Auf die Genesung einer Buhlerin

Dem Tode wurde jüngst vom Pluto anbefohlen,

Die Lais unsrer Stadt nach jener Welt zu holen.

Sie war so alt doch nicht, und reizte manchen noch,

Durch Willigkeit und Scherz in ihr gemächlich Joch.

»Was?« sprach der schlaue Tod, der ökonomisch denket,

Und nicht, wie man wohl glaubt, den Wurfpfeil blindlings schwenket:

»Die Lais brächt' ich her? das wäre dumm genung!

Nein! Ärzt' und Huren – nein! die hol' ich nicht so jung!«

 

 

120. An zwei liebenswürdige Schwestern

Reiz, Jugend, Unschuld, Freud' und Scherz

Gewinnen euch ein jedes Herz;

Und kurz: Ihr brauchet eures gleichen,

Den Grazien, in nichts, als an der Zahl, zu weichen.

 

 

121. An den Silius

Mein Urteil, Silius, von deiner Überschrift,

Dies Urteil soll nichts gelten,

Weil es die Reime nur betrifft?

Was kann man sonst als Reim' an einem Reimer schelten?

 

 

122. Auf den D. Klystill

Klystill, der Arzt – (der Mörder sollt' ich sagen – )

Will niemands frühern Tod mehr auf der Seele tragen,

Und gibt, aus frommer Reu, sich zum Husaren an;

Um das nie mehr zu tun, was er so oft getan.

 

 

123. Auf Muffeln

Freund Muffel schwört bei Gott und Ehre,

Ich kost' ihn schon so manche Zähre. –

Nun? frommer Mann, wenn das auch wäre;

Was kostet dich denn deine Zähre?

 

 

124. An ein Paar arme verwaisete Mädchen

Ihr holden Kinder, daß ihr Waisen seid,

Das ist mir herzlich, herzlich leid.

Auch bin ich euch zu dienen gern erbötig

Mit Gut und Blut; euch, die ihr, ohne Streit,

Das beste Blut des besten Blutes seid.

Nur, Kinder, daß ihr arme Waisen seid,

Das sei euch selber ja nicht leid!

Nun habt ihr keines Vormunds nötig.

 

 

125. An den Vax

Du lobest Tote nur? Vax, deines Lobes wegen

Hab' ich blutwenig Lust, mich bald ins Grab zu legen.

 

 

126. Auf den Cytharist

Jahr aus, Jahr ein reimt Cytharist

Zweihundert Vers' in Einem Tage;

Doch drucken läßt er nichts. Entscheidet mir die Frage,

Ob er mehr klug, mehr unklug ist.

 

 

127. Der beste Wurf

An ein Paar Brettspieler

 

Zwei Vierer wünschest du, und du verlangst zwei Einer:

Der beste Wurf im Brett bleibt darum dennoch – keiner.

 

 

128. Auf den Maler Klecks

Mich malte Simon Klecks so treu, so meisterlich,

Daß aller Welt, so gut als mir, das Bildnis glich.

 

 

129. Auf einen Zweikampf

Warum zog das erzürnte Paar,

Sistan, und wer sein Gegner war,

Die Degen? Aller Welt zum Schrecken

Sie – friedlich wieder einzustecken.

 

 

130. Auf den Ursin

Ursin ist ärgerlich, und geht mir auf die Haut,

Daß ich ihm jüngst mein Buch, den Phädon, weggenommen;

Gelesen hab' er ihn, allein noch nicht verdaut.

Ja, ja! zu Stande wär' er bald damit gekommen:

Sein Windspiel, oder er, hat ihn schon brav gekaut.

 

 

131. Auf den Veit

Veit ist ein witz'ger Kopf, und zählet sechzig? – Mein!

Er hat noch lange hin, ein kluger Kopf zu sein.

 

 

132. Die Vorspiele der Versöhnung

Korinne schwur, mich zu vergessen:

Und doch kann sie mich nicht vergessen.

Wo sie mich sieht, und wo sie kann,

Fängt sie auf mich zu lästern an.

Doch warum tut sie das? warum erhitzt sie sich?

Ich wette was, noch liebt sie mich.

 

Ich schwur, Korinnen zu vergessen:

Und doch kann ich sie nicht vergessen.

Wo ich sie seh, und wo ich kann,

Fang' ich mich zu entschuld'gen an.

Doch warum tu ich das? und warum schweig' ich nie?

Ich wette was, noch lieb' ich sie.

 

 

133. Auf den Pfriem

Pfriem ist nicht bloß mein Freund; er ist mein andres Ich.

Dies sagt er nicht allein, dies zeigt er meisterlich.

Er steckt in seinen Sack ein Geld, das mit gehöret,

Und tut mit Dingen groß, die ihn mein Brief gelehret.

 

 

134. Auf den Avar

Avar stirbt, und vermacht dem Hospital das Seine,

Damit sein Erbe nicht verstellte Tränen weine.

 

 

135. Seufzer eines Kranken

Hier lieg' ich schwach und siech;

Und ach! die liebe Sophilette

Weicht keinen Schritt von meinem Bette.

O! daß der Himmel mich

Von beiden Übeln bald errette!

 

 

136. Auf den Laar

Daß Laar nur müßig geh, wie kann man dieses sagen?

Hat er nicht schwer genug an seinem Wanst zu tragen?

 

 

137. Ihr Wille und sein Wille

Er.

 

Nein, liebe Frau, das geht nicht an:

Ich muß hier meinen Willen haben.

 

Sie.

 

Und ich muß meinen haben, lieber Mann.

 

Er.

 

Unmöglich!

 

Sie.

 

Was? nicht meinen Willen haben?

Schon gut! so sollst du mich in Monatsfrist begraben.

 

Er.

 

Den Willen kannst du haben.

 

 

138. Grabschrift der Tochter eines Freundes, die vor der Taufe starb

Hier lieget, die Beate heißen sollte,

Und lieber sein, als heißen wollte.

 

 

139. Auf den Marius

Dem Marius ward prophezeiet,

Sein Ende sei ihm nah.

Nun lebet er drauf los; verschwelgt, verspielt, verstreuet:

Sein End' ist wirklich da!

 

 

140. Auf den einäugigen Spieler Pfiff

Indem der Spieler Pfiff – erzürnte Götter! –

Durch einen schlimmen Wurf ein Auge jüngst verlor:

»Brav, Kamerade!« rief ein Spötter;

»Du gibst uns jedem nun Ein Auge vor.«

 

 

141. An einen Autor

Mit so bescheiden stolzem Wesen

Trägst du dein neustes Buch – welch ein Geschenk! – mir an.

Doch, wenn ichs nehme, grundgelehrter Mann,

Mit Gunst: muß ich es dann auch lesen?

 

 

142. Auf den Ley

Der gute Mann, den Ley bei Seite dort gezogen!

Was Ley ihm sagt, das ist erlogen.

Wie weiß ich das? – Ich hör' ihn freilich nicht:

Allein ich seh doch, daß er spricht.

 

 

143. Die Sinngedichte über sich selbst

Weiß uns der Leser auch für unsre Kürze Dank?

Wohl kaum. Denn Kürze ward durch Vielheit leider! lang.

 

 

144. Abschied an den Leser

Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,

Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:

So sei mir wenigstens für das verbunden,

Was ich zurück behielt.

 

 

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