Solvejg, mit klein Helga an der Hand, betritt den Hof, begleitet von ihren Eltern.
EIN MANN zu einem andern in der Nähe von Peer Gynt.
Die sind zugewandert.
DER ANDERE.
Die Leute da?
DER ERSTE.
Jawohl, vom Westen her.
DER ANDERE.
Richtig! ja.
PEER GYNT vertritt den Kommenden den Weg, zeigt auf Solvejg und fragt den Mann.
Darf ich einen Tanz tun mit der Tochter von Dir?
DER MANN mit sanfter Stimme.
Gern; aber erst will der Wirt drin begrüßt sein!
Sie gehen ins Haus.
DER KÜCHENMEISTER zu Peer Gynt, indem er ihm den Krug anbietet.
Bist Du schon hier, soll Dir 's Leben auch versüßt sein!
PEER GYNT unverwandt den Gehenden nachblickend.
Nein; ich will tanzen. Schönen Dank für Dein Bier.
Der Küchenmeister geht weiter. Peer Gynt blickt aufs Haus und lacht.
So 'ne saubere Dirn! So schmuck, – nicht zu sagen!
Und wie sie hinab auf ihr Brusttuch geschielt –!
Und wie sie an Mutters Schürze sich hielt,
Und 's Gesangbuch trug, in ein Tüchel geschlagen –!
Ich muß sehn nach dem Mädel.
Will ins Haus.
EIN BURSCHE kommt mit mehreren anderen aus dem Hause heraus.
Peer, gehst Du schon
Vom Tanz weg?
PEER GYNT.
Nein.
DER BURSCHE.
Also lauf nicht davon!
Faßt ihn an der Schulter, um ihn umzudrehen.
PEER GYNT.
Laß mich vorbei!
DER BURSCHE.
Bist Du bang vor dem Schmied?
PEER GYNT.
Ich bang?
DER BURSCHE.
Daß Dir wieder wie auf Lunde geschieht?
Die Burschen lachen und gehen nach dem Tanzplatz.
SOLVEJG in der Tür.
Wolltest nicht Du mit mir tanzen vorhinnen?
PEER GYNT.
Jawohl wollt' ich das; kannst Dich nimmer besinnen?
Faßt sie bei der Hand.
Komm!
SOLVEJG.
Doch, sagt Mutter, nicht lang! Nicht wahr?
PEER GYNT.
Sagt Mutter? Bist Du vom vorigen Jahr?
SOLVEJG.
Du machst Dich lustig –!
PEER GYNT.
Du bist doch aufs Haar
Schon erwachsen?
SOLVEJG.
Im Mai war ich am Altar.
PEER GYNT.
Wie heißt Du denn, – daß wir bekannter werden?
SOLVEJG.
Ich heiße Solvejg. – Und wie heißt Du?
PEER GYNT.
Peer Gynt.
SOLVEJG entzieht ihm die Hand.
O, Heiland!
PEER GYNT.
Was ist denn nu –?
SOLVEJG.
Mein Strumpfband macht mir solche Beschwerden.
Geht von ihm.
DER BRÄUTIGAM zieht seine Mutter am Kleid.
Mutter, sie will nicht –!
DIE MUTTER.
Will nicht? Was?
DER BRÄUTIGAM.
Sie will nicht!
DIE MUTTER.
Was denn?
DER BRÄUTIGAM.
Den Schlüssel umdrehn.
DER VATER leise und gereizt.
Du solltest im Stall an der Krippe stehn.
DIE MUTTER.
Er wird sich schon machen, – laß nur, laß!
Sie gehen nach hinten.
EIN BURSCHE der mit einem ganzen Schwarm vom Tanzplatz herkommt.
Ein Schluck Branntwein gefällig, Peer?
PEER GYNT.
Nein!
DER BURSCHE.
Bloß ein Schluck!
PEER GYNT sieht ihn finster an.
Hast Du welchen?
DER BURSCHE.
'nen ziemlichen Posten.
Zieht eine Flasche hervor und trinkt.
Ah! wie das durchputzt! – Na?
PEER GYNT.
Laß mich kosten.
Trinkt.
EIN ANDERER.
Nu machst Du auch noch bei mir einen Gluck.
PEER GYNT.
Nein!
DERSELBE.
Ah! Wirst Dich nicht gleich bezopfen.
Immer trink, Peer!
PEER GYNT.
