Und doch hat das Leben noch Reiz für dich?
GREIS. Warum nicht? Solange noch etwas in der Welt ist, das an meinem Herzen hängt. Hab' ich denn nicht einen Sohn?
FRANZ. Wer weiß, ob deine Augen ihn je wiedersehen?
GREIS. Er lebt aber doch.
FRANZ. Er kann auch wohl schon tot sein.
GREIS. Ach warum nicht gar! Und wenn auch; solange ich dessen nicht gewiß bin, solange lebt er in meinen Gedanken, und das erhält mir mein eigenes Leben. Ja, Herr, selbst wenn mein Sohn tot wäre, so würd' ich darum doch nicht gern sterben. Denn hier ist noch eine Hütte, in der ich geboren und erzogen bin; hier ist noch eine alte Linde, die mit mir aufwuchs, und – fast schäm' ich mich, es zu bekennen: ich hab' auch noch einen alten treuen Hund, den ich liebe.
FRANZ. Einen Hund?
GREIS. Ja, einen Hund. Lach' Er, wie Er will! Madam Müller, die herzensgute Frau, war selbst einmal in meiner Hütte. Der alte Fidel knurrte, als sie kam. »Warum schafft Er den garstigen großen Hund nicht ab? fragte sie mich; Er hat ja kaum Brot für sich.« Lieber Gott! gab ich ihr zur Antwort: wenn ich ihn abschaffe, wer wird mich dann lieben?
FRANZ zu dem Unbekannten. Nehmen Sie mir's nicht übel, gnädiger Herr! ich wollte, Sie hätten zugehört.
UNBEKANNTER. Das hab' ich.
FRANZ. Nun so wollte ich, Sie nähmen ein Beispiel an diesem Alten.
UNBEKANNTER nach einer Pause, gibt ihm das Buch. Da, lege das auf meinen Schreibtisch. Franz ab.
UNBEKANNTER. Wieviel gab dir Madam Müller?
GREIS. Ach! die gute, englische Seele hat mir so viel gegeben, daß ich dem kommenden Winter ruhig entgegensehen darf.
UNBEKANNTER. Nicht mehr?
GREIS. Wozu denn mehr? – Freilich: um meinen Hans loszukaufen, könnt' ich's wohl brauchen; – aber sie mag wohl selbst nicht mehr entbehren können.
UNBEKANNTER drückt ihm einen vollen Beutel in die Hand. Da! Kaufe deinen Hans los! Er entfernt sich schnell.
GREIS. Was war das? Er öffnet den Beutel und findet ihn voller Goldstücke. Ach Gott! Er zieht die Mütze ab, kniet nieder und dankt im stillen.
Siebenter Auftritt
Franz – Der Greis.
GREIS ihm entgegen. Nun, sieht Er wohl, Herr? Vertrauen auf Gott läßt nicht zuschanden werden. Ihm den Beutel hinhaltend. Hier ist Gottes reicher Segen.
FRANZ. Glück zu! aber wer gab dirs?
GREIS.
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