Lasten,

Dich und deiner Sünden schweren, schwarzen

Mantel froh vertrauend dranzuhängen –

Und dein Gott wird mächtig sein wie weiland,

Und dein Glaube fröhlich oben schweben.

Das Lied vom Rhein an Niklas Becker

 

1840.

 

Es klang ein Lied vom Rhein,

Ein Lied aus deutschem Munde,

Und schnell wie Blitzesschein

Durchflog's die weite Runde,

Und heiß wie Blitzesschein

Durchzuckt es jede Brust

Mit alter Wehen Pein,

Mit junger Freuden Lust.

 

Sein heller Widerklang

Vom Süden fort zum Norden

Ist gleich wie Wehrgesang

Des Vaterlands geworden.

Nun brause fröhlich, Rhein:

Nie soll ob meinem Hort

Ein Welscher Wächter sein!

Das brause fort und fort.

 

Und stärkrer Widerklang

Gleich Pauken und Posaunen,

Gleich kühnem Schlachtgesang

Klingt Welschland durch mit Staunen –

Es klinget: Neue Zeit

Und neues Volk ist da;

Komm, Hoffart, willst du Streit!

Germania ist da.

 

Drum klinge, Lied vom Rhein!

Drum klinget, deutsche Herzen!

Neu, jung will alles sein –

Fort, fort die alten Schmerzen,

Der alten Wahne Tand!

Alleinig stehn wir da

Fürs ganze Vaterland,

Jung steht Germania.

Dem bleibenden Ausschutz des Düsseldorfer Karnevalvereins nach Übersendung seines Patents

 

1841.

 

Wollt auch Ihr mich wieder locken

Zu der Torheit buntem Reigen

Auf des Scherzes leichten Socken!

Ach! die Flöten und die Geigen

Mögen wunderlustig klingen,

Doch den Mut entflohner Jahre

Können sie nicht wiederbringen,

Noch die Kränze dichter Haare.

 

Denn den Reigen durchzutanzen

Mit der Freude Vagabunden,

Denn die Spiele durchzuschanzen

Hintermitternächt'ger Stunden

Mag der Siebziger nicht wagen;

Doch er klatscht mit frohen Händen

Euren jubelvollen Tagen,

Die nach Mitternächten enden;

 

Doch er hat im langen Leben

Einen frommen Spruch erworben,

Den er kann als Lehre geben:

Froh gelebt heißt froh gestorben.

Glücklich, welche fröhlich spielen!

Selig, welche mächtig hoffen!

Denn nach vielem muß man zielen,

Weil so wenig wird getroffen.

Geistesmahnung

 

1841.

 

Soll die Erde dich besiegen,

Ihre kalte, feige Macht?

Willst du dich mit Sklaven schmiegen

Wie in dumpfer Kerkersnacht?

Willst du gleich den Feigen sorgen

Um ein Ding, das nimmer dein?

Armer Geist! Dann bringt kein Morgen

Deinem Dunkel Sonnenschein.

 

Hast du Federn doch und Schwingen,

Edler Geist, so schwinge dich!

Laß sie rauschen, laß sie klingen!

Und die Nebel senken sich,

Wann du deine Höh' erflogen,

Und die dumpfe Nacht wird licht,

Und der Wahn, der dich belogen,

Weicht der Freude Sonnenlicht.

 

Freude! Freude! Welche Flügel!

Mut! O welches Schlachtenroß!

Diese reißen alle Zügel,

Diese sprengen jedes Schloß,

Diese brechen alle Riegel

Feiger Sorge, eitler List,

Diese, Unterpfand und Siegel,

Daß du Sohn des Himmels bist.

 

Sohn des Himmels, Kind der Sterne!

Dort dein Heim, dein Sitz, dein Reich –

Tiefe, Höhe, Nähe, Ferne,

Erd' und Himmel alles gleich –

Wo die Flügel immer schweben,

Liegt dein Reich. Auf, nimm es ein!

Nimm dein Reich ein, nimm dein Leben,

Nimm dich selbst! – Die Welt ist dein.

Frühling im Alter

 

1841.