So gib mir 'nen Tropfen.
Trinkt wiederum.
EIN MÄDEL halblaut.
Kommt, laßt uns gehn!
PEER GYNT.
Bist Du bang vor mir?
EIN DRITTER BURSCHE.
Wer
Wär' es vor Dir nicht?
EIN VIERTER BURSCHE.
Auf Lunde drüben
Sahn wir ja jüngst Deine Künste Dich üben.
PEER GYNT.
Wenn ich erst einmal losleg', dann kann ich noch mehr.
ERSTER BURSCHE flüsternd.
Jetzt kommt er in Zug.
MEHRERE einen Kreis um ihn bildend.
Zähl' her; zähl' her!
Was kannst Du?
PEER GYNT.
Morgen –!
ANDERE.
Nein, heut schon, Peer l
EIN MÄDEL.
Kannst Du hexen?
PEER GYNT.
Ich kann den Teufel beschwören.
EIN MANN.
Dazu kannt' Großmutter schon den Text.
PEER GYNT.
Lügner! Woher, das möcht' ich bloß hören!
Ich hab' ihn einmal in 'ne Walnuß gehext, –
Die war wurmstichtig, seht Ihr!
MEHRERE lachend.
Das läßt sich denken!
PEER GYNT.
Er flucht' euch und flennt' euch und wollte mir schenken,
Was immer ich mocht' –
EINER.
Aber hinein mußt' er doch?
PEER GYNT.
Das mußt' er. Und dann verstopft' ich das Loch.
Hei! Wie er da drinnen nun surrte und summte!
EIN MÄDEL.
Nein, so was!
PEER GYNT.
Als ob eine Hummel drin brummte!
EIN MÄDEL.
Hast Du ihn noch in der Nuß?
PEER GYNT.
Nein, nein.
Jetzt ist er längst über Stock und Stein.
Der Kerl ist dran schuld, daß der Schmied mich nicht mag.
EIN BURSCHE.
Wie das?
PEER GYNT.
Ich geh' nach der Schmied' hin und sag',
Er soll mir doch mal die Nußschal' aufknacken.
Soll geschehn! sagt Aslak und kriegt sie zu packen, –
Doch er faßt auch gleich alles so harthändig an –
Und kommt euch nicht aus ohne Hammerschlag –
EINE STIMME AUS DEM HAUFEN.
Erschlug er den Teufel?
PEER GYNT.
Er schlug wie ein Mann.
Der Teufel aber fuhr wie ein Brand
Quer durchs Dach und zerspliß die Wand.
MEHRERE.
Und der Schmied –?
PEER GYNT.
Stand da mit versengten Händen.
Seit damals hat's zwischen uns sein Bewenden.
Allgemeines Gelächter.
EINIGE.
Nicht schlecht!
ANDERE.
Bald die beste von seinen Geschichten!
PEER GYNT.
Glaubt Ihr, ich dicht' was zusammen?
EIN MANN.
Du dichten?
Ach nein; wir kennen seit uralten Zeiten
Das meiste –
PEER GYNT.
Ihr lügt! Das ist mir passiert.
DER MANN.
Wie alles.
PEER GYNT.
Wer kann durch die Luft hinreiten,
Ohne daß er die Steigbügel verliert?
Ich kann's und kann mehr! Ihr wagt's zu bestreiten?
Gelächtersalve.
EINER IN DER MENGE.
Peer, reit durch die Luft!
VIELE.
Ach, Peer, tu's doch bloß!
PEER GYNT.
Ja, spielt nur mit dem Feuer und bettelt noch groß!
Und ich reit' wie ein Wetter hin über Euch allen!
Der ganze Kreis soll zu Füßen mir fallen!
EIN ÄLTERER MANN.
Jetzt ist er übergeschnappt!
EIN ANDERER MANN.
Das Schaf!
EIN DRITTER MANN.
Der Prahlhans!
EIN VIERTER MANN.
Der Lügner!
PEER GYNT droht ihnen.
Ja, wartet nur brav!
EIN MANN halbbetrunken.
Ja, wart' nur, wir kriegen Dich schon noch am Kragen!'
MEHRERE.
Und werden Dir's Fell gerben und ein Auge blau schlagen!
Der Schwarm zerstreut sich, die Älteren in zorniger Erregung, die Jüngeren unter Spott und Gelächter.
DER BRÄUTIGAM dicht an ihn herantretend.
