Diese mechanische Tätigkeit bereitete ihm große Schwierigkeiten; es fehlte ihm an Eifer, und der Apparat funktionierte unter seinen Fingern ziemlich schlecht; was er auch anstellte, einen Monat nachdem er die Arbeit aufgenommen hatte, machte er mehr Fehler als am ersten Tag, und das, obwohl sie ihn an den Rand des Wahnsinns trieb.

Außerdem wurde er streng gehalten, weil man das Bedürfnis nach Unabhängigkeit und die Instinkte des Künstlers in ihm brechen wollte; nicht einen Sonntag, nicht einen Abend konnte er seinem Onkel widmen, und sein einziger Trost bestand darin, ihm heimlich zu schreiben.

Bald jedoch wurde er von Mutlosigkeit und Widerwillen erfaßt; er war nicht imstande, diese Hilfsarbeitertätigkeit noch länger auszuführen.

Ende November fand ein Gespräch zwischen Herrn Casmodage, Boutardin Sohn und dem Kassenverwalter statt:

»Dieser Bursche ist entschieden unintelligent«, sagte der Bankier.

»Die Wahrheit zwingt mich, dem zuzustimmen«, antwortete der Kassenverwalter.

»Er ist das, was man früher als Künstler bezeichnete«, fuhr Athanase fort, »und was wir heutzutage einen Verrückten nennen.«

»Die Maschine wird in seinen Händen zu einem gefährlichen Instrument«, antwortete der Bankier; »er unterbreitet uns Additionen anstelle von Subtraktionen, und er hat es noch nie geschafft, uns eine Zinsrechnung zu bloß fünfzehn Prozent vorzulegen!«

»Das ist jämmerlich«, sagte der Cousin.

»Aber wo sollen wir ihn denn einsetzen?« sprach der Kassenverwalter weiter.

»Kann er lesen?« fragte Monsieur Casmodage.

»Vermutlich ja«, antwortete Athanase mit leichtem Zweifel in der Stimme.

»Wir könnten ihn beim Großen Hauptbuch einsetzen; er soll Quinsonnas diktieren, der nach einem Gehilfen verlangt.«

»Sie haben recht«, erwiderte der Cousin; »diktieren, das ist wohl das einzige, wozu er fähig ist, denn er hat eine gräßliche Schrift.«

»Und das zu einer Zeit, in der jedermann schön schreibt«, fügte der Kassenverwalter hinzu.

»Wenn ihm bei dieser neuen Arbeit kein Erfolg beschert ist«, sagte Monsieur Casmodage, »dann taugt er nur noch zum Ausfegen der Büros!«

»Und sogar dazu ...«, meinte der Cousin.

»Er soll kommen«, sagte der Bankier.

Michel erschien vor dem furchterregenden Triumvirat.

»Monsieur Dufrénoy«, sagte der Chef des Hauses und ließ sein geringschätzigstes Lächeln um die Lippen spielen, »Ihre allseits bekannte Unfähigkeit zwingt uns, Ihnen die Betreuung der Maschine Nr. 4 zu entziehen; die Ergebnisse, zu denen Sie kommen, sind ein beständiger Grund für Fehler in unserer Buchhaltung; so kann es nicht weitergehen.«

»Ich bedaure, Monsieur ...«, antwortete Michel kühl.

»Ihr Bedauern ist zwecklos«, erwiderte gestreng der Bankier;

»Sie sind von nun an dem Großen Hauptbuch zugeteilt. Man versichert mir, daß Sie lesen können. Sie werden diktieren.«

Michel gab keine Antwort. Was machte es ihm schon aus! Das Große Hauptbuch oder die Maschine! Eins war genauso gut wie das andere! Er zog sich also zurück, nachdem er gefragt hatte, wann er seine neue Stellung antreten würde!

»Morgen«, antwortete ihm Athanase; »Monsieur Quinsonnas wird davon in Kenntnis gesetzt.«

Der junge Mann verließ die Büroräume und dachte weniger an seine neue Arbeit, als vielmehr an diesen Quinsonnas, dessen Name ihm Furcht einflößte! Was mochte das für ein Mensch sein?

Irgendein über dem Abschreiben der Paragraphen des Großen Hauptbuches gealtertes Wesen, das seit sechzig Jahren Kontokorrente abrechnete, dem Fieber des Saldos und der Raserei des Stornos anheimgefallen! Michel wunderte sich nur, daß der Buchhalter noch nicht durch eine Maschine ersetzt worden war.

Zumindest empfand er aufrichtige Freude, seinen Rechenapparat zu verlassen; er war stolz darauf, ihn schlecht betreut zu haben; diese Maschine sah fälschlicherweise wie ein Klavier aus, und das stieß ihn ab.

Eingeschlossen im Zimmer und mit seinen Überlegungen beschäftigt, sah Michel schnell die Nacht hereinbrechen; er ging zu Bett, doch er konnte nicht schlafen; eine Art Alptraum bemächtigte sich seines Gehirns. Das Große Hauptbuch erschien ihm in phantastischer Größe; bald fühlte er sich zwischen den weißen Seiten zusammen gepreßt wie die getrockneten Pflanzen eines Herbariums, dann wieder gefangengehalten unter dem Rücken des Einbandes, der ihn unter seinen Kupferbeschlägen zerquetschte.

Aufgewühlt fuhr er hoch, von dem unbezwingbaren Verlangen besessen, dieses Wunderding in Augenschein zu nehmen.

»Das sind Kindereien«, sagte er sich, »aber dann weiß ich wenigstens, woran ich bin.«

Er sprang aus dem Bett, öffnete die Zimmertür und wagte sich tastend und stolpernd, mit ausgestreckten Armen und blinzelnden Augen in die Büroräume hinaus.

Finster und schweigsam lagen die weitläufigen Säle da, die tagsüber vom Klirren des Geldes, dem Klingeln des Goldes, dem Rascheln der Geldscheine und dem Kratzen der Federn auf Papier mit dem für Bankhäuser so charakteristischen Geräusch erfüllt waren. Michel marschierte auf gut Glück los und verirrte sich in diesem Labyrinth; er wußte über den Standort des Großen Hauptbuches nicht allzu genau Bescheid, doch ging er weiter; er mußte die Halle mit den Maschinen durchqueren, welche er in der Dunkelheit stehen sah.

»Sie schlafen«, sagte er sich, »und rechnen nicht!«

Er setzte seine Erkundungsreise fort, indem er durch das Büro der Riesenregistrierkassen tappte und bei jedem Schritt anstieß.

Mit einem Schlag fühlte er den Halt unter seinen Füßen schwinden, ein entsetzlicher Krach war zu hören; Schlösser und Riegel schnappten ein; ohrenbetäubendes Pfeifen drang aus den Gesimsen; eine plötzliche Beleuchtung erhellte die Büroräume, während Michel immer weiter hinab fiel und in einem bodenlosen Abgrund zu versinken meinte.

Bestürzt und zu Tode erschrocken wollte er, sobald er wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren glaubte, die Flucht ergreifen. Unmöglich! Er saß in einem Eisenkäfig gefangen.