Gedichte (Ausgabe 1898)
Fontane, Theodor
Gedichte (Ausgabe 1898)
Theodor Fontane
Gedichte
(Ausgabe 1898)
Lieder und Sprüche
Ein Lied oder höchstens ein paar
Widmet' ich dir, als jung ich war.
Ihr Inhalt waren ich und du,
Vom Fenster her sandtest du Grüße mir zu.
Heute, mit Inhalt aus allen Zonen,
Komm' ich in Fähnlein, in ganzen Schwadronen,
Aus wenigen wurden viele Lieder,
Aber, wie damals, grüße wieder.
Guter Rat
An einem Sommermorgen
Da nimm den Wanderstab,
Es fallen deine Sorgen
Wie Nebel von dir ab.
Des Himmels heitere Bläue
Lacht dir ins Herz hinein,
Und schließt, wie Gottes Treue,
Mit seinem Dach dich ein.
Rings Blüten nur und Triebe
Und Halme von Segen schwer,
Dir ist, als zöge die Liebe
Des Weges nebenher.
So heimisch alles klinget
Als wie im Vaterhaus,
Und über die Lerchen schwinget
Die Seele sich hinaus.
Glück
Sonntagsruhe, Dorfesstille,
Kind und Knecht und Magd sind aus,
Unterm Herde nur die Grille
Musizieret durch das Haus.
Tür und Fenster blieben offen,
Denn es schweigen Luft und Wind,
In uns schweigen Wunsch und Hoffen,
Weil wir ganz im Glücke sind.
Felder rings – ein Gottessegen
Hügel auf- und niederwärts,
Und auf stillen Gnadenwegen
Stieg auch uns er in das Herz.
Memento
Geliebte, willst du doppelt leben,
So sei des Todes gern gedenk
Und nimm, was dir die Götter geben,
Tagtäglich hin wie ein Geschenk.
Mach dich vertraut mit dem Gedanken,
Daß doch das Letzte kommen muß,
Und statt in Trübsinn hinzukranken,
Wird dir das Dasein zum Genuß.
Du magst nicht länger mehr vergeuden
Die Spanne Zeit in eitlem Haß,
Du freust dich reiner deiner Freuden
Und sorgst nicht mehr um dies und das.
Du setzest an die rechte Stelle
Das Hohe, Göttliche der Zeit,
Und jede Stunde wird dir Quelle
Gesteigert neuer Dankbarkeit.
Im Garten
Die hohen Himbeerwände
Trennten dich und mich,
Doch im Laubwerk unsre Hände
Fanden von selber sich.
Die Hecke konnt' es nicht wehren,
Wie hoch sie immer stund:
Ich reichte dir die Beeren,
Und du reichtest mir deinen Mund.
Ach, schrittest du durch den Garten
Noch einmal im raschen Gang,
Wie gerne wollt' ich warten,
Warten stundenlang.
»O trübe diese Tage nicht«
O trübe diese Tage nicht,
Sie sind der letzte Sonnenschein,
Wie lange, und es lischt das Licht,
Und unser Winter bricht herein.
Dies ist die Zeit, wo jeder Tag
Viel Tage gilt in seinem Wert,
Weil man's nicht mehr erhoffen mag,
Daß so die Stunde wiederkehrt.
Die Flut des Lebens ist dahin,
Es ebbt in seinem Stolz und Reiz,
Und sieh, es schleicht in unsern Sinn
Ein banger, nie gekannter Geiz;
Ein süßer Geiz, der Stunden zählt
Und jede prüft auf ihren Glanz,
O sorge, daß uns keine fehlt,
Und gönn uns jede Stunde ganz.
Herbstmorgen
Die Wolken ziehn, wie Trauergäste,
Den Mond still – abwärts zu geleiten;
Der Wind durchfegt die starren Äste,
Und sucht ein Blatt aus beßren Zeiten.
Schon flattern in der Luft die Raben,
Des Winters unheilvolle Boten;
Bald wird er tief in Schnee begraben
Die Erde, seinen großen Toten.
Ein Bach läuft hastig mir zur Seite,
Es bangt ihn vor des Eises Ketten;
Drum stürzt er fort und sucht das Weite,
Als könnt' ihm Flucht das Leben retten.
Da mocht' ich länger nicht inmitten
So todesnaher Öde weilen;
Es trieb mich fort, mit hast'gen Schritten
Dem flücht'gen Bache nachzueilen.
Der Kranich
Rauh ging der Wind, der Regen troff,
Schon war ich naß und kalt;
Ich macht' auf einem Bauerhof
Im Schutz des Zaunes halt.
Mit abgestutzten Flügeln schritt
Ein Kranich drin umher,
Nur seine Sehnsucht trug ihn mit
Den Brüdern übers Meer;
Mit seinen Brüdern, deren Zug
Jetzt hoch in Lüften stockt,
Und deren Schrei auch ihn zum Flug
In fernen Süden lockt.
