Gleich darauf kommt ein Kerl herein, nimmt ihm die Krone ab, küßt sie, gießt Gift in die Ohren des Königs und geht ab. Die Königin kommt zurück, findet den König tot, und macht leidenschaftliche Gebärden. Der Vergifter kommt mit zwei oder drei Stummen zurück, und scheint mit ihr zu wehklagen. Die Leiche wird weggebracht. Der Vergifter wirbt mit Geschenken um die Königin; sie scheint anfangs unwillig und abgeneigt, nimmt aber zuletzt seine Liebe an.
Sie gehen ab.
OPHELIA. Was bedeutet dies, mein Prinz?
HAMLET. Ei, es ist spitzbübische Munkelei; es bedeutet Unheil.
OPHELIA. Vielleicht, daß diese Vorstellung den Inhalt des Stücks anzeigt.
Der Prolog tritt auf.
HAMLET. Wir werden es von diesem Gesellen erfahren: Die Schauspieler können nichts geheim halten, sie werden alles ausplaudern.
OPHELIA. Wird er uns sagen, was diese Vorstellung bedeutet?
HAMLET. Ja, oder irgendeine Vorstellung, die Ihr ihm vorstellen wollt. Schämt Euch nur nicht, ihm vorzustellen, so wird er sich nicht schämen, Euch zu sagen, was es bedeutet.
OPHELIA. Ihr seid schlimm, Ihr seid schlimm; ich will das Stück anhören.
PROLOG.
Für uns und unsre Vorstellung
Mit untertän'ger Huldigung
Ersuchen wir Genehmigung.
HAMLET. Ist dies ein Prolog, oder ein Denkspruch auf einem Ringe?
OPHELIA. Es ist kurz, mein Prinz.
HAMLET. Wie Frauenliebe.
Ein König und eine Königin treten auf.
KÖNIG im Schauspiel.
Schon dreißigmal hat den Apollsein Wagen
Um Nereus' Flut und Tellus' Rund getragen,
Und zwölfmal dreißig Mond' in fremdem Glanz
Vollbrachten um den Erdball ihren Tanz,
Seit unsre Herzen Liebe treu durchdrungen
Und Hymens Bande Hand in Hand geschlungen.
KÖNIGIN im Schauspiel.
Mag Sonn' und Mond so manche Reise doch,
Eh' Liebe stirbt, uns zählen lassen noch!
Doch leider seid Ihr jetzt so matt von Herzen,
So fern von vor'ger Munterkeit und Scherzen,
Daß Ihr mich ängstet: aber zag' ich gleich,
Doch, mein Gemahl, nicht ängsten darf es Euch:
Denn Weiberfurcht hält Maß mit ihrem Lieben;
In beiden gar nichts, oder übertrieben.
Wie meine Lieb' ist, hab' ich Euch gezeigt:
Ihr seht, daß meine Furcht der Liebe gleicht.
Das Kleinste schon muß große Lieb' erschrecken
Und ihre Größ' in kleiner Sorg' entdecken.
KÖNIG im Schauspiel.
Ja, Lieb', ich muß dich lassen, und das bald:
Mich drückt des Alters schwächende Gewalt.
Du wirst in dieser schönen Welt noch leben,
Geehrt, geliebt; vielleicht wird, gleich ergeben,
Ein zweiter Gatte –
KÖNIGIN im Schauspiel.
O halt' ein! halt' ein!
Verrat nur könnte solche Liebe sein.
Beim zweiten Gatten würd' ich selbst mir fluchen;
Die einen totschlug, mag den zweiten suchen.
HAMLET.
Das ist Wermut.
KÖNIGIN im Schauspiel.
Das, was die Bande zweiter Ehe flicht,
Ist schnöde Sucht nach Vorteil, Liebe nicht.
Es tötet noch einmal den toten Gatten,
Dem zweiten die Umarmung zu gestatten.
KÖNIG im Schauspiel.
