»Schon gut, Himati. Wo ist die Statuette geblieben? Im Tresor ist sie nicht, hier irgendwo draußen auch nicht. Wo hast du sie gelassen?«

Himati wurde noch verwirrter und stotterte, als er weitersprach. »Das Steinbild, Sahib – ja, das Steinbild … Der griechische Herr war bei meinem guten Sahib, hierauf ging er fort. Dann, als ich meinen Herrn in das Haus bringen wollte« – ein Schluchzen erschütterte die Gestalt des Inders – »da fand ich ihn tot. An das Steinbild habe ich nicht weiter gedacht.«

Gransfeld faßte den Boy scharf ins Auge. »Du bist aber dafür verantwortlich, Himati. Die Statuette hat einen großen Wert. Man wird sagen, Himati, daß du sie genommen habest.«

Der Inder zuckte zusammen. Einen Augenblick spielte seine braune Gesichtsfarbe in ein blasses Grau über, dann strömte ihm das Blut wieder in die Wangen. »Sahib! Ich meinen guten Herrn bestehlen? Wer das sagt, der kennt Himati nicht. Dreißig Jahre habe ich ihm treu gedient. Schon in Indien bin ich bei ihm gewesen. Gute Tage habe ich bei ihm gehabt, Geld habe ich sparen können. Ich meinen Herrn bestehlen? Niemals, Sahib, niemals!« Schluchzend sank der Boy zu Boden.

Gransfeld fühlte, daß er zu weit gegangen war. »Ich sage nicht, Himati, daß du die Statuette genommen hast; aber die andern werden es sagen, wenn wir sie nicht finden. Wer war außer dir noch hier im Hause?«

»Der griechische Herr, Sahib, nur der griechische Herr, sonst niemand.«

»Der griechische Herr? Wer ist das?«

»Herr Megastopoulos, Sahib. Er besuchte meinen Herrn oft.«

Bei der Nennung dieses Namens kam Gransfeld eine Erinnerung. Megastopoulos? Hatte er den Namen nicht vor zwei Tagen im Hotel in Port Said gelesen? »Megastopoulos? Ist das ein mittelgroßer Herr mit schwarzem Haar und Spitzbart? Meinst du diesen, Himati?«

»Ja Sahib, das ist er, so sieht er aus.«

»So, so? Der war hier? Sahst du ihn fortgehen?«

»Ja, er kam zu mir. ›Himati, dein Herr schläft‹, sprach er und sagte, daß er morgen wiederkommen wolle.«

»Er ist aber nicht wiedergekommen?«

»Nein, Sahib, er ist nicht wiederbekommen.«

»Wie war er gekleidet, als er dich verließ?«

»Wie immer, Sahib. Er trug einen grauen Anzug, darüber einen weiten Raglan.«

Eine Weile stand Gransfeld nachdenkend. »Einen weiten Raglan, sagst du, Himati? Konnte er da wohl die Statuette drunter verbergen, ohne daß du etwas davon merktest?«

Schnell kam die Antwort des Boys. »Ja, Sahib, das wäre möglich gewesen.«

Geraume Zeit schwiegen beide, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt. Dann sprach Gransfeld: »Das Haus wird nun zugeschlossen, Himati, bis ein neuer Herr von der Company hierher kommt. Wo wirst du hingehen?«

»Sahib, ich habe mir im Dienste meines alten Herrn Geld gespart. Ich werde nach Alexandria gehen und am Hafen eine Garküche aufmachen.«

»Du wirst also zu finden sein, wenn man dich sucht?«

»Ja, Sahib.«

Als Gransfeld nach Erledigung der letzten Angelegenheiten das Haus verließ, um nach Port Said zurückzukehren, enthielt sein Notizbuch die neue Adresse, unter der er Himati in Alexandria erreichen konnte.

*

Tag und Nacht hatten die Krane im Hafen von Port Said gearbeitet, um die Ladung der »Usakama« zu löschen und neue Lasten in ihren Leib zu senken. Mit Hochdruck waren die Kabinen und Gesellschaftsräume gesäubert und für die Aufnahme neuer Fahrgäste bereitgemacht worden. Fahrplanmäßig ging das Schiff am Abend des fünften Tages nach seiner Ankunft wieder aus dem Hafen. Langsam schob sich der gewaltige Rumpf zwischen den massigen Molen von Port Said nach Westen. Jetzt fuhr es an den letzten Leuchtfeuern vorbei.