Und sieh, er hat sich aufgerafft,
Es gilt erneutes Glück;
Umsonst, der Schwinge fehlt die Kraft,
Und ach, er sinkt zurück.
Und Huhn und Hahn und Hühnchen auch
Umgackern ihn voll Freud'; –
Das ist so alter Hühner – Brauch
Bei eines Kranichs Leid.
Bekenntnis
Ich bin ein unglückselig Rohr:
Gefühle und Gedanken
Seh' rechts und links, zurück und vor,
In jedem Wind, ich schwanken.
Da liegt nichts zwischen Sein und Tod,
Was ich nicht schon erflehte:
Heut bitt' ich um des Glaubens Brot,
Daß morgen ich's zertrete;
Bald ist's im Herzen kirchenstill,
Bald schäumt's wie Saft der Reben,
Ich weiß nicht, was ich soll und will; –
Es ist ein kläglich Leben!
Dich ruf' ich, der das Kleinste du
In deinen Schutz genommen,
Gönn meinem Herzen Halt und Ruh,
Gott, laß mich nicht verkommen;
Leih mir die Kraft, die mir gebricht,
Nimm weg, was mich verwirret,
Sonst lösch es aus, dies Flackerlicht,
Das über Sümpfe irret!
Ein Jäger
Ich kenn einen Jäger, man heißt ihn »Tod«:
Seine Wang ist blaß, sein Speer ist rot,
Sein Forst ist die Welt, er zieht auf die Pirsch,
Und jaget Elen und Edelhirsch.
Im Völkerkrieg, auf blutigem Feld,
Ist's, wo er sein Kesseltreiben hält;
Haß, Ehrsucht und Geizen nach Ruhmesschall
Sind Treiber im Dienste des Jägers all.
Nicht fürcht ich ihn selber, wie nah er auch droht,
Doch wohl seine Rüden: Gram, Krankheit und Not,
Die Meute, die stückweis das Leben zerfetzt
Und zögernd uns in die Grube hetzt.
Alles still!
Alles still! Es tanzt den Reigen
Mondenstrahl im Wald und Flur,
Und darüber thront das Schweigen
Und der Winterhimmel nur.
Alles still! Vergeblich lauschet
Man der Krähe heisrem Schrei,
Keiner Fichte Wipfel rauschet
Und kein Bächlein summt vorbei.
Alles still! Die Dorfes-Hütten
Sind wie Gräber anzusehen,
Die, von Schnee bedeckt, inmitten
Eines weiten Friedhofs stehn.
Alles still! Nichts hör ich klopfen
Als mein Herz durch die Nacht; –
Heiße Tränen niedertropfen
Auf die kalte Winterpracht.
Einem Kranken
Über deine Schwelle
Gestatte den Gruß
Leichter, spielender Ritonelle.
Brennende Nessel –
Wie lange noch kettet dich
Der Krankheit Fessel?
Dunkle Verbenen –
Die Nacht ist lang.
Oh, wie die Stunden sich dehnen!
Apfelblüte –
So blüh auch dir
Ein trost im Gemüte.
Nickende Veilchen –
Der Frühling naht
Über ein Weilchen.
Blaue Cyanen –
Siehe, Genesung kommt
Und schwingt die Fahnen.
Rankende Winden –
Und du selber schreitest hinaus,
Sie zum Kranze zu binden.
Frühling
Nun ist er endlich kommen doch
In grünem Knospenschuh;
»Er kam, er kam ja immer noch«,
Die Bäume nicken sich's zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
Nun treiben sie Schuß auf Schuß;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, aber er muß.
Wohl zögert auch das alte Herz
Und atmet noch nicht frei,
Es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
Und März ist noch nicht Mai.«
O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh:
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du.
Mittag
Am Waldessaume träumt die Föhre,
Am Himmel weiße Wölkchen nur,
Es ist so still, daß ich sie höre,
Die tiefe Stille der Natur.
Rings Sonnenschein auf Wies' und Wegen,
Die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach,
Und doch, es klingt, als ström' ein Regen
Leis tönend auf das Blätterdach.
Der erste Schnee
Herbstsonnenschein. Des Winters Näh'
Verrät ein Flockenpaar;
Es gleicht das erste Flöckchen Schnee
Dem ersten weißen Haar.
Noch wird – wie wohl von lieber Hand
Der erste Schnee dem Haupt –
So auch der erste Schnee dem Land
Vom Sonnenstrahl geraubt.
Doch habet acht! mit einem Mal
Ist Haupt und Erde weiß,
Und Liebeshand und Sonnenstrahl
Sich nicht zu helfen weiß.
Das Fischermädchen
Steht auf sand'gem Dünenrücken
Eine Fischerhütt' am Strand;
Abendrot und Netze schmücken
Wunderlich die Giebelwand.
