Nur um die Füße ein Gewand blaugrau aus Sonnenrauch. Durch die Wiese langsam ein glattes Wasser, entlang Weidengefaser, Röhricht, so um den Weiher und den Hügel hinauf.

Eine bleiche Reifstarre, ein Frösteln im Grün und über den rotvioletten Buschweiden. Aber im zarten Wasser ein milchsüßes Blau und ein Rosa wie Mandelblüten, das Spiegelecho singender Wolken.

Primelstille, Veilchenwärme und erregter Erdduft ringsum.

In allem geht das halbreife Kind mit den schmächtigen keimenden Brüsten. Ein schmales Lächeln, das Lächeln des Kindes geht im Goldschein über die Wiese, durch stille Bäume und klingt im rosigen blauen Wasser.

Sie greift nach den dünnen leeren Zweigen, das Reis saugt ihre Wärme.

Um sie im Blaßblau und Rosa und Grün drängt ein weiches Erschließen, ein gelockertes Keimen.

Silberiger Duft ist fern über die Höhe geweht, Samtstaub von Blüten, tauender Reifhauch über allen Farben.

Das Goldgrün und das bereifte Blaugrün lispeln ein Sonnenscheinlied, das blaurote Gestrüpp wispert es und die grünweißen Schneeglöckchen neigen sich, schaukeln in daunenweichen Lüften.

Der Zug der Zwergweiden trottelt den Hügel hinauf. Nur die Nächsten warten, lauschen mit dünnem, sehnsüchtigem blauen Blut und zittern in der Wärme, die von dem Leibe des Kindes strömt.

Sein Fleisch ist blau und kühl, und nur vom roten Haar strahlt Wärme und aus den Augen.

Braune Knospenaugen, noch von keinem Geschehnis geritzt.

Die Lippen von den Zähnen gezogen, zwischen den Zähnen lispelt sie das Sonnenlied.

Die braunen Augen horchen den Lippen und flüstern und lächeln mit den Lippen.

Sie geht mit weichem kosenden Schritt. Sie vergißt keinen und grüßt alle.

Sie ist eben erst erwacht aus dem reifdünnen Grase ohne Staunen, ohne Wundern – es ist Frühling und sie streichelt ihn und lächelt mit seinem Rosa, seinem Blau, seinem Grün und seinem Silber.

 

Johanni

 

Himmel, Erde schaffenstrunken.

Noch die Nächte schlürfen lechzend

Des erschöpften Tages Helle,

Bleiches Dunkel atmet Funken,

Und das Spätlicht schleppt sich ächzend

Durch die Mittnacht,

Zu des jungen Tages Schwelle.

Sonnenfeuer kochen Säfte.

Blütenzarte dort versengt.

Aus dem weichen Maienkosen

Drängen willenstarke Kräfte,

Und die Sommerreife senkt

Sinnend ihre ernsten Rosen.

Satt zerrann das Frühlingsgirren,

Grimme Sensenhiebe klirren,

Halme seufzen, in der Luft,

Von Vergänglichkeit umwittert,

Wanket schwermutweher Duft,

– und das stolze Leben zittert.

 

 

Herbstbacchanal

 

Die stolze Fülle verstümmelt, gebrochen.

Die reiche Erde verknöchert, bestaubt.

Fäule kommt auf trägem Leib gekrochen

Und reckt voll Gier das graue Moderhaupt.

Doch trotzig sträuben sich die zähen Pulse,

Die Todesangst fliegt auf, taumelt, rafft

Aus dem zermorschten Siechen

Die letzte, ringende Kraft.

 

Zitternde Bläße schminkt sich

Mit stierem grinsenden Blut,

Mühsames Leben lodert

Leere, erheuchelte Glut.

Flammenjauchzen durchgellt

In grassem Echo die Welt,

Betäubende Feuer schäumen,

Farben tollen, bäumen

Schrille, kreischende Funken,

Lachen rast, wahnsinntrunken.

 

Doch unter all dem blinden Tosen,

Durch den verzweifelten Sturm,

Pocht an die flackernden Rosen –

Der Totenwurm.

 

Wintersonne

 

Es geht ein Licht vom Himmel wie Rosenmilch. Geht durch die leeren Bäume über den Schnee, über das Schilfdach einer Hütte, über einen kauernden blauen Mann und eine gelbe ziehende Herde.

Der Schnee in blauen Scherben auf dem Hüttendach, um die Hütte in gelben Meerschaumwellen. Vergißmeinnichtblüten und Rosa in den Schneegruben. Der Schnee knistert fiebernd wie Seide. Seiden die Luft, goldweiß und goldrosig gestrählt.

Opalfarben schweben über den Schnee, kaum hörbar, zart wie der Atem der Perlen.

Aber über allem bricht rauschend das Licht im Duftguß aus weißem Kern. Steht in weißem Rosa und höher Gold, blasses Silbergold, und blüht entfaltet wie eine Blume.

Es wird lebendig der Schnee. In blauglimmenden Schatten steigen Flammen und aus Kristallbrüchen Gase, blaue und rosige weiten die Luft. Mit ihnen summende violette Dämpfe, rauschen unter der Hütte, saugen sich im Baumgeäst hoch. Die kahlen Bäume stehen in der Luft, wie die rosigen Adern auf durchsichtigen Blütenblättern.

Es geht aus allem eine nadeldünne Kühle, eine streichelnde Weichheit, wie die Schiller auf kühlen Muschelschalen und Perlmutter.

Der blaue Mann steht gebeugt im Licht. An ihm vorbei zieht die Schafherde aus der Hütte und breitet sich über den Schnee.

Es geht warmer Lichtfriede über den kalten Schnee. Auf Engelfittichen eine kinderlallende Andacht. Im schmeichelnden Gießen von Düften das Entfalten einer Taube auf rosigem Silbergrund. Das wispernde Beten ganz kleiner runder Engel mit Veilchenaugen und Blütenstaub im Haar und Daunenflügel am Nacken. Und Musik von elfenbeinernen Harfen.

 

Chorgesang

 

Stimmblumen eine tauhelle Wiese voll. Und der Frühhauch treibt sie in gelben Scharen zusammen. Ein See, grün und violett, und das silberne Herzpochen der Wellen.

Auf einer Klippe ein Weib. Steil, mager aller Wollust entkleidet. Bleiche Verhärmtheit liegt wie ein strenges Gewand an diesen dünnen, blauen Gliedern.

Eine Lustsäule saugt sich zum Himmel. Ein gerades hochgerecktes Greifen. Die Augen zurückgebeugt, weit, daß die Iris fast hinter die Lider taucht, und das Weiße in verzehrendem Weiß.

Ein schwächlich rankendes Wimmern. Aber doch Rubinmark in weißen durchsichtig zitternden Dämpfen.

Dann schließt sich das alles. – Weich, lau wie graue samtne Blütenblätter zum Sonnenschlummer gefaltet.

Ein Schluchzen quillt aus der Erde. Warme Tränen quellen. Die Starre und die Steile zerfließen.

 

Die Flucht nach Ägypten

 

Sie ziehen über eine graue Wiese durch matte Frühnebel an blassen Blütenbüschen vorbei. Eine Frau mit goldnem Schein überm Haupt auf einem Esel.