Es war das Signal, daß die »Usakama« im Begriff stand, an den Pier zu gehen. Der dröhnende Schall riß Rasati in die Wirklichkeit zurück. Mit Gewalt zwang er sich zur Ruhe. Als er die Kabine verließ, waren seine Züge unbewegt und gleichmütig. Auch ein scharfer Beobachter hätte nur Dienstbeflissenheit für die Fahrgäste des Schiffes aus ihnen lesen können.

Der letzte Zug nach Kairo war schon fort, als die »Usakama« ihre Fahrgäste in Port Said an Land gab. Für heute ließ sich nichts mehr unternehmen. Doktor Gransfeld nahm ein Zimmer im Splendidhotel und gab ein dringendes Telegramm mit bezahlter Rückantwort an seinen Onkel auf. Mochte die ägyptische Postverwaltung beschaffen sein, wie sie wollte, auf diese Weise hoffte er doch wenigstens bis zum nächsten Morgen eine Antwort aus Syut zu bekommen. Dann unternahm er noch einen kurzen Spaziergang durch die Stadt bis zum Denkmal von Ferdinand Lesseps, der hier einst mit kühner Hand zwei Erdteile durch eine künstliche Wasserstraße getrennt hatte.

Mit dem Vorsatz, sich sofort zur Ruhe zu begeben, kehrte Doktor Gransfeld schließlich zum Hotel zurück. Als er schon vor dem Lift stand, drang vom Gesellschaftssaal her Musik an sein Ohr. Eine europäische Kapelle war es und, wie es schien, sogar eine recht gute. Er änderte seine ursprüngliche Absicht und beschloß, dort noch ein paar Stunden zu verbringen. Vielleicht, daß inzwischen noch die telegraphische Antwort kam.

In einer Nische, zwischen springenden Wassern und Pflanzengruppen, fand er einen zusagenden Platz. Leicht gedämpft drangen die Klänge des Orchesters hierhin, und während er selbst halb versteckt saß, konnte er den größten Teil des Saales bequem überblicken. Reichlich international war die Gesellschaft, die sich hier aus drei Weltteilen zusammengefunden hatte. Neben englischen Beamten, die ihr Dienst nach Ägypten rief, neben Franzosen und Holländern, die auf dem Wege nach den hinterindischen Kolonien waren, sah man auch allerlei dunkelhäutige Gestalten, die aus dem Inneren Arabiens und des Sudans stammten. Auch solche Gesichter erblickte er, die er von der »Usakama« her kannte.

Der Herr am vierten Tisch dort, war das van Holsten oder war er’s nicht? Eben noch glaubte Gransfeld seiner Sache sicher zu sein, aber im nächsten Augenblick begann er schon wieder zu zweifeln. Er kniff die Augen zusammen, um schärfer zu sehen. Unbedingt, er war’s, mußte es sein. Dennoch, wie merkwürdig verändert sah der Mann aus, viel jünger als auf der »Usakama«! Auch hatte er eine ganz andere Haartracht. Sogar die Farbe des Haares kam Gransfeld verändert vor. Hätte er sich den Holländer damals bei dem Auftritt mit dem kleinen Steward nicht so genau angesehen, er würde ihn trotz seiner guten Augen nicht wiedererkannt haben. Eigenartig war diese Veränderung des Äußeren und so geschickt ausgeführt, daß Gransfeld nicht einmal sagen konnte, was eigentlich echt war, jenes ältere Aussehen an Bord oder diese verjüngte Erscheinung hier. Zweifellos war der Holländer in den wenigen seit der Landung des Schiffes verflossenen Stunden auch beträchtlich dünner geworden. Als einen etwas beleibten Herrn in mittleren Jahren hatte Gransfeld ihn von der »Usakama« her in der Erinnerung, als ein jüngerer, schlanker Mann tauchte er hier auf. Bemerkenswert war auch der andere, mit dem er zusammensaß. Ein schwarzer Spitzbart umrahmte das dunkelgelbe, schmale Gesicht. Darin saß eine gebogene Adlernase und darüber ein Paar brennende Augen. Fast blauschwarz war das Haar.

Ein eifriges Gespräch war zwischen den beiden im Gange. Mitternacht war bereits vorüber, als sie sich erhoben und in die Empfangshalle gingen.