Drinnen spinnt und schnurrt das Rädchen,
Blaß der Mond ins Fenster scheint,
Still am Herd das Fischermädchen
Denkt des letzten Sturms und – weint.
Und es klagen ihre Tränen:
»Weit der Himmel, tief die See,
Doch noch weiter geht mein Sehnen,
Und noch tiefer ist mein Weh.«
Verlobung
Es paßt uns nicht die alte Leier
In unsren jungen Liebesrausch,
Wir denken und wir fühlen freier
Und wollen's auch beim Ringetausch;
Der Treue Pfand, zu dieser Stunde
Empfang's in perlend-goldnem Wein
Und laß den Ring auf Bechers Grunde
Dir Sinnbild meines Lebens sein.
Laß übersprudeln mich und freue
Der Kraft dich, die da schäumt und gärt,
Denn innen, wie dies Bild der Treue,
Lebt meine Liebe unversehrt.
Winterabend
Da draußen schneit es: Schneegeflimmer
Wies heute mir den Weg zu dir;
Ein tret' ich in dein traulich Zimmer,
Und warm ans Herze fliegst du mir –
Ab schüttl' ich jetzt die Winterflocken,
Ab schüttl' ich hinterdrein die Welt,
Nur leise noch von Schlittenglocken
Ein ferner Klang herübergellt.
»Nun aber komm, nun laß uns plaudern
Vom eignen Herd, von Hof und Haus!«
Da baust du lachend, ohne Zaudern,
Bis unters Dach die Zukunft aus;
Du hängst an meines Zimmers Wände
All meine Lieblingsschilderein,
Ich seh's und streck' danach die Hände,
Als müss' es wahr und wirklich sein.
So flieht des Abends schöne Stunde,
Vom fernen Turm tönt's Mitternacht,
Die Mutter schläft, in stiller Runde
Nur noch die Wanduhr pickt und wacht.
Ade, ade! von warmen Lippen
Ein Kuß noch, – dann in Nacht hinein:
Das Leben lacht, trotz Sturm und Klippen,
Nur Steurer muß die Liebe sein.
In Hangen und Bangen
1.
Ach, daß ich dich so heiß ersehne,
Weckt aller Himmel Widerspruch,
Und jede neue bittre Träne
Macht tiefer nur den Friedensbruch.
Der Götter Ohr ist keinem offen,
Der sich zergrämt in banger Nacht, –
Komm Herz, wir wollen gar nichts hoffen
Und sehn, ob so das Glück uns lacht.
Vergebnes Mühen, eitles Wollen,
Die Lippe weiß kaum, was sie spricht,
Und, nach wie vor, die Tränen rollen
Mir über Wang' und Angesicht.
2.
Du holde Fee, mir treu geblieben
Aus Tagen meiner Kinderzeit,
Was hat dich nun verscheucht, vertrieben,
Du stille Herzensheiterkeit?
Leicht trugst du, wie mit Wunderhänden,
Mich über Gram und Sorge fort,
Und selbst aus nackten Felsenwänden
Rief Quellen mir dein Zauberwort.
Du, Trostesreichste mir vor allen,
Kehr neu – beflügelt bei mir ein
Und laß dein Lächeln wieder fallen
Auf meinen Pfad wie Vollmondschein.
3.
»Vertrauen, schönster Stein in Königskronen,
Du Mutter aller Liebe und ihr Kind,
Du einzig Pfühl, auf dem wir sorglos schlummern,
Ich rufe dich, kehr' wieder in dies Herz!
Es gibt kein Glück, wo du den Rücken wandtest,
Es gibt kein Unglück, lächelst du aufs neu;
Laß kämpfen mich in deinem Spruch und Zeichen,
Und wieder wird das Leben mir zum Sieg.«
4.
Storch und Schwalbe sind gekommen,
Veilchen auch, die blauen frommen
Frühlingsaugen, grüßen mich;
Aber hin an Lenz und Leben
Zieh' in Bangen ich und Beben –
Um dich.
Ach, um dich! und doch ich fühle,
Träte jetzt die Todeskühle
An mein Herz und riefe mich,
Wie ein Kind dann, unter Jammern
Würd' ich mich ans Leben klammern –
Um dich.
5.
Zerstoben sind die Wolkenmassen,
Die Morgensonn' ins Fenster scheint:
Nun kann ich wieder mal nicht fassen,
Daß ich die Nacht hindurch geweint.
Dahin ist alles, was mich drückte,
Das Aug' ist klar, der Sinn ist frei,
Und was nur je mein Herz entzückte,
Tanzt wieder, lachend, mir vorbei.
Es grüßt, es nickt; ich steh' betroffen,
Geblendet schier von all dem Licht:
Das alte, liebe, böse Hoffen –
Die Seele läßt es einmal nicht.
In der Krankheit
(Brief an E.)
Mein ganzes Zimmer riecht nach Wald,
Das machen die kienenen Tische,
Glaub mir, ich muß genesen bald
In dieser Harzesfrische.
