Verse, welscher Gauch?

Nun, Verse machen kann der Hutten auch.

 

Nur keinen Schwulst, mein Dichter, keinen Frost!

Dein Name lautet? Ludwig Ariost.

 

Mir unbekannt. Dein Erstling, junges Blut?

Respekt! Ich bin ein Alter! Zieh den Hut!

 

Du hoffst, daß ich dich lese? Wahn! mein Kind.

Ich sause durch die Blätter, wie der Wind.

 

Verwunschene Prinzessin – Drachenbrut –

Das tolle Zeug ist für die Kinder gut.

 

Was soll uns noch die bunte Wunderzeit?

Wir fußen jetzt in harter Wirklichkeit.

 

Ein frisches Bild! Nun ja – ein feiner Spruch!

Ei Zauber! Üppig Grün entsprießt dem Buch!

 

Da setzen zwei Verliebte sich hinein,

Das Blatt gewendet und sie sind allein.

 

Es kracht! Ein Ritterpaar, das Lanzen bricht!

Die Splitter fliegen auf zum Sonnenlicht

 

Und fallen nieder, schwärzlich angebrannt,

Auf die Behelmten, die sich umgerannt.

 

Hanswurst, gemach! Das lohn der Teufel dir!

Verspottest du das löbliche Turnier?

 

Wes Geistes Kind? Laß sehen! Blättre, Hand!

Ein Feldgeschütz erobert Held Roland

 

Und flucht der Kugel und dem Pulverknall,

Als wären sie des Rittertums Verfall –

 

Der Sickingen erfuhr's, den, ach, ein scharf

Gezielter Schuß zum Sterben niederwarf!

 

Gewiß, viel änderte der Pulverblitz!

Und hier – das ist ein kapitaler Witz –

 

Hier läuft ein Kerl und schwingt die Halebard,

Der's nicht bemerkt, daß er getötet ward!

 

Bei meinem Bart! Das Bild der alten Zeit,

Die noch die Waffe führt und schilt und schreit,

 

Den jungen Tag bekämpft mit Trutz und List

Und nicht bemerkt, daß sie verstorben ist!

 

Ich wittre, Welscher, deinen Schlich und Brauch,

Des Witzes scharfen Bolzen schoß ich auch:

 

Aus wunderbaren Mären seh ich braun

Und lachend eines Schalkes Augen schaun.

 

Vor einer Fabelwelt verbeugst du dich

Und grüßest hübsch – und machst sie lächerlich.

 

Was ich befehdet mit des Herzens Kraft,

Zerstörst du mit des Scherzes Meisterschaft.

 

Ich reich dir über das Gebirg die Hand,

Mein Meister Ludowig im welschen Land!

 

In deines Maskenscherzes Fröhlichkeit

Bist du, wie ich, ein echtes Kind der Zeit.

XXVIII

 

Bin ich ein Dichter?

Das Lied des Welschen wandelt voller Glanz,

Es schwebt wie Musenschritt und Grazientanz.

 

Der Reim des Welschen hat ein hell Geläut –

Ob ich ein Dichter bin? Das plagt mich heut.

 

Du zweifelst, Hutten? Hat dich eines Tags

In Augsburg nicht gekrönt der Kaiser Max?

 

Das gilt!... Auch neben diesem welschen Lied?

Wär ich am Ende bloß ein Verseschmied?

 

Ich bin ein Verseschmied! So nenn ich mich!

Am Feuer meines Zornes schmiedet ich

 

Rüstung und Waffen zu des Tags Bedarf

Und wahrlich, meine Schwerter schneiden scharf!

XXIX

 

Der letzte Humpen

Herr Konrad der Komtur vergaß mich nicht

Und seine Sendung lacht wie Sonnenlicht.

 

Sie ist, ob auch in schlichtes Stroh gehüllt,

Bis oben an den Rand mit Geist gefüllt.

 

Statt eines Briefs hat der Bequeme mir

Geschickt das Fläschchen Rüdesheimer hier.