Ich glaub', Ihr denket jetzt, was Ihr gesprochen,
Doch ein Entschluß wird oft von uns gebrochen.
Der Vorsatz ist ja der Erinn'rung Knecht,
Stark von Geburt, doch bald durch Zeit geschwächt:
Wie herbe Früchte fest am Baume hangen,
Doch leicht sich lösen, wenn sie Reif' erlangen.
Notwendig ist's, daß jeder leicht vergißt
Zu zahlen, was er selbst sich schuldig ist.
Wo Leidenschaft den Vorsatz hingewendet,
Entgeht das Ziel uns, wann sie selber endet.
Der Ungestüm sowohl von Freud' als Leid
Zerstört mit sich die eigne Wirksamkeit.
Laut klagt das Leid, wo laut die Freude schwärmet,
Leid freut sich leicht, wenn Freude leicht sich härmet.
Die Welt vergeht: es ist nicht wunderbar,
Daß mit dem Glück selbst Liebe wandelbar.
Denn eine Frag' ist's, die zu lösen bliebe,
Ob Lieb' das Glück führt, oder Glück die Liebe.
Der Große stürzt: seht seinen Günstling fliehn!
Der Arme steigt, und Feinde lieben ihn.
So weit scheint Liebe nach dem Glück zu wählen:
Wer ihn nicht braucht, dem wird ein Freund nicht fehlen,
Und wer in Not versucht den falschen Freund,
Verwandelt ihn sogleich in einen Feind.
Doch, um zu enden, wo ich ausgegangen,
Will' und Geschick sind stets in Streit befangen.
Was wir ersinnen, ist des Zufalls Spiel,
Nur der Gedank' ist unser, nicht das Ziel.
So denk', dich soll kein zweiter Gatt' erwerben,
Doch mag dies Denken mit dem ersten sterben.
KÖNIGIN im Schauspiel.
Versag mir Nahrung, Erde! Himmel, Licht!
Gönnt, Tag und Nacht, mir Lust und Ruhe nicht!
Verzweiflung werd' aus meinem Trost und Hoffen,
Nur Klausnerbuß' im Kerker steh' mir offen!
Mag alles, was der Freude Antlitz trübt,
Zerstören, was mein Wunsch am meisten liebt,
Und hier und dort verfolge mich Beschwerde,
Wenn, einmal Witwe, jemals Weib ich werde!
HAMLET zu Ophelia.
Wenn sie es nun brechen sollte –
KÖNIG im Schauspiel.
's ist fest geschworen. Laß mich, Liebe, nun!
Ich werde müd', und möcht' ein wenig ruhn,
Die Zeit zu täuschen.
KÖNIGIN im Schauspiel.
Wiege dich der Schlummer,
Und nimmer komme zwischen uns ein Kummer!
Ab.
HAMLET. Gnädige Frau, wie gefällt Euch das Stück?
KÖNIGIN. Die Dame, wie mich dünkt, gelobt zu viel.
HAMLET. Oh, aber sie wird ihr Wort halten!
KÖNIG. Habt Ihr den Inhalt gehört? Wird es kein Ärgernis geben?
HAMLET. Nein, nein; sie spaßen nur, vergiften im Spaß, kein Ärgernis in der Welt.
KÖNIG. Wie nennt Ihr das Stück?
HAMLET. Die Mausefalle. Und wie das? Metaphorisch. Das Stück ist die Vorstellung eines in Vienna geschehnen Mordes. Gonzago ist der Name des Herzogs, seine Gemahlin Baptista; Ihr werdet gleich sehen, es ist ein spitzbübischer Handel. Aber was tut's? Eure Majestät und uns, die wir ein freies Gewissen haben, trifft es nicht. Der Aussätzige mag sich jucken, unsre Haut ist gesund.
Lucianus tritt auf.
Dies ist ein gewisser Lucianus, ein Neffe des Königs.
OPHELIA. Ihr übernehmt das Amt eines Chorus, gnädiger Herr.
HAMLET.
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