Du bist noch kaum bei uns daheim
An unsres Kindes Bettchen,
Und sieh, schon sitzt ein muntrer Reim
Auf meinem Fensterbrettchen.
Er sitzt allda und schaut mich an
Wie auf dem Felde die Lerchen
Und singt: »Du hast ganz wohlgetan,
Dich still hier einzupferchen.
Steh nur früh auf und schweif umher
Und lache wie der Morgen,
So wird dies grüne Waldesmeer
Schon weiter für dich sorgen.
Und schiedst du doch zu dieser Frist,
So tu es ohne Trauern,
Das Leben, weil so schön es ist,
Kann es nicht ewig dauern.«
Der Gast
Das Kind ist krank zum Sterben,
Die Lampe gibt trägen Schein,
Die Mutter spricht: »Mir ist es,
Als wären wir nicht allein.«
Der Vater sucht zu lächeln,
Doch im Herzen pocht's ihm bang,
Stiller wird's und stiller –
Die Nacht ist gar zu lang.
Nun scheint der Tag ins Fenster,
Die Vögel singen so klar;
Die beiden wußten lange,
Wer der Gast gewesen war.
Mein Herze, glaubt's, ist nicht erkaltet
Mein Herze, glaubt's, ist nicht erkaltet,
Es glüht in ihm so heiß wie je,
Und was ihr drin für Winter haltet,
Ist Schein nur, ist gemalter Schnee.
Doch, was in alter Lieb' ich fühle,
Verschließ ich jetzt in tiefstem Sinn,
Und trag's nicht fürder ins Gewühle
Der ewig kalten Menschen hin.
Ich bin wie Wein, der ausgegoren:
Er schäumt nicht länger hin und her,
Doch was nach außen er verloren,
Hat er an innrem Feuer mehr.
Unterwegs und wieder daheim
1.
Erst Münchner Bräu aus vollen Krügen,
Die Deckel klappten wie ein Reim,
Dann Neckarwein in vollen Zügen
Und endlich Rot von Ingelheim.
Und all die Zeit kein regentrüber
Verlorner Tag, kein nasser Schuh,
Die Bilder zögen uns vorüber,
Wir taten nichts als schauten zu.
Und graue Dome, bunte Fresken,
Und Marmor reichten sich die Hand,
Und weinblattdunkle Arabesken
Zog drum das Rhein- und Schwabenland.
2.
Mit achtzehn Jahr und roten Wangen,
Da sei's, da wandre nach Paris,
Wenn noch kein tieferes Verlangen
Sich dir ins Herze niederließ;
Wenn unser Bestes: Lieb' und Treue,
Du nicht begehrst und nicht vermißt,
Und all das wechselvolle Neue
Noch deine höchste Gottheit ist.
Mir sind dahin die leichten Zeiten,
Es läßt mich nüchtern, läßt mich kalt,
Ich bin für diese Herrlichkeiten
Vielleicht zu deutsch, gewiß – zu alt.
3.
Und wieder hier draußen ein neues Jahr –
Was werden die Tage bringen?!
Wird's werden, wie es immer war,
Halb scheitern, halb gelingen?
Wird's fördern das, worauf ich gebaut,
Oder vollends es verderben?
Gleichviel, was es im Kessel braut,
Nur wünsch' ich nicht zu sterben.
Ich möchte noch wieder im Vaterland
Die Gläser klingen lassen
Und wieder noch des Freundes Hand
Im Einverständnis fassen.
Ich möchte noch wirken und schaffen und tun
Und atmen eine Weile,
Denn um im Grabe auszuruhn,
Hat's nimmer Not noch Eile.
Ich möchte leben, bis all dies Glühn
Rückläßt einen leuchtenden Funken
Und nicht vergeht wie die Flamm' im Kamin,
Die eben zu Asche gesunken.
4.
Ich bin hinauf, hinab gezogen
Und suchte Glück und sucht' es weit,
Es hat mein Suchen mich betrogen,
Und was ich fand, war Einsamkeit.
Ich hörte, wie das Leben lärmte,
Ich sah sein tausendfarbig Licht,
Es war kein Licht, das mich erwärmte,
Und echtes Leben war es nicht.
Und endlich bin ich heimgegangen
Zu alter Stell' und alter Lieb',
Und von mir ab fiel das Verlangen,
Das einst mich in die Ferne trieb.
Die Welt, die fremde, lohnt mit Kränkung,
Was sich, umwerbend, ihr gesellt;
Das Haus, die Heimat, die Beschränkung,
Die sind das Glück und sind die Welt.
Sprüche
1. Nicht Glückes bar sind deine Lenze
Nicht Glückes bar sind deine Lenze,
Du forderst nur des Glücks zu viel;
Gib deinem Wunsche Maß und Grenze,
Und dir entgegen kommt das Ziel.
Wie dumpfes Unkraut laß vermodern,
Was in dir noch des Glaubens ist:
Du hättest doppelt einzufodern
Des Lebens Glück, weil du es bist.
