Ich hatte nichts vor mir; denn wenn ich gegessen und mein Glas Wein getrunken habe, brauche ich nichts mehr. Wieder nach einer Weile, aber nach einer kurzen, redete er mich an und lobte den Abend. Wir saßen nämlich, wenn auch an zwei verschiedenen Tischen, doch so nahe, daß ein Gespräch geführt werden konnte. Ich lobte auch den Abend; denn wirklich, statt kühler zu werden, wurde er beinahe immer wärmer; das Moor unter uns wurde stets schöner und duftiger, und die Luft klarer. Er sagte, daß jetzt der Frühling mit Gewalt vorrücken werde, und daß wir kaum mehr bedeutende Fröste zu erwarten haben dürften, dann erzählte er mir von dem Straßenbau in Kiring, und sagte, daß man große Felsensprengungen habe machen müssen; die Sache sei aber sehr notwendig geworden, die Kiringer Straße sei über einen Berg gegangen, der Menschen und Tiere zu Schanden gerichtet habe. Dann redete er von dem Kohlenflöze im Fuchsberge. Es bringe jetzt der Gegend wenig Nutzen, da dieselbe noch Überfluß an der Rottanne habe; allein für die Folge und für die Ferne werde der Fuchsberg ein unermeßliches Gewicht erlangen; dann sagte er, daß die untere Lüpf durch diese gegen die jährlichen Überschwemmungen des Lüpfbaches gesichert werden sollte.
Ich antwortete wenig, weil ich die Sachen, von denen er sprach, nicht genug kannte und verstand, sondern ich hörte größtenteils nur aufmerksam zu. Er hatte während des Gespräches nach und nach sein Bier ausgetrunken, und als dieses geschehen war, legte er mehrere Kreuzer, die das Bier kostete, neben das Glas. Nach einer Weile stand er auf, lüftete wieder das graue Häubchen, wünschte mir eine gute Nacht, und ging fort. Ich hatte seinen Gutenachtgruß erwidert, indem ich aufgestanden war, und sah ihm nach. Die Wirtin, welche bei seinem Aufbruche aus dem Hause gekommen war, beknixte ihn und begleitete ihn. Ich setzte mich wieder zu meinem leeren Tischchen. Die Wirtin mochte ihn bis zum Wachholdergehege hinter dem Hause begleitet haben, wo der Weg abwärts zu gehen beginnt; dann kam sie aber wieder eilig hervor, und nachdem sie das Geld und das Deckelglas genommen hatte, sagte sie: »Das ist er gewesen.«
»Wer?« fragte ich.
»Der Herr Roderer«, sagte sie.
»Der Herr Roderer,« sagte ich, »der Herr Roderer? Nun Roderer heiße auch ich.«
»Ihr heißt Roderer, lieber Herr?« entgegnete die Wirtin. »Nun, dann muß das ein anderer Roderer sein, und es gibt mehrere. Bei uns sind viele Meier, Bauer, Schmid.«
»So, Meier, Bauer, Schmid,« sagte ich, »diese gemeinen Dinge; aber Roderer! Und wer ist er denn, wenn er der Herr Roderer ist?«
»Der reiche Mann«, sagte sie.
»Der reiche Mann,« entgegnete ich, »der mit seinem unbilligen Reichtum das Moor austrocknen will?«
»Ja, der die Steine in das Moor wirft«, antwortete sie. »Seit er uns im vorvorigen Herbste nach dem großen Hagelschlage das Wintersaatkorn geschenkt hat, kommt er immer herauf. Wir nehmen aus Erkenntlichkeit das Bier aus seinem Bräuhause, das er in der oberen Lüpf an dem Hasenhange gebaut hat, und da scheint es mir, daß er heraufkommt, das Bier zu kosten, ob wir es nicht verfälschen. Nun, Gott sei Dank, wir haben keine Ursache, etwas zu verfälschen. Er trinkt immer nur ein einziges Glas, nicht mehr und nicht weniger, dann bezahlt er es und geht. Oft kommt er alle Tage herauf, er hat ein eigenes geschliffenes Deckelglas für sich herauf gestiftet. An dem Willigitter wartet sein Wagen, und er fährt dann nach Lüpfing und in sein Schloß Firnberg. Er sitzt in der Wärme immer an dem Apfelbaume, und wenn es kalt ist, kommt er gar nicht. Er hat Euch gewiß angeredet, er redet alle Leute an.«
»Er hat mich angeredet – und woher ist dann der Herr Roderer gekommen?« sagte ich.
»Er ist weit her gekommen,« antwortete die Wirtin, »mit seiner Frau und mit seinem Sohne und mit seiner Tochter ist er von Holland, oder von Spanien gekommen, und hat das Schloß gekauft, und hat einen Forstmeister, und hat einen Verwalter, und hat einen Braumeister, und hat einen Gärtner. Dem Zugerhäusler hat er gar kein Geld gegeben, als er abgebrannt ist, und hat sich dann in den Aufbau gemischt, und hat ihm dann einen Dachstuhl setzen lassen, um das Bauholz weg zu bringen, das er hinter dem Schlosse aufgehäuft hatte. Es liegt noch ein Teil da; aber es brennt jetzt niemand ab. Wir haben ihn Herr Baron heißen wollen, weil es sich so schickt, aber er hat es nicht geduldet. Im Frankwalde läßt er Fichtenbretter schneiden, und unten, wo der Letten ist, wirft er Gräben auf, damit Holz wachsen soll, wo nur Huflattig fortkommt und weiße Wasserblumen. Er kleidet sich nicht nach seinem Stande, und geht schlicht daher. In Lüpfing, will er, sollen alle kranken Armen in ein einziges Haus kommen, wohin er Suppe und Arzneien schicken will. In Kiring draußen hat er eine Mühle im Trocknen mit einem Kirchturme.
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