Getreide, Futter und Düngemittel. Kartoffeln en gros und en detail. – Da kann ich ja meine Kartoffeln bei dir kaufen.»

  «Nein, nein», sagt er hastig. «Das ist ein altes Schild. Wir haben Kartoffeln nicht mehr im Detail.»

  «Schade», sagt sie. «Ich hätte mir das so hübsch gedacht, wenn ich zu dir ins Geschäf gekommen wäre und hätte von dir zehn Pfund Kartoffeln gekauf. Ich hätte auch gar nicht verheiratet getan, du.»

  «Ja, schade», sagt auch er. «Es wäre wunderhübsch gewesen.» Sie tippt mit der Fußspitze sehr energisch auf den Boden und tut einen empörten Schnaufer, aber sie sagt nichts weiter. – Gedankenvoll fragt sie später: «Haben wir hier auch Wasser?»

  «Wieso?» fragt er vorsichtig.

  «Nun, zum Baden! Was heißt da wieso?» sagt Lämmchen ungeduldig.

  «Ja, Badegelegenheit gibt es hier auch», sagt er.

  Und sie fahren weiter. Aus der Hauptstraße müssen sie heraus sein. Feldstraße liest Lämmchen. Einzelne Häuser, alle in Gärten.

  «Du, hier ist es hübsch», sagt sie erfreut. «Die vielen Sommerblumen!»

  Das Auto macht förmlich Sprünge.

  «Jetzt sind wir im Grünen Ende», sagt er.

  «Im Grünen Ende?»

  «Ja, unsere Straße heißt das Grüne Ende.»

  «Das ist eine Straße?! Ich dachte schon, der Mann hat sich verfahren.»

  Links ist eine stacheldraht-bewehrte Koppel, besetzt mit ein paar Kühen und einem Pferd. Rechts ist ein Kleeschlag, der Rotklee blüht grade.

  «Mach doch jetzt das Fenster auf!» bittet sie.

  «Wir sind schon da.»

  Wo die Koppel zu Ende ist, hört auch das flache Land wieder auf. Hierhin hat die Stadt ihr letztes Denkmal gepflanzt – und was für eines! Schmal und hoch steht der Spekulationskasten des Maurermeisters Mothes im Flachen, braun und gelb ver putzt, aber nur von vorn, die Seitenmauern sind unverputzt und warten auf Anschluss.

  «Schön ist es nicht», sieht Lämmchen zu ihm hoch.

  «Aber drinnen ist es wirklich nett», ermutigt er sie.

  «Also gehen wir rein», sagt sie.

  «Und für den Murkel wird es natürlich herrlich sein hier, so gesund.»

  Pinneberg und der Chauffeur fassen den Korb an, Lämmchen nimmt die Eierkiste, der Chauffeur erklärt: «Den Bettsack bring ich nachher.»

  Unten im Parterre, wo der Laden ist, riecht es nach Käse und Kartoffeln, im ersten Stock wiegt der Käse vor, im zweiten herrscht er unumschränkt, und ganz oben unter dem Dach riecht es wieder nach Kartoffeln, dumpfig und feucht.

  «Erklär mir das, bitte! Wie ist der Geruch am Käse vorbeigekommen ?»

  Aber Pinneberg schließt schon die Tür auf.

  «Wir wollen gleich in die Stube, nicht wahr?»

  Sie gehen über den kleinen Vorplatz, er ist wirklich sehr klein, und rechts steht eine Garderobe und links eine Truhe. Die Männer kommen kaum mit dem Korb durch.

  «Hier!» sagt Pinneberg und stößt die Tür auf.

  Lämmchen tritt auf die Schwelle.

  «O Gott», sagt sie verwirrt. «Was ist denn hier …»

  Aber dann wirf sie alles, was sie in Händen hat, auf ein umbautes Plüschsofa – unter der Eierkiste schreien die Federn auf –, läuf zum Fenster, es sind vier große, strahlend helle Fenster in dem langen Zimmer, reißt es auf und lehnt sich hinaus.

  Unten, unter ihr, das ist die Straße, der zerfahrene Feldweg mit Sandgleisen und Gras und Melde und Saudisteln. Und dann ist das Kleefeld da, und jetzt riecht sie es, nichts riecht so herrlich wie blühender Klee, auf den einen ganzen Tag lang die Sonne geschienen hat. – Und an das Kleefeld schließen sich andere Felder, gelbe und grüne, und auf ein paar Roggenschlägen ist auch schon die Stoppel geschält. Und dann kommt ein ganz tiefgrüner Streifen – Wiesen –, und zwischen Weiden und Erlen und Pappeln fließt die Strela, schmal hier, ein Flüsschen nur.

  «Nach Platz», denkt Lämmchen. «Nach meinem Platz, wo ich geschufet habe und mich gequält, und allein gewesen bin, in einer Hofwohnung. Immer Mauern, Steine … Hier geht es immer weiter.»

  Und nun sieht sie im Fenster neben sich das Gesicht ihres Jungen, der den Chauffeur mit dem Bettsack abgefertigt hat, und er strahlt sie selig und selbstvergessen an.

  Sie ruf ihm zu: «Sieh doch nur dies alles! Hier kann man leben …» Sie reicht ihm aus ihrem Fenster die rechte Hand, und er nimmt sie mit seiner Linken.