«Was die andern können, werden wir auch können. Es wird schon gehen.»

  «Hör noch mal zu, Lämmchen», sagt er. «Ich will dir auch kein Hausstandsgeld geben. Zu Anfang des Monats tun wir alles Geld in einen Topf, und jeder nimmt sich etwas davon, was er braucht.»

  «Ja», sagt sie. «Ich hab einen hübschen Topf dafür, blaues Steingut. Ich zeig dir ihn noch. – Und dann wollen wir furchtbar sparsam sein. Vielleicht lern ich noch Oberhemden plätten.»

  «Fünf-Pfennig-Zigaretten sind auch Unsinn», sagt er. «Es gibt schon ganz anständige für drei.»

  Aber sie stößt einen Schrei aus. «O Gott, Junge, den Murkel haben wir doch ganz vergessen! Der kostet ja auch Geld!»

  Er überlegt: «Was kostet denn solch kleines Kind? Und dann

gibt es Entbindungsgeld und Stillgeld und Steuern zahlen wir auch weniger … ich glaub immer, die ersten Jahre kostet der gar nichts.»

  «Ich weiß nicht», sagt sie zweifelnd.

  In der Tür steht eine weiße Gestalt.

  «Wollt ihr nicht endlich ins Bett?» fragt Frau Mörschel. «Drei Stunden könnt ihr noch schlafen.»

  «Ja, Mutter», sagt Lämmchen.

  «Es ist schon alles gleich», sagt die Alte. «Ich schlaf heute bei Vater. Der Karl bleibt heute nacht auch weg. Nimm ihn dir mit, deinen …» Die Tür schrammt zu, ungesagt bleibt, welchen deinen …

  «Aber ich möchte wirklich nicht», sagt Pinneberg etwas pikiert. «Das ist doch wirklich nicht angenehm hier bei deinen Eltern …»

  «O Gott, Junge», lacht sie. «Ich glaub, der Karl hat recht, du bist ein Bourgeois …»

  «Aber keine Spur!» protestiert er. «Wenn es deine Eltern nicht stört.» Er zögert noch einmal: «Und wenn Doktor Sesam sich nun geirrt hat, ich habe nichts da.»

  «Also setzen wir uns wieder auf die Küchenstühle», schlägt sie vor. «Mir tut schon alles weh.»

  «Ich komm ja schon, Lämmchen», sagt er reumütig.

  «Ja, wenn du nicht willst …»

  «Ich bin ein Schaf, Lämmchen! Ich bin ein Schaf!»

  «Na also», sagt sie. «Dann passen wir ja zueinander.»

  «Das wollen wir gleich sehen», sagt er.



Erster Teil – Die kleine Stadt



Die Ehe fängt ganz richtig mit einer Hochzeitsreise an, aber – brauchen wir einen Schmortopf?


Der Zug, der um 4 Uhr 0 an diesem August-Sonnabend von Platz nach Ducherow fährt, befördert in einem Nichtraucherabteil dritter Klasse Herrn und Frau Pinneberg, in seinem Packwagen einen «ganz großen» Schließkorb mit Emmas Habe, einen Sack mit Emmas Betten – aber nur ihr Bett, «für sein Bett kann er selber sorgen, wie kommen wir dazu» – und eine Eierkiste mit Emmas Porzellan.

  Der Zug verlässt eilig die große Stadt Platz, am Bahnhof war keiner, die letzten Vorstadthäuser bleiben zurück, nun kommen die Felder. Eine Weile noch geht es an dem Ufer der glitzernden Strela entlang, und nun Wald, Birken an der Bahn entlang.

  Im Abteil sitzt außer ihnen nur noch ein grämlicher Mann, der sich nicht entschließen kann, was er nun eigentlich tun soll: Zeitung lesen, die Landschaf besehen oder das junge Paar beobachten. Überraschend geht er von einem zum andern über, und immer, wenn die beiden sich grade ganz sicher glauben, werden sie von ihm erwischt.

  Pinneberg legt ostentativ seine rechte Hand aufs Knie. Der Reif schimmert freundlich. Jedenfalls sind es vollständig legitime Dinge, die dieser Grämling beobachtet. Er sieht aber nicht den Ring an, sondern die Landschaf.

  «Macht sich gut, der Ring», sagt Pinneberg zufrieden. «Kann man überhaupt nicht sehen, dass er nur vergoldet ist.»

  «Weißt du, ein komisches Gefühl ist es doch mit dem Ring, ich fühl ihn immerzu und muss ihn ewig ansehen.»

  «Bist ihn eben noch nicht gewohnt. Alte Eheleute spüren ihn überhaupt nicht. Verlieren ihn, merken es gar nicht.»

  «Das sollte mir passieren», sagt Lämmchen entrüstet. «Ich werd ihn merken, immer und immer.»

  «Ich auch», erklärt Pinneberg. «Wo er mich an dich erinnert.» – «Und mich an dich!»

  Sie neigen sich gegeneinander, immer näher, immer näher. Und fahren zurück, der Grämliche starrt geradezu schamlos.

  «Keiner aus Ducherow», flüstert Pinneberg.