Ist die Suppe noch nicht da?

GEORG. Geduld, mein Junge. Gleich wird sie da sein. Und da ich euch auch nicht in euren Gewohnheiten zu stören wünsche, werdet ihr mir erlauben, mich ergebenst zu empfehlen.

EDUARD. Aber Georg, was fällt dir denn ein?

GEORG bestimmt. Laßt mich.

EDUARD durch einen Blick Annas aufgefordert, nicht wieder in ihn zu dringen. Ja, aber man wird sich doch wiedersehn ...

GEORG. Es ist möglich, aber nicht gewiß. Wir wollen es dem Zufall überlassen. Ich lebe nach keinem Programm. Und wenn ihr etwa meine Wohnung erfahrt – ich gebe nichts auf Formalitäten, ich erwarte keinen Gegenbesuch.

EDUARD. Ja, aber wenn du auch nicht besucht werden willst, mein lieber Freund – nimm's mir nicht übel auf – es wäre ja möglich, daß ... ich habe nämlich gewisse Verbindungen – am Ende könnt' ich dir in irgend welcher Weise dienlich sein.

GEORG. Dienlich? – Es scheint, du willst mir so irgend etwas wie eine Anstellung verschaffen?

EDUARD. Nun, das wäre doch nicht das Schlimmste.

GEORG. Es duldet dich wohl nicht, daß du mich so frei und unbeschränkt leben siehst? Ich soll wohl ein Tropf werden wie damals, da die Dummköpfe etwas von mir hielten? Aber die Zeiten haben sich geändert. Als ich arm war, konnt' ich euch geben, was ich besaß – heute bin ich zu reich, um ein Verschwender zu sein.

EDUARD. Ich denke ja nicht an eine Anstellung im gewöhnlichen Sinne. Aber es wäre ja möglich, daß du bei einiger Ruhe, bei einigem Fleiß auf die leichteste Weise, ja ohne deinen Willen zu Ruhm und zu Reichtum kämest.

GEORG. Ruhm? – Zehn Jahre – tausend Jahre – zehntausend? Sag' mir, in welchem Jahr die Unsterblichkeit anfängt, und ich will um meinen Ruhm besorgt sein. – Reichtum? – Zehn Gulden – tausend – eine Million? – Sag' mir, um wie viel die Welt zu kaufen ist, und ich will mich um Reichtum bemühen. Vorläufig ist mir der Unterschied zwischen Armut und Reichtum, zwischen Dunkelheit und Ruhm zu gering, als daß es sich mir lohnte, einen Finger darum zu rühren. Laß mich spazieren gehn, Freund, und mit Menschen spielen. Das ist das einzige, was eines Menschen meiner Art würdig ist. Lebt wohl, meine Lieben, ich freue mich, euch wiedergesehen zu haben. Zu dem Kleinen. Adieu – Georg – Adieu! Zu den anderen. Wer weiß, wozu dieser kleine Junge einmal berufen ist. Und wenn man zugleich bedenkt, daß er nie geboren wäre, wenn ich nicht an jenem Abend den Einfall gehabt hätte ... Ihr müßt es ihm erzählen, wenn er einmal groß genug ist, um es zu verstehen.

EDUARD.