Für dieses Mal, ja. Gott und die Hülfe jener braven Frau haben mir auf ein paar Jahre das Leben gefristet.
FRANZ. Nun freilich, lange wirst du nicht mehr mitlaufen. Du scheinst mir ein alter Knabe.
GREIS. Nahe an die siebzig. Habe auch wohl nicht viel Freude mehr zu hoffen. – Je nun, es gibt ja noch ein anderes Leben!
FRANZ. Du solltest mit dem Schicksal zürnen, das dich, so nahe dem Grabe, wieder in die Welt zurückwirft. Für den Unglücklichen ist der Tod kein Übel.
GREIS. Bin ich denn so unglücklich? Genieß ich nicht diesen schönen Morgen? Bin ich nicht wieder gesund? – Glaubt mir, Herr, ein Geneseter, der zum ersten Male wieder in die freie Luft tritt, ist in diesem Augenblick das glücklichste Geschöpf unter der Sonne.
FRANZ. Ein Glück, an welches sich der Mensch nur allzuleicht gewöhnt.
GREIS. Freilich wohl. Doch weniger im Alter. Da wird man haushälterisch mit der Gesundheit. Man stürzt den Wein nicht mehr hinunter, schlurft die letzten Tropfen. Und so ists auch mit der Freude. Ich habe freilich viel in der Welt gelitten und leide noch, aber ich würde darum doch nicht gerne sterben. Als mir vor vierzig Jahren mein Vater diese Hütte hinterließ, da war ich ein junger rascher Kerl, nahm ein gutes flinkes Weib; Gott segnete meine Wirtschaft reichlich, und mein Ehebette mit fünf Kindern. Das dauerte so neun Jahr oder zehn. Ein paar von meinen Kindern starben; ich verschmerzte das; es kam die große Hungersnot; mein Weib half sie mir ehrlich tragen. Aber vier Jahre darauf nahm Gott sie zu sich, und auch von meinen fünf Kindern blieb mir bald nachher nur ein einziger Sohn. Das war Schlag auf Schlag. Ich konnte mich lange nicht erholen. Zeit und Gottesfurcht taten endlich das Ihrige. Ich gewann das Leben wieder lieb. Mein Sohn wuchs heran und half mir arbeiten. Nun hat mir der Fürst auch diesen einzigen Sohn weggenommen und ihm eine Muskete zu tragen gegeben. Das ist freilich hart. Arbeiten kann ich nicht mehr; ich bin alt und schwach. Wäre Madam Müller nicht gewesen, ich hätte verhungern müssen.
FRANZ.
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