Sie hat sich bei den Pilkuhns eingemietet, die hinten am Abzugsgraben wohnen, und was das für Gesindel ist, das weiß in Wilwischken ein jeder. Sie tut so, als arbeitet sie in den Wiesen, aber man kann kaum ins Dorf gehen, dann trifft man sie irgendwo. Sie hat sogar die Dreistigkeit, den beiden Kindern, wenn sie aus der Schule kommen, Gerstenzucker zu schenken.

Und wohin geht der Ansas, wenn es dunkel wird? Kein Mensch weiß. Er geht an der Parwe entlang, wo die Weidensträucher so dicht stehen, daß sich kein Abendrot zum Wasser hinfindet. Und die Leute, die vor den Türen sitzen, reden leise hinter ihm drein: »Jetzt trifft er sich mit der Busze.«

Es ist eine Schande zu sagen: Er trifft sich wirklich mit der Busze.

Dort, wo sich kein Abendrot zum Wasser hinfindet, sitzen sie bis in die Nacht hinein und schmieden Pläne, wie es werden soll. Aber was sie auch übersinnen, – die Frau, die Indre, steht immer dazwischen.

»Laß dich scheiden!«

Laß dich scheiden! Leicht gesagt. Aber die Kinder! Der Endrik, der Älteste, soll einmal das Grundstück erben. Und die Elske, die ihm selbst aus den Augen geschnitten ist, wird demnächst gar Klavier spielen. Solche Kinder stößt man nicht von sich. Von dem kleinen Willus gar nicht zu reden. Außerdem hat der Schwiegervater, der reiche Jaksztat, die zweite Hypothek hergegeben. Wo kriegt man die her, wenn er kündigt?

Aber die Indre muß fort! Die Indre muß aus dem Wege! Die Indre mit ihrem Buttergesicht. Die Indre, die ihm nachspioniert. Die Indre, die allabendlich von Tür zu Tür läuft, um ihn schlecht zu machen vor den Leuten. Die Pilkuhns wissen, daß es nichts Abscheuliches gibt, was sie nicht erzählt von ihm. Sogar daß er einen Bruchschaden hat, hat sie erzählt. Woher sollen es die Pilkuhns sonst wissen? Ja, so schlecht ist sie bei all ihrer Scheinheiligkeit.

Also die Indre muß fort. Das ist beschlossene Sache. Es fragt sich bloß, wie.

Er natürlich will nichts davon hören, aber es muß ja doch sein.

Manche Frauen sterben im Kindbett – man braucht kaum einmal nachzuhelfen, aber das kann lange dauern und bleibt eine unsichere Sache.

Gift? Das kommt aus. So sicher, wie zwei mal zwei vier ist. Und wer's dann getan hat, weiß heute schon das ganze Dorf. Ertrinken? Aber die Indre geht nicht aufs Wasser. Das ganze vorige Jahr ist sie nicht einmal auf dem Wasser gewesen.

Sie wird schon gehen – man muß ihr nur zureden.

Na, und dann? Wird sie etwa freiwillig 'reinspringen? Ja, selbst wenn sie's täte, wer würde es glauben? Kommt man ohne sie zurück, sitzt man auch schon in Untersuchung.

Gift oder Ertrinken – es ist ein und dasselbe.

Aber die Busze hat einen klugen Kopf, die Busze weiß Rat.

Ob er schwimmen kann.

Er kann schon schwimmen. Aber in den schweren Stiefeln nutzt einem das nichts. Da wird man auf den Grund gezogen wie die »Kulschen« – die kleinen Steine im Staknetz.

Dann muß man barfuß 'raus. Jetzt im Sommer fährt jeder barfuß 'raus.

Er, der Ansas, hat das nie getan, und das wissen die Leute.

Ob die Indre schwimmen kann.

Wie die bleiernen Entchen – so kann die Indre schwimmen.

»Also, es wird gehen,« meint nachdenklich die Busze.

»Was wird gehen?«

Ob er sich des Unglücks erinnert, im vorigen Sommer, an der Windenburger Ecke, wobei die zwei Fischer ums Leben gekommen sind?

Wie soll er sich dessen nicht erinnern. Der eine der Toten ist ja sein Vetter gewesen.

Ob er auch weiß, wie es geschehen ist.

Genau weiß es niemand, aber man nimmt an, daß sie betrunken gewesen sind und die gefährliche Stelle verschlafen haben, die Stelle hinter dem Leuchtturm, wo der Wind plötzlich einsetzt und wo man scharf aufpassen muß, will man nicht kentern wie ein zu hoch beladener Heukahn.

Ob man das Kentern nicht auch künstlich machen kann!

Ja, wenn man durchaus ersaufen will.

Ob man sich nicht aufs Schwimmen einrichten kann!

Bis an Land schwimmt keiner.

Ob man es nicht den Schuljungens nachmachen kann mit Binsen oder Schweinsblasen, die einen stundenlang über Wasser halten!

Man kann schon. Aber es ist ungebräuchlich und würde bemerkt werden.

Dann müßte man sie nach dem Gebrauch aus der Welt schaffen.

»Ja, aber wie?«

Die Busze wird nachdenken.

So reden und beraten sie Stunden und Stunden lang, Nacht für Nacht. Die Busze fragt, und er antwortet. Und aus dem Fragen und dem Antworten backen sie bei langsamem Feuer den Kuchen gar, an dem die Indre sich den Tod essen muß.

Eins bleibt immer noch das Schwerste: wie sie am besten zu dem Ausflug zu bringen ist.