Earnshaw, der alte Herr, zu einer Reise gerü-

stet, die Treppe herunter. Nachdem er Joseph gesagt hatte, was im Laufe des Tages getan werden sollte, wandte er sich an Hindley, Cathy und mich – denn ich aß meinen Haferbrei mit ihnen – und sagte, zu seinem Sohn gewendet: »Nun, kleiner Mann, ich gehe heute nach Liverpool, was soll ich dir mitbrin-gen? Du darfst dir wünschen, was du möchtest, nur leicht muß es sein; denn ich gehe zu Fuß hin und zurück und jedesmal sechzig Meilen; das ist ein langer Marsch!« Hindley wollte eine Geige. Dann fragte er Miß Cathy; sie war kaum sechs Jahre alt, aber sie konnte jedes Pferd im Stall reiten, und sie wählte eine Peitsche. Er vergaß auch mich nicht, denn er hatte ein gütiges Herz, obwohl er manchmal recht streng war. Er versprach mir, eine Tasche voll Äpfel und Birnen mitzubrin-gen. Dann küßte er seine Kinder, sagte Lebewohl und machte sich auf den Weg.

Sehr lange erschienen uns allen die drei Tage ohne ihn, und o

fragte die kleine Cathy, wann er nach Hause käme. Mrs.

Earnshaw erwartete ihn am dritten Abend zum Nachtessen; sie schob die Mahlzeit von Stunde zu Stunde hinaus, aber nichts deutete auf sein Kommen hin, und schließlich wurden es die Kinder leid, zum Tor zu laufen, um Ausschau zu halten.

Es wurde dunkel; sie hätte sie gern zu Bett geschickt, aber sie baten so kläglich, auleiben zu dürfen, und endlich, gegen elf Uhr, wurde die Türklinke leise heruntergedrückt, und herein trat der Herr. Er warf sich, halb lachend, halb stöhnend, in einen Stuhl und bat sie, ihn erst einmal in Ruhe zu lassen, er sei

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halbtot; nicht um die drei Königreiche wolle er wieder so einen Marsch machen.

»Und zum Schluß noch halb zu Tode gehetzt werden!« sagte er und öffnete seinen Mantel, den er wie ein Bündel in den Armen hielt. »Sieh her, Frau! In meinem Leben ist mir nichts so schwer gemacht worden. Aber du mußt es als Gabe Gottes hinnehmen, wenn es auch so dunkel ist, als käme es aus der Hölle.«

Wir drängten uns um ihn, und über Miß Cathys Kopf hinweg warf ich einen Blick auf ein schmutziges, zerlumptes, schwarzhaariges Kind. Es war groß genug, gehen und sprechen zu können, und sein Gesicht sah älter aus als Catherines.

Als es jedoch auf die Füße gestellt wurde, starrte es nur in die Runde und brachte ein Kauderwelsch hervor, das keiner von uns verstehen konnte. Ich war erschrocken, und Mrs. Earnshaw war drauf und dran, es wieder hinauszuwerfen. Sie fuhr auf und fragte, wie er sich unterstehen könne, diesen Zigeu-nerjungen ins Haus zu bringen, da sie doch ihre eigenen Kinder zu ernähren und zu versorgen hätten; was er mit ihm zu tun gedächte und ob er wahnsinnig sei. Der Herr versuchte die Sache zu erklären, aber er war halbtot vor Müdigkeit. Das einzige, was ich zwischen ihren Scheltworten heraushören konnte, war, daß er das Kind hungernd, obdachlos und fast stumm vor Erschöpfung in den Straßen Liverpools gesehen und es aufgelesen hatte, um sich nach seinen Angehörigen zu erkun-digen. Keine Seele wußte, wohin es gehörte, sagte er, und da er wenig Geld und Zeit hatte, hielt er es für besser, es nach Hause mitzunehmen, als sich dort in unnütze Unkosten zu stürzen. Denn er wollte es nicht so zurücklassen, wie er es gefunden hatte. Nun, am Ende fügte sich meine Herrin zögernd, und Mr. Earnshaw beauragte mich, das fremde Kind zu waschen, ihm saubere Sachen zu geben und es bei den Kindern schlafen zu lassen.

Hindley und Catherine beschränkten sich darauf stumme Zuschauer zu sein, bis der Friede wiederhergestellt war; dann fingen beide an, ihres Vaters Taschen nach den Geschenken zu durchsuchen, die er ihnen versprochen hatte. Hindley war ein Junge von vierzehn Jahren; als er jedoch zutage förderte, was einmal eine Geige gewesen und im Mantel in Stücke zer-

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quetscht worden war, heulte er laut. Und als Cathy hörte, daß der Herr die Peitsche verloren hatte, während er auf den Fremdling aufpaßte, ließ sie ihre schlechte Laune dadurch aus, daß sie dem dummen kleinen Wesen Fratzen schnitt und es anspuckte, bis ihr Vater ihr eine tüchtige Ohrfeige gab, um ihr bessere Manieren beizubringen. Beide Kinder weigerten sich heig, den Findling bei sich im Bett und überhaupt in ihrem Zimmer zu haben, und ich war auch nicht vernüniger und bettete ihn auf den Treppenabsatz, in der Hoffnung, er werde am Morgen verschwunden sein. Vielleicht vom Klang seiner Stimme angelockt, kroch er zu Mr.