Der reiche Freier

Ein Bettler ging auf Freiersfüßen,

Und sprach zu einer Magd, die er nach Wunsche fand:

Nimm mich! Sie fragt: worauf? »Auf diese dürre Hand:

Die soll uns wohl ernähren müssen!«

Die Magd besann sich kurz, und gab ihm ihre Hand.

 

 

64. Auf den Rufinus

Rufinus endet nichts, er fängt nur alles an.

Ob alles? Lesbia, sprich doch! du kennst den Mann.

 

 

65. Hänschen Schlau

»Es ist doch sonderbar bestellt«,

Sprach Hänschen Schlau zu Vetter Fritzen,

»Daß nur die Reichen in der Welt

Das meiste Geld besitzen.«

 

 

66. An die Dorilis

Dein Hündchen, Dorilis, ist zärtlich, tändelnd, rein:

Daß du es also leckst, soll das mich wundern? nein!

Allein dein Hündchen lecket dich:

Und dieses wundert mich.

 

 

67. Grabschrift eines Unglücklichen, welcher zuletzt in einem Schiffbruche umkam

Hier warfen mich die Wellen an das Land.

Hier grub mich tot, mit frommer Hand,

Ein Fischer in den leichten Sand.

 

Dein Mitleid, Leser, ist bei mir nicht angewandt!

Im Sturme scheitern und ersaufen,

Hieß mir Unglücklichem, mit Sturm in Hafen laufen.

 

 

68. An einen schlechten Maler

Ich saß dir lang' und oft: warum denn, Meister Steffen?

Ich glaube fast, mich nicht von ungefähr zu treffen.

 

 

69. Auf eine Bildsäule des Amor

Hier blieb, als Amor, sich noch mächtiger zu sehen,

Eleonora ward, sein Körper geistlos stehen.

 

 

70. Auf ebendieselbe

So lieb euch, Kinder, Ruh und Glück:

Zurück von ihm, dem Schalke! weit zurück! –

(Ich hätte viel für diesen Rat gegeben!)

Er stellt sich so nur ohne Leben.

 

 

71. Auf ebendieselbe

Kommt diesem Amor nicht zu nah,

Und stört ihn nicht in seinem Staunen!

Noch steht er so, in Einem süßen Staunen,

Seit er Philinden sah.

 

 

72. Auf ebendieselbe

Die Unschuld naht sich ihm, und bebt:

Sie fühlt, sie fühlt es, daß er lebt.

 

 

73. Auf ebendieselbe

O Chloe, halte deinen Blick

Von diesem Schalke ja zurück!

Gesetzt, er wär' auch ohne Leben:

Was er nicht hat, das kann dein Blick ihm geben.

 

 

74. Auf den Fabull

Fabull verschließet alle Kisten

Vor Freunden, Dienern, Weib und Kind,

Damit sich niemand läßt gelüsten

Zu sehen, daß sie ledig sind.

 

 

75. Auf den trägen Y

Mit dir und über dich zu lachen,

Soll ich ein Sinngedichte machen?

Gut! daß du ohne Müh kannst lachen,

So will ichs sonder Einfall machen.

 

 

76. Entschuldigung wegen unterlassenen Besuchs

So wahr ich lebe, Freund, ich wollte ganze Tage

Und ganze Nächte bei dir sein:

Um mich mit dir die ganzen Tage,

Die ganzen Nächte zu erfreun.

Doch tausend Schritte sinds, die unsre Wohnung trennen;

Und hundert wohl noch oben drein.

Und wollt' ich sie auch gern, die tausend Schritte, rennen,

Und jene hundert oben drein:

So weiß ich doch, daß ich am Ende

Des langen Wegs, dich zwanzigmal nicht fände.

Denn öfters bist du nicht zu Hause,

Und manchmal bist du's nicht für mich:

Wenn nach dem langen Zirkelschmause

Der kleinste Gast dir hinderlich.

Ich wollte, wie gesagt, gern tausend Schritte rennen,

Dich, liebster Freund, dich sehn zu können:

Doch, allzu weiter Freund, dich nicht zu sehn,

Verdreußt michs, Einen nur zu gehn.

 

 

77. An den Paul

Es scheinet, daß du, Paul, der einz'ge Trunkne bist:

Denn du willst nüchtern sein, wo keiner nüchtern ist.

 

 

78. Velt und Polt

Zum Henker! fluchte Polt zu Velten,

Mußt du mich einen Lügner schelten?