 

Singen die Vöglein im grünen Wald,

Klingen die Bächlein bergunter,

Lockt es den Alten mit Lustgewalt,

Klopfet das Herz ihm so munter:

Denket der Wonnen verschienener Lenze,

Denket der Kränze und denket der Tänze,

Fallen auch Tränen herunter.

 

Singet und klinget! das Heute ist mein,

Heut will ich singen und klingen

Lustig mit spielenden Kindern feldein,

Fröhlich mit fröhlichen Dingen,

Will mir bekränzen die Locken, die greisen:

Bald muß ich hinnen und wandern und reisen,

Wo mir die Vögel nicht singen.

Allein

 

1841.

 

Ich bin allein, in weiter Welt allein,

All meine Sterne schlossen ihren Himmel,

Im dichten Menschenstrudel ganz allein,

Allein im bunten, wilden Erdgewimmel –

Allein? Wie furchtbar tönst du, Schreckenswort!

Zum Ozean des Nichts wie treibst du fort!

 

Allein! So schloß sich schwarz der Himmel zu,

Der meine jungen Tage einst umglänzte?

So flüchtig, süße Freude, warest du,

Die meinen Frühling einst mit Rosen kränzte?

Allein? Allein? O gräßlich düstres Wort!

Einsam der Mensch und ohne Heim und Ort?

 

Einsam der Mensch? Du faselst, dunkler Tor –

Lockt nicht die Sonne mit den alten Strahlen?

Lockt nicht die Wiese mit dem Blumenflor,

Ein zweites Eden vor dir hinzumalen?

Spricht Gott nicht in dem Stein und Gras und Strauch,

Im Sternenschimmer und im Blütenhauch?

 

Spricht Gott in dir nicht? Ja, wenn Kerkernacht

Im Moder fern von Sonn' und Mond dich hielte,

Und wenn des Satans schärfste Höllenmacht

Mit allen Zweifelsschüssen auf dich zielte,

Wo Gott und Liebe spricht, wie könnt' es sein?

Mit Gott und Liebe bleibt kein Mensch allein.

 

Mit Gott und Liebe – o das Freudenwort!

Gleich fliegen her die Myriaden Geister

Und jagen alle düstern Spuke fort

Und werden aller bösen Träume Meister,

Und fröhlich tagt's wie junger Morgenschein:

Mit Gott und Liebe bleibt kein Mensch allein.

 

O Gott und Liebe! O du Liebesheld!

Du Stiller alles Jammers, aller Klagen!

Du Helfer und Befreier aller Welt,

Der auch für mich den Dornenkranz getragen –

Bescheinst du mich, du höchster Liebesschein,

Ist alle Erde, aller Himmel mein.

Deutsches Kriegslied1

 

1841.

 

Fürs Vaterland, fürs Vaterland

All-Deutschland frisch und fröhlich auf!

Vom Ostseestrand, vom Nordseestrand,

Aus Berg und Tal All-Deutschland auf!

Auf! Auf! Was kann die Stange tragen,

Und was von deutschen Ehren weiß!

Und was ein deutsches Herz fühlt schlagen,

Dem glüh' das Herz heut doppelt heiß!

 

Fürs Vaterland, fürs Vaterland!

All-Deutschland frisch und fröhlich auf!

Auf gegen welschen Lügentand

Mit Sturmesschritt im Sprung und Lauf!

Ha! Hört ihr frech die Welschen tönen?

»Für uns das Land, für uns der Rhein!

Der Sieg ist Galliens tapfern Söhnen,

Drum, stiller Deutscher, gib dich drein!«

 

Fürs Vaterland! Fürs Vaterland!

Horch', Welschland! Hör' ein Gegenlied:

Ein Volk, ein Heer, ein Herz und Hand,

Was gegen euch den Degen zieht –

Sind all zu Schild und Helm geboren,

Das freie, tapfre Teutsgeschlecht,

Zu edlem Tode aufgeschworen,

Zum Kampf für Freiheit, Licht und Recht.

 

Fürs Vaterland! Fürs Vaterland!

Drum alle frisch und fröhlich drein!

