Heidis Lehr- und Wanderjahre
The Project BookishMall.com EBook of Heidis Lehr- und Wanderjahre, by Johanna Spyri
#3 in our series by Johanna Spyri
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Title: Heidis Lehr- und Wanderjahre
Author: Johanna Spyri
Release Date: February, 2005 [EBook #7500]
[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
[This file was first posted on May 11, 2003]
Edition: 10
Language: German
*** START OF THE PROJECT BookishMall.com EBOOK HEIDIS LEHR- UND WANDERJAHRE ***
Produced by Mike Pullen and Juliet Sunderland
This Etext is in German.
This book content was graciously contributed by the BookishMall.com Projekt-DE.
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Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "BookishMall.com Projekt-DE"
zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
http://BookishMall.com2000.de erreichbar.
Heidis Lehr- und Wanderjahre
Johanna Spyri
Inhalt
1 Zum Alm-Öhi hinauf
2 Beim Großvater
3 Auf der Weide
4 Bei der Großmutter
5 Es kommt ein Besuch und dann noch einer, der mehr Folgen hat
6 Ein neues Kapitel und lauter neue Dinge
7 Fräulein Rottenmeier hat einen unruhigen Tag
8 Im Hause Sesemann geht's unruhig zu
9 Der Hausherr hört allerlei in seinem Hause, das er noch nicht gehört hat
10 Eine Großmama
11 Heidi nimmt auf einer Seite zu und auf der anderen ab
12 Im Hause Sesemann spukt's
13 Am Sommerabend die Alm hinan
14 Am Sonntag, wenn's läutet
Zum Alm-Öhi hinauf
Vom freundlichen Dorfe Maienfeld führt ein Fußweg durch grüne,
baumreiche Fluren bis zum Fuße der Höhen, die von dieser Seite groß
und ernst auf das Tal herniederschauen. Wo der Fußweg anfängt,
beginnt bald Heideland mit dem kurzen Gras und den kräftigen
Bergkräutern dem Kommenden entgegenzuduften, denn der Fußweg geht
steil und direkt zu den Alpen hinauf.
Auf diesem schmalen Bergpfade stieg am hellen, sonnigen Junimorgen
ein großes, kräftig aussehendes Mädchen dieses Berglandes hinan,
ein Kind an der Hand führend, dessen Wangen so glühend waren, dass
sie selbst die sonnverbrannte, völlig braune Haut des Kindes
flammend rot durchleuchteten. Es war auch kein Wunder: Das Kind
war trotz der heißen Junisonne so verpackt, als hätte es sich eines
bitteren Frostes zu erwehren. Das kleine Mädchen mochte kaum fünf
Jahre zählen; was aber seine natürliche Gestalt war, konnte man
nicht ersehen, denn es hatte sichtlich zwei, wenn nicht drei
Kleider übereinander angezogen und drüberhin ein großes, rotes
Baumwolltuch um und um gebunden, so dass die kleine Person eine
völlig formlose Figur darstellte, die, in zwei schwere, mit Nägeln
beschlagene Bergschuhe gesteckt, sich heiß und mühsam den Berg
hinaufarbeitete. Eine Stunde vom Tal aufwärts mochten die beiden
gestiegen sein, als sie zu dem Weiler kamen, der auf halber Höhe
der Alm liegt und 'im Dörfli' heißt. Hier wurden die
Wandernden fast von jedem Hause aus angerufen, einmal vom Fenster,
einmal von einer Haustür und einmal vom Wege her, denn das Mädchen
war in seinem Heimatort angelangt. Es machte aber nirgends Halt,
sondern erwiderte alle zugerufenen Grüße und Fragen im Vorbeigehen,
ohne still zu stehen, bis es am Ende des Weilers bei dem letzten
der zerstreuten Häuschen angelangt war. Hier rief es aus einer Tür:
"Wart einen Augenblick, Dete, ich komme mit, wenn du weiter
hinaufgehst."
Die Angeredete stand still; sofort machte sich das Kind von ihrer
Hand los und setzte sich auf den Boden.
"Bist du müde, Heidi?", fragte die Begleiterin.
"Nein, es ist mir heiß", entgegnete das Kind.
"Wir sind jetzt gleich oben, du musst dich nur noch ein wenig
anstrengen und große Schritte nehmen, dann sind wir in einer Stunde
oben", ermunterte die Gefährtin.
Jetzt trat eine breite gutmütig aussehende Frau aus der Tür und
gesellte sich zu den beiden. Das Kind war aufgestanden und
wanderte nun hinter den zwei alten Bekannten her, die sofort in ein
lebhaftes Gespräch gerieten über allerlei Bewohner des 'Dörfli' und
vieler umherliegender Behausungen.
"Aber wohin willst du eigentlich mit dem Kinde, Dete?", fragte
jetzt die neu Hinzugekommene. "Es wird wohl deiner Schwester Kind
sein, das hinterlassene."
"Das ist es", erwiderte Dete, "ich will mit ihm hinauf zum Öhi, es
muss dort bleiben."
"Was, beim Alm-Öhi soll das Kind bleiben? Du bist, denk ich, nicht
recht bei Verstand, Dete! Wie kannst du so etwas tun! Der Alte
wird dich aber schon heimschicken mit deinem Vorhaben!"
"Das kann er nicht, er ist der Großvater, er muss etwas tun, ich
habe das Kind bis jetzt gehabt, und das kann ich dir schon sagen,
Barbel, dass ich einen Platz, wie ich ihn jetzt haben kann, nicht
dahinten lasse um des Kindes willen; jetzt soll der Großvater das
Seinige tun."
"Ja, wenn der wäre wie andere Leute, dann schon", bestätigte die
kleine Barbel eifrig; "aber du kennst ja den. Was wird der mit
einem Kinde anfangen und dann noch einem so kleinen! Das hält's
nicht aus bei ihm! Aber wo willst du denn hin?"
"Nach Frankfurt", erklärte Dete, "da bekomm ich einen extraguten
Dienst. Die Herrschaft war schon im vorigen Sommer unten im Bad,
ich habe ihre Zimmer auf meinem Gang gehabt und sie besorgt, und
schon damals wollten sie mich mitnehmen, aber ich konnte nicht
fortkommen, und jetzt sind sie wieder da und wollen mich mitnehmen,
und ich will auch gehen, da kannst du sicher sein."
"Ich möchte nicht das Kind sein!", rief die Barbel mit abwehrender
Gebärde aus. "Es weiß ja kein Mensch, was mit dem Alten da oben
ist! Mit keinem Menschen will er etwas zu tun haben, jahraus,
jahrein setzt er keinen Fuß in eine Kirche, und wenn er mit seinem
dicken Stock im Jahr einmal herunterkommt, so weicht ihm alles aus
und muss sich vor ihm fürchten. Mit seinen dicken grauen
Augenbrauen und dem furchtbaren Bart sieht er auch aus wie ein
alter Heide und Indianer, dass man froh ist, wenn man ihm nicht
allein begegnet."
"Und wenn auch", sagte Dete trotzig, "er ist der Großvater und muss
für das Kind sorgen, er wird ihm wohl nichts tun, sonst hat er's zu
verantworten, nicht ich."
"Ich möchte nur wissen", sagte die Barbel forschend, "was der Alte
auf dem Gewissen hat, dass er solche Augen macht und so
mutterseelenallein da droben auf der Alm bleibt und sich fast nie
blicken lässt. Man sagt allerhand von ihm; du weißt doch gewiss
auch etwas davon, von deiner Schwester, nicht, Dete?"
"Freilich, aber ich rede nicht; wenn er's hörte, so käme ich schön
an!"
Aber die Barbel hätte schon lange gern gewusst, wie es sich mit dem
Alm-Öhi verhalte, dass er so menschenfeindlich aussehe und da oben
ganz allein wohne und die Leute immer so mit halben Worten von ihm
redeten, als fürchteten sie sich, gegen ihn zu sein, und wollten
doch nicht für ihn sein. Auch wusste die Barbel gar nicht, warum
der Alte von allen Leuten im Dörfli der Alm-Öhi genannt wurde, er
konnte doch nicht der wirkliche Oheim von den sämtlichen Bewohnern
sein; da aber alle ihn so nannten, tat sie es auch und nannte den
Alten nie anders als Öhi, was die Aussprache der Gegend für Oheim
ist. Die Barbel hatte sich erst vor kurzer Zeit nach dem Dörfli
hinauf verheiratet, vorher hatte sie unten im Prättigau gewohnt,
und so war sie noch nicht so ganz bekannt mit allen Erlebnissen und
besonderen Persönlichkeiten aller Zeiten vom Dörfli und der
Umgegend. Die Dete, ihre gute Bekannte, war dagegen vom Dörfli
gebürtig und hatte da gelebt mit ihrer Mutter bis vor einem Jahr;
da war diese gestorben, und die Dete war nach dem Bade Ragaz
hinübergezogen, wo sie im großen Hotel als Zimmermädchen einen
guten Verdienst fand. Sie war auch an diesem Morgen mit dem Kinde
von Ragaz hergekommen; bis Maienfeld hatte sie auf einem Heuwagen
fahren können, auf dem ein Bekannter von ihr heimfuhr und sie und
das Kind mitnahm. —Die Barbel wollte also diesmal die gute
Gelegenheit, etwas zu vernehmen, nicht unbenutzt vorbeigehen lassen;
sie fasste vertraulich die Dete am Arm und sagte: "Von dir kann
man doch vernehmen, was wahr ist und was die Leute darüber hinaus
sagen; du weißt, denk ich, die ganze Geschichte. Sag mir jetzt ein
wenig, was mit dem Alten ist und ob der immer so gefürchtet und ein
solcher Menschenhasser war."
"Ob er immer so war, kann ich, denk ich, nicht präzis wissen, ich
bin jetzt sechsundzwanzig und er sicher siebzig Jahr alt; so hab
ich ihn nicht gesehen, wie er jung war, das wirst du nicht erwarten.
Wenn ich aber wüsste, dass es nachher nicht im ganzen Prättigau
herumkäme, so könnte ich dir schon allerhand erzählen von ihm;
meine Mutter war aus dem Domleschg und er auch."
"A bah, Dete, was meinst denn?", gab die Barbel ein wenig beleidigt
zurück; "es geht nicht so streng mit dem Schwatzen im Prättigau,
und dann kann ich schon etwas für mich behalten, wenn es sein muss.
Erzähl mir's jetzt, es muss dich nicht gereuen."
"Ja nu, so will ich, aber halt Wort!", mahnte die Dete. Erst sah
sie sich aber um, ob das Kind nicht zu nah sei und alles anhöre,
was sie sagen wollte; aber das Kind war gar nicht zu sehen, es
musste schon seit einiger Zeit den beiden Begleiterinnen nicht mehr
gefolgt sein, diese hatten es aber im Eifer der Unterhaltung nicht
bemerkt. Dete stand still und schaute sich überall um. Der Fußweg
machte einige Krümmungen, doch konnte man ihn fast bis zum Dörfli
hinunter übersehen, es war aber niemand darauf sichtbar.
"Jetzt seh ich's", erklärte die Barbel; "siehst du dort?", und sie
wies mit dem Zeigefinger weitab vom Bergpfad.
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