Seht ihr das Perlendiadem dort neben der Chininflasche? Selbst davon vermochte ich mich nicht zu trennen, obwohl ich es in der Absicht hervorgeholt hatte, es Morstans Tochter zu schicken. Ihr, meine Söhne, werdet Morstans Tochter einen gerechten Anteil am Agra-Schatz geben. Aber sendet ihr nichts, auch nicht das Diadem, bevor ich unter der Erde liege. Denn es ist schließlich schon vorgekommen, daß kränkere Leute als ich sich wieder erholt haben.

Ich will euch erzählen, wie Morstan den Tod fand‹, fuhr er fort. ›Er hatte schon seit Jahren ein schwaches Herz, was er aber vor aller Welt verheimlichte. Ich allein wußte davon. In Indien waren wir beide durch eine seltsame Verkettung von Umständen in den Besitz eines bedeutenden Schatzes gelangt. Diesen hatte ich nach England gebracht, und als Morstan hier eintraf, suchte er mich noch am selben Abend auf, um seinen Anteil zu verlangen. Er kam zu Fuß vom Bahnhof hierher und wurde von meinem getreuen alten Lal Chowdar eingelassen, der nun nicht mehr unter uns weilt. Morstan und ich konnten uns nicht einigen, wie der Schatz geteilt werden sollte, und es kam zu einer hitzigen Auseinandersetzung. Morstan war eben von rasender Wut gepackt aus seinem Stuhl gesprungen; da plötzlich preßte er die Hand auf die Brust, sein Gesicht wurde aschfahl, und er fiel rücklings zu Boden, wobei er mit dem Kopf gegen eine Ecke der Schatztruhe schlug. Als ich mich über ihn beugte, stellte ich mit Entsetzen fest, daß er tot war.

Lange Zeit saß ich benommen da und wußte weder aus noch ein. Mein erster Impuls war natürlich, Hilfe herbeizuholen, aber dann wurde mir klar, daß ich mit größter Wahrscheinlichkeit des Mordes bezichtigt würde. Die Tatsache, daß er während eines Streites gestorben war, und die kläffende Wunde an seinem Hinterkopf würden mich aufs schwerste belasten. Außerdem kämen bei einer offiziellen Untersuchung zwangsläufig gewisse Einzelheiten in Zusammenhang mit dem Schatz ans Licht, die ich um jeden Preis geheimhalten wollte. Morstan hatte mir gesagt, daß keine Menschenseele wußte, wohin er gegangen war, und ich sah nicht ein, warum je eine Menschenseele davon erfahren sollte.

Ich brütete noch über der Sache, als ich aufblickte und meinen Diener Lal Chowdar in der Tür stehen sah. Er kam verstohlen herein und verriegelte die Tür hinter sich. »Sei ohne Furcht, Sahib«, sagte er. »Niemand braucht zu erfahren, daß du ihn umgebracht hast. Wir wollen ihn beiseite schaffen, und wer sollte uns dann auf die Schliche kommen?« – »Ich habe ihn nicht umgebracht«, erwiderte ich. Lal Chowdar schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich habe alles gehört, Sahib« sagte er. »Ich habe euch streiten gehört, und ich habe den Schlag gehört. Aber meine Lippen sind versiegelt. Das ganze Haus liegt in tiefem Schlaf. Schaffen wir ihn gemeinsam fort.« Damit war die Sache entschieden. Wenn nicht einmal mein eigener Diener an meine Unschuld glaubte, wie konnte ich dann hoffen, ein Geschworenengericht von zwölf dummen Handwerkern zu überzeugen? In jener Nacht beseitigten Lal Chowdar und ich die Leiche, und schon nach wenigen Tagen waren alle Londoner Zeitungen voll von dem geheimnisvollen Verschwinden Captain Morstans. Aus dem, was ich euch erzählt habe, könnt ihr ersehen, daß ich mir in dieser Sache kaum etwas vorzuwerfen habe. Gefehlt habe ich darin, daß ich nicht nur die Leiche, sondern auch den Schatz verschwinden ließ und daß ich mich an Morstans Anteil klammerte wie an meinen eigenen. Es ist deshalb mein Wille, daß ihr Rückerstattung leistet.