Eine stille weiße Flamme umhüllte den Bau wie ein Leichentuch, und weit hinauf in die ruhige Luft ergoss sich ein Glanz übernatürlichen Lichtes, während eine Wolke von Rauch sich über den Trümmern aufbaute in der klar erkennbaren Gestalt eines ungeheuren – Pferdes.
* Mercier tritt in »L’an deux mille quatre cent quarante« ernstlich für die Lehre von der Seelenwanderung ein, und I. d’Israeli sagt: »Kein System ist so klar und widerstrebt so wenig dem Verstand.« Auch von Colonel Ethan Allen, dem »Sohn der Grünen Berge«, heißt es, dass er ein ernster Anhänger der Lehre von der Seelenwanderung gewesen sei.
Der Duc de l’Omelette
Und schritt mit eins in kühlere Regionen.
COWPER
Keats starb an einer Kritik. Wer war es noch, der an L’Andromaque* starb? Niedere Seelen! – De l’Omelette starb an einem Ortolan. L’histoire en est brève. Steh mir bei, Geist des Apicius!
Ein goldener Käfig trug einen kleinen geflügelten Wanderer, ein gefesseltes, rührendes, indolentes Vögelchen, von seiner Heimat im fernen Peru nach der Chaussee d’Antin. Sechs Pairs des Kaiserreiches begleiteten den glücklichen Vogel von seiner königlichen Eigentümerin, La Bellissima, zu dem Duc de l’Omelette. An diesem Abend wollte der Duc allein speisen. In der Einsamkeit seines Arbeitszimmers lehnte er lässig auf jener Ottomane, für die er seine Loyalität geopfert hatte, indem er seinen König überbot – auf der berühmten Ottomane von Cadet.
Er gräbt sein Gesicht in die Kissen. Die Uhr schlägt. Unfähig, Ihre Gefühle zu unterdrücken, nehmen Seine Gnaden eine Olive. In diesem Augenblick öffnet sich die Tür leise zum Klang sanfter Musik, und sieh! der lieblichste Vogel steht vor dem geliebtesten der Männer! Doch eine unsägliche Furcht legt sich plötzlich auf die Züge des Duc. – »Horreur! – chien! – Baptiste! – l’oiseau! ah, bon Dieu! Cet oiseau modeste que tu as deshabillé de ses plumes, et que tu as servi sans papier!« Unnötig, mehr zu sagen: Der Duc starb an Ekel.
»Ha! Ha! Ha!«, sagten Seine Gnaden am dritten Tag nach Ihrem Ableben.
»He! He! He!«, echote der Teufel leise und richtete sich empor.
»Aber das ist doch sicherlich nicht ernst gemeint«, gab De l’Omelette zurück. »Ich habe gesündigt – c’est vrai – aber, mein Lieber, bedenke! – Du hast doch nicht wirklich die Absicht, solch – solch – wie soll ich sagen – solch barbarische Drohungen auszuführen.«
»Was nicht?«, sagte Seine Majestät. »Fix, Herr, ziehen Sie sich aus!«
»Was, ausziehen? Meiner Treu, eine niedliche Zumutung! Nein, Teuerster, ich werde mich nicht entkleiden. Wer sind Sie denn, dass ich, der Duc de l’Omelette, Prince de Foie-gras, eben mündig geworden, Autor der Mazurkiade, Mitglied der Akademie, mich auf ihren Befehl der entzückendsten Beinkleider, die jemals Bourdon verfertigte, des köstlichsten Hausgewandes, das jemals Rombert hervorzauberte, entledigen sollte, ganz zu schweigen von der Notwendigkeit, meine Haare aus den Papierwickeln nehmen, und von der Unbequemlichkeit, meine Handschuhe ausziehen zu müssen?«
»Wer ich bin? – ach so! Ich bin Beelzebub, Prinz der Unterwelt. Eben holte ich dich aus einem mit Elfenbein eingelegten Rosenholzsarg. Du warst sonderbar parfümiert und wie eine Warensendung adressiert. Belial, mein Kirchhofsverwalter, hat dich hierher geschickt. Die Beinkleider, deren du dich rühmst und die von Bourdon gemacht sein sollen, sind ein Paar vorzügliche Leinenunterhosen, und dein Morgengewand ist ein Leichentuch von nicht allzu knappen Dimensionen.«
»Herr!«, rief der Duc, »ich lasse mich nicht ungestraft beleidigen! Herr! Ich werde die erste beste Gelegenheit ergreifen, um mich für diese Kränkung meiner Ehre zu rächen! Herr! Sie werden von mir hören! Für jetzt – au revoir!«, und der Duc war im Begriff, mit einer Verbeugung den Satan zu verlassen, als er von einem diensttuenden Kammerherrn zurückgebracht wurde. Hierauf rieben sich Seine Gnaden die Augen, gähnten, zuckten die Achseln und überlegten. Als der Duc seine Haltung wieder gewonnen hatte, prüfte er seine Umgebung.
Sie war wundervoll. Sogar De l’Omelette erklärte sie für bien comme il faut. Dies lag jedoch nicht an der Länge und Breite des Raumes, sondern an der Höhe. Ah, die war ganz überwältigend! Keine Spur von Decke – nur eine dichte durcheinanderwogende Masse von feuerfarbigen Wolken. Im Gehirn Seiner Gnaden wirbelte es, wenn Sie hinaufsahen. Von oben herab hing eine Kette aus unbekanntem blutrotem Metall, deren oberes Ende sich parmi les nues verlor wie die Stadt Boston. Am unteren Ende schwang ein großes Gefäß hin und her. Der Duc erkannte es als einen Rubin; aus ihm strömte aber ein so intensives, so beständiges, so furchtbares Licht, wie nie ein solches ein Perser angebetet oder ein Geber sich vorgestellt hat, wie nie ein solches einem Muselmann im Traum erschienen ist, wenn er opiumbetäubt auf das Mohnlager taumelte, den Rücken den gefährlichen Blüten, das Antlitz der Sonne zugewendet. Der Duc murmelte eine leise Verwünschung.
Die Ecken des Raumes waren nischenartig abgerundet. In drei dieser Nischen standen Statuen von gigantischen Ausmessungen.
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