Und dann ist er furchtsam, als wäre er ohne polizeiliche Erlaubnis da. Sonst fühlt er sich behaglich mit uns. Nur kommt er nicht darüber hinweg, dass ich seither so viel Geld zum Fenster hinausgeworfen habe …

SCHÖN

Du sehnst dich nach der Peitsche zurück!

LULU

Mag sein. Ich tanze nicht mehr.

SCHÖN

Erzieh’ ihn dir dazu.

LULU

Das wäre verlorene Müh’!

SCHÖN

Unter hundert Frauen sind neunzig, die sich ihre Männer erziehen.

LULU

Er liebt mich.

SCHÖN

Das ist freilich fatal.

LULU

Er liebt mich …

SCHÖN

Das ist eine unüberbrückbare Kluft.

LULU

Er kennt mich nicht, aber er liebt mich! Hätte er nur eine annähernd richtige Vorstellung von mir, er würde mir einen Stein an den Hals binden und mich im Meer versenken, wo es am tiefsten ist!

SCHÖN (sich erhebend)

Kommen wir zu Ende!

LULU

Wie Ihnen beliebt.

SCHÖN

Ich habe dich verheiratet. Ich habe dich zweimal verheiratet. Du lebst im Luxus. Ich habe deinem Mann eine Position geschaffen. Wenn dir das nicht genügt und er sich dazu ins Fäustchen lacht, ich trage mich nicht mit idealen Forderungen, aber – lass mich dabei aus dem Spiel.

LULU (mit entschlossenem Ton)

Wenn ich einem Menschen auf dieser Welt angehöre, gehöre ich Ihnen. Ohne Sie wäre ich – ich will nicht sagen wo. Sie haben mich bei der Hand genommen, mir zu essen gegeben, mich kleiden lassen, als ich Ihnen die Uhr stehlen wollte. Glauben Sie, das vergisst sich? Jeder andere hätte den Schutzmann gerufen. Sie haben mich zur Schule geschickt und mich Lebensart lernen lassen. Wer außer Ihnen auf der ganzen Welt hat je etwas für mich übrig gehabt? Ich habe getanzt und Modell gestanden und war froh, meinen Lebensunterhalt damit verdienen zu können. Aber auf Kommando lieben, das kann ich nicht!

SCHÖN (die Stimme hebend)

Lass mich aus dem Spiel! Tu’, was du willst. Ich komme nicht, um Skandal zu machen. Ich komme, um mir den Skandal vom Halse zu schaffen. Meine Verbindung kostet mich Opfer genug! Ich hatte vorausgesetzt, mit einem gesunden jungen Mann, wie ihn sich eine Frau in deinem Alter nicht besser wünschen kann, würdest du dich endlich zufrieden geben. Wenn du mir verpflichtet bist, dann wirf dich mir nicht zum dritten Mal in den Weg! Soll ich denn noch länger warten, bis ich mein Teil in Sicherheit bringe? Soll ich riskieren, dass mir der ganze Erfolg meiner Konzessionen nach zwei Jahren wieder ins Wasser fällt? Was hilft mir dein Verheiratetsein, wenn man dich zu jeder Stunde des Tages bei mir ein und aus gehen sieht? – Warum zum Teufel ist Dr. Goll nicht auch wenigstens ein Jahr noch am Leben geblieben! Bei dem warst du in Verwahrung. Dann hätte ich meine Frau längst unter Dach!

LULU

Was hätten Sie dann! Das Kind fällt Ihnen auf die Nerven. Das Kind ist zu unverdorben für Sie. Das Kind ist viel zu sorgfältig erzogen. Was sollte ich gegen Ihre Verheiratung haben! Aber Sie täuschen sich über sich selber, wenn Sie glauben, mir Ihrer bevorstehenden Verheiratung wegen Ihre Verachtung zum Ausdruck geben zu dürfen!

SCHÖN

Verachtung?! – Ich werde dem Kind schon die richtige Fasson geben! Wenn etwas verachtenswert ist, so sind es deine Intrigen!

LULU (lachend)

Bin ich auf das Kind eifersüchtig? – Das kann mir doch gar nicht einfallen …

SCHÖN

Wieso denn das Kind! Das Kind ist nicht einmal ein ganzes Jahr jünger als du. Lass mir meine Freiheit, zu leben, was ich noch zu leben habe! Sei das Kind erzogen, wie es will, das Kind hat gerade so wie du seine fünf Sinne …

Vierter Auftritt

SCHWARZ. DIE VORIGEN

SCHWARZ (einen Pinsel in der Hand, links unter der Portiere)

Was ist denn los?

LULU (zu Schön)

Nun? Reden Sie doch.

SCHWARZ

Was habt ihr denn?

LULU

Nichts, was dich betrifft …

SCHÖN (rasch)

Ruhig!

LULU

Man hat mich satt.

SCHWARZ

(führt Lulu nach links ab).

SCHÖN (blättert in einem der Bücher, die auf dem Tisch liegen)

Es musste zur Sprache kommen. – Ich muss endlich die Hände frei haben.

SCHWARZ (zurückkommend)

Ist denn das eine Art zu scherzen?

SCHÖN (auf einen Sessel deutend)

Bitte.

SCHWARZ

Was ist denn?

SCHÖN

Bitte.

SCHWARZ (sich setzend)

Nun?

SCHÖN (sich setzend)

Du hast eine halbe Million geheiratet …

SCHWARZ

Ist sie weg?

SCHÖN

Nicht ein Pfennig.

SCHWARZ

Erklär’ mir den eigentümlichen Auftritt.

SCHÖN

Du hast ein halbe Million geheiratet …

SCHWARZ

Daraus kann man mir kein Verbrechen machen.

SCHÖN

Du hast dir einen Namen geschaffen. Du kannst unbehelligt arbeiten. Du brauchst dir keinen Wunsch zu versagen …

SCHWARZ

Was habt ihr beide denn gegen mich?

SCHÖN

Seit sechs Monaten schwelgst du in allen Himmeln. Du hast eine Frau, um deren Vorzüge die Welt dich beneidet und die einen Mann verdient, den sie achten kann …

SCHWARZ

Achtet sie mich nicht?

SCHÖN

Nein.

SCHWARZ (beklommen)

 – Ich komme aus den düstren Tiefen der Gesellschaft. Sie ist von oben her. Ich hege keinen heißeren Wunsch, als ihr ebenbürtig zu werden. (Schön die Hand reichend.) Ich danke dir.

SCHÖN (halb verlegen seine Hand drückend)

Bitte, bitte.

SCHWARZ (mit Entschlossenheit)

Sprich!

SCHÖN

Nimm sie etwas mehr unter Aufsicht.

SCHWARZ

Ich – sie?

SCHÖN

Wir sind keine Kinder! Wir tändeln nicht.