Im Hintergrunde steht der Sonnentempel, und auf der rechten Seite zieht sich eine große Fläche hin, auf welcher einige Janitscharen in Karriere forteilen. Das sonderbarste Phänomen ist: eine blaue Linie wie eine Meereslinie schließt das Bild. Er erklärte es uns, daß der Horizont der Wüste, der in der Ferne blau werden muß, so völlig wie das Meer den Gesichtskreis schließt, daß es ebenso in der Natur das Auge trügt, wie es uns im Bilde anfangs getrogen, da wir doch wußten, daß Palmyra vom Meer entfernt genug sei.

3. Gräber von Palmyra.

4. Restauration des Sonnentempels zu Balbeck, auch eine Landschaft mit den Ruinen, wie sie stehen.

5. Die große Moschee zu Jerusalem, auf den Grund des Salomonischen Tempels gebaut.

6. Ruinen eines kleinen Tempels in Phönizien.

7. Gegend am Fuße des Bergs Libanon, anmutig, wie man sich denken mag. Ein Pinienwäldchen, ein Wasser, daran Hängeweiden und Gräber drunter, der Berg in der Entfernung.

8. Türkische Gräber. Jeder Grabstein trägt den Hauptschmuck des Verstorbenen, und da sich die Türken durch den Kopfschmuck unterscheiden, so sieht man gleich die Würde des Begrabenen. Auf den Gräbern der Jungfrauen werden Blumen mit großer Sorgfalt erzogen.

9. Ägyptische Pyramide mit dem großen Sphinxkopfe. Er sei, sagt Cassas, in einen Kalkfelsen gehauen, und weil derselbe Sprünge gehabt und Ungleichheiten, habe man den Koloß mit Stuck überzogen und gemalt, wie man noch in den Falten des Kopfschmuckes bemerke. Eine Gesichtspartie ist etwa zehn Schuh hoch. Auf der Unterlippe hat er bequem spazieren können.

10. Eine Pyramide, nach einigen Urkunden, Anlässen und Mutmaßungen restauriert. Sie hat von vier Seiten vorspringende Hallen mit danebenstehenden Obelisken; nach den Hallen gehen Gänge hin, mit Sphinxen besetzt, wie sich solche noch in Oberägypten befinden. Es ist diese Zeichnung die ungeheuerste Architekturidee, die ich zeitlebens gesehen, und ich glaube nicht, daß man weiter kann.

Abends, nachdem wir alle diese schönen Sachen mit behaglicher Muße betrachtet, gingen wir in die Gärten auf dem Palatin, wodurch die Räume zwischen den Ruinen der Kaiserpaläste urbar und anmutig gemacht worden. Dort auf einem freien Gesellschaftsplatze, wo man unter herrlichen Bäumen die Fragmente verzierter Kapitäler, glatter und kannelierter Säulen, zerstückte Basreliefe und was noch der Art im weiten Kreise umhergelegt hatte, wie man sonsten Tische, Stühle und Bänke zu heiterer Versammlung im Freien anzubringen pflegt—dort genossen wir der reizenden Zeit nach Herzenslust, und als wir die mannigfaltigste Aussicht mit frisch gewaschenen und gebildeten Augen bei Sonnenuntergang überschauten, mußten wir gestehen, daß dieses Bild auf alle die andern, die man uns heute gezeigt, noch recht gut anzusehen sei. In demselbigen Geschmack von Cassas gezeichnet und gefärbt, würde es überall Entzücken erregen. Und so wird uns durch künstlerische Arbeiten nach und nach das Auge so gestimmt, daß wir für die Gegenwart der Natur immer empfänglicher und für die Schönheiten, die sie darbietet, immer offener werden.

Der Palatin. Zeichnung von Goethe

Nun aber mußte des nächsten Tages uns zu scherzhaften Unterhaltungen dienen, daß gerade das, was wir bei dem Künstler Großes und Grenzenloses gesehen, uns in eine niedrige, unwürdige Enge zu begeben veranlassen sollte. Die herrlichen ägyptischen Denkmale erinnerten uns an den mächtigen Obelisk, der auf dem Marsfelde, durch August errichtet, als Sonnenweiser diente, nunmehr aber in Stücken, umzäunt von einem Bretterverschlag, in einem schmutzigen Winkel auf den kühnen Architekten wartete, der ihn aufzuerstehen berufen möchte. (NB. Jetzt ist er auf dem Platz Monte Citorio wieder aufgerichtet und dient wie zur Römerzeit abermals als Sonnenweiser.) Er ist aus dem echtesten ägyptischen Granit gehauen, überall mit zierlichen naiven Figuren, obgleich in dem bekannten Stil, übersäet. Merkwürdig war es, als wir neben der sonst in die Luft gerichteten Spitze standen, auf den Zuschärfungen derselben Sphinx nach Sphinxen auf das zierlichste abgebildet zu sehen, früher keinem menschlichen Auge, sondern nur den Strahlen der Sonne erreichbar. Hier tritt der Fall ein, daß das Gottesdienstliche der Kunst nicht auf einen Effekt berechnet ist, den es auf den menschlichen Anblick machen soll. Wir machten Anstalt, diese heiligen Bilder abgießen zu lassen, um das bequem nah vor Augen zu sehen, was sonst gegen die Wolkenregion hinaufgerichtet war.

In dem widerwärtigen Raume, worin wir uns mit dem würdigsten Werke befanden, konnten wir uns nicht entbrechen, Rom als ein Quodlibet anzusehen, aber als ein einziges in seiner Art: denn auch in diesem Sinne hat diese ungeheure Lokalität die größten Vorzüge. Hier brachte der Zufall nichts hervor, er zerstörte nur; alles auf den Füßen Stehende ist herrlich, alles Zertrümmerte ist ehrwürdig, die Unform der Ruinen deutet auf uralte Regelmäßigkeit, welche sich in neuen großen Formen der Kirchen und Paläste wieder hervortat.

Jene bald gefertigten Abgüsse brachten in Erinnerung, daß in der großen Dehnischen Pastensammlung, wovon die Abdrücke im ganzen und teilweise verkäuflich waren, auch einiges ägyptische zu sehen sei; und wie sich denn eins aus dem andern ergibt, so wählte ich aus gedachter Sammlung die vorzüglichsten und bestellte solche bei den Inhabern.