Segen der Erde

Mit diesem Hymnus auf das bäuerliche Leben erlangte sein Dichter Weltruhm: 1920 wurde dem Norweger Knut Hamsun der Nobelpreis für den Roman ›Segen der Erde‹ verliehen. Unter Verwendung autobiographischer Elemente erzählt Hamsun die Geschichte Isaks, des Bauern, der in der Einsamkeit des Nordlandes dem Moor ein Stück Erde abringt, es urbar und zu einer fruchtbaren, weithin angesehenen Oase des Lebens für viele macht. In seiner einfachen, manchmal biblisch anmutenden Sprache ist der Roman weder nur Heimat- noch nur realistisch erzählter Bauernroman. Mit dem Lob auf das Landleben, dem »Zurück zur Natur«, weist der Dichter dem Zivilisationsmenschen vielmehr einen Weg zu sich selbst. Das in dem Roman vertretene Menschenbild, im Dritten Reich emphatisch begrüßt und durch die Ereignisse dieser Zeit in seiner Glaubwürdigkeit erschüttert, hat dennoch nichts von seiner Überzeitlichkeit eingebüßt. ›Segen der Erde‹ ist deshalb den bleibenden Werken – und Werten – der Weltliteratur zuzurechnen.

 

Knut Hamsun (eigentlich Knut Pedersen), geboren am 4. August 1859 in Lom/Gudbrandsdal, gestorben am 19. Februar 1952 in Nørholm, durchlitt eine harte Jugend, übte verschiedene Berufe in Nordamerika und Norwegen aus, bis sich 1890 ein erster literarischer Erfolg mit dem autobiographischen Roman ›Hunger‹ einstellte. Hamsun lebte mehrere Jahre in Paris und bereiste Finnland, Rußland, Persien und die Türkei, 1920 erhielt er für den Roman ›Segen der Erde‹ (1917) den Nobelpreis. – Weitere Werke u. a.: ›Mysterien‹ (dt. 1894), ›Neue Erde‹ (dt. 1894), ›Pan‹ (dt. 1924), ›Gedämpftes Saitenspiel‹ (dt. 1910), ›Das letzte Kapitel‹ (dt. 1924), ›August Weltumsegler‹ (dt. 1930), ›Der Ring schließt sich‹ (dt. 1936), ›Victoria‹ (dt. 1899), Novelle; ›Abendröte‹ (dt. 1904), ›Königin Tamara‹ (dt. 1903), Dramen; ›Auf überwachsenen Pfaden‹ (dt. 1950), Autobiographie.

 

 

Knut Hamsun

 

 

Segen der Erde

 

 

 

 

 

Roman

 

Aus dem Norwegischen

von

J. Sandmeier und S. Angermann

 

 

Deutscher Taschenbuch Verlag

 

 

 

 

 

Ungekürzte Ausgabe

Juni 1978

10. Auflage Februar 1999

Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG,

München

Titel der norwegischen Originalausgabe: ›Markens Grøde‹

© 1951 der deutschsprachigen Ausgabe:

Paul List Verlag KG, München

Umschlagkonzept: Balk & Brumshagen

Umschlagbild: Ausschnitt des Gemäldes ›Das Mädchen in der Küche‹

(1883/86) von Anna Ancher

Gesamtherstellung: C.H.Beck’sche Buchdruckerei, Nördlingen

Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier

Printed in Germany • ISBN 3-423-1105 5-4

 

ERSTER TEIL

 

 

1

 

Der lange, lange Pfad über das Moor in den Wald hinein – wer hat ihn ausgetreten? Der Mann, der Mensch, der erste, der hier war. Für ihn war noch kein Pfad vorhanden. Später folgte dann das eine oder andere Tier der schwachen Spur über Sümpfe und Moore und machte sie deutlicher, und wieder später schnupperte allmählich der oder jener Lappe den Pfad auf und benützte ihn, wenn er von Berg zu Berg wanderte, um nach seinen Rentieren zu sehen. So entstand der Weg durch die weite Allmende, die niemand gehörte, durch das herrenlose Land.

Der Mann kommt in nördlicher Richtung gegangen. Er trägt einen Sack, den Sack, der Mundvorrat und einiges Handwerkszeug enthält.