Es wurde heller und tagte in jeder Weise.

Eines Tages kam die Hilfe. Droben auf der Halde wanderte sie lange hin und her, ehe sie sich hervorwagte. Es wurde Abend, bis sie herankam, aber dann kam sie – ein großes, braunhäutiges Mädchen; sie war so üppig und derb, mit festen guten Händen, mit Lappenschuhen an den Füßen, obgleich sie keine Lappin war, und mit einem Kalbfellsack auf dem Rücken. Sie war wohl schon etwas bei Jahren, höflich gesprochen, nahe an den Dreißigern.

Warum sollte sie sich denn fürchten? Sie grüßte, fügte jedoch rasch hinzu: Ich muß nur über die Berge, darum bin ich diesen Weg gegangen. – So, sagte der Mann. Er verstand sie nicht ganz, sie redete undeutlich und wendete überdies das Gesicht weg. – Ja, sagte sie. Und es ist ein sehr weiter Weg. – Ja, antwortete er. Willst du über das Gebirge? – Ja. – Was willst du dort? – Ich habe meine Leute dort. – So, hast du deine Leute dort? Wie heißt du? – Inger, und wie heißt du? – Isak. – So Isak. Wohnst du hier? – Ja, ich wohne hier und habe es so, wie du hier siehst. – Das ist wohl nicht übel, sagte sie lobend.

Isak war im Denken ein ganzer Mann geworden, und nun kam ihm der Gedanke, daß sie wohl im Auftrag von jemand gekommen sei, ja daß sie direkt von zu Hause hierhergekommen sei und nicht weiter wolle. Sie hatte vielleicht gehört, daß ihm weibliche Hilfe fehle.

Komm herein und ruh dich aus! sagte er.

Sie traten in die Hütte, aßen von ihrem Mundvorrat und tranken von seiner Geißenmilch; dann kochten sie Kaffee, den sie in einer Blase bei sich hatte. Sie hatten es sehr behaglich beim Kaffee, ehe sie schlafen gingen. Nachts lag er da und war gierig nach ihr und bekam sie.

Am Morgen ging sie nicht wieder weg und den Tag über auch nicht; sie machte sich nützlich, melkte die Ziegen und scheuerte die Holzgefäße mit feinem Sand und machte sie sauber. Sie ging nie wieder fort. Inger hieß sie, Isak hieß er.

Nun begann ein anderes Leben für den einsamen Mann. Das einzige war, daß seine Frau undeutlich redete und wegen einer Hasenscharte immer das Gesicht wegwendete; aber das war nichts, um sich darüber zu beklagen. Ohne diesen verunstalteten Mund wäre sie wohl nie zu ihm gekommen, die Hasenscharte war sein Glück. Und er selbst, war er ohne Fehl? Isak mit dem rostigen Vollbart und dem zu untersetzten Körper, er war wie ein greulicher Mühlgeist, ja wie durch eine verzerrende Fensterscheibe gesehen. Und wer sonst ging mit einem solchen Ausdruck im Gesicht umher? Es war, als könne er jeden Augenblick eine Art von Barrabas loslassen. Es bedeutete schon viel, daß Inger nicht davonlief.

Sie lief nicht davon. Wenn er fort war und wieder heimkam, war Inger bei der Hütte, die beiden waren eins, die Hütte und sie.

Er hatte nun einen Menschen mehr zu versorgen, aber es lohnte sich, er konnte länger fort sein, er konnte sich rühren. Da war der Fluß, ein freundlicher Fluß, der neben seinem freundlichen Aussehen auch tief und raschen Laufes war; es war durchaus kein geringer Fluß, er mußte aus einem großen See droben im Gebirge kommen. Nun verschaffte Isak sich Fischgeräte und suchte diesen See auf, wenn er dann am Abend heimkam, brachte er eine ordentliche Anzahl Forellen und Alpensalme mit. Inger empfing ihn mit großer Verwunderung, sie war ganz überwältigt, schlug die Hände zusammen und rief: Um alles in der Welt! Sie merkte wohl, wie erfreut und stolz er über ihr Lob war, und da sagte sie noch mehr freundliche Worte: daß sie so etwas noch nie gesehen habe und gar nicht verstehe, wie er das zuwege bringen konnte.

Auch auf andere Weise war Inger ein Segen für ihn. Obgleich sie nicht gerade ein schönes Gesicht und Verstand im Kopfe hatte, so hatte sie doch bei einem ihrer Leute zwei Schafe mit ihren Lämmern stehen, und die holte sie.