Ein Blitz, der sich anfühlte, als würde ihr Körper entzweigerissen.
Als sie wieder zu sich kam, lag sie bäuchlings auf dem Boden. Der Mann wälzte sie auf den Rücken wie ein überfahrenes Tier. Sie konnte sich weder bewegen noch klar denken. Ganz gleich, wie sehr sie sich auch bemühte – und sie mobilisierte wirklich all ihre Kräfte –, gelang es ihr nicht zu schreien. Sie wusste nicht einmal mehr, wo sie sich befand.
Sie hob den Blick und glaubte ein Flugzeug zu erkennen, das im nachtschwarzen Himmel sein Fahrwerk ausklappte. Sie schaute an sich herunter und bemerkte, dass die Angelhaken noch immer in ihrem Pullover steckten. Die Drähte hatten sich mit den Kabeln ihres iPhones verheddert. Der Mann mit der Waffe starrte aus toten Augen zu ihr herunter. Er sagte etwas, das sie wegen der Ohrhörer nicht verstehen konnte. Doch aus seinem Gesichtsausdruck schloss sie, dass es gewiss nichts Angenehmes war. Dann drückte er wieder ab, und sie spürte, wie ein zweiter Stromstoß durch ihren geschundenen Körper und ihre blank liegenden Nerven fuhr.
Während sie langsam wieder zu Bewusstsein kam, sah sie, dass der Mann ihre Handtasche in den Müllcontainer warf. Er hob sie auf und verfrachtete sie unsanft auf den Rücksitz seines Geländewagens, doch sie konnte nichts spüren. Nicht einmal die Todesangst, die ihr vom Magen in die Brust stieg.
Im nächsten Moment begann der Geländewagen wieder, den Kies aufzuwühlen. Der Mann fuhr mit ihr weg. Sie spähte durch das Fenster auf den Parkplatz, konnte aber nicht allzu viel wahrnehmen. Kurz hatte sie den Eindruck, dass jemand im Schatten zwischen den Autos stand. Wenn die Person Hilfe holen wollte, kam sie etwa zehn bis fünfzehn Minuten zu spät. Aber vielleicht hatte sie sich ja auch geirrt und machte sich falsche Hoffnungen. Es konnte genauso gut ein Traum oder ein Phantom sein, hervorgebracht von dem Stromstoß in ihrem Körper, der alles abgetötet hatte.
Der Mann auf dem Vordersitz drehte sich lächelnd zu ihr um, sagte jedoch nichts, als er den Parkplatz verließ. Als sie spürte, wie der Wagen beschleunigte, wanderte ihr Blick rückwärts aus dem Fenster. Sie konnte den Neon-Hahn auf dem Dach sehen. Das Cock-a-doodle-do verschwand in der Nacht. Wieder klappte ein Flugzeug sein Fahrwerk aus.
Bald wurde es schwarz vor dem Fenster. Sie versuchte auszublenden, was gerade geschah, und durch die Musik Kraft zu schöpfen. Wenn es ihr gelang, sich zusammenzunehmen und sich wieder zu bewegen, konnte sie die Polizei anrufen. Oder sogar die Tür öffnen und aus dem Wagen springen.
Also lauschte sie der Musik und zwang sich, sich zu konzentrieren. Sie wusste, dass der Sänger mit bürgerlichem Namen Derek Williams hieß, sich aber 187 nannte. Sein Bruder Bobby ließ sich mit XYZ ansprechen. Ihr gefielen die Stimmen der beiden. Und zwar sehr.
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