Du kannst durch die Luft reiten, Peer, ist das wahr?
PEER GYNT kurz.
Ja, Matz. Wie Du willst, galoppier' oder trab' ich.
DER BRÄUTIGAM.
Und hast auch den Rock, der da macht unsichtbar?
PEER GYNT.
Den Hut, willst Du sagen, – jawohl, den hab' ich.
Wendet sich von ihm ab. Solvejg geht über den Hofplatz, Helga an der Hand.
PEER GYNT ihnen entgegen, leuchtenden Auges.
Solvejg! Ach, das ist schön, daß sie da ist!
Faßt sie ums Handgelenk.
Jetzt will ich drehn Dich, was Mutter auch schilt.
SOLVEJG.
Laß mich!
PEER GYNT.
Warum denn?
SOLVEJG.
Du bist so wild.
PEER GYNT.
Auch der Renbock ist wild, wenn der Sommer nah ist.
Komm und sei nicht so halsstarrig, Kind!
SOLVEJG zieht den Arm an sich.
Darf nicht.
PEER GYNT.
Warum nicht?
SOLVEJG.
Du hast getrunken.
Geht mit Helga weiter.
PEER GYNT.
's Messer müßt' man diesen Halunken
Durch den Leib rennen, – wie sie da sind!
DER BRÄUTIGAM pufft ihn mit dem Ellenbogen.
Kannst Du mich nicht zur Braut hineinbringen?
PEER GYNT zerstreut.
Zur Braut? Wo ist die?
DER BRÄUTIGAM.
Im Blockhaus.
PEER GYNT.
So, so.
DER BRÄUTIGAM.
Könnt'st Du's, ich wär' ja so seelenfroh.
PEER GYNT.
Nein, mir träumt jetzt von anderen Dingen.
Ein Gedanke blitzt in ihm auf; er sagt leise und heftig.
Ingrid im Blockhaus!
Nähert sich Solvejg.
Je, das Gesicht!
Solvejg will gehen; er vertritt ihr den Weg.
Du schämst Dich, weil ich wie 'n Lump angezogen.
SOLVEJG hastig.
Das ist nicht wahr, nein, das bist Du nicht!
PEER GYNT.
Ich bin auch nicht ganz mehr im Gleichgewicht.
Aber das war aus Trotz; denn Du hatt'st mich betrogen.
Na, komm jetzt!
SOLVEJG.
Ich darf nicht, und wenn ich schon mag.
PEER GYNT.
Vor wem bist Du bang?
SOLVEJG.
Meist vor Vater.
PEER GYNT.
Puh!
Der ist wohl von diesen stillen Christen,
Läßt die Ohren hängen? Was? Hab' ich recht? Sag'!
SOLVEJG.
Was soll ich sagen?
PEER GYNT.
Ihr seid Pietisten?
Der Vater, nicht? – und auch Mutter und Du?
Na, kannst Du nicht reden?
SOLVEJG.
Laß mich in Ruh'.
PEER GYNT.
Nein!
Mit gedämpfter Stimme, aber heftig und schreckend.
Du, ich verwandel' mich in einen Troll!
Ich komm' an Dein Bett heut, wenn Mitternacht voll.
Hörst Du dann ein Geschab' und Gekratze,
So denk nur nicht etwa, das wär' bloß die Katze.
Da komm' ich und trink' ich Dein Blut wie ein Mahr;
Und Dein Schwesterlein fress' ich mit Haut und mit Haar;
Ja, denn Du mußt wissen, ich bin Werwolf bei Nacht; –
Ich beiß' Dich in Lenden und Rücken und Mark – –
Schlägt plötzlich einen andern Ton an und bittet wie in Angst.
Tanz' mit mir, Solvejg!
SOLVEJG sieht ihn finster an.
Jetzt warst Du arg.
Ab ins Haus.
DER BRÄUTIGAM kommt wieder des Wegs.
Ich schenk' Dir ein Rind, wenn Du kommst!
PEER GYNT.
Abgemacht!
Sie verschwinden hinter dem Hause. Im selben Augenblick kommt ein großer Haufe Volks vom Tanzplatz her; die meisten sind betrunken. Lärm und Aufregung. Solvejg, Helga und ihre Eltern zeigen sich mit einer Anzahl älterer Leute in der Türe.
DER KÜCHENMEISTER zum Schmied, der der vorderste im Haufen ist.
