Heathcliff knurrte. »Sie sollten den Hund lieber in Ruhe lassen!« Er unterdrückte gröbere Gefühlsäußerungen durch ein Aufstampfen mit dem Fuß. »Sie ist nicht gewöhnt, ge-streichelt zu werden; sie ist kein Spielhund.« Dann, zu einer Seitentür tretend, rief er wieder: »Joseph!«
Joseph brummelte undeutlich in der Tiefe des Kellers, gab aber nicht zu verstehen, daß er herauommen wolle; darum stieg sein Herr zu ihm hinab und ließ mich allein mit der wilden Hündin und einem Paar grimmig zottiger Schäferhunde, die sich mit ihr in die argwöhnische Bewachung jeder meiner Bewegungen teilten. Da ich nicht darauf brannte, mit ihren Fängen in Berührung zu kommen, saß ich still; aber weil ich mir einbildete, sie verstünden stumme Beleidigungen kaum, erlaubte ich mir unglücklicherweise, mit den Augen zu zwin-kern und dem Trio Gesichter zu schneiden, und eine Grimasse brachte die Hundedame so auf, daß sie plötzlich in Wut geriet und auf meine Knie sprang. Ich schleuderte sie zurück und beeilte mich, den Tisch zwischen uns zu bringen. Dieser Vorgang brachte die ganze Meute auf die Beine. Ein halbes Dutzend vierfüßiger Furien, verschieden in Alter und Größe, kam aus verborgenen Winkeln hervor bis in die Mitte des Raumes. Auf meine Stiefelabsätze und Rockschöße hatten sie es besonders abgesehen, und während ich die größeren Angreifer, so gut es ging, mit dem Schüreisen abwehrte, sah ich mich gezwungen, laut nach jemand im Hause um Hilfe zu rufen, um den Frieden wiederherzustellen.
Mr. Heathcliff und sein Knecht stiegen die Kellertreppe mit aufreizender Ruhe herauf; ich glaube nicht, daß sie sich um eine Sekunde schneller bewegten als sonst, obwohl am Herdplatz ein wahres Unwetter von Toben und Kläffen war. Zum
Glück bewies eine Bewohnerin der Küche mehr Eile: eine lebhae Frauensperson mit aufgeschürztem Kleid, nackten Armen und feuererhitzten Wangen stürzte, eine Bratpfanne schwingend, mitten unter uns und gebrauchte diese Waffe und ihre Zunge so erfolgreich, daß der Sturm sich wie durch Zauber legte und sie allein bewegt blieb wie die See nach einem Unwetter, als ihr Herr den Schauplatz betrat.
»Was zum Teufel ist hier los?« fragte er und blickte mich in einer Weise an, die ich nach dieser ungastlichen Behandlung schlecht ertragen konnte.
»Was zum Teufel? Allerdings!« brummte ich. »Die Schwei-neherde in der Bibel war sicherlich von keinem schlimmeren Geist besessen als Ihre Tiere hier. Geradesogut könnten Sie einen Fremden mit einer Tigerbrut allein lassen.«
»Sie tun keinem etwas zuleide, der nichts anfaßt«, bemerkte er, während er die Flasche vor mich hinstellte und den ver-schobenen Tisch zurechtrückte. »Die Hunde sind in ihrem Recht, wenn sie wachsam sind. – Nehmen Sie ein Glas Wein?«
»Nein, danke!«
»Sie sind doch nicht gebissen worden?«
»Wenn ich es wäre, hätte ich dem Beißer einen Denkzettel gegeben.«
Heathcliffs Gesicht entspannte sich in einem Grinsen.
»Na, na«, sagte er, »Sie sind aufgeregt, Mr. Lockwood. Hier, trinken Sie ein Glas Wein. Gäste sind in diesem Hause so selten, daß ich und meine Hunde – das gebe ich zu – kaum wissen, wie man sie empfängt. Zum Wohl, Mr. Lockwood!«
Ich verbeugte mich und trank ihm zu, denn ich sah ein, daß es töricht gewesen wäre, wegen des schlechten Betragens dieses Hundevolks zu schmollen. Überdies hatte ich keine Lust, dem Manne Gelegenheit zu geben, sich weiter über mich lustig zu machen, zumal er in der Stimmung dazu war.
Er, wohl von der Erwägung ausgehend, daß es unklug sei, einen guten Pächter zu beleidigen, mäßigte ein wenig seine Art, die Wörter einzeln abgehackt hervorzustoßen, und leitete zu einem Gegenstand über, von dem er annahm, daß er mich in-teressierte, einem Gespräch über die Vorteile und Nachteile meines neuen Wohnortes. Ich fand ihn sehr bewandert in den Dingen, die wir berührten, und bevor ich nach Hause ging,
war ich so weit ermutigt, daß ich mich aus freien Stücken für morgen wieder ansagte. Er wünschte augenscheinlich keine Wiederholung des Besuchs, doch werde ich trotzdem hingehen. Es ist erstaunlich, wie gesellig ich mir, mit ihm verglichen, vorkomme.
Zweites Kapitel
Gestern nachmittag setzten Nebel und Kälte ein. Ich hatte halb und halb Lust, in meinem Studierzimmer am Kamin zu bleiben, anstatt durch Heide und Lehmboden nach Wuthering Heights zu waten.
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