Er hat sich zu Aureliens Pflegevater geflüchtet, wo jetzt auch mein Freund ist, dessen Bild du hier siehst.
RINALDO Da er dein Freund ist, so gib ihm dies zurück, was er vielleicht ungern vermißt.
Er gab ihm die Kapsel mit den Bildnissen, die er, wie wir wissen, aus der Beute von dem Gepäck der Maultiere erhalten hatte. Donato nahm, öffnete die Kapsel und erblickte kaum die Bildnisse, als er sie beide küßte.
DONATO Du hast mir ein sehr wertes Geschenk gemacht, das seinen rechten Herrn wiedererhalten soll.
RINALDO Willst du mir seinen Namen nicht nennen? Vielleicht kann ich ihm um Deinetwillen nützlich sein.
Donato wollte antworten, als der Bauernbursch mit einem: »Sie kommen!« hereinsprang.
Gleich nach ihm trat der Mann herein, der soeben der Gegenstand der Unterhaltung war. Er trug Uniform und ein Malteserkreuz. – Mit ihm kamen ein paar Landleute, der Meier, von dem so oft gesprochen wurde, und sein Bruder.
Der Malteser faßte Rinaldo scharf ins Auge, und dieser warf ihm einen Blick zu, auf welchen jener den seinigen von ihm abwandte.
Rinaldo reichte Donato die Hand und verließ mit einem: »Baldige Besserung!« schnell die Einsiedelei.
Der Malteser ging ihm hastig nach. Er trat in die Tür der Klause, als Rinaldo eben zurückblickte, dies sah, und sogleich stehenblieb. – Jener ging jetzt langsam auf ihn zu.
»Mein Herr!« – sagte er, – »wir müssen uns schon irgendwo einmal gesehen haben.«
RINALDO Das ist leicht möglich!
MALTESER Seid Ihr eben der, der sich Donatos Freund nannte und diesen Morgen mit einem Mädchen sprach, das Aurelia heißt?
RINALDO Der bin ich.
MALTESER Darf ich um Euren Namen bitten?
RINALDO Ihr sollt ihn erfahren, wenn Ihr mir zuvor den Eurigen sagt.
MALTESER Mein Name ist weder ein Geheimnis noch eine verdächtige Sache. – Ich bin der Prinz della Roccella.
Ein paar von Rinaldos Leuten brachten jetzt eben die Ziegen, das Federvieh und den Wein, die Paolo dem Klausner gleichsam als Sühngeld geben mußte. Rinaldo überlieferte alles, was gebracht war, dem Bauernburschen und sagte:
»Es gehört dieses meinem Freunde Donato. Er weiß schon davon. Du kannst ihm hernach sagen, daß alles angekommen ist.«
Hierauf wandte er sich wieder zu dem Prinzen, der seine Antwort und seinen Namen erwartete.
RINALDO Da Ihr von dem Meierhofe kommt, auf welchem Aurelia lebt, so sagt mir: Ist sie noch dort?
PRINZ Ich weiß nicht, wie –
RINALDO Wie ich auf diese Frage komme, da Ihr meinen Namen zu hören erwartet?
PRINZ In der Tat! das wollte ich sagen.
RINALDO Wenn es möglich ist, schenkt mir meinen Namen. –
PRINZ Sah ich euch nicht unter dem Namen Marchese Pepoli, vor einem halben Jahr ungefähr, in Florenz. – Wir sprachen uns auf dem Deutschen Hause und Ihr wurdet sehr warm, als man von dem berüchtigten Rinaldini eine Geschichte erzählte, die sehr zu seinem Vorteile gereichte.
Einer von Rinaldos Leuten winkte ihm sehr bedeutend. Er verstand das Zeichen, näherte sich dem Prinzen ganz vertraulich und sagte: »Nun dann! so wißt es: Ich bin Rinaldini selbst«; und eilte davon.
Rinaldo fragte seine Gesellen, was es gäbe, und erhielt zur Antwort: Cinthio finde Bedenken, sich dem Pappeltale bei Oriolo zu nähern, weil sich dort eine Karawane von Reisenden gelagert habe.
Darauf eilte Rinaldo zu Cinthio und fand ihn und sein Kommando in dem Buschwerk eines lustigen Hügels. Er erfuhr von ihm selbst, was er jetzt gehört hatte. – Nach einigem Nachdenken erteilte er ihm folgende Order:
»Wende dich mit unseren Leuten rechts, teile dich nach der Landstraße zu und laß den Weg von Oriolo nach dem Nonnenkloster St. Benedetto nicht aus dem Gesicht. Stößt euch dort etwa ein Wagen auf, in welchem sich ein junges, schönes Mädchen befindet: so wird der Wagen angehalten und das Mädchen für mich geraubt. Mit einbrechender Nacht finden wir uns hier auf diesem Platze wieder.«
Hierauf überzog er sein Gesicht mit einer braunen Farbe, kleidete sich als Jäger an, nahm einen von seinen Gesellen, Severo genannt, auch als Jäger gekleidet, und, wie er, mit einem Doppelrohr, einigen versteckten Terzerolen und einem Hirschfänger bewaffnet, mit sich und ging mit ihm, in Begleitung seiner Doggen, auf das Pappeltal zu.
Als sie auf die Anhöhe kamen, sahen sie in das Tal hinab und erblickten dort ein Gezelt aufgeschlagen, um welches herum Maultiere grasten und einige Menschen hin und her gingen, die ein Feuer angemacht hatten, bei welchem sie ihre Mahlzeit für den Abend zuzubereiten schienen.
Sie lauerten einige Zeit und wurden dann ein paar Damen in dem Gezelte gewahr. – Ein wenig entfernt von dem Gezelte lag abgeladenes Gepäck umher, und Maultiertreiber lagen bei demselben.
Ungefähr vierzig Schritte von dem Lagerplatze rieselte eine Quelle von der Anhöhe hinab in das lustige Tal. Hierher kam mit einem leeren Topfe, Wasser zu schöpfen, ein flinker Bube, der zu der Gesellschaft gehörte. Diesem machte sich Rinaldo sichtbar. Der Bube erschrak und wollte fliehen, Rinaldo aber rief ihm zu:
»Bleib, Bube! – Gehörst du zu jener Gesellschaft?«
»Ja! Zu der Gesellschaft gehöre ich«; – stammelte derselbe.
»Wer sind die Damen unter dem Gezelte?«
»Meine gnädige Frau, die Marchese Altanare und ihre Schwester. – Wir kommen von St. Leo und gedenken nach Florenz zu gehen.«
Rinaldo winkte seinem Gefährten. Dieser folgte ihm, und beide gingen auf das Gezelt zu. – Die Leute der Marchese grüßten sie und gafften sie an. Der Stallmeister der Marchese trat ihnen aus dem Gezelt entgegen, indes die Damen am Eingange lauschten, und redete sie an:
»Wohin aus, liebe Freunde?«
Rinaldo nahm das Wort:
»Ich bin der Förster aus Sarsina, und bin mit meinem Burschen auf dem Heimwege. Da sah ich eure Gesellschaft und dachte, du mußt doch sehen, wer die Herrschaften sind. – Zugleich komme ich auch, Euch einen kleinen Wink zu geben. Seid wachsam und vorsichtig! Rinaldinis Bande haust in diesen Gebirgen.«
»Ach Gott!« – rief die eine von den Damen aus, – »das macht mich sehr ängstlich.«
»Warum das?« – sagte der Stallmeister.
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