Auf welschen Trotz ins welsche Land!

Für unsern Rhein frisch übern Rhein!

Mit Gott dem Herrn, dem Gott der Freien,

Drum alle frisch und fröhlich drein!

Und was die Prahler dräun und schreien,

Es muß durch Gott zerstoben sein.

Fußnoten

 

1 In den Jahren 1840 und 1841 begann es hin und wieder mit neuem Übermut von der Seine her zu klingen.

 

 

Als Thiers die Welschen aufgerührt hatte

Herbstmond 1841.

 

Und brauset der Sturmwind des Krieges heran,

Und wollen die Welschen ihn haben,

So sammle, mein Deutschland, dich stark wie ein Mann

Und bringe die blutigen Gaben,

Und bringe das Schrecken und trage das Grauen

Von all deinen Bergen, aus all deinen Gauen,

Und klinge die Losung: Zum Rhein! Übern Rhein!

All-Deutschland in Frankreich hinein!

 

Sie wollen's; so reiße denn, deutsche Geduld,

Reiß durch von dem Belt bis zum Rheine!

Wir fordern die lange gestundete Schuld –

Auf! Welsche, und rühret die Beine!

Wir wollen im Spiele der Schwerter und Lanzen

Den wilden, den blutigen Tanz mit euch tanzen,

Wir klingen die Losung: Zum Rhein! Übern Rhein!

All-Deutschland in Frankreich hinein!

 

Mein einiges Deutschland, mein kühnes, heran!

Wir wollen ein Liedlein euch singen

Von dem, was die schleichende List euch gewann,

Von Straßburg und Metz und Lothringen:

Zurück sollt ihr zahlen, heraus sollt ihr geben!

So stehe der Kampf uns auf Tod und auf Leben!

So klinge die Losung: Zum Rhein! Übern Rhein!

All-Deutschland in Frankreich hinein!

 

Mein einiges Deutschland, mein freies, heran!

Sie wollen, sie sollen es haben.

Auf! Sammle und rüste dich stark wie ein Mann

Und bringe die blutigen Gaben!

Du, das sie nun nimmer mit Listen zersplittern,

Erbrause wie Windsbraut aus schwarzen Gewittern!

So klinge die Losung: Zum Rhein! Übern Rhein!

All-Deutschland in Frankreich hinein!

Grabesgrün

 

1842.

 

Die Helden schlafen – all ihr Schall und Schein

Wie stumm und dunkel unterm Leichenstein!

Wie schließt das Grab – sie nennen's sanfte Ruh' –

Für alle gleich so Klang als Wonne zu!

 

Die Helden schlafen – rostend hangt ihr Schwert

Mit Schild und Helm und Fahnen ehrenwert,

Frisch wirkt die Motte drein und webt der Wurm,

Kalt braust vorbei des Tages wilder Sturm.

 

O Zeit, du graue Totengräberin,

Ob allem Leid und Weh Hinschweberin,

O Zeit, nur du allein hast nimmer Zeit,

Hinfliegen heißet dir Unsterblichkeit.

 

Unsterblichkeit? Wohl mir! Ich sehe grün

Aus deinem Grau das Leben wieder blühn,

Im Zeugen und Gebären ewig jung

Schwingst du der Welt geheimnisvollen Schwung.

 

Unsterblichkeit? Wohl mir! Drum Heldenmacht

Erbebe nicht dem Schlaf der langen Nacht!

Verklinget, Namen und Gedächtnis, gar!

Nichts stirbt, was wirklich gut und göttlich war.

 

Frisch kämpft die Tat, hell klingt das mächt'ge Wort

Gleich Blitz und Licht allgegenwärtig fort,

Geburt und Tod im steten Wechsellauf,

Hier schläft's, und dort wacht's lustig wieder auf.

 

So kreiset denn, Jahrtausend', euren Tanz,

So greife, Geist, den höchsten Wonneglanz,

Zerschlage das Sekundenglas der Zeit

Und greife und begreife Ewigkeit.

An die deutschen Fürsten

 

1842.

 

Ihr schaut den deutschen Michel1 an?

