Nun ist die Schwiegermutter oben; die weiß nun auch, was ich für Schlimmes vorhabe. Aber ich weiß keinen anderen Rat.“
Nach einiger Zeit entfernte er den Umschlag und arbeitete wieder. Aber er merkte wohl, daß er sich vorhin verrechnet habe und erst gegen Mittag fertig werden könne. –
Am Vormittag saß der Jude Salomon Levi in seiner Stube, in alten Sachen kramend. Da brachte ihm seine Frau einen Mann, bei dessen Anblick Levi schnell von seinem Stuhl aufsprang.
„Willkommen!“ sagte er, dem Ankömmling die Hand bietend. „Endlich! Haben Sie die Proben gemacht?“
„Ja, in dieser Nacht.“
„Gelungen oder nicht?“
„Über alles Erwarten.“
„Gott Abrahams! Ist es die Möglichkeit?“
„Ja. Dieser Graveur – wie heißt er gleich?“
„Franz Herold.“
„Also, dieser Graveur Franz Herold hat uns ein Meisterstück geliefert. Diese Vorderplatte ist gar nicht mit Geld zu bezahlen. Zehntausend Gulden ist da gar nicht zu viel.“
„Zehn – zehnt – zehntau –! Sind Sie etwa geworden verrückt?“
„Nein. Wir können mit dieser Platte Millionen verdienen. Wieviel haben wir ihm versprochen?“
„Tausend Gulden; das ist genug.“
„Meinetwegen! Mir kann es lieb sein. Er wird also gleich die ersten zehn Hundertguldenscheine seiner eigenen Arbeit bekommen. Sehen Sie einmal.“
Er zog ein Papier hervor, welches die Form und Farbe einer Hundertguldennote hatte, aber nur auf der einen Seite bedruckt war.
Der Jude suchte bei sich auch nach so einer Note, nahm eine Lupe und begann zu prüfen.
„Bei Goliath und David, das ist eine feine, eine sehr feine Arbeit. Da ist die Kopie vom Original gar nicht zu unterscheiden. Wenn die Hinterplatte auch so gut gerät, so können wir tausend Jahre drucken, ehe man entdeckt, daß es falsche Scheine gibt. Wann also werden wir die Hinterplatte bekommen?“
„Das erfahre ich heute. Er kommt ganz sicher am Vormittag, um mir zu zeigen, wie weit er bereits ist.“
„Schärfen Sie nur ein, sich alle Mühe zu geben!“
„Das vergesse ich natürlich nicht. Adieu!“
Er ging.
Nach einiger Zeit kam ein anderer. Er kam beinahe hereingesprungen. Der Jude kannte ihn. Es war ein Lotteriekollekteur, mit welchem er zuweilen kleine Privatgeschäfte abschloß, welche zu beider Vorteil zu gereichen pflegten.
„Guten Morgen, Herr Levi“, grüßte der Mann.
„Guten Morgen! Was kommen Sie zu machen für Gesichter? Haben Sie gewonnen das große Los oder gar die ganze Lotterie?“
„Scherz beiseite! Es handelt sich wirklich um einen großen Gewinn. Aber nicht für mich, sondern für andere.“
„Warum nicht für Sie?“
„Weil ich nicht habe ein Los.“
„Man kann auch gewinnen ohne Los.“
„Das ist nicht wahr.“
„Soll ich es Ihnen beweisen?“
„Ja. Tun Sie das.“
„Wenn Sie den Gewinn mit mir teilen.“
„Au waih geschrien!“
„Nicht?“
„Wenn ich gewinne, so will ich gewinnen für mich, aber nicht für andere!“
„Nun gut, so gewinnen Sie! Adieu!“
Er tat, als ob er gehen wollte; aber sofort war der Jude hinter ihm her und zog ihn zurück.
„Bleiben Sie, bleiben Sie!“ sagte er. „Erklären Sie mir vorher, wie Sie sich denken diesen Handel!“
„Das kann ich eben nicht.“
„Oh, man kann erklären alles, wenn man nur es erklären will.“
„Na, meinetwegen! Nehmen wir an, daß irgendeine Nummer das große Los gewinnt; jemand hat diese Nummer, weiß aber noch nichts von dem Gewinn und verkauft sie Ihnen?“
„So soll es sein? So?“
„Ja.“
„Welches ist diese Nummer?“
„Pah! Das weiß nur ich!“
„Nein. Sie wissen auch nichts!“
„Wie können Sie das behaupten?“
„Weil Sie dem Betreffenden sonst würden kaufen diese Nummer ab.“
„Sie vergessen, daß ich Kollekteur bin. Ich weiß, daß er gewinnen wird, ich darf ihm also die Nummer nicht abkaufen; ich müßte sie ihm wieder geben.“
„Ein anderer aber könnte sie behalten?“
„Ja.“
„Und wann wird ausgezahlt das Geld?“
„Innerhalb zweier Wochen.“
„Woher wissen Sie diese Nummer?“
„Ich habe soeben von der Direktion eine Depesche erhalten, daß auf die betreffende Nummer das große Los gefallen ist.“
„Das große Los? Das allergrößte Los?“
„Ja.“
„Gott meiner Väter! Wieviel hat gekostet dieses Los?“
„Fünf Gulden.“
„Und wieviel wird es erhalten ausgezahlt?“
„Hunderttausend Gulden. Einige Prozente aber gehen vorher ab.“
„So werde ich kaufen dies Los auf der Stelle!“
„Also Sie gehen darauf ein?“
„Ja. Sagen Sie mir die Nummer und den, der es hat in seinen Händen!“
„Zunächst muß ich Ihrer sicher sein. Also wieviel zahlen Sie mir?“
„Zahlen? Ah so! Will ich Ihnen geben volle tausend Gulden.“
„Sind Sie wahnsinnig? Die Hälfte will ich haben!“
„So sind Sie selbst wahnsinnig!“
„Unsinn! Die Zeit vergeht, und der Betreffende erfährt, daß er Gewinner ist.“
„Will ich geben fünftausend.“
„Nein. Ich sage Ihnen ein- für allemal, daß ich fünfzigtausend Gulden verlange.“
„Gott Zebaoth! Was doch sind die Menschen für nimmersatte Leute!“
„Zum Beispiel Sie!“
„Ich. Aber ich bin doch nicht Kollekteur!“
„Ich will Ihnen zum letzten Mal sagen, daß Sie fünfzigtausend Gulden einstecken, wenn Sie auf meinen Vorschlag eingehen, daß Sie aber keinen Heller bekommen, wenn ich jetzt fortgehe.
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