Heidi kann brauchen, was es gelernt hat

Project BookishMall.com's Heidi kann brauchen, was es gelernt hat, by Johanna Spyri #5 in our series by Johanna Spyri

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Title: Heidi kann brauchen, was es gelernt hat

Author: Johanna Spyri

Release Date: February, 2005 [EBook #7512] [Yes, we are more than one year ahead of schedule] [This file was first posted on May 12, 2003]

Edition: 10

Language: German

*** START OF THE PROJECT BookishMall.com EBOOK HEIDI, VOL. 2 ***

Produced by Gunther Olesch

This text has been derived from HTML files at "Projekt BookishMall.com - DE" (http://www.BookishMall.com2000.de/spyri/heidi2/heidi2.htm), prepared by Gerd Bouillon.

Johanna Spyri

Heidi kann brauchen, was es gelernt hat

Inhalt

Reisezurüstungen

Ein Gast auf der Alm

Eine Vergeltung

Der Winter im Dörfli

Der Winter dauert fort

Die fernen Freunde regen sich

Wie es auf der Alp weitergeht

Es geschieht, was keiner erwartet hat

Es wird Abschied genommen, aber auf Wiedersehen

Reisezurüstungen

Der freundliche Herr Doktor, der den Entscheid gegeben hatte, daß das Kind Heidi wieder in seine Heimat zurückgebracht werden sollte, ging eben durch die breite Straße dem Hause Sesemann zu. Es war ein sonniger Septembermorgen, so licht und lieblich, daß man hätte denken können, alle Menschen müßten sich darüber freuen. Aber der Herr Doktor schaute auf die weißen Steine zu seinen Füßen, so daß er den blauen Himmel über sich nicht einmal bemerken konnte. Es lag eine Traurigkeit auf seinem Gesichte, die man vorher nie da gesehen hatte, und seine Haare waren viel grauer geworden seit dem Frühjahr. Der Doktor hatte eine einzige Tochter gehabt, mit der er seit dem Tode seiner Frau sehr nahe zusammen gelebt hatte und die seine ganze Freude gewesen war. Vor einigen Monaten war ihm das blühende Mädchen durch den Tod entrissen worden. Seither sah man den Herrn Doktor nie mehr so recht fröhlich, wie er vorher fast immer gewesen war.

Auf den Zug an der Hausglocke öffnete Sebastian mit großer Zuvorkommenheit die Eingangstür und machte gleich alle Bewegungen eines ergebenen Dieners; denn der Herr Doktor war nicht nur der erste Freund des Hausherrn und dessen Töchterchen, durch seine Freundlichkeit hatte er sich, wie überall, die sämtlichen Hausbewohner zu guten Freunden gemacht.

»Alles beim alten, Sebastian?« fragte der Herr Doktor wie gewohnt mit freundlicher Stimme und ging die Treppe hinauf, gefolgt von Sebastian, der nicht aufhörte, allerlei Zeichen der Ergebenheit zu machen, obschon der Herr Doktor sie eigentlich nicht sehen konnte, denn er kehrte dem Nachfolgenden den Rücken.

»Gut, daß du kommst, Doktor«, rief Herr Sesemann dem Eintretenden entgegen. »Wir müssen durchaus noch einmal die Schweizerreise besprechen, ich muß von dir hören, ob du unter allen Umständen bei deinem Ausspruche bleibst, auch nachdem nun bei Klärchen entschieden ein besserer Zustand eingetreten ist.«

»Mein lieber Sesemann, wie kommst du mir denn vor?« entgegnete der Angekommene, indem er sich zu seinem Freunde hinsetzte. »Ich möchte wirklich wünschen, daß deine Mutter hier wäre; mit der wird alles gleich klar und einfach und kommt ins rechte Geleise. Mit dir aber ist ja kein Fertigwerden. Du lässest mich heute zum dritten Male zu dir kommen, damit ich dir immer noch einmal dasselbe sage. -

»Ja, du hast recht, die Sache muß dich ungeduldig machen, aber du mußt doch begreifen, lieber Freund« - und Herr Sesemann legte seine Hand wie bittend auf die Schulter seines Freundes -, »es wird mir gar zu schwer, dem Kinde zu versagen, was ich ihm so bestimmt versprochen hatte und worauf es sich nun monatelang Tag und Nacht gefreut hat. Auch diese letzte schlimme Zeit hat das Kind so geduldig ertragen, immer in der Hoffnung, daß die Schweizerreise nahe sei und daß es seine Freundin Heidi auf der Alp besuchen könne; und nun soll ich dem guten Kinde, das ja sonst schon so vieles entbehren muß, die langgenährte Hoffnung mit einemmal wieder durchstreichen - das ist mir fast nicht möglich.«

»Sesemann, das muß sein«, sagte sehr bestimmt der Herr Doktor, und als sein Freund stillschweigend und niedergeschlagen dasaß, fuhr er nach einer Weile fort: »Bedenke doch, wie die Sache steht. Klara hat seit Jahren keinen so schlimmen Sommer gehabt, wie dieser letzte war. Von einer so großen Reise kann keine Rede sein, ohne daß wir die schlimmsten Folgen zu befürchten hätten. Dazu sind wir nun in den September eingetreten, da kann es ja noch schön sein oben auf der Alp, es kann aber auch schon sehr kühl werden. Die Tage sind nicht mehr lang, und oben bleiben und da die Nächte zubringen kann Klara doch nun gar nicht. So hätte sie kaum ein paar Stunden oben zu verweilen. Der Weg von Bad Ragaz dort hinauf muß ja schon mehrere Stunden dauern, denn zur Alp hinauf muß sie entschieden im Sessel getragen werden. Kurz, Sesemann, es kann nicht sein! Aber ich will mit dir hineingehen und mit Klara reden, sie ist ja ein vernünftiges Mädchen, ich will ihr meinen Plan mitteilen. Im kommenden Mai soll sie erst nach Ragaz hinkommen; dort soll eine längere Badekur unternommen werden, so lange, bis es hübsch warm wird oben auf der Alp. Dann kann sie dort von Zeit zu Zeit hinaufgetragen werden, da wird sie diese Bergpartien erfrischt und gestärkt, wie sie dann sein wird, ganz anders genießen, als es jetzt geschähe. Du begreifst auch, Sesemann, wenn wir noch eine leise Hoffnung für den Zustand deines Kindes aufrechterhalten wollen, so haben wir die äußerste Schonung und die sorgfältigste Behandlung zu beobachten.«

Herr Sesemann, der bis dahin schweigend und mit dem Ausdrucke trauriger Ergebung zugehört hatte, fuhr jetzt auf einmal empor:

»Doktor«, rief er aus, »sag es mir ehrlich: Hast du wirklich noch
Hoffnung auf eine Änderung dieses Zustandes?«

Der Herr Doktor zuckte die Achseln. »Wenig«, sagte er halblaut. »Aber komm, denk einmal einen Augenblick an mich, lieber Freund! Hast du nicht ein liebes Kind, das nach dir verlangt und sich auf deine Heimkehr freut, wenn du weg bist? Nie mußt du in ein verödetes Haus zurückkehren und dich allein an deinen Tisch hinsetzen. Und dein Kind hat's auch gut daheim. Muß es auch vieles entbehren, was andere genießen können, so ist es in manch anderem auch vor vielen bevorzugt. Nein, Sesemann, ihr seid nicht so sehr zu beklagen, ihr habt es doch recht gut, so zusammenzusein; denk an mein einsames Haus!«

Herr Sesemann war aufgestanden und ging nun mit großen Schritten im
Zimmer auf und ab, wie er immer zu tun pflegte, wenn ihn irgendeine
Sache stark beschäftigte.