Ich kann es so gar nicht begreifen, daß man nichts mehr von dir gehört hat, daß du so gut wie –

GEORG. Daß ich verschollen war. Nun ja, sprich's nur aus. Ich versichere dir, es tut gar nicht weh, verschollen zu sein. Und ich glaube nicht, daß Menschen meiner Art überhaupt etwas Besseres zustoßen kann.

EDUARD. Aber ... damals schien es doch – wir erwarteten alle ... Du warst doch auf dem Wege, etwas Großes zu werden.

GEORG. Wer sagt dir, daß ich es nicht geworden bin? Müssen es denn die andern merken? Wenn du heute deine Oboe verkauftest, oder wenn deine Finger und Lippen gelähmt würden, daß du nicht mehr blasen könntest – wärest du ein geringerer Virtuose als zuvor? Oder nimm an, du hättest keine Lust mehr und würfest sie einfach zum Fenster hinaus, deine Oboe, weil ihr Klang dir nicht genügte – wärst du dann kein Künstler mehr? Oder wärst du nicht vielmehr erst recht einer, wenn du's zum Fenster hinuntergeworfen hättest, das Instrument, das so ohnmächtig war im Vergleiche zu der göttlichen Musik in deinem Hirn?

EDUARD. Ohnmächtig – ja! Sieh, was du da sagst, ich hab' es öfters gefühlt.

GEORG. Nun, ich habe sie zum Fenster hinuntergeworfen, meine Oboe. – Die Dummköpfe haben ausgeschrien: Es fällt ihm nichts ein! Ich lasse sie schreien. Dem wahren Künstler kann nie etwas einfallen, denn er hat alles in sich – er hat die innere Fülle. Das ist es, darauf kommt es an.

EDUARD. Es ist mir, wie wenn ich dich gestern zum letztenmal gehört hätte – wahrhaftig! Ich kann es nicht fassen, daß wir uns heute zum erstenmal wiedersehn, – seit jenem Abschiedsfest am 28. April.

GEORG. Es war doch kein Abschiedsfest. Nur zufällig –

EDUARD. Für mich war es eins. Ich hatte ja schon meinen Vertrag für Boston in der Tasche. Erinnerst du dich nicht mehr? Man trank auf meine Zukunft; du hieltest sogar eine Rede. Erinnerst du dich nicht? – Ah, was für ein Abend! Wie an einen Traum denk' ich an ihn zurück. Als wär' es überhaupt der erste Frühlingsabend, den ich erlebt habe. Wir saßen unter hohen Bäumen, an zwei langen Tischen, die man hatte zusammenrücken müssen. Auf den Tischen brannten Windlichter. Merlet, der Schneeweiße, saß da – dort Habicht, der junge Schauspieler mit den glühenden Augen – dort jene Geigenspielerin, die noch im selben Jahre starb. Und deine Geliebte ... von damals war ganz in weiß gekleidet, hatte dunkelrote Rosen im Haar – und später, als außer uns gar keine Leute mehr im Garten waren, lag sie zu deinen Füßen, den Kopf an dein Knie gelehnt. Sie hieß Irene.

GEORG. Ja.