Das Glück, kein Reiter wird's erjagen,
Es ist nicht dort, es ist nicht hier;
Lern' überwinden, lern' entsagen,
Und ungeahnt erblüht es dir.
2. Laß ab von diesem Zweifeln, Klauben
Laß ab von diesem Zweifeln, Klauben,
Vor dem das Beste selbst zerfällt,
Und wahre dir den vollen Glauben
An diese Welt trotz dieser Welt.
Schau hin auf eines Weibes Züge,
Das lächelnd auf den Säugling blickt,
Und fühl's, es ist nicht alles Lüge,
Was uns das Leben bringt und schickt.
Und, Herze, willst du ganz genesen,
Sei selber wahr, sei selber rein!
Was wir in Welt und Menschen lesen,
Ist nur der eigne Widerschein.
3. Sag an: »Es fällt von deinem Haupte«
Sag an: »Es fällt von deinem Haupte
Kein Haar, von welchem Gott nicht weiß« –
Und was der Tag uns Größres raubte,
Das fiele nicht auf Sein Geheiß?!
Trag es, wenn seinen Schnee der Winter
In unser Hoffen niederstiebt,
Ein ganzer Frühling lacht dahinter:
Gott züchtigt immer, wen Er liebt.
Laß in dem Leid, das Er beschieden,
Den Keim uns künft'gen Glückes schaun,
Dann kam der Tag, wo Freud' und Frieden,
In unsrem Herzen Hütten baun.
4. Es kann die Ehre dieser Welt
Es kann die Ehre dieser Welt
Dir keine Ehre geben,
Was dich in Wahrheit hebt und hält,
Muß in dir selber leben.
Wenn's deinem Innersten gebricht
An echten Stolzes Stütze,
Ob dann die Welt dir Beifall spricht,
Ist all dir wenig nütze.
Das flücht'ge Lob, des Tages Ruhm
Magst du dem Eitlen gönnen;
Das aber sei dein Heiligtum:
Vor dir bestehen können.
5. Beutst du dem Geiste seine Nahrung
Beutst du dem Geiste seine Nahrung,
So laß nicht darben dein Gemüt,
Des Lebens höchste Offenbarung
Doch immer aus dem Herzen blüht.
Ein Gruß aus frischer Knabenkehle,
Ja mehr noch, eines Kindes Lall'n,
Kann leuchtender in deine Seele
Wie Weisheit aller Weisen fall'n.
Erst unter Kuß und Spiel und Scherzen
Erkennst du ganz, was Leben heißt;
O lerne denken mit dem Herzen,
Und lerne fühlen mit dem Geist.
6. Du wirst es nie zu Tücht'gem bringen
Du wirst es nie zu Tücht'gem bringen
Bei deines Grames Träumerein,
Die Tränen lassen nichts gelingen,
Wer schaffen will, muß fröhlich sein.
Wohl Keime wecken mag der Regen,
Der in die Scholle niederbricht,
Doch golden Korn und Erntesegen
Reift nur heran bei Sonnenlicht.
7. Tritt ein für deines Herzens Meinung
Tritt ein für deines Herzens Meinung
Und fürchte nicht der Feinde Spott,
Bekämpfe mutig die Verneinung,
So du den Glauben hast an Gott.
Wie Luther einst, in festem Sinnen,
So sprich auch du zu Gottes Ehr':
»Ich geh' nach Worms, und ob da drinnen
Jedweder Stein ein Teufel wär'!«
Und peitscht dich dann der Witz mit Ruten
Und haßt man dich, – o laß, o laß!
Mehr noch als Liebe aller Guten,
Gilt aller Bösen Hohn und Haß.
8. Die Menschen lassen vieles gelten
Die Menschen lassen vieles gelten:
Vor allem lieben sie dich stumm;
Doch willst du klagen, willst du schelten, –
Auch das, man kümmert sich nicht drum.
Nur, willst du rasch die Gunst verscherzen,
So zeig ein Fünkchen Seligkeit, –
Man wünscht dir Glück »von ganzem Herzen«
Und birst vor rückgestautem Neid.
9. Es äfft dich nur dies Rennen, Traben
Es äfft dich nur dies Rennen, Traben
Nach golden mußevoller Zeit,
Wenn du die Ruhe glaubst zu haben,
Dann eben ist sie doppelt weit.
Auf weichem Pfühl, auf samtnen Kissen,
Wenn du sie hältst, wenn du sie hast,
Wirst du die Holde mehr vermissen
Als in des Tages Druck und Last.
All Labsal, was uns hier beschieden,
Fällt nur in Kampf und Streit uns zu,
Nur in der Arbeit wohnt der Frieden,
Und in der Mühe wohnt die Ruh.
10. Man wird nicht besser mit den Jahren
Man wird nicht besser mit den Jahren,
Wie sollt' es auch, man wird bequem
Und bringt, um sich die Reu' zu sparen,
Die Fehler all in ein System.
