Er war nur ein unverdrossener Arbeiter, er sammelte Winterfutter für seine Ziegen, fing an, Boden urbar zu machen, einen Acker zu roden, Steine wegzuschaffen, Steinwälle aufzurichten. Im Herbst hatte er eine Wohnung fertig, eine Erdhütte, eine Gamme, die war dicht und warm, sie krachte nicht in den Fugen beim Sturm, und sie konnte nicht abbrennen. Er konnte in diese Heimstätte hineingehen, die Türe hinter sich zumachen und da drinnen bleiben, oder er konnte vor der Türöffnung stehen und sich als den Herrn seines Hauses zeigen, wenn jemand vorbeikäme. Die Gamme war in zwei Teile geteilt, in dem einen wohnte er selbst, im andern seine Tiere. Ganz innen unter dem Felsen hatte er seinen Heuboden errichtet. Alles war da.
Wieder kommen ein paar Lappen vorüber, Vater und Sohn. Sie bleiben stehen, stützen sich mit beiden Händen auf ihre langen Stöcke, betrachten die Hütte und das urbar gemachte Land und hören die Ziegenglocken oben am Hang.
Ja, guten Tag, sagen sie, hier sind ja große Leute hergekommen. Die Lappen schmeicheln immer.
Ihr wißt wohl keine Magd für mich? versetzt Isak, denn er hat nur das eine im Kopf.
Eine Magd zur Hilfe? Nein. Aber wir wollen es weiter sagen. – Ja, wenn ihr so gut sein wollt. Und daß ich ein Haus und Ackerland und Vieh habe, aber keine Magd zur Hilfe, das sollt ihr sagen.
Ach, sooft er mit seinen Birkenrinden drunten im Dorfe war, hatte er nach dieser Magd zur Hilfe ausgeschaut, aber keine gefunden. Sie hatten ihn betrachtet, eine Witwe, ein paar ältere Mädchen, es aber nicht gewagt, ihm Hilfe zu versprechen; woher das kommen mochte, das begriff Isak nicht. Begriff er es wirklich nicht? Wer wollte bei einem Manne dienen, draußen im Ödland, meilenweit von den Menschen, ja eine Tagereise von der nächsten menschlichen Behausung entfernt! Und der Mann selbst war nicht die Spur lieb und hübsch, im Gegenteil, wenn er sprach, war er kein Tenor mit gen Himmel gerichteten Augen, sondern hatte eine etwas tierische und grobe Stimme.
Dann müßte er eben allein bleiben.
Im Winter machte er große Holztröge, verkaufte diese im Dorf und kam mit Säcken voll Lebensmitteln und Werkzeug durch den Schnee zurück. Das waren harte Tage, ja er hatte eine schwere Last. Er hatte ja Haustiere, und die konnte er nicht längere Zeit verlassen. Wie hielt er es da? Die Not macht erfinderisch, sein Gehirn war stark und unverbraucht, und er übte es immer mehr. Das erste, was er tat, wenn er fortging, war, die Ziegen loszulassen, so daß sie an den Zweigen im Walde ihren Hunger stillen konnten. Aber er wußte auch noch einen anderen Ausweg. Er hängte am Fluß ein großes Holzgefäß auf und ließ ein kleines Rinnsal hineinlaufen; es dauerte vierzehn Stunden, bis dies Gefäß voll war. Wenn das Gefäß bis zum Überlaufen voll war, dann hatte es gerade das rechte Gewicht, daß es heruntersank, aber indem es sank, zog es an einer Leine, die mit dem Heuboden in Verbindung stand, eine Luke öffnete sich, drei abgemessene Geißenmahlzeiten fielen herunter, und die Here hatten ihre Nahrung.
Auf diese Weise machte er es.
Eine geistreiche Erfindung, ja vielleicht eine Eingebung von Gott, dem Manne war geholfen. Es ging gut bis in den Spätherbst, dann kam Schnee, dann Regen, dann wieder Schnee, dauernd Schnee; da wirkte die Einrichtung mit der Heuversorgung verkehrt, das Gefäß füllte sich mit Regenwasser und öffnete die Luke vor der Zeit. Der Mann deckte das Gefäß zu, dann ging es wieder eine Weile gut, aber als der Winter einsetzte, fror das Rinnsal ein, und die Einrichtung versagte gänzlich.
Da mußten die Ziegen und auch der Mann selbst entbehren lernen.
Das waren harte Tage, der Mann mußte Hilfe haben, hatte jedoch keine. Er wurde aber deshalb doch nicht ratlos. Er schaffte an seinem Heim weiter, machte ein Fenster in die Hütte, ein Fenster mit zwei Glasscheiben. Das war ein merkwürdiger und heller Tag in seinem Leben, als er nicht auf dem Herd Feuer anzünden mußte, um sehen zu können, nun konnte er drinnen sitzenbleiben und bei Tageslicht Tröge aus Holz anfertigen. Es wurde besser für ihn und lichter. Ach ja, Herrgott im Himmel! Er las nie in einem Buche, seine Gedanken beschäftigten sich aber oft mit Gott, er konnte nicht anders, Vertrauen und Ehrfurcht wohnten in seiner Seele. Der Sternenhimmel, das Rauschen des Waldes, die Einsamkeit, die Schneemassen, die Gewalten auf der Erde und über der Erde stimmten ihn oftmals am Tage nachdenklich und andächtig; er fühlte sich sündig und war gottesfürchtig, des Sonntags wusch er sich zur Ehre des Feiertages, arbeitete aber sonst wie alle Tage.
Der Frühling kam heran, er bebaute seinen kleinen Acker und steckte Kartoffeln. Er hatte jetzt einen größeren Viehbestand, jede Ziege hatte Zwillinge gebracht, es waren jetzt sieben Geißen, groß und klein zusammengerechnet. Mit der Zukunft vor Augen erweiterte er seinen Stall und setzte auch da ein paar Fensterscheiben ein.
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