 

Dank! Einmal solche würz'ge Labe noch!

Ihr Gutes hat die Pfaffengasse doch.

 

Der Arzt verordnet mir den Wasserstrahl,

Wohlan, ich zeche heue zum letztenmal!

 

Nicht brauch ich dich zu schwenken, du bist rein,

Du kommst vom Brunnen, hölzern Becherlein!

 

Herr Rüdesheim, was gibt's am Rhein? Wie geht's

Der Klerisei von Mainz? Sie durstet stets?

 

Erlaucht, auf Schweizerboden keinen Stolz!

Bequemet Euch in dies Gefäß von Holz!

 

Lab ich allein mich aus dem Zauberquell

Liege nirgend hier im Gras ein Zechgesell?

 

Allein zu trinken ist mir schwer verhaßt,

Ein Mönchlein selber wär mir recht als Gast.

 

Ein Mönchlein! Wäre nur der Luther hier,

Mit Feuerzungen sprächen beide wir!

 

Ihn trat der Frundsberg auf der Dornenbahn

Zu Worms mit einem vollen Humpen an

 

Und sprach ihm zu: »Mach dir die Kehle naß!

Dann rede frisch! in vino veritas.«

 

Im Weine Wahrheit! Doch auch du bist hie,

Anmut'ge Lüge, Traum und Poesie!

 

Aus meinem Becher steigt ein Reigen klar

Und lächelnd grüßt mich eine Geisterschar.

 

Voraus die ewig junge Lebenslust,

Sie legt den Lockenkopf mir an die Brust

 

Und schaut zu mir mit hellen Augen auf:

»Du wirst genesen, Hutten! Zähle drauf!«

 

Und hier die Blasse mit dem süßen Schein

Der trauten Blicke muß die Liebe sein!

 

Sie flüstert das beseligende Wort:

»Noch hüte, Hutten, ich dir einen Hort!«

 

Mit beiden Armen winkt sie Heil mir zu:

»Es ist die Schönste, Hutten! Traue du!«

 

Und der Poet in meinem Herzen singe,

Von holder Erdefreuden Chor umringe,

 

In tausend Melodieen ein Getön:

O Erde, du bist lustig, du bist schön!...

 

Verbleiche, Reigen! Sinnentanz, erlisch!

Herr Reformator Hutten, auf vom Tisch!

 

Des Weines Hälfte blieb, die heb ich auf

Dem Freunde, kehrt er müd vom Arzteslauf.

 

Drei Züge noch, das ist die heil'ge Zahl!

Drei Sprüche noch und sonder lange Wahl!

 

Den ersten Trunk dem heil'gen röm'schen Reich!

Möcht es ein weltlich deutsches sein zugleich!

 

Den zweiten meinem Kaiser! Möcht er sein,

Der fünfte Karl, so echt, wie dieser Wein!

 

Den dritten bring ich jedem auf der Welt,

Der sich und seinen Becher wacker hält!

 

 

XXX
Der Uli

Gelassen schreitet dort im Ackerfeld

Ein rüst'ger Mann, der späte Saat bestellt.

 

Schön ist ein jedes Werk das Jahr entlang,

Am liebsten doch ist mir des Säers Gang...

 

Mein wackrer Albrecht Dürer, mal mir heue

Den lieben Heiland, wie er Körner streut,

 

Mit einem deutschen Himmel frisch und klar

Und deutscher Landschaft – für den Fronaltar...

 

Als ich mit Zwingli jüngst am Mahle saß,

Erzählt' er etwas, das ich nicht vergaß.

 

Er sprach: »Das wilde Tal, das mich gebar,

Bringt weder Wein noch Frucht im wärmsten Jahr.

 

So kam's, daß ich gelebt der Jahre zehn,

Bevor ich Egge, Pflug und Saat gesehn.

 

Da nahm der Vater mich zu Tale mit,

Die Säer drunten zählten Schritt um Schritt

 

Und streuten edeln Wurfs, geheimen Winks

Die wundersamen Körner rechts und links.