Er trägt nicht mehr den Stamm der Tannen,

Doch ist er noch der wilde Mann,

Der nicht viel dannen fragt noch wannen,

Das Riesenkind im alten Traum,

Vor dessen Faust die Welt muß strauchen;

Und nimmt er sich den Weberbaum,

Er weiß wie weiland ihn zu brauchen.

 

Ihr schaut den deutschen Michel an?

O meinet nicht mit ihm zu scherzen!

Er ist noch heut der wilde Mann,

Der viel im Arm hat, mehr im Herzen.

 

Traut nicht zuviel auf seinen Traum,

Er träumet hart am Morgentore,

Ein solcher Traum wird nimmer Schaum,

Er hat die volle Lichtaurore.

 

Ja, schaut euch nur den Michel an,

Er reibt die Augen zum Erwachen,

Ihm träumte, wie er ein Gespann

Von einem Riesen schlug und Drachen –

O schaut, wie ihm des Schlafes Sand

Vom lichtbestrahlten Auge fließet,

Wie er halb träumend mit der Hand

Wie durch die Lüfte Speere schießet.

 

Ja, schaut euch nur den Michel an,

Die Faust, das Herz, das Speereschießen,

Der schwere Schlaf gottlob! wird dann

Auch euch wie ihm im Licht zerfließen –

Kommt, schaut den Traum, des Träumers Spiel,

Und traut nicht, daß er nur will spielen:

Weil er mit Geistern spielt zum Ziel,

So wird er desto schärfer zielen.

 

Ja, schaut euch nur den Michel an

Und lernt im Michel euch erkennen,

Lernt mit dem deutschen, starken Mann

Wie weiland für die Freiheit brennen,

Für deutsche Ehre, deutsches Recht,

Für deutsche Wahrheit, deutsche Freude –

Lernt das, dann weidet eu'r Geschlecht

Auch künftig mit auf deutscher Weide.

 

Ja, schaut den deutschen Michel an,

Was soll ich Fürsten Wahrheit fälschen?

Zieht an den vollen deutschen Mann,

Werft weg den bunten Rock der Welschen,

Werft weg den welschen Lügenschein,

All eure welschen Feinereien –

Dann tritt der deutsche Held herein,

Der erste Freie unter Freien.

 

Ja, schaut den deutschen Michel an –

O wärt ihr ganz aus seinem Holze!

Gleich stünde da der ganze Mann,

Der Stille, Tapfre, Freie, Stolze,

Der winkte durch die Welt hinaus:

»Still, Moskowiter! Still, Franzose!

Wir stehen fertig jedem Strauß

Und schütteln kühn die roten Lose.«

 

Ja, schaut den deutschen Michel an –

Das Riesenkind mit Geisterträumen –

Nicht wird die Brandung, die begann,

Im dünnen Wellenspiel verschäumen –

Mit ihm mit hellem Mut hinein,

Wie wild auch Sturm und Woge treiben!

So werdet ihr die ersten sein,

Und Michel wird der zweite bleiben.

Fußnoten

 

1 Es geht dem Michel und der Michelei wie andern sprichwörtlich gewordenen Wörtern und Namen, z.B. dem berühmten Johann Balhorn. Schwer wird nachzuweisen sein, wo und woher dieser Michel zuerst in Brauch und Schwung gekommen ist. Es sind, die ihn von dem tapfern Ritter Michel Obentraut ableiten, einem rechten deutschen Michel, einem durch seine Biederkeit und Tapferkeit berühmten Feldherrn, von welchem man ein letztes schönes Michelsches Todeswort hat. Als nämlich sein alter Kriegsgesell Tilly dem auf dem Felde von Königslutter Todwunden und Gefangenen das Blut hemmen wollte, sagte er lächelnd zu ihm: »Laß laufen, Herr Bruder, auf solchem Felde pflückt man solche Rosen!« Gewiß, das waren echte Michelsworte; aber der Grund des Wortes liegt ferner und tiefer. Kommt er vom Erzengel Michel (Gott meine Stärke) oder von dem angelsächsischen Mickel, nordischen Mickil, die Bedeutung bleibt dieselbe, der Starke, der Gewaltige, wohinein jeder sich beliebig seinen Teil deutscher Derbheit und Plumpheit, auch wohl Dummheit legt./

 

 

Heimweh nach Rügen

 

1842.

