Sie haben sich der Landschaftsmalerei ergeben nicht des Geldes wegen, nicht des Ruhmes wegen, nicht aus Eitelkeit; denn Sie verbergen Ihre Bilder, zeigen sie nicht, wollen sie nicht verkaufen, sondern Sie streben nach eigener Billigung, wollen den Dingen ihr Wesen abringen, wollen die Tiefe erschöpfen, darum wählen Sie sich einen Gegenstand, der so ernst, schwierig und unbedeutend ist, daß ihm die anderen aus dem Wege gehen würden, dieses Moor. Sie verfolgen Ihren Zweck mit einer Kraft und Hartnäckigkeit, die zum Bewundern sind, Sie lassen alles, was sonst die Jugend bewegt, bei Seite liegen, ja Sie versagen sich die Befriedigung der gewöhnlichen Bedürfnisse, um nur Ihrem Ziele zuzusteuern, und Sie sind in Ihren Arbeiten zu Ergebnissen gekommen, die ganz ungewöhnlich sind. Ich verstehe Bilder, und wenn Sie mich einmal in meinem Hause besuchen wollten, würden Sie nicht unbedeutende Erzeugnisse der Malerkunst älterer Zeiten bei mir finden. Ihre Entwürfe, die ich genau angesehen habe, gehören zu dem Allerbesten, was die neue Kunst hervorgebracht hat, an Wahrheit übertreffen sie alles, was jetzt da ist; und eben deswegen werden Sie eines Tages sagen: Das ist doch noch nichts als leeres Getue, ich werfe es zum Teufel. Noch eins ist, das zu beachten kommt. Alle Nachkommen unseres Ahnherrn, auf den wir noch zurück zählen können, haben fast wie mit Eigensinn ohne erhebliche Ausnahmen braune Haare und braune Augen bei freundlicher Farbe des Angesichtes. Sie besitzen diese Merkmale auch, als sollte Ihr Körper mir auch noch die Anzeige geben, welche mir Ihr Geist gegeben hat. So sind die Dinge, und so habe ich aus ihnen über Sie geschlossen.«
»Ich habe Sie Ihre Ansichten entwickeln lassen,« entgegnete ich auf die Rede meines Nachbars, »und bin jetzt weniger betroffen über Ihren Ausspruch, als ich es war, da ich ihn eingangs Ihrer Mitteilung hörte, weil ich damals glaubte, er ruhe auf irgend einem untrüglichen Fuße, und raube mir wider meinen Willen meinen Lebensinhalt. Jetzt aber kann ich Ihnen mit Beruhigung sagen: Ich werde nie meinem Streben untreu werden, und ich werde nie der Landschaftsmalerei entsagen, mögen die Ergebnisse derselben sein, welche sie immer wollen. Ich kann dieselben nicht voraussehen; aber wenn man mir mein Tun nimmt, hat mein Leben gar keinen Wert und gar keinen Reiz, auch nicht den allergeringsten, und was man Vergnügen, Freude, Wonne, Seelenfülle, Geistesbefriedigung, Daseinsabschluß und dergleichen nennt, ist für mich dann nicht mehr als das Stäubchen, das in der Sonne spielt, oder der Sand, den der Bettler zertritt.«
»Das ist gerade auch eines der Merkmale mit,« entgegnete mein Nachbar, »und bestärkt mich in meiner Ansicht. Jeder unseres Geschlechtes war von der Unaufhörlichkeit seines Strebens schlechterdings durchdrungen, bis es aufhörte.
Die Männer jagten nach ihrem Zwecke, die Frauen duldeten und kämpften darnach, bis es nichts war. Da war der uralte Echoz – Vornamen gab es damals noch kaum-, der machte die Römerzüge des rotbartigen Friedrich mit, er dürstete nach ritterlichem Ruhme, nach Taten, die keiner nachtun könnte, nach schönen Waffen, Pferden, Kleidern, er wollte wie Büren, der Stammvater der Staufen, auf einem hohen Berge eine Burg bauen, ein hohes Fräulein ehlichen, und ein Geschlecht gründen, dessen Glanz noch weiter über die Erde gehen sollte als das der Staufen.
Er erwarb Reichtum, er heiratete ein hohes Fräulein, und verwaltete im Alter einen großen Hof, und ritt herum, seine Rinder, Schafe, Zuchtpferde zu zählen.