Das gibt dann eine glatte Fläche,
Man gleitet unbehindert fort,
Und »allgemeine Menschenschwäche«
Wird unser Trost- und Losungswort.
Die Fragen alle sind erledigt,
Das eine geht, das andre nicht,
Nur manchmal eine stumme Predigt
Hält uns der Kinder Angesicht.
11. Du darfst mißmutig nicht verzagen
Du darfst mißmutig nicht verzagen,
In Liebe nicht noch im Gesang,
Wenn mal ein allzu kühnes Wagen,
Ein Wurf im Wettspiel dir mißlang.
Wes Fuß wär' niemals fehlgesprungen?
Wer lief nicht irr' auf seinem Lauf?
Blick hin auf das, was dir gelungen,
Und richte so dich wieder auf.
Vorüber ziehn die trüben Wetter,
Es lacht aufs neu der Sonne Glanz,
Und ob verwehn die welken Blätter,
Die frischen schlingen sich zum Kranz.
Spätherbst
Schon mischt sich Rot in der Blätter Grün,
Reseden und Astern sind im Verblühn,
Die Trauben geschnitten, der Hafer gemäht,
Der Herbst ist da, das Jahr wird spät.
Und doch (ob Herbst auch) die Sonne glüht, –
Weg drum mit der Schwermut aus deinem Gemüt!
Banne die Sorge, genieße, was frommt,
Eh' Stille, Schnee und Winter kommt.
Würd' es mir fehlen, würd' ich's vermissen?
Heute früh, nach gut durchschlafener Nacht,
Bin ich wieder aufgewacht.
Ich setzte mich an den Frühstückstisch,
Der Kaffee war warm, die Semmel war frisch,
Ich habe die Morgenzeitung gelesen,
(Es sind wieder Avancements gewesen).
Ich trat ans Fenster, ich sah hinunter,
Es trabte wieder, es klingelte munter,
Eine Schürze (beim Schlächter) hing über dem Stuhle,
Kleine Mädchen gingen nach der Schule, –
Alles war freundlich, alles war nett,
Aber wenn ich weiter geschlafen hätt'
Und tät' von alledem nichts wissen,
Würd' es mir fehlen, würd' ich's vermissen?
Überlaß es der Zeit
Erscheint dir etwas unerhört,
Bist du tiefsten Herzens empört,
Bäume nicht auf, versuch's nicht mit Streit,
Berühr es nicht, überlaß es der Zeit.
Am ersten Tag wirst du feige dich schelten,
Am zweiten läßt du dein Schweigen schon gelten,
Am dritten hast du's überwunden,
Alles ist wichtig nur auf Stunden,
Ärger ist Zehrer und Lebensvergifter,
Zeit ist Balsam und Friedensstifter.
Der alte Musikant
(Aus einer Novelle)
Jung, in den hohen Spielmannsorden
Trat ein ich, weil es mir gefiel,
Nun »alter Musikant« geworden,
Zieh' ich umher mit meinem Spiel.
Um schweift mein Aug', um geht der Teller,
Ein Scherflein, zögernd, fällt hinein,
Ich nehme meinen Beifalls-Heller
Und muß es noch zufrieden sein.
Ach, hingeschwundne junge Tage,
Nie wieder kehrt ihr mir zurück, –
Und doch an Frau Fortunas Schlage,
So fruchtlos Bitten auch und Klage,
Harr' ich noch immer auf mein Glück.
Lebenswege
Fünfzig Jahre werden es ehstens sein,
Da trat ich in meinen ersten »Verein«.
Natürlich Dichter. Blutjunge Ware:
Studenten, Leutnants, Refrendare.
Rang gab's nicht, den verlieh das »Gedicht«,
Und ich war ein kleines Kirchenlicht.
So stand es, als Anno 40 wir schrieben;
Aber ach, wo bist du Sonne geblieben?
Ich bin noch immer, was damals ich war,
Ein Lichtlein auf demselben Altar,
Aus den Leutnants aber und Studenten
Wurden Gen'räle und Chefpräsidenten.
Und mitunter, auf stillem Tiergartenpfade,
Bei »Kön'gin Luise« trifft man sich grade.
»Nun, lieber F., noch immer bei Wege?«
»Gott sei Dank, Exzellenz ... Trotz Nackenschläge ...«
»Kenn' ich, kenn' ich. Das Leben ist flau ...
Grüßen Sie Ihre liebe Frau.«
Großes Kind
Ich bin, trotz manchem Unterfangen,
Ein großes Kind durchs Leben gegangen.
Ich las das Tollste, die Hauptgeschicht',
Immer nur im Polizeibericht.
Und dieses Tollste – von ihm zu lesen,
Ist eigentlich auch schon zuviel gewesen.