 

O Land der dunklen Haine,

O Glanz der blauen See,

O Eiland, das ich meine,

Wie tut's nach dir mir weh!

Nach Fluchten und nach Zügen

Weit über Land und Meer,

Mein trautes Ländchen Rügen,

Wie mahnst du mich so sehr!

 

O wie, mit goldnen Säumen

Die Flügel rings umwebt,

Mit Märchen und mit Träumen

Erinnrung zu mir schwebt!

Sie hebt von grauen Jahren

Den dunkeln Schleier auf,

Von Wiegen und von Bahren,

Und Tränen fallen drauf.

 

O Eiland grüner Küsten!

O bunter Himmelschein!

Wie schlief an deinen Brüsten

Der Knabe selig ein!

Die Wiegenlieder sangen

Die Wellen aus der See,

Und Engelharfen klangen

Hernieder aus der Höh'.

 

Und deine Heldenmäler

Mit moosgewobnem Kleid,

Was künden sie, Erzähler

Aus tapfrer Väter Zeit,

Von edler Tode Ehren

Auf flücht'gem Segelroß,

Von Schwertern und von Speeren

Und Schildesklang und -stoß?

 

So locken deine Minnen

Mit längst verklungnem Glück

Den grauen Träumer hinnen

In alter Lust zurück.

O heißes Herzenssehnen!

O goldner Tage Schein

Von Liebe reich und Tränen!

Schon liegt mein Grab am Rhein.

 

Fern, fern vom Heimatlande

Liegt Haus und Grab am Rhein.

Nie werd' an deinem Strande

Ich wieder Pilger sein.

Drum grüß' ich aus der Ferne

Dich, Eiland lieb und grün:

Sollst unterm besten Sterne

Des Himmels ewig blühn!

Lust des freien Geistes

 

1842.

 

Horch'! Der Himmel klingt von Geigen,

Und du fragst: »Wer führt den Reigen?«

Antwort tönt: »Der freie Geist,

Er, der Einzighochgeborne,

Er, der Leuchtendgotterkorne,

Der die Sonnen tanzen heißt.«

 

Ha! Wie schlingen sich die Pfade!

Ha! Wie brausen die Gestade

In dem Weltenozean!

Dieser wirbelnde Mäander,

Dieses wirre Durcheinander

Seinen Saiten untertan.

 

Auf denn, Herz, zu seiner Wonne!

Tanze du, auch eine Sonne,

Mutig mit den Sternentanz!

Millionen sind die Flieger,

Nur der Schnellste bleibt der Sieger,

Nur der Kühnste greift den Kranz.

Frühlingslied an die Frömmler

 

1843.

 

Schmält mir nicht die alten Heiden,

Denn ein Heide bin ich auch,

Wann ich's Blümlein schau' der Heiden,

Wann ich's Vöglein hör' im Strauch.

 

Weg mit euren dunklen Listen!

Weg mit eurer trüben Kunst!

Denn dem freien, frohen Christen

Werden solche Schmerzen Dunst.

 

Ihr, die uns das Licht verdüstert,

Schreckt die Freude blaß und bleich,

Wißt, was unter Rosen flüstert',

Hat auch Weg zum Himmelreich.

 

Blumen gab der Herr der Imme,

Liebesklang der Nachtigall

Und dem Menschen eine Stimme

Tiefer Brust für Freudenschall.

 

Bleibe Gott und Gottes Ehre

In der ewigen Natur!

Sophoklesse und Homere

Sangen seines Geistes nur.

 

Schmält mir Goethen nicht und Schiller,

Ihr, des engen Eifers heiß,

Alle eure Jammertriller

Geb' ich gern für solche preis.

 

Denn mein Heiland und Befreier

Fuhr herab ins Sündenland,

Der die höchste Sternenleier

Hat für Lust und Leid gespannt.

