Das war ein bedeutungsvoller Tag im Ödland, eine überaus große Freude und ein großes Glück. Goldhorn bekam guten Mehltrank, und Isak sagte: Spar nicht am Mehl! obgleich er es auf seinem Rücken heraufgetragen hatte. Da lag nun ein hübsches Kalb, eine Schönheit von einem Kalb, rosig war es auch, sonderbar verwirrt nach dem Wunder, das es durchgemacht hatte. In ein paar Jahren würde es selbst Mutter sein. Dieses Kalb wird eine prachtvolle Kuh werden, sagte Inger, und ich weiß gar nicht, wie es heißen soll, sagte sie. Inger war etwas kindisch und hatte für so etwas nur eine schlechte Erfindungsgabe. – Heißen? sagte Isak. Du kannst keinen passenderen Namen finden als Silberhorn.
Nun fiel der erste Schnee, und sobald der Schnee fest und tragfähig war, zog Isak hinunter ins Dorf. Er tat geheimnisvoll wie immer und wollte Inger nicht sagen, was er im Sinn hatte. Und er kehrte zurück, zur größten Überraschung – mit Pferd und Schlitten. Ich glaube, du treibst deinen Scherz, sagte Inger, und du hast doch wohl das Pferd nicht genommen? – Ich, das Pferd genommen! – Gefunden, meine ich! Ach, wenn Isak jetzt hätte sagen können: mein Pferd, unser Pferd! Aber er hatte es nur für einige Zeit leihweise bekommen, er wollte sein Klafterholz mit ihm hinunterführen.
Isak fuhr Klafterholz ins Dorf und brachte dafür allerlei Eßwaren und Mehl und Heringe mit herauf. Und einmal kam er mit einem jungen Stier auf dem Schlitten, er hatte ihn unglaublich billig bekommen, weil im Dorf bereits Futtermangel herrschte. Mager und zottig war der Stier, und er konnte nicht so recht brüllen, aber er war keine Mißgeburt und würde sich bei guter Pflege bald herausmachen, er war eben zweijährig. Inger sagte: Du bringst doch alles mit.
Ja, Isak brachte alles; er brachte Planken und Bretter, die er für Klafterholz eingetauscht hatte, er brachte einen Schleifstein, ein Waffeleisen, Handwerkszeug, alles für Klafterholz eingetauscht. Inger schwoll vor Reichtum, und sie sagte jedesmal: Bringst du noch mehr? Jetzt haben wir einen Stier und alles, was wir uns denken können! – Und eines Tages antwortete Isak: Nein, jetzt bringe ich übrigens nichts mehr.
Sie hatten jetzt genug für lange Zeit und waren wohlgeborgene Leute. Was würde sich Isak nun im Frühjahr vornehmen? An die hundertmal hatte er es sich ausgedacht, wenn er hinter seiner Holzfuhre hergeschritten war: er wollte auf der Halde weiter umroden, wollte den Boden urbar machen, Klafterholz zurecht machen, es im Sommer trocknen lassen und im nächsten Winter noch einmal soviel hinunterfahren. Die Rechnung stimmte, es war kein Fehler darin. Und an die hundertmal hatte Isak auch an etwas anderes gedacht, nämlich an die Kuh Goldhorn. Woher kam sie, wem gehörte sie? So eine Frau wie Inger gab es nicht mehr, o sie war ein tolles Mädchen, und sie wollte alles, was er von ihr wollte, und war zufrieden damit. Aber eines schönen Tages konnte jemand kommen und Goldhorn zurückverlangen und sie an einem Strick davonführen. Und viel Schlimmeres konnte daraus erwachsen. Du hast doch wohl das Pferd nicht genommen oder es gefunden? hatte Inger gesagt. Das war ihr erster Gedanke gewesen, man konnte ihr wohl nicht so recht glauben, und was sollte er tun? Daran hatte er gedacht. Hatte er nicht auch einen Stier für Goldhorn, vielleicht für eine gestohlene Kuh, erstanden? Und nun mußte das Pferd zurückgegeben werden. Das war schade, denn das Pferd war klein und rund und sehr zutraulich geworden. O ja, aber du hast schon sehr Großes damit geleistet, sagte Inger tröstend. – Aber im Frühjahr sollte ich eben das Pferd haben, da würde ich es so notwendig brauchen! versetzte Isak.
Im Morgendämmern fuhr er mit seiner letzten Holzladung langsam von zu Hause fort und blieb zwei volle Tage weg. Als er wieder zu Fuß heimwärts wanderte, hörte er vor dem Hause einen sonderbaren Ton. Was konnte das sein? Er blieb lauschend stehen. Kindergeschrei – ach ja, Herrgott im Himmel, es war nicht anders, aber es war schrecklich und sonderbar, und Inger hatte nichts gesagt.
Er trat ein und sah zuerst die Kiste, die vielbesprochene Kiste, die er auf seiner Brust heraufgetragen hatte! Sie hing nun an zwei Stricken vom Dachfirst herunter und war eine Wiege und eine Schaukel für das Kind.
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