Was mir fehlte
Wenn andre Fortunens Schiff gekapert,
Mit meinen Versuchen hat's immer gehapert,
Auf halbem Weg', auf der Enterbrücke,
Glitt immer ich aus. War's Schicksalstücke?
War's irgend ein großes Unterlassen?
Ein falsches die Sach' am Schopfe Fassen?
War's Schwachsein in den vier Elementen,
In Wissen, Ordnung, Fleiß und Talenten?
Oder war's – ach, suche nicht zu weit,
Was mir fehlte, war: Sinn für Feierlichkeit.
Ich blicke zurück. Gott sei gesegnet,
Wem bin ich nicht alles im Leben begegnet!
Machthabern aller Arten und Grade,
Vom Hof, von der Börse, von der Parade,
»Damens« mit und ohne Schnitzer,
Portiers, Hauswirte, Hausbesitzer,
Ich konnte mich allen bequem bequemen,
Aber feierlich konnt' ich sie nicht nehmen.
Das rächt sich schließlich bei den Leuten,
Ein jeder möchte was Rechts bedeuten,
Und steht mal was in Sicht oder Frage,
So sagt ein Reskript am nächsten Tage:
»Nach bestem Wissen und Gewissen,
Er läßt doch den rechten Ernst vermissen,
Alle Dinge sind ihm immer nur Schein,
Er ist ein Fremdling, er paßt nicht hinein,
Und ob das Feierlichste gescheh',
Er sagt von jedem nur: Fa il Re.«
Suche nicht weiter. Man bringt es nicht weit
Bei fehlendem Sinn für Feierlichkeit.
Rangstreitigkeiten
In einem Lumpenkasten
War große Rebellion:
Die feinen Lumpen haßten
Die groben lange schon.
Die Fehde tät beginnen
Ein Lümpchen von Batist,
Weil ihm ein Stück Sacklinnen
Zu nah gekommen ist.
Sacklinnen aber freilich
War eben Sackleinwand
Und hatte grob und eilig
Die Antwort bei der Hand:
»Von Ladies oder Schlumpen –
's tut nichts zur Sache hier,
Du zählst jetzt zu den Lumpen
Und bist nicht mehr wie wir.«
Aber es bleibt auf dem alten Fleck
»Wie konnt' ich das tun, wie konnt' ich das sagen«, –
So hört man nicht auf, sich anzuklagen,
Bei jeder Dummheit, bei jedem Verlieren
Heißt es: »Das soll dir nicht wieder passieren.«
Irrtum! Heut traf es bloß Kunzen und Hinzen,
Morgen trifft es schon ganze Provinzen,
Am dritten Tag ganze Konfessionen,
Oder die »Rassen, die zwischen uns wohnen«,
Immer kriegt man einen Schreck,
Aber es bleibt auf dem alten Fleck.
Rückblick
Es geht zu End', und ich blicke zurück.
Wie war mein Leben? wie war mein Glück?
Ich saß und machte meine Schuh;
Unter Lob und Tadel sah man mir zu.
»Du dichtest, das ist das Wichtigste ...«
»Du dichtest, das ist das Nichtigste.«
»Wenn Dichtung uns nicht zum Himmel trüge ...«
»Phantastereien, Unsinn, Lüge!«
»Göttlicher Funke, Prometheusfeuer ...«
»Zirpende Grille, leere Scheuer!«
Von hundert geliebt, von tausend mißacht't,
So hab' ich meine Tage verbracht.
So und nicht anders
Die Menschen kümmerten mich nicht viel,
Eigen war mein Weg und Ziel.
Ich mied den Markt, ich mied den Schwarm,
Andre sind reich, ich bin arm.
Andre regierten (regieren noch),
Ich stand unten und ging durchs Joch.
Entsagen und lächeln bei Demütigungen,
Das ist die Kunst, die mir gelungen.
Und doch, wär's in die Wahl mir gegeben,
Ich führte noch einmal dasselbe Leben.
Und sollt' ich noch einmal die Tage beginnen,
Ich würde denselben Faden spinnen.
Fester Befehl
In Arkadien wurd' auch ich geboren.
Auch ich habe mal auf Freiheit geschworen.
Ich haßte Schranzen und Fürstenschmeichler,
Glaubte beinah an Held und Eichler,
Und Herwegh, Karl Beck und Dingelsteten
Erhob ich zu meinen Leibpoeten.
» ... Auf dem offenen Meere der Freiheit schwimmen ...
Ein Volk muß immer sich selbst bestimmen,
Ein Volk geht immer die rechten Wege,
Nieder die Polizeigehege,
Nieder die possidentes beati –«
So dacht' auch ich. Oh, tempi passati!
Freiheit freilich. Aber zum Schlimmen
Führt der Masse sich selbst Bestimmen,
Und das Klügste, das Beste, Bequemste,
Das auch freien Seelen weitaus Genehmste
Heißt doch schließlich, ich hab's nicht Hehl:
Festes Gesetz und fester Befehl.
