Ach, Bruder, ich. verstehe dich recht gut, und das schlimmste ist, daß du recht hast.
SIMON. Wann hätte ich denn wohl unrecht? Ihr gebt euch nur niemals die Mühe, mich zu verstehn. Alle Gedanken, die euch nicht gefallen, mochtet ihr gar zu gern für Unsinn ausgeben, damit ihr nur behaupten könnet, das Leben sei doch etwas wert. Alle Menschen würden melancholisch sein, wenn sie sich nur bei ihren Nichtswürdigkeiten die Zeit dazu ließen. – Da kommt der Arzt schon wieder und meint, wenn ich nur seine Pulver nehmen wollte, würde es schon besser mit mir werden. Der Arzt zu den Vorigen.
ARZT. Ich freue mich, Euch wohl zu sehn, mein Fräulein. – Ihr habt Besuch?
ANNE. Ein fremder Ritter –
ARZT. Und wie geht es Euch?
SIMON. Soll ich wieder klagen? Soll ich Euch weitläufig meine Empfindungen schildern? Ihr versteht mich nicht und könnt also auch nicht daran glauben. – Wozu soll ich immer in den Wind reden!
ARZT. Daß jeder Kranke doch immer glaubt, er ist nur der einzige auf der Welt, der solche Art zu empfinden hat!
SIMON. Nun, könnt Ihr mir zu dem verhelfen, was ich wünsche? – Könnt Ihr machen, daß ich die Zukunft ergründe wie ein Exempel, das ich berechne? Wohlan, dann will ich das Leben und Eure Kunst für etwas halten.
ARZT. Ihr müßt Euch dergleichen Gedanken aus dem Sinn schlagen.
SIMON. Nun, seht Ihr wohl? Dieser Wunsch kommt Euch als etwas ganz Abgeschmacktes vor, folglich ist Euch diese Empfindung noch niemals nahegetreten, denn sonst würdet Ihr mir nicht so antworten, folglich versteht Ihr mich nicht, folglich könnt Ihr mich auch nicht heilen.
ARZT. Wenn ich auch das übrige zugebe, warum sollte ich Euch nicht heilen können?
SIMON. Ach, Ihr seid – ein Arzt. – Es ist gut, daß Ihr mich selbst durch dergleichen Reden nicht aufbringen könnt, weil es mir immer gar zu gegenwärtig ist, wie Ihr meinen Zustand anseht. – Ich will nächstens eine Reise antreten, vielleicht finde ich Leute, die mich besser verstehn.
ARZT. Wie Ihr wollt. Peter Berner zu den Vorigen.
PETER. Mein Fräulein, Eure Schwester wünschte Euch zu sprechen, sie hat eine Bitte an Euch.
ANNE. Ich gehe schon. Ab.
PETER. Und Ihr seid noch immer so finster, Ritter? – Ihr solltet heiraten, die Liebe würde Euch wie eine Sonne aufgehn, und Ihr würdet dann die Welt nicht mehr so finster finden.
ARZT. Er sollte nur Arznei nehmen, so würde es schon besser werden. Könnt' ich ihn mir von der Verachtung gegen meine Wissenschaft heilen, so wäre schon das meiste geschehn.
PETER. Vielleicht ist eine unglückliche Liebe an Eurem Zustand schuld.
ARZT.
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