Halt' Frieden!
DER SCHMIED zieht die Jacke aus.
Nein, jetzt wird's zum Austrag gebracht.
Peer Gynt oder ich soll am Platz hier bleiben!
EINIGE.
Ja, laßt sie sich raufen!
ANDERE.
Nein, bloß sich reiben!
DER SCHMIED.
Die Faust muß hier reden; Worte sind Quark.
SOLVEJGS VATER.
Beherrsch' Dich, Mann!
HELGA zur Mutter.
Sag', woll'n sie ihn schlagen?
EIN BURSCHE.
Wir woll'n lieber unser Spiel mit ihm treiben!
EIN ANDERER BURSCHE.
Ins Gesicht ihm spucken!
EIN DRITTER BURSCHE.
Vom Hof ihn jagen!
EIN VIERTER BURSCHE zum Schmied.
Steckst Du's auf, Schmied?
DER SCHMIED wirft die Jacke ab.
Die Schindmähre wird geschlachtet!
SOLVEJGS MUTTER zu Solvejg.
Da siehst Du's, so wird der Fant hier geachtet.
AASE kommt mit einem Stecken in der Hand.
Wo ist mein Sohn? Jetzt krieg' er's, der Schuft!
Ha, wie inbrünstiglich will ich ihn prügeln!
DER SCHMIED krempt die Hemdsärmel auf.
Für so ein Fell ist ein Stecken Luft.
EINIGE.
Der Schmied will ihn prügeln!
ANDERE.
Bügeln!
DER SCHMIED spuckt in die Hände und nickt Aase zu.
Beflügeln!
AASE.
Was! Peeren? Versuch's nur, so sollst Du sehn –!
Aase und ich haben Krallen und Zähn'!
Wo ist er?
Ruft über den Platz hin.
Peer!
DER BRÄUTIGAM kommt gelaufen.
's ist um umzukommen!
He, Vater, Mutter –!
DER VATER.
Was ist im Werk!
DER BRÄUTIGAM.
Peer Gynt, denkt –!
AASE schreit.
Habt Ihr ihm 's Leben genommen?
DER BRÄUTIGAM.
Nein, Peer Gynt –! Seht dorthin, auf den Berg –!
DIE MENGE.
Mit der Braut!
AASE läßt den Stock sinken.
Das Luder!
DER SCHMIED wie aus den Wolken gefallen.
Im schroffsten Gestein
Klettert der Kerl wie ein Geißbock hinauf.
DER BRÄUTIGAM weinend.
Er trägt sie, Mutter, wie ein Bär ein Schwein!
AASE droht hinauf zu ihm.
O, daß Du herabfielst –!
Schreit in Angst auf.
Tritt vorsichtig auf!
DER HAEGSTADBAUER kommt barhäuptig und weiß vor Zorn.
Ich dreh' ihm den Hals um für diesen Raub!
AASE.
Gott straf' mich, wenn ich Euch das erlaub'!
Zweiter Akt
Ein schmaler Steig hoch oben im Gebirge. Es ist früher Morgen. Peer Gynt geht eilig und unwillig den Steig entlang. Ingrid, halb in Brautputz, sucht ihn zurückzuhalten.
PEER GYNT.
Geh!
INGRID weinend.
Nach all dem, was geschehen!
Und wohin?
PEER GYNT.
Was kümmert's mich!
INGRID ringt die Hände.
Welch ein Treubruch!
PEER GYNT.
Statt zu schmähen,
Wandre Deines Wegs wie ich!
INGRID.
Unsre Schuld muß uns vereinen!
PEER GYNT.
Daß die Pest auf all das falle!
Hol' die Pest Euch Weiber alle – –
Außer einer –!
INGRID.
Welcher einen?
PEER GYNT.
Du bist's schwerlich.
INGRID.
Also wer?
PEER GYNT.
Geh! Geh wieder heim, woher
Du gekommen bist!
INGRID.
Ach Peer –!
PEER GYNT.
Schweig!
INGRID.
Du kannst unmöglich meinen,
Was Du redest.
PEER GYNT.
Kann ich doch!
INGRID.
Erst verführen, – dann erkalten!
PEER GYNT.
Und was hast Du, mich zu halten?
INGRID.
Haegstad und manch andres noch.
PEER GYNT.
Hast Du ein Gesangbuch? Trägst Du
Goldhaar über Hals und Mieder?
