Die Dachbalken sollten und mußten aufgesetzt werden, damit das Haus gedeckt wurde, ehe die Herbstregen einsetzten, es war höchste Zeit. Was hatte Inger nur? Sie wurde doch nicht krank?
Wohl bereitete sie ab und zu noch Ziegenkäse, sonst aber leistete sie nichts mehr, als die Kuh Goldhorn auf der Weide viele Male am Tage an einen andern Platz anzubinden. – Bring einen großen Korb oder eine Kiste oder so etwas mit, wenn du wieder ins Dorf gehst, hatte Inger gesagt. – Was willst du damit? fragte Isak. – Ich brauche es, antwortete sie nur.
Isak zog die Dachbalken an Seilen hinauf, und Inger schob mit einer Hand nach; es war, als helfe es schon, wenn sie nur dabei war. Allmählich ging es doch vorwärts, es war ja kein sehr hohes Dach, aber die Balken waren abenteuerlich groß und dick für das kleine Haus.
Das gute Herbstwetter hielt sich einigermaßen, Inger hackte alle Kartoffeln allein heraus, und Isak bekam das Haus unter Dach, ehe der Regen endgültig einsetzte. Die Ziegen waren jetzt schon nachts bei den Menschen in der Hütte drinnen, auch das ging, alles ging. Die Menschen klagten nicht darüber. Isak machte sich wieder zu einem seiner Gänge ins Dorf fertig. Du solltest für mich einen großen Korb oder eine Kiste mitbringen, sagte Inger wieder, und es klang wie ein demütiger Wunsch. – Ich habe mir einige Fenster mit Glasscheiben bestellt, die ich holen muß, erwiderte Isak. Und ich habe auch zwei angestrichene Türen bestellt, fügte er überlegen hinzu. – Nun ja, dann muß der Korb eben warten. – Was willst du mit dem? – Was ich damit will? Ja, hast du denn keine Augen im Kopf?
In tiefe Gedanken versunken, ging Isak seines Wegs dahin, und als er nach zwei Tagen zurückkam, brachte er nicht allein ein Fenster, eine Tür zur Wohnstube und eine Tür zur Schlafkammer mit, sondern über die Brust herunter hing ihm auch die Kiste für Inger, und in der Kiste waren verschiedene Eßwaren.
Inger sagte: Wenn du dich nur nicht eines Tages noch zu Tode abschleppst! – Hoho, zu Tode! Isak war so unendlich weit davon entfernt, sich zu Tode zu schleppen, daß er aus seiner Tasche eine Arzneiflasche mit Naphtha zog und sie Inger mit der Ermahnung übergab, recht tüchtig davon zu trinken, damit sie wieder gesund werde. Und da waren nun die Fenster und die angestrichenen Türen, mit denen er großtun konnte, und er machte sich auch gleich daran, sie einzusetzen. Ach, diese kleinen Türen, und gebraucht waren sie auch schon, aber gemalt waren sie hübsch mit weißen und roten Farben, die schmückten die Stuben wie Bilder an den Wänden.
Jetzt zogen sie in das neue Heim ein, und der Viehbestand wurde in der ganzen Gamme verteilt. Zu der Kuh wurde ein Mutterschaf mit seinen Lämmern hineingestellt, damit sie es nicht gar so einsam hätte. Die Leute auf dem Ödland hatten es nun weit gebracht, wunderbar weit!
3
Solange das Erdreich noch weich war, brach Isak Steine und Wurzelstöcke heraus und richtete sein Land fürs nächste Jahr, und als dann der Boden gefror, ging er in den Wald und fällte große Mengen Klafterholz.
Was willst du mit all dem Holz? konnte Inger fragen. – Das weiß ich nicht so genau, antwortete Isak; aber er wußte es recht wohl. Der alte düstere Urwald stand noch zu dicht ans Haus heran und versperrte jede Erweiterung des Wiesenlandes, außerdem wollte er das Klafterholz während des Winters auf irgendeine Weise ins Dorf hinunterschaffen und es an Leute verkaufen, die kein Brennholz hatten. Isak war überzeugt, daß das ein sehr guter Gedanke sei, deshalb fällte er fleißig Bäume und hieb sie zu Klafterholz zurecht. Inger kam oft heraus und sah ihm zu, er tat zwar, als sei ihm das gleichgültig und als sei das gar nicht notwendig von ihr, aber sie fühlte doch, daß sie ihm dadurch wohltat.
Manchmal fielen dabei merkwürdige Worte zwischen ihnen. Hast du nichts anderes zu tun, als hier herauszulaufen und dich zu Tode zu frieren? sagte Isak. – Ich friere nicht, antwortete Inger, aber du wirst dich noch krank schaffen. – Jetzt ziehst du gleich meine Jacke an, die dort drüben liegt. – Das fiele mir gerade ein, ich kann doch nicht hierbleiben, wenn Goldhorn eben am Kalben ist. – Ach so, Goldhorn ist am Kalben? – Hast du das nicht gewußt? Und was meinst du, sollen wir das Kalb aufziehen? – Das machst du, wie du willst, ich weiß es nicht. – Aber wir können doch das Kalb nicht aufessen, soviel ist gewiß. Denn dann hätten wir immer wieder nur eine einzige Kuh. – Und ich bin auch fest überzeugt, du möchtest gar nicht, daß wir das Kalb aufäßen, sagte Isak.
Diese einsamen Menschen, so ungeschlacht und zu sehr ihren Trieben ergeben, aber voller Güte gegeneinander, gegen das Vieh und gegen die Erde!
Dann brachte Goldhorn ein Kalb zur Welt.
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