(Ab.)
Abt (setzt sich). Noch einen Schluck.
(Die Knechte schenken ein.)
Olearius. Belieben Ihro Hochwürden nicht eine kleine Promenade in den
Garten zu machen? Post coenam stabis seu passus mille meabis.
Liebetraut. Wahrhaftig, das Sitzen ist Ihnen nicht gesund. Sie kriegen noch einen Schlagfluß.
Abt (hebt sich auf).
Liebetraut (vor sich). Wann ich ihn nur draußen hab, will ich ihm fürs Exerzitium sorgen.
(Gehn ab.)
I. Akt, Szene 4
Jagsthausen
Maria. Weislingen.
Maria. Ihr liebt mich, sagt Ihr. Ich glaub es gerne und hoffe, mit
Euch glücklich zu sein und Euch glücklich zu machen.
Weislingen. Ich fühle nichts, als nur daß ich ganz dein bin. (Er umarmt sie.)
Maria. Ich bitte Euch, laßt mich. Einen Kuß hab ich Euch zum Gottespfennig erlaubt; Ihr scheint aber schon von dem Besitz nehmen zu wollen, was nur unter Bedingungen Euer ist.
Weislingen. Ihr seid zu streng, Maria! Unschuldige Liebe erfreut die
Gottheit, statt sie zu beleidigen.
Maria. Es sei! Aber ich bin nicht dadurch erbaut. Man lehrte mich:
Liebkosungen sein wie Ketten, stark durch ihre Verwandtschaft, und
Mädchen, wenn sie liebten, sein schwächer als Simson nach Verlust
seiner Locken.
Weislingen. Wer lehrte Euch das?
Maria. Die äbtissin meines Klosters. Bis in mein sechzehntes Jahr war ich bei ihr, und nur mit Euch empfind ich das Glück, das ich in ihrem Umgang genoß. Sie hatte geliebt und durfte reden. Sie hatte ein Herz voll Empfindung! Sie war eine vortreffliche Frau.
Weislingen. Da glich sie dir! (Er nimmt ihre Hand.) Wie wird mir's werden, wenn ich Euch verlassen soll!
Maria (zieht ihre Hand zurück). Ein bißchen eng, hoff ich, denn ich weiß, wie's mir sein wird. Aber Ihr sollt fort.
Weislingen. Ja, meine Teuerste, und ich will. Denn ich fühle, welche
Seligkeiten ich mir durch dies Opfer erwerbe. Gesegnet sei dein
Bruder, und der Tag, an dem er auszog, mich zu fangen!
Maria. Sein Herz war voll Hoffnung für ihn und dich. "Lebt wohl!" sagt' er beim Abschied, "ich will sehen, daß ich ihn wiederfinde."
Weislingen.
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