Aus der Gesellschaft
1. Hoffest
Erst kommt der Zar, der Herr aller Reußen,
Dann kommt das offizielle Preußen.
Im Weißen Saal, unter der Gittervergildung,
Eben beginnt die Gruppenbildung:
Geheimräte, nach Regel und Normen,
In Fracks, in Orden, in Staatsuniformen.
Deinem besten Freunde, so rat' ich dir gern,
An solchem Tage bleib' ihm fern,
Er kennt dich, ach, und kennt dich nicht,
Ein eignes Lächeln umschwebt sein Gesicht,
Seren und ernst und verlegen zugleich,
Heut ist er Preußen, heut ist er das Reich.
Deinem besten Freunde, so rat' ich dir gern,
An solchem Tage bleib ihm fern,
Er stellt dich vor, doch du wirst's nicht froh,
Alles spöttisch und nur so so:
»Sie kennen ja unsren berühmten Sänger«,
Alle Gesichter werden länger.
So geht es dir weiter, dir wenig nach Wunsch,
Bis er endlich kommt – der Fastnachtspunsch,
Pfannkuchen und Punsch, und sieh, im Gemüte,
Blüht wieder auf die Menschenblüte,
Gemeinschaftlich und fidel und munter
Geht's schließlich die Wendeltreppe hinunter,
Und unten heißt's wie vor dreißig Jahren:
»Willst du nicht mit mir nach Hause fahren?«
2. Der Subalterne
»Immer Achselzucken (es ist zum Lachen),
Und doch sind wir es, die es machen.
Das Bißchen Deutschland zusammenzuschweißen,
Das lag in der Zeit, das will nicht viel heißen –
Und Sedan? Nach links und rechts zu schwenken,
Ist auch nichts Gefährlichs auszudenken.
Ich bin nicht für Ruhm, ich bin nicht für Ehr',
Es ist mit alledem nicht weit her,
Und es wär' mir ein Leichtes, mich drin zu finden,
Wär' nicht die Frau – die kann's nicht verwinden.«
So hieß es um Weihnacht. Am Ordensfest
Sprang um der Wind von Ost nach West,
Der Glauben an Gottes Gnad' und Güte
Schlug wieder Wurzel in seinem Gemüte.
Wie's blinkt, wie's schillert! Er strahlt, er bebt.
»Ich habe nicht umsonst gelebt.«
3. Der Sommer- und Winter-Geheimrat
Um die Sommerszeit sind sie wie andre Menschen
Aus Schwiebus, Reppen oder Bentschen.
Zumal in Bädern, in Ostseefrischen
Sitzt man mit ihnen an selben Tischen,
Und sind auch verschieden der Menschheit Lose,
Gleichmacherisch wirkt die Badehose,
Der alte Adam mit seinen Gebrechen
Läßt manches schweigen und manches sprechen.
Am Spill wurde gestern ein Seehund geschossen,
Zu drängen sich alle Strandgenossen;
Man will ein Kinderhospiz errichten,
»Sie könnten einen Prolog uns dichten.«
Allgemeines heitres sich Anbequemen,
Ein Unterschied ist nicht wahrzunehmen.
So der Sommer; er hat sein Bestes getan,
Aber nun bricht der Winter an.
Beim Botschafter S. ist Gala-Fete,
Dein Spill-Freund ist mit an der Tete,
Noch schützt dich die bergende Fensternische,
Jetzt aber gilt es, jetzt geht es zu Tische,
Du sitzt vis-à-vis ihm, es trifft dich sein Gruß,
Davor dein Herz ersteinen muß.
Es wundert sein Chef sich, sein Kollege,
Die Badebekanntschaft ist plötzlich im Wege,
Von dem, mit dem du den Seehund umstanden,
Von dem »sommerlichen« ist nichts mehr vorhanden,
Statt seiner der »winterliche« ... Du frierst.
Suche, daß du dich rasch verlierst.
4. Auf dem Mattäikirchhof
Alltags mit den Offiziellen
Weiß ich mich immer gut zu stellen,
Aber feiertags was Fremdes sie haben,
Besonders, wenn sie wen begraben,
Dann treten sie (drüber ist kaum zu streiten)
Mit einem Mal in die Feierlichkeiten.
Man ist nicht Null, nicht geradezu Luft,
Aber es gähnt doch eine Kluft,
Und das ist die Kunst, die Meisterschaft eben,
Dieser Kluft das rechte Maß zu geben.
Nicht zu breit und nicht zu schmal,
Sich flüchtig begegnen, ein-, zwei-, dreimal,
Und verbietet sich solch Vorüberschieben,
Dann ist der Gesprächsgang vorgeschrieben:
»Anheimelnder Kirchhof ... beinah ein Garten ...
Der Prediger läßt heute lange warten ...«
Oder: »Der Tote, hat er Erben?
Es ist erstaunlich, wie viele jetzt sterben.«
5.
1 comment