Hältst Du Mutters Schürze? Schlägst Du
Fromm den Blick zur Erde nieder?
INGRID.
Ich –?
PEER GYNT.
Bist Du vor hundert Tagen
Am Altar gewesen?
INGRID.
Nein –
PEER GYNT.
Kann Dein Auge züchtig sein?
Kannst Du mir 'ne Bitt' abschlagen?
INGRID.
Peer, bist Du von Sinnen, he?
PEER GYNT.
Wird der, der Dich ansieht, rein?
Sag'!
INGRID.
Nein, aber –
PEER GYNT.
Also geh!
Will gehen.
INGRID vertritt ihm den Weg.
Weißt Du, daß Dir das den Kopf
Kosten kann?
PEER GYNT.
Und wenn's auch wäre!
INGRID.
Geld und Gut wird Dein und Ehre,
Bleibst Du treu!
PEER GYNT.
Ich wär' ein Tropf!
INGRID bricht in Tränen aus.
Du betrogst mich –!
PEER GYNT.
Du warst willig.
INGRID.
Trostlos war ich!
PEER GYNT.
Ich war toll.
INGRID drohend.
Doch Du zahlst den Preis mir voll!
PEER GYNT.
Hier ist jeder Preis noch billig.
INGRID.
Also nicht?
PEER GYNT.
Komm mir nicht nah!
INGRID.
Gut! Du spürst noch meine Kralle!
Steigt hinab.
PEER GYNT schweigt eine Weile; auf einmal schreit er.
Daß die Pest auf all das falle!
Hol' die Pest Euch Weiber alle!
INGRID wendet den Kopf und ruft höhnisch herauf.
Außer einer!
PEER GYNT.
Einer; ja.
Ab, ein jedes seines Wegs.
Bei einem Gebirgssee.
Der Boden ringsum ist weich und sumpfig. Ein Unwetter zieht auf. Aase, verzweifelt, ruft und sieht sich um nach allen Seiten.
Solvejg hat Mühe, mit ihr Schritt zu halten. Ihre Eltern und Helga ein Stück dahinter.
AASE ficht mit den Armen und rauft sich das Haar.
Alles ist wider mich eifernd im Werk –
Himmel und Wasser und Wald und Berg!
Der Nebel möcht' am liebsten ein Brett werden,
Der tückische Bergsee sein Totenbett werden,
Die Felswand ihn mit Steinschlag begraben!
Und gar die Menschen! Wenn die ihn erst haben!
Sie soll'n ihm nur an! Ich kann ihn nicht entbehren!
Mußt' ihn der Teufel auch das just lehren!
Wendet sich zu Solvejg.
Ist es denn möglich! Das ist mein Sohn? –
Er, der nichts könnt' als lügen und drohn,
Er, dessen Maul seine einzige Kraft, –
Er, der noch nie was Rechtes geschafft, –
Er –! Was soll man da? Weinen oder lachen?
O, wir zwei hatten was durchzumachen!
Denn wie Du wissen mußt, trank mein Mann,
Fuhr rings umher und gab Torheiten an;
's Geld flog hinaus; mehr und mehr ging's uns schlecht.
Derweil' sind wir zwei denn daheim gesessen
Und haben gesucht, den Jammer zu vergessen;
Denn Widerstand leisten, das konnt' ich nie recht.
Dem Schicksal ins Aug' schaun, das ist kein Vergnügen;
Und man will doch auch mal seiner Sorgen bloß werden
Und die bösen Gedanken von Zeit zu Zeit loswerden.
Der eine braucht Branntwein, der andre braucht Lügen;
Na ja! Und so verfielen denn wir
Auf Prinzen und Trollspuk und allerhand Getier.
Auch Brautraub kam vor. Doch, frag' ich, wer denkt,
Daß so was in solch einem Burschen festhängt.
Wieder voll Furcht.
Hu, was schrie dort! Ein Draug oder Zwerg!
Peer! – – Peer! – – Dort oben auf dem Berg –!
Sie läuft eine kleine Anhöhe hinauf und sieht über den See hin. Solvejgs Eltern mit Helga kommen dazu.
AASE.
Nichts zu sehn auf dem ganzen Kamm!
DER MANN nachdenklich.
Schlimm für ihn.
AASE weinend.
Mein verloren Lamm!
DER MANN nickt mild.
Jawohl.
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