Zum Henker! fluchte Velt zu Polten,

Ich einen Lügner dich gescholten?

Das leugst du, Polt, in deinen Hals,

Das leugst du, als ein Schelm, und als – – –

Ha! das hieß Gott dich sprechen, Velten!

Denn Lügner laß ich mich nicht schelten.

 

 

79. Der kranke Stax

»Komm' ich vom Lager auf, und gibt Gott Fried' im Staat«,

Gelobt der kranke Stax, »so werd' ich ein Soldat.«

 

 

80. Die blaue Hand

Ein Richter war, der sah nicht wohl:

Ein Färber kömmt, der schwören soll.

Der Färber hebt die blaue Hand;

Da ruft der Richter: Unverstand!

Wer schwört im Handschuh? Handschuh aus!

Nein! ruft der Färber; Brill' heraus!

 

 

81. Der Schuster Franz

Es hat der Schuster Franz zum Dichter sich entzückt.

Was er als Schuster tat, das tut er noch: er flickt.

 

 

82. Das Mädchen

Zum Mädchen wünscht' ich mir – und wollt' es, ha! recht lieben –

Ein junges, nettes, tolles Ding,

Leicht zu erfreun, schwer zu betrüben,

Am Wuchse schlank, im Gange flink,

Von Aug' ein Falk,

Von Mien' ein Schalk;

Das fleißig, fleißig liest:

Weil alles, was es liest,

Sein einzig Buch – der Spiegel ist;

Das immer gaukelt, immer spricht,

Und spricht und spricht von tausend Sachen,

Versteht es gleich das Zehnte nicht

Von allen diesen tausend Sachen:

Genug, es spricht mit Lachen,

Und kann sehr reizend lachen.

 

Solch Mädchen wünscht' ich mir! – Du, Freund, magst deine Zeit

Nur immerhin bei schöner Sittsamkeit,

Nicht ohne seraphin'sche Tränen,

Bei Tugend und Verstand vergähnen.

Solch einen Engel

Ohn' alle Mängel

Zum Mädchen haben:

Das hieß' ein Mädchen haben? –

Heißt eingesegnet sein, und Weib und Hausstand haben.

 

 

83. Auf den Fell

Als Fell, der Geiferer, auf dumpfes Heu sich streckte,

Stach ihn ein Skorpion. Was meint ihr, daß geschah!

Fell starb am Stich? – Ei ja doch, ja!

Der Skorpion verreckte.

 

 

84. An den Herrn D*

Dein Epigramm, o D*, ist fein!

Es hat mich trefflich durchgezogen;

Und ist, vollkommen schön zu sein,

Erstunken und erlogen.

 

 

85. An einen geizigen Vater

Verlangt dein Kind ein Freier,

Der wenig nach der Mitgift fragt;

So denke, was das Sprichwort sagt:

Sehr wohlfeil ist sehr teuer.

 

 

86. Auf den Kauz

Wer sagt, daß Meister Kauz Satiren auf mich schreibt?

Wer nennt geschrieben das, was ungelesen bleibt?

 

 

87. Auf den Lupan

Des beißigen Lupans Befinden wollt ihr wissen?

Der beißige Lupan hat jüngst ins Gras gebissen.

 

 

88. An den Leser

Du dem kein Epigramm gefällt,

Es sei denn lang und reich und schwer:

Wo sahst du, daß man einen Speer,

Statt eines Pfeils, vom Bogen schnellt?

 

 

89. An den Herrn von Dampf

Dein Diener, Herr von Dampf, ruft: Platz da! vor dir her.

Wenn ich an deiner Stelle wär',

Den Diener wollt' ich besser brauchen:

Du kannst dir freien Weg ja durchs Gedränge – hauchen.

 

 

90. An ebendenselben

Dem hast du nur die Hand, und dem den Kuß beschieden.

Ich, gnädger Herr von Dampf! bin mit der Hand zufrieden.

 

 

91. Auf einen gewissen Dichter

Ihn singen so viel mäß'ge Dichter,

Ihn preisen so viel dunkle Richter,

Ihn ahmt so mancher Stümper nach,

Ihm nicht zum Ruhm, und sich zur Schmach.

Freund, dir die Wahrheit zu gestehen,

Ich bin zu dumm es einzusehen,

Wie sich für wahr Verdienst ein solcher Beifall schicket.

Doch so viel seh' ich ein,

Das Singen, das den Frosch im tiefen Schlamm entzücket,

Das Singen muß ein Quaken sein.

 

 

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