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Oben nach Sankt Anton führt ein Weg an heiligen Stationen hinauf. Grünschattig unter Buchen der. Weg und zur Seite die kleinen kalkweißen Tempelchen, an den Nischen vorbei mit den Kreuzigungsbildern.
Vom Dorf herauf Heuduft und Kuhmilchdunst, Duft von jungen Haselnüssen, und kühler Resedaduft aus den kleinen Gartenwinkeln.
Touristen ein Trupp, Damen und Herren unter einem Baum gesammelt, deuten hinunter über die Schultern und mit Operngläsern. Weiter hinauf hinter weißem Klematisgebüsch zwei auf einer Bank, richten ein Fernrohr, suchen und kneifen die Augen angestrengt.
Immer noch weiten und dehnen sich von allen Glocken die schwarzen Kreise mit den weißen Augen, weiten und dehnen sich, die Luft über der Talebene krampft sich und die flache Stille schwankt.
Von den Bergen rings leuchtet ein stockendes Blau, Sonnennebel gestaut auf den Wiesen und lastet auf dem freien Grün.
Bei den letzten Häusern an der Friedhofmauer vorbei windet sich der Weg flach weiß in jähem Biegen und später wieder eine Handvoll Häuser und der Bahnhof weit draußen.
Grau kriecht wie eine graue Raupe auf dem weißen Weglauf.
Im Fernrohr ganz klein, erst die Fahne über der Kirchhofmauer und eine trippelnde Kinderkette, mit dem braunen Pferd der schwarze Wagen und die schwarzen Herren dann, und dann in nachdrängendem Grau ein ungeduldiger kurzer Haufen. Ganz zuletzt mit hellen Sonnenschirmen, an der Wegseite, zwei Damen mit rosa Blusen.
Und immer als ganzer Körper in allen Gliedern und Abständen, immer gleichbleibend der Zug vorwärts, auf der flachen weißen Straße. Im Schatten unter Wegbäumen, in Lichtlücken, aber immer grau, im selben Grau, kaum gestört vom Licht und nicht vom Schatten. All das Schwarz ist geronnen. Seine Strenge zerfasert. Das Grau wird immer regloser und blasser in der Weite.
Draußen am letzten Hause verlöschen die Stadtglocken, nur die Friedhofglocke noch.
Der graue Zug zerrinnt fern im Licht, hinter Bäumen und dann zwischen den Häusern am Bahnhof.
Der letzte Glockenkreis zerteilt sich.
Das gelbe Licht steht über dem Tal. Es horcht dem letzten grauen Hauch nach und atmet auf. Es springt von den kleinen Häusern zu den roten und blauen und grünen Farben. Sie wärmen sich aneinander und tönen wieder zusammen.
Das steife verblüffende Schwarz ist vergessen.
Stimmen des Schweigens
Gesänge der Düfte, Töne und Farben
Herbst des Blinden
Grau das Weinlaub.
Bleich, goldbleich Platanen.
Sagt ihr nicht, so matt duftet der Herbst?
Grau das Blatt, das meine Wange streifte,
Grau?
Es brennt in Kälte.
Schwarz gellen ferne Stürme.
Dumpf kochend rollen Wellen
In schwarzen Schlangen über meinen Leib.
Und bleich, goldbleich?
Geschmeidig wiegen auf kühlen Zweigen Orangenkelche,
Umneigen meinen Scheitel,
Befühlen Wangen, Nacken,
Umschmiegen glatt wie Luft in hellen Nächten
Mein Haar.
Und halten meinen Schritt
Schneelind umfangen.
Düfte tief von Moosen, Erdgewürzen,
Schießen in Ruten hell und in Kaskaden,
Stürzen von wehen Rosen
Lavawilde Bronnen,
Zerschellen Schaum von wunden Malven, Caprifolien, Nelken,
Von welken Heliotropen und Levkoien
Schnellen die letzten Schreie
Heiß wie schwarzer Wein.
Im Buchenwald
Du gehst tief auf dem goldenen Grunde der Seen.
Lautlos steigen in Strahlen graue Korallen,
Fließen Phosphorfeuer von grünen Kristallen,
Sinken Perlen auf den braunwelken Grund.
