Er gehörte nicht zu den Mitgliedern des Königlichen Institutes von Großbritannien, des Londoner Institutes, der Kunstakademie oder des Russell-Institutes, der Literarischen Gesellschaft des Westens oder der Vereinigung der Rechtsanwälte. Er war auch nicht bei der Gesellschaft der Wissenschaft und Künste eingeschrieben, die sich des Patronates Ihrer Majestät der Königin erfreute. Und schließlich besuchte er auch keinerlei Veranstaltungen der Harmonika-Freunde und endend mit der Entomologischen Gesellschaft, die die Vernichtung schädlicher Insekten zum Ziel hatte. Phileas Fogg war Mitglied des Londoner Reform Club, nicht mehr und nicht weniger.

Doch was hatte dem geheimnisvollen Herrn Zutritt in diese erlauchte Gesellschaft verschafft? Ganz einfach eine Empfehlung seiner Bankiers, der Gebrüder Baring. Denen wiederum hatte die Tatsache genügt, dass die Schecks Mr Foggs stets gedeckt waren, ohne dass sich sein Kontostand jemals wesentlich verminderte.

Phileas Fogg war wohlhabend, aber niemand vermochte Auskunft über den Ursprung seines Vermögens zu geben und Mr Fogg selbst darüber zu befragen war schlechthin unmöglich. Er war übrigens weder verschwenderisch noch geizig. Wurde er um eine Spende für wohltätige Zwecke gebeten, so steuerte er ohne Aufhebens und oft genug sogar anonym sein Scherflein bei.

Kurz und gut: Phileas Fogg war ein schwer zugänglicher Herr. Er sprach so wenig wie möglich, aber je schweigsamer er sich gab, desto lebhafter beschäftigten sich seine Mitbürger mit ihm. Seine Lebensweise war durchaus nicht geheimnisumwoben. Jedermann musste zugeben, dass er seine Tage auf höchst eintönige Weise verbrachte. Doch gerade diese Harmlosigkeit trieb die Fantasie der Leute zu unangemessenen Spekulationen.

Ob Phileas Fogg schon viel von der Welt gesehen hatte? Zumindest besaß er einzigartige geografische Kenntnisse und konnte auch noch die entlegensten Winkel der Erde verblüffend genau beschreiben. Berührte die Unterhaltung der Club-Mitglieder das Geschick verschollener oder verirrter Weltreisender, so brachte Phileas Fogg sehr schnell mit wenigen klaren Worten Ordnung in die verworrenen Vorstellungen der anderen Herren. Seine eigenen Behauptungen fußten streng auf Tatsachen und oft genug gingen seine Voraussagen so genau in Erfüllung, als hätte er die Gabe des Zweiten Gesichts. Dieser Mann musste den ganzen Erdball bereist haben – wenigstens im Geiste. Denn eines stand fest: Phileas Fogg hatte London seit Jahren nicht mehr verlassen. Selbst diejenigen, die die Ehre hatten, ihn ein wenig näher zu kennen, konnten nur feststellen, dass er stets in seinem Hause, im Club oder auf dem kürzesten Wege zwischen diesen beiden Orten anzutreffen war. Seine einzige Unterhaltung bestand im Zeitunglesen und einer gelegentlichen Whist-Partie. Das stille Spiel passte vorzüglich zu Mr Foggs Natur. Er gewann oft, aber die beträchtlichen Gewinnsummen flossen nicht nur in seine Privatschatulle; sie bildeten seinen Fonds für wohltätige Zwecke. Wir müssen unbedingt hinzufügen, dass Phileas Fogg um des Spielens willen spielte und nicht etwa wegen der möglichen Gewinne. Er sah im Spiel die willkommene Auseinandersetzung, die weder Bewegung erforderte noch ermüdete; und das gefiel ihm außerordentlich.

Mr Fogg schien weder Frau noch Kinder zu haben – was bei den ehrenwerten Leuten vorkommt –, aber er hatte auch weder Verwandte noch Freunde – und das ist weit ungewöhnlicher. Er wohnte ganz allein in der Nr. 7 der Savile Row und empfing niemals Besucher. Kein Mensch vermochte zu sagen, wie es im Innern seines Hauses aussah. Er beschäftigte nur einen Diener, der das Notwendigste allein besorgen konnte; denn Mr Fogg frühstückte im Club und nahm dort auch mit pedantischer Pünktlichkeit immer in demselben Raum und an demselben Tisch die Hauptmahlzeiten ein, zu denen er übrigens niemals einen Bekannten oder Gast einlud. Punkt Mitternacht betrat er dann wieder sein Haus, um sich zur Ruhe zu begeben. Nie wäre es ihm eingefallen, eines der bequem eingerichteten Schlafzimmer zu benutzen, die den Herren im Club-Gebäude zur Verfügung standen. Zehn Stunden von jeweils 24 verbrachte Phileas Fogg mit dem Nachtschlaf und dem Herrichten seines Ausgehanzuges. Brauchte er Bewegung, spazierte er mit gleichmäßig abgemessenen Schritten auf dem Parkett der Eingangshalle des Clubs hin und her oder er promenierte ein wenig in der Rundgalerie des Club-Hauses, deren blaue Glaskuppel von zwanzig ikonischen Säulen aus rotem Porphyr getragen wurde. Die Mahlzeiten ließ er sich aus den köstlichen Vorräten komponieren, die die Küche, die Speisekammer, die Anrichte, der Fischbehälter und die Milchkammern des Reform Club zu liefern imstande waren.