 

Der mit ersten Morgenröten

Sang der Welten Urgesang,

Gönnet auch den Erdenflöten

Ihren kurzen Freudenklang.

 

Denn besiegt hat er die Lüste

Und den Lüstensatan nur,

Damit jeder fröhlich wüßte,

Gottes Klänge klingt Natur;

 

Denn gebracht hat hellre Lichter

Darum er dem Erdengraun,

Daß die Menschenangesichter

Heller sollten um sich schaun.

 

Ha! Die Frühlingsbäume stäuben

Duft'gen Blütenschnee umher,

Mich beleben, mich beleiben

Will ich voll im Wonnemeer.

 

Alles Heitre blüh' und Schöne!

Spiele, süßer Sonnenstrahl!

Vöglein, singe deine Töne!

Bächlein, klinge hell zu Tal!

Danklied

 

1843.

 

Frischauf, mein Herz, und werde Klang!

Und, Seele, werde Lied!

Und, Freude, töne Lobgesang,

Der mir im Busen glüht!

Denn er, der alle Himmel rollt

Und zählt das Sternenheer,

Denn Gott, der Vater fromm und hold,

Verläßt mich nimmermehr.

 

Ich lag, umhüllt mit Finsternis,

Die aus der Hölle kam,

Und durch die tiefste Seele riß

Mit Tigerklaun der Gram,

Gebrochen war mir alle Kraft,

Erloschen aller Mut,

Da rief ich dem, der alles schafft:

Mach's, Vater, mach' es gut!

 

Und plötzlich ward die Nacht zu Licht,

Zur Wonne ward das Leid,

Und wieder schaut' ich aufgericht't

Des Lebens Herrlichkeit,

Den blauen, lichten Sternenraum,

Der Erde Blumenfeld –

Da war mein Jammer nur ein Traum,

Die Welt die beste Welt.

 

Drum dank' ich dem, der Wunder tut

Und Güte für und für,

Es rieselt jeder Tropfen Blut

Den Lobgesang in mir,

Es wird ein jeder Blick ein Strahl,

Der auf gen Himmel dringt,

Und tausend, tausend, tausend Mal

Das Heilig! Heilig! klingt.

 

Denn wie die Kindlein in dem Schoß

Die treue Mutter hegt,

Läßt seine Treue nimmer los,

Die alles selig trägt,

Und seine Liebe lockt so süß,

Was Liebe mag verstehn,

Daß wir zu ihm ins Paradies

Der Lust und Unschuld gehn.

Letzter Zug an Gott

 

1844.

 

Komm, Gott, komm, Gott vom Himmel

Und sieh in Gnaden drein,

Durchleuchte das Gewimmel

Der Nacht mit Sonnenschein,

Entwirre die Verwirrung,

Die ohne Licht und Rat

Stets tiefer in Verirrung

Verfahren hat den Pfad.

 

Komm, Gott, komm, Gott der Gnaden!

Und hilft nicht Sonnenschein,

So komm mit Blitz geladen

Und blitz' und donnre drein,

Daß wieder innewerden

Erbebend Herr und Knecht,

Daß Gott regiert auf Erden

Und pflegt das höchste Recht.

 

Es war der Tag gekommen,

Der Tag der bittern Schmach,

Der Tapfern, Weisen, Frommen

Das deutsche Herz zerbrach,

Es lag von düstern Schanden

Befleckt das Vaterland

In Ketten und in Banden

Durch welschen Trug und Tand:

 

Gefesselt in Verstrickung

Der freie deutsche Mann –

Da wehte mit Erquickung

Der Geist von dir ihn an,

Da schlug dein hehres Mahnen

Wie Blitz ihm durch die Brust,

Glück brausten seine Fahnen,

Sein Atem Siegeslust.

 

Ach! Von den schönen Tagen,

Von jener Wonnezeit

Tönt's heut nur wie von Sagen

Aus längst verklungner Zeit,

Verworren und beklommen

Weiß keiner kaum, wohin,

Den Weisen selbst und Frommen

Steht still der kluge Sinn.