Draußen von silbernen Sonnenufern
Neigen sich Glocken
Und locken mit blauen Kelchen
Die smaragdene Tiefe.
Abend
Schwarze Moose.
Erdgeruch in lauen Flocken.
Schmale dünne Silberblüten
Und Gesang von bleichen Glocken.
Welke Feuer löschen leise.
Nur ein Atmen warmer Flut.
Blühend schmelzen rote Meere,
Dunkle Sonnen saugen Blut.
Faulbaumduft
Weiß der Park, ein Korallenhain.
Eisfäden schneiden den See.
Grün gleißen Pfauen im Sternenschein
Auf ätherblauem Schnee.
Scharfblanke Höhlen,
Goldätzend in Helle.
Auf hyazinthener Schwelle
Brütet scharlachen ein Mond.
Kuckuckruf
Braune Blätter spülen auf dem Schlamme.
Aus den Schattenschluchten
Mondnachtaugen einer Hindin.
Scharlach, schwül, von kalten Schwämmen.
Zwischen schwarzen Wurzeldämmen
Eine blaue Erdgasflamme
Wankt
Und
Löscht.
Amselsang
Fliehende Kühle von jungen Syringen,
Dämmernde Grotten cyanenblau,
Wasser in klingenden Bogen,
Wogen,
Auf phosphornen Schwingen,
Sehnende Wogen.
Purpurne Inseln in schlummernden Fernen.
Silberne Zweige auf mondgrüner Au.
Goldene Lianen auf zu den Sternen,
Von zitternden Welten
Sinkt Feuertau.
Morgenduft
Schwergebogen nasse Äste,
Trübe Aprikosenblüten.
Unter tiefen Wolken schleichen
Feuchte Wege.
Aschenweiche tiefe Wälder,
Kahle perlenmatte Fjorde,
Kaltes Schilf. Auf glasigem Grunde
Spielen scheue Rosenmuscheln.
Vollmond
Gelbes Eis
Und grüne Nebel.
Kranke Kallablüten leuchten.
Von den bleichen Bechern rinnet
Goldnes Öl in sanften Strömen.
Warmer Moder,
Nackte Schädel.
Über weiße Marmorwüsten
Fliehen lautlos
Schwarze Schwäne.
Rosenduft
Weinrot brennen Gewitterwinde.
Purpurblau der Seerand.
Hyazinthentief die ferne Küste.
Ein Regenbogen veilchenschwül
Schmilzt durch weihrauchblaue Abendwolken.
Im Taudunkel lacht
Eine heiße Nachtigall.
Wolkenschatten
Schwarz schleichen Efeuwellen
Über Goldlackranken.
Im Glimmersande rauchen
Violenschwüle Quellen.
Aschenfalter wehen und tauchen
Durch den klingenden Äther.
Die Gesänge der Lilien
Wanken und flehen.
Resedaduft
Lilakühl das Schweigen nach dem Regen.
Blaue Winde fließen über dunkle Ackerfurchen.
Im lichtgrünen Himmelskelch
Öffnet sich der erste Stern.
Jasmin
Wachsbleich fließt die Sommernacht.
Auf erddunkeln faulen Lachen
Bleisüß rosigblaue Irishäute.
Wetterleuchten, schwefelgrün, in Splittern.
Eine weiße dünne Schlange sticht
Züngelnd nach dem blauen Mond.
Totes Feuer
Blaß schweigt der Mohn.
Noch ein fernes Schwingenrauschen,
Hohle Stille dann ...
Und die leeren Kelche lauschen.
Klaffend geöffnet
Hungernde Grüfte.
Steine klagen.
Schneidend im Dunkel
Weiße Sensen.
Darbend pfeifen die Lüfte.
Regenduft
Schreie. Ein Pfau.
Gelb schwankt das Rohr.
Glimmendes Schweigen von faulem Holz.
Flüstergrün der Mimosen.
Schlummerndes Gold nackter Rosen
Auf braunem Moor.
Weiße Dämmerung rauscht in den Muscheln.
Granit blank, eisengrau.
Matt im