 

Ich schaute die Gebärden allesamt,

Streng und gemessen, wie beim heil'gen Amt,

 

Und endlich frug ich mit erstauntem Wort:

›Vater! Was tun die Männer Frommes dort?‹

 

Er lachte. ›Solches sahst du nie zu Haus!

Sie streun das Brot des lieben Gottes aus.

 

Was ist dir, Uli? Weinst du? Schäme dich!‹

›Ei, Vater, es ist gar so feierlich.‹«

XXXI

 

Die deutsche Bibel

Ein frommer Tag, da ich, gestreckt ins Gras,

Die »Schrift, verdeutscht durch Martin Luther« las.

 

Gern hör ich deiner Sprache, Luther, zu

Wer braucht das Wort gewaltiger als du?

 

Auf einer grün umwachsnen Burg versteckt,

Hast du die Bibel und das Deutsch entdeckt.

 

Ich las und alte Mär aus Morgenland

In Fleisch und Blut verwandelt vor mir stand.

 

Den Heiland hör ich, der mich traulich lehrt,

Aus einem Fischerboot mir zugekehrt.

 

Und plaudert' hier am Brunn im Schattenraum

Mit einem Weiblein er, mich wundert's kaum.

 

Vielleicht dortüben wandelt am Gestad

Durchs hohe Korn er auf verdecktem Pfad...

 

Der Rittersmann, der Knecht im Bauerkleid

Vernimmt von ihm den Weg zur Seligkeit –

 

Auch seine Henker tragen deutsche Tracht,

Zu Köln wird er im Dornenkranz verlacht

 

Und spottend geht an seinem Kreuz vorbei

Ein Chorherr aus der Mainzerklerisei...

 

Leer steht das Holz. Ein Zettel flattert dran

Mit got'scher Schrift. Es hebt die Predigt an.

 

Die Feuerzungen wehn. Fest Pfingsten flammt.

Martinus tritt in das Apostelamt.

 

Der Sturm erbraust und jede Sprache tönt –

Wie tief das Erz der deutschen Zunge dröhnt!

XXXII

 

Luther

Je schwerer sich ein Erdensohn befreit,

Je mächt'ger rührt er unsre Menschlichkeit.

 

Der selber ich der Zelle früh entsprang,

Mir graut, wie lang der Luther drinnen rang!

 

Er trug in seiner Brust den Kampf verhüllt,

Der jetzt der Erde halben Kreis erfüllt.

 

Er brach in Todesnot den Klosterbann –

Das Große tut, nur wer nicht anders kann!

 

Er fühlt der Zeiten ungeheuren Bruch

Und fest umklammert er sein Bibelbuch.

 

In seiner Seele kämpft, was wird und war,

Ein keuchend hart verschlungen Ringerpaar.

 

Sein Geist ist zweier Zeiten Schlachtgebiet –

Mich wundert's nicht, daß er Dämonen sieht!

XXXIII

 

Die Vorrede

Heut übermochte mich – seit langer Zeit

Zum erstenmal – ein Sturm von Lustigkeit.

 

Ich lag im Gras. Da blitzt' mir durch den Sinn,

Wie mit dem Papst ich umgesprungen bin.

 

Unbändig lacht ich in der grünen Saat

Und freute mich der frechen Jugendtat.

 

In einer Widmung und Praefatio

Schrieb ich an unsern Heil'gen Vater so:

 

»Die dir im Amt vorangegangen sind,

Die taugten nichts. Das weiß ein jedes Kind.

 

Sie fälschten, stahlen, raubten allezeit

Ein beßrer Mensch ist deine Heiligkeit.

 

Sie waren Schelme. Meinst du nicht? Verglich'

Ich dich mit ihnen, es betrübte dich!

 

Du billigst meine Rede, weiß ich schon,

Doch gib es, bitt ich, schriftlich deinem Sohn!

 

Verkünd es aller Christenheit und gib

Ein Breve: ›Ulrich Hutten ist mir lieb!‹«

 

Ich muß es mir bekennen dann und wann:

Nicht völlig ungerecht bin ich im Bann.

XXXIV

 

Erasmus

Frau Schwermut setzt sich heute neben mich

Und raunt mir zu: »Die Menschen lassen dich.

 

Du bist ein halbzertrümmert Kriegsgerät,

An dem man achtungslos vorübergeht.

 

Die Freunde wenden sich von dir mit Scheu,

Nur deine Feinde bleiben dir getreu.

 

Du warst zu kühn, und schreckst du dich erbleicht,

So wird es dir und wird den andern leicht«...

 

Der Schiffer kommt. Freund! Was ist dein Gesuch?

– »Hier, Ritter, bring ich etwas wie ein Buch.«

 

Versiegelt ist's. Von wem? Ich weiß es nicht.

Die Hand, sie zaudert, die das Siegel bricht.

 

Schickt, Büchlein, dich ein Freund, mich zu erfreun?

Ein Feind, mir alte Wunden zu erneun?

 

Ich, sonst so kampfgewöhnt und wetterhart,

Auf dieser stillen Insel werd ich zart,

 

Und dessen Hand so rasch zum Schwerte fuhr,

Friedselig werd ich hier wie die Natur.

 

Wie? Hutten zagt? Enthieltst du Gottes Spruch

Und Urtel selbst, ans Licht, verhülltes Buch!

 

»Erasmus gegen Hutten. Offner Brief.«

Recht! Hutten und Erasmus wäre schief.

 

Latein ist gut! Latein verdient ein Lob!

Glatt, elegant... Potz Blitz, da wird es grob!

 

»Zerlumpter Ritter!« redest du mich an,

Betitelst mich »verkommener Kumpan!«

 

»Zerlumpter Ritter!« Ein erbaulich Bild!

Mißgönnt der Bankert mir das Wappenschild?

 

Ich Hutten weiß, wieviel die Tinte tut,

Doch mehr vermag ein dreister Reutersmut!

 

Der Römling, der in unsern Landen haust,

Erbleicht vor der geschienten Edelfaust!

 

»Potator, aleator«... Geht's auf mich?

Du munkelst, deutelst, heuchelst – schäme dich!

 

Und hier... und hier – nicht möglich! Büchlein, schweig!

Ein Musenliebling! Und so schlecht und feig!

 

Erasmus rät den Zürchern – niedrig Tun –

Mir zu verbieten, hier mich auszuruhn.

 

Mich aufzunehmen in des Gastes Recht,

Gefährlich sei's! Du kennst die Zürcher schlecht!

 

Das alles, weil ich, der du brav mir schienst,

Dich werben wollte für der Freiheit Dienst.

 

Mann, wären nicht gezählt die Tage mir,

Zu Basel auf die Bude stieg' ich dir!

 

Ich zöge dich mit diesen Armen, glaub

Es mir, hervor aus deinem Bücherstaub.

 

Doch, zittre nicht! dir sollte nichts geschehn,

Ich würde nur dir Aug in Auge sehn.

 

Dein edles Wissen, spräch ich, liegt dir tot,

Du bietest Gold und wir bedürfen Brot!

 

Die Menge hungert, ahntest du es nie?

Hervor mit deinen Schätzen! Sätt'ge sie!

 

Dein Denken, spräch ich, ist ein eitler Traum,

Wächst drangvoll nicht daraus ein Lebensbaum...

 

Was willst du? Weihrauch? Ehrerbietung? Gern.

Du bist ein großes Licht, ein heller Stern!

 

Vor deinem Ruhme beugt der Hutten sich –

Nun aber, großer Mann, ermanne dich!

 

Die Satyrmaske lege sie beiseit –

Ein offnes Antlitz fordert unsre Zeit.

 

Freund – alles ist vergeben, rede frei!

Ich schütze dich vor Papst und Klerisei!

