Ihr seid unterwegs?“

„Ja.“

„Nach Persien?“

„Ja.“

„Well! Ich gehe mit!“

„Ich denke, du willst nach Bagdad und dann zu den Haddedihn!“

„Mach keine schlechten Witze! Doch, ah, ich verstehe; habe nicht gefragt, ob Ihr mich wollt! Werde es also nachholen. Darf ich mit?“

„Ja“, antwortete ich in der von ihm gewünschten Kürze.

„Welches die erste persische Stadt?“

„Schiras.“

„Wann von hier fort?“

„Jetzt, nachher, sobald der Fährmann kommt.“

„Fährmann? Hm! Wartet! Bin gleich wieder da!“

Er sprang auf und ging so eilig fort, daß ich gar keine Zeit fand, ihn zu fragen, wohin er wolle. Jedenfalls nach seinem Dampfer, um die Fahrt abzubrechen und sein Gepäck zu holen.

„Sihdi, der macht es kurz“, lachte Halef. „Fast hätte er gar nicht erst gefragt, ob wir ihn gern mitnehmen oder nicht. Wer weiß, ob er, wenn er uns nicht getroffen hätte, bis zu den Haddedihn gekommen wäre! Er glaubt nicht an die Gefahren, welche zu beiden Seiten dieses Weges lauern. Sag mir aufrichtig, ob es dir lieb ist, daß wir ihn mitnehmen sollen.“

„Wenn ich ehrlich sein will, muß ich gestehen, daß ich mich in den Gedanken eingelebt habe, nur dich allein bei mir zu haben.“

„Ich danke dir, Effendi! Ich wollte, er wäre in seinem native country geblieben.“

„In dieser Weise will ich es doch nicht meinen. Du mußt bedenken, er ist ein sehr vornehmer Herr und seine Freundschaft eine sehr ehrenvolle Auszeichnung. Auch sind die Vorzüge seines Geistes und seines Herzens hoch anzuschlagen, und was die Hauptsache ist, ich habe ihn lieb. Ich gebe zu, daß infolge seiner Begleitung wohl manches anders werden wird, als es sich ohne ihn gestalten würde. Wir werden oft Rücksicht auf ihn und seine Eigenheiten zu nehmen haben; aber das wird alles ausgeglichen durch die vortrefflichen Eigenschaften, welche ihm unsere Achtung und Zuneigung erworben haben. Ich will also, Für und Wider gegeneinander abgewogen, sagen, daß es sich gleich bleibt, ob wir zu zweit oder zu dritt sind.“

„Wenn du so spricht, will ich mich darein finden, nicht dein einziger Gefährte sein zu dürfen. Horch, Effendi, was Euer Raki mit heißem Zuckerwasser für eine fromme Wirkung hat!“

Der Wirt sang draußen in einem fort „Allahhu, Allahhu, Allahhu!“ Er ahmte die heulenden Derwische nach, und der traute Ostafrikaner schrillte in den höchsten Fisteltönen allerlei dummes Zeug dazu. Es war ohrenzerreißend und nervenzersägend, aber hier an den vereinigten Wassern des Euphrat und Tigris schatt-el-arabisch schön!

Als ich dem Hadschi jetzt mitteilte, daß der Wirt den Ring der Sillan am Finger trage und also wohl zur geheimen Bruderschaft der ‚Schatten‘ gehöre, sagte er schnell:

„So erlaube, daß ich meinen Ring auch anstecke und ihn diesem Mann wie zufällig sehen lasse! Ich möchte sehr gern wissen, was er dann tun oder sagen wird.“

„Hm, wir dürfen mit diesen Ringen nicht spielen, lieber Halef!“

„Das weiß ich gar wohl; aber du hörst ja, daß er betrunken ist; es ist also gar keine Gefahr dabei, denn wenn er wieder nüchtern geworden ist, wird er nichts mehr wissen. Vielleicht erfahren wir etwas.“

„Das ist freilich möglich. Nur darf ich mich nicht für einen Sill ausgeben, weil er uns vorhin zugehört hat und also wahrscheinlich weiß, daß ich ein Europäer bin.“

„Genügt es denn nicht, daß ich mit ihm spreche? Mich kann er für keinen Franken halten.“

„Wenn du vorsichtig wärst, ja, dann!“

„Das werde ich sein, Sihdi. Darf ich?“

„Gut, ich denke auch, daß die Sache für uns ganz unbedenklich ist, und will dir den Spaß nicht verderben. Er hat einen Rausch und könnte uns auch ohnedies nichts schaden, weil wir diese Gegend ja heut verlassen und dann über die Grenze gehen. Aber wenn du sagst, du seiest ein Sill, so darf er ja nicht denken, daß ich oder Lindsay als deine Gefährten etwas davon wissen. Verstanden?“

„Ja. Ich werde so geheimnisvoll tun, als ob ich in Wirklichkeit ein Mitglied dieser Verbindung sei. Wann soll ich zu ihm gehen? Jetzt?“

„Nein, sondern erst dann, wenn Lindsay zurückgekehrt ist. Jetzt würde es auffallen, daß du mich allein läßt und hinter meinem Rücken mit ihm von Dingen plauderst, die ich nicht wissen darf.“

„Hoffentlich kommt der Inglis bald wieder, denn wenn der Fährmann erscheint, müssen wir bereit sein, sonst bekommt er das Bedürfnis, noch einmal auszuruhen. Hattest du eine Ahnung, daß Lindsay dich in deiner Heimat aufsuchen werde?“

„Nein. Er hat mich nicht davon benachrichtigt. Ich schrieb ihm, daß ich die Absicht hätte, nach Persien zu gehen und dich mitzunehmen. Da ist in ihm der Wunsch erwacht, sich uns anzuschließen. Daß wir damit einverstanden sein würden, hat er für ganz selbstverständlich gehalten. Solche Herren leben ja immer in dem Glauben, daß alles, was sie sprechen, tun und wollen, von anderen Leuten als Gesetz betrachtet wird. Er kennt meine Wohnung, die ich behalte, selbst wenn ich jahrelang auswärts auf Reisen bin, und ist gekommen, um mir ganz einfach zu sagen, daß er mich begleiten werde. Da ich schon fortgewesen bin, ist er auf dem kürzesten Wege oder vielmehr mit der schnellsten Gelegenheit hierher gefahren, um mich aufzusuchen.