 

Denn ach, die einen rufen:

Nichts, nichts als Frei und Gleich,

Die andern aber fluchen:

Sie wollen uns ans Reich,

Und böser Geister Schwirrung

Umschwirrt dies Nachtgeheul –

Verwirrung auf Verwirrung,

Stets dichter wird der Knäul.

 

So wirrt sich's durcheinander,

So tobt und schreit es laut –

Wo ist der Alexander,

Der diesen Zank durchhaut?

Wo lebt der hohe Meister,

Wo dräut der mächt'ge Bann,

Der diesen Krieg der Geister

Zum Frieden zwingen kann?

 

Das bist du, Gott der Gnaden,

Du einzig gleich und frei,

Komm von den Sonnenpfaden,

Komm, still' uns dies Geschrei,

Laß hell den Degen klirren

Von deiner Sternenburg,

Hau' von den wüsten Wirren

Den ganzen Jammer durch.

Mut des Verderbens

 

4. März 1844.

 

Und hätt' ich zehntausend Köpfe

Und trüge keinen zu Haus,

Die feigen Schurken und Tröpfe,

Sie machen mir's zu kraus.

 

Und trüg' ich zehntausend Kronen,

Ich würfe sie alle fort,

Vor allen Höhen und Thronen

Steht höchst das hohe Wort:

 

Das heilige Lutherzeichen,

Das schuf und trägt die Welt,

Den Listen und Griffen der Bleichen

Und Feigen zu hoch gestellt.

 

Ja presset mit eurer Presse,

Setzt, presset, drucket allein –

Ich kenn' eine feurige Esse,

Die schmiedet und gießt auch fein.

 

Da sitzt der Meister der Meister,

Da schmiedet er fort und fort,

Und seine Gesellen, die Geister,

Die blasen und schaffen am Wort.

 

Die schmieden und gießen die Lettern

Und streun sie lustig umher

Und sammeln zu Donnerwettern

Ihr leichtgeflügeltes Heer.

 

Doch weit über Hören und Sehen

Glänzt Narren die blitzende Schrift;

Drum donnert, ihr Mächte der Höhen,

Und schleudert Blitz, welcher trifft!

 

Und sammelt ihr auch die Lettern

Zu einem Vernichtungsspruch,

Und muß ich mit in den Wettern,

Ich lebte und liebte genug.

Das Finkenlied

 

5. Januar 1845.

 

Wir singen ein trauriges Finkenlied:

Der edle, freie Fink ist tot,

Ihn weckt zu frohem Lustgesang

Nie mehr ein irdisch Morgenrot,

Er hat ein beßres Land erflogen,

Er schwimmt auf hellern Himmelswogen –

Doch ach, für uns der Fink ist tot.

 

Wir singen ein fröhliches Finkenlied,

Ein Lied aus voller, deutscher Brust,

Und wenn wir auch in Trauern gehn,

Solche Trauer hat in Tränen Lust:

Um Tapfre sind so süß die Schmerzen,

Sie heben himmelan die Herzen,

Des Himmelfluges sich bewußt.

 

Wir singen ein fröhliches Finkenlied –

Wie fröhlich war des Finken Sang,

Wenn er den Dreiklang hellsten Tons

Recht, Vaterland und Freiheit klang!

Den Schlag in guten und bösen Tagen,

Den mußt er immer mutig schlagen,

Der war des deutschen Finken Klang.

 

Den klang er, als vom welschen Gei'r

Der deutsche Hain war stumm gemacht,

Den klang er frisch durch Berg und Tal;

Drob hieb der Gei'r ihm Bann und Acht

Und rief: Wir wolln den deutschen Schnäbeln

Die unverschämten Kehlen knebeln,

Schweigt, Freche! Bebet unsrer Macht!

 

So meint' und dräute welsche Wut,

Doch Gott im Himmel meint' es nicht,

Er schlug mit schärfsten Blitzen drein,

Da ward's in deutschen Hainen licht,

Da blühte deutscher Frühling wieder,

Da klangen wieder deutsche Lieder,

Und fremde Schnäbel krächzten nicht.

 

Und o, der Adler an der Spree,

Da, wo er thront in höchster Horst,

Vernahm des tapfern Finken Schlag

Und sprach: »Der hüte mir die Forst!

Der tut mit unverzagtem Singen

Den wunderschönen Dreiklang klingen,

Der hüte mir die Westenforst!«

 

Und siehe, auf des Aars Gebot

Froh fliegt der treue Finke hin,

Mit Morgenrot die Brust gefüllt,

Gesanges, Sieges freudig hin,

Damit das Land der Roten Erde

Der jungen Wonne selig werde,

Zur Westenforst, da fliegt er hin.

 

Dort hat sein Dreiklang frisch und frei

Geklungen mehr als dreißig Jahr

In Feld und Berg und Tal voran –

So wollt's der königliche Aar.

Und wollten Uhu, Kauz und Eulen

Das Lied der Finsternis sich heulen,

Er hielt den Ton der Kehlen klar.

 

So klang sein freies Lied voran

Mit vollem, hellem, deutschem Klang,

Daß es die düstre Vogelschar

Zum Fliehen oder Schweigen zwang.

Doch Amseln, Lerchen, Nachtigallen,

Die hört man doppelt lustig schallen,

Wann allen vor der Finke sang.

 

Drum singen wir fröhlich das Finkenlied –

O gebe Gott dem deutschen Wald

Stets solches Dreiklangs Freudenschall!

So bleibt das Glück uns wohlgestalt.

Recht, Vaterland und Freiheit klingen

Bleibt bestes Ding von guten Dingen,

Wann's mächtig durch die Seelen schallt.

Der Schwan von Pulitz

 

An Charlotte von Kathen in Putbus.

 

1846.

 

Schneeweißer Schwan, wo fliegst, wo klingst du her?

Wo kommst du Frühlingsklinger hergeflogen?

Aus meiner grünen Insel stillem Meer?

Aus Pulitz' sturmgeschirmten Wogen?

Flogst du aus seinen stillen Buchten her?

Und trägst im goldnen Schnabel goldne Mär?

 

Hast du die kleinern Inseln auch besehn?

Die steile Oi, vom Vilm die stolzen Buchen?

Den Rugard, Putbus' waldbekränzte Höhn,

Wo Reiz und Schönheit Aug' und Herz versuchen?

O klinge mir den süßen Heimatklang!

Mein greises Haupt, es neigt zum Schwanensang.

 

»Zum Schwanensang? Für diesen kam ich nicht,

Für diesen regt' ich nicht zum Rhein die Flügel,

Für diesen flog ich schnell wie Lieb' und Licht

So weiten Flug nicht über Tal und Hügel. –

Du weißt, still schaurig klingt der Schwanensang,

Heut kling' ich eitel hellen Freudenklang.

 

Heut kling' ich Klang der Himmelsnachtigall,

Die Lieb' und Lenz in Putbus' Hainen singet,

Heut kling' ich nach den süßen Wunderschall,

Der wie aus höherm Himmel niederklinget,

Ich klinge nach – o könnt' ich's recht und ganz! –

Du kennest Klang und Wonne, Licht und Glanz.

 

Nimm Klang und Gruß!« – Und horch'! Der Flügel rauscht,

Und ehe Aug' und Ohr sich noch besinnen,

Wie man im Traum auf Bild und Stimme lauscht

Und fassen will, ist Schwan und Flügel hinnen,

Und wie aus Fernen klingt ein süßer Schall,

Die Himmelsstimme, Putbus' Nachtigall.

Zu Martin Luthers 300jähriger Todesfeier

 

Frühlingsmond 1846.

 

An die Protestanten.

 

Ihr wagt's, die Toten aufzuwecken?

O laßt den alten Luther ruhn!

Erbebt ihr nicht den blassen Schrecken

Des Donnerkinds für euer Tun?

Dreihundert Jahr hat er geschlafen –

Seid ihr die Reinen, Freien, Braven,

Die seiner Klinge Blitz bestehn?

 

Denn Blitz führt seines Wortes Klinge –

Hui! Turm und Mauer, Wall und Burg!

Hui! Feinster Listen Kettenringe

Er stürmt und bricht und haut sie durch.