Sein Urenkel wollte den besten Wildstand in einem gezäunten, ungemein großen Gehege gründen, den es im deutschen Reiche geben sollte, und rodete endlich das Gehege zu Wiesen und Feldern, und mochte wohl der Roderer geheißen haben.
Ein anderer, Peter Roderer, lebte mit Söhnen und Töchtern auf seinem Hofe, und hielt Ordnung, und suchte alles kennen zu lernen, was gute Landwirte tun, um ihr Anwesen empor zu bringen; denn er wollte die beste Wirtschaft, die es geben kann, herstellen. Dann zog er gegen die Türken und ward ein Vorkämpfer und Führer, der geachtet wurde, und er starb in hohen Ehren, entfernt von seinem Hofe, den er nicht mehr sah. Dann war ein anderer Peter Roderer, welcher nach Reichtum strebte, um ein strahlendes Haus zu gründen, das der Neid aller im Gaue sein sollte; dann preßte er Cider aus Äpfeln, und suchte dieses Getränke im Lande zu verbreiten, so wie auch eine edle Obstzucht zu begründen, weshalb er aller Orten treffliche Bäume suchte und pflanzte. Seine Söhne waren die Roderer Peter Buben. Sie waren vier, und hatten ganz gleichen Sinn. Ihr Vater hatte ihnen einen mäßigen Hof in Tissenreit hinterlassen. Sie waren in ihrem Alter sehr nahe; denn jeder der Jüngern war von dem Nächstälteren ungefähr um ein und ein halbes Jahr verschieden. Sie hatten im Sinn, nicht einen Hof allein zu besitzen und zu bewirtschaften, wie Bauern, sondern sich zu heben und Edelsitze zu gründen. Jeder wollte Reichtum sammeln, dann ein schönes, reiches Mädchen heiraten, ein eigenes Anwesen herstellen und so fort wachsen.
Um dies auszuführen, beschlossen sie, den väterlichen Hof gemeinschaftlich zu verwalten, alles, was nur immer aus ihm zu ziehen wäre, in Geld zu verwandeln, und wenn genug Geld vorhanden wäre, es zu teilen, den Hof in die Teilung einzubeziehen, und dann ihr beabsichtigtes Leben zu beginnen.
Sie legten das gröbste Bauergewand an und gingen in hölzernen Schuhen. Sie unterzogen sich der härtesten Hausund Feldarbeit, hatten gar keinen Knecht, sondern Taglöhner, und benötigten nur eine einzige Magd. Am Sonntage zog ein jeder einen besseren Rock und lederne Stiefel an, und so gingen sie in ihre eine halbe Wegstunde entfernte Pfarrkirche. Auf dem Heimwege zogen sie zur Sommerszeit Stiefel und Rock aus, gingen auf bloßen Füßen, und trugen Stiefel und Rock über der Schulter. Am Nachmittage dieses Tages saßen sie auf dem steinernen Gange im Innern ihres Hofes und aßen jeder ein Stück weißen Brotes als Sonntagsgabe, oder im Winter in der gemeinschaftlichen kleinen Stube. Nie trank einer der vier einen Schluck Wein oder Bier oder Branntwein. Den Cider ihres Vaters und den sie selber machten, verkauften sie, und was der Hof trug, wurde an Käufer abgelassen. Die Roderer Peter Buben starben unvermählt, jeder über neunzig Jahre alt, und hießen immer die Roderer Peter Buben.
Silber befand sich in Säcken, in Strümpfen, in alten Stiefeln, in hölzernen Kistchen oder Tiegeln. Zum Erben war Karst, der Mann ihrer Nichte, eingesetzt, der arm war, das Seinige zu Rate hielt und gerne Geld sammelte. Als Karst das Silber erhielt, war er wahnwitzig, lebte in Saus und Braus, verschwendete alles, und starb mit seiner Frau im Elende. Mit den Roderer Peter Buben wären die Roderer Peter Buben ausgestorben, wenn es nicht noch einen Roderer Peter Buben gegeben hätte, einen fünften, der aber nie so geheißen hat; denn als das Volk den Namen Roderer Peter Buben schöpfte, da sie gemeinschaftlich als junge Menschen ihren Hof verwalteten, war er schon lange nicht mehr in dem Hause.
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