 

Du kennst die Wahrheit, übe nicht Verrat,

Gib Zeugnis! Wage eine Mannestat!

 

Bekenn, Erasme, ob du ein Papist,

Ein Römer oder evangelisch bist!

 

Kein Drittes! Gib in großem Stile dich!

Du kneifst die Lippen – bist du unser? Sprich!...

 

Dein schlaues Auge blickt mich spöttisch an?...

Vale, Erasme! Tot und abgetan!

XXXV

 

Das Huttenlied

Der Ufenau vorüber glitt ein Kahn

Ganz nah. Fast stieß er an das Ufer an.

 

Von fahrnden Schülern war der Nachen voll,

Ein Lied aus zwanzig jungen Kehlen scholl.

 

Im Buchenlaub verborgen, unsichtbar,

Lag nahe zum Berühren ich der Schar.

 

Das Ruder schlug den Takt der Melodie,

Entlang das Inselufer sangen sie:

 

»Behüte Christ das edel fränkisch Blut!

Es schreibet uns viel kostlich Bücher gut!

 

Aus Treuen tut's der Ritter, ohne Lohn,

Die Treu verspürt die deutsche Nation!

 

Der Römer schickt dir Mörder vor die Tür,

Ach edler Hut aus Franken, sieh dich für!«2

 

Sie brachen Zweiglein ab vom Buchenhag

Und keiner ahnte, wer dahinter lag.

 

 

XXXVI
Deutsche Libertät

Ein lustig Trommeln zieht den Strand entlang

Mit gellen Pfeifen und mit Kriegsgesang.

 

Sie lösen ihre Stücke. Rauch und Dampf.

Er lichtet sich. Standarten, Roßgestampf.

 

Gewalt'ge Körper! Es ist eine Lust,

Wie sie daherstolzieren selbstbewußt.

 

's ist Schwyzerboden. Üppig fließt der Sold,

Wild, immer wilder brennt der Durst nach Gold.

 

Die Älpler haben Lebensüberfluß

Und starkes Blut, daß man sie schröpfen muß.

 

Wem ziehn sie bei? Die Lilien seh ich wehn,

Zu König Franz wird dieser Reislauf gehn.

 

Nicht treibt der Schweizer seinen bösen Lauf

Allein. Der Landsknecht nimmt es mit ihm auf.

 

Der deutsche Ritter auch, er ficht und rauft

Für jeden fremden König, der ihn kauft.

 

Fürst, Pfaffe, Bauer, Städte, Ritterschaft,

Ein jedes trotzt auf eigne Lebenskraft!

 

Zum Henker eine Freiheit, die vergißt,

Was sie der Reichesehre schuldig ist!

 

Zum Teufel eine deutsche Libertät,

Die prahlerisch in Feindeslager steht!

 

Geduld! Es kommt der Tag, da wird gespannt

Ein einig Zelt ob allem deutschen Land!

 

Geduld! Wir stehen einst um ein Panier,

Und wer uns scheiden will, den morden wir!

 

Geduld! Ich kenne meines Volkes Mark!

Was langsam wächst, das wird gedoppelt stark.

 

Geduld! Was langsam reift, das altert spat!

Wann andre welken, werden wir ein Staat.

XXXVII

 

Der Schmied

Am Ufer drüben seh aus einem Schlot

Ich lust'ge Funken wirbeln purpurrot

 

Und Schmied und Amboß kommt mir in den Sinn,

Davor ich einst erstaunt gestanden bin.

 

Als ein vom Weg Verirrter macht ich halt:

Es war um Mitternacht im schwarzen Wald.

 

Ein riesenhafter Schmied am Amboß stand

Und hob den Hammer mit berußter Hand.

 

Zum ersten schlug er nieder, daß es scholl

Ringsum in finsterm Forst geheimnisvoll,

 

Und rief: »Mach, erster Streich, den Teufel fest,

Daß ihn die Hölle nicht entfahren läßt!«

 

Den Hammer er zum andern Male hob,

Den Amboß schlug er, daß es Funken stob,

 

Und schrie: »Triff du den Reichsfeind, zweiter Schlag,

Daß ihn der Fuß nicht fürder tragen mag!«

 

Den Hammer hob er noch zum drittenmal,

Der niederfuhr wie blanker Wetterstrahl,

 

Und lachte: »Schmiede, dritter, du die Treu

Und unsre alte Kaiserkrone neu!«

 

 

Huttens Gast

 

XXXVIII
Der Pilger

Mich drückt der Föhn. Er atmet schwer und schwül.

Dort im Kapellendunkel ist es kühl.

 

Zu einer Abendruhe kehr ich ein

Und werde wohl der einz'ge Beter sein.

 

Grüß Gott, mein schwäb'scher Nachbar Adalrich!3

Du lächelst blöd. Ein Stümper malte dich.

 

Ein Kirchlein trägst du sittig in der Hand:

Du schufst ein Kloster, merk ich, hiezuland!

 

Du gingest im Geleite deiner Zeit

Und hast's getan in Herzenslauterkeit.

 

Mir sinkt das Haupt... Wer da? Bin ich belauscht?

Am Fuß des Altars hat Gewand gerauscht.

 

Ein Pilger kniet, der stumm die Lippen regt

Und betend seinen Rosenkranz bewegt.

 

Ein kühner Wuchs, geduckt in Mönchsgewand!

Und – mein ich – eine schwertgewohnte Hand –

 

Was haucht mich an? Wie fällt mir plötzlich bei,

Daß dieser Mönch ein böses Wesen sei?...

 

Was flüstert mir im Ohr, daß dieser still

Versunkne Mensch mir an das Leben will?...

 

Ein Mörder ist's, gesendet gegen mich!

Nein. Ruhig kniet und edel hebt er sich. –

 

Er wendet sich der Uferbrandung zu –

Du bist ein Ritter! Warum pilgerst du?

XXXIX

 

Die Mahlzeit

Er steht am Strand und scheint hinauszusehn,

Als wollt er auf dem Kamm der Wogen gehn.

 

Ein Blitz! Er stürzte prasselnd in die Flut!

Das Ufer glomm in bleicher Schwefelglut...

 

Das leidenvolle Schwärmerangesicht

Umgab ein Heil'genschein von Höllenlicht...

 

Mein armer Hutten – du bist leibesschwach!

Ruf du den Pilger lieber unter Dach!

 

Ins Trockne, Pilger, eh der Regen wogt!

Des Hauses Herr ist fort. Ich bin der Vogt.

 

Was stehet Ihr verzückt? Ihr werdet naß!

Gebt mir die Hand! Wir treten ins Gelaß.

 

Seid hier willkommen! Machet's Euch bequem!

Wohin die Reise? »Nach Jerusalem.«

 

Das, rüst'ger Pilgrim, liegt meerüber schon.

Ich fragte nach der nächsten Station.

 

»Dort hinterm Berg Einsiedelns Gnadenhaus.«

Leer ist das Nest. Die Vögel flogen aus.

 

Ihr schlagt ein Kreuz, als wär der Böse hier?

Erlaubt! Mit einem Christen redet Ihr!

 

(Die welsche Frömmelei behagt mir schlecht...

Sei freundlich, Hutten! Er hat Gastes Recht!)

 

Ich wette, Herr, Ihr trugt Soldatentracht,

Nennt mir den Feldzug, den Ihr mitgemacht!

 

»Pamplonas Wälle, Herr, verteidigt ich.«

Das ehrt. Die Festung hielt sich ritterlich.

 

Und kämpftet Ihr in keinem neuern Krieg?

»Ich kämpfe stets. Maria gibt den Sieg.«

 

Sein redlich Bündel trägt ein jeder Christ.

»Maria rettet uns vor Satanslist.«

 

(Mit solchen Nonnensprüchlein sticht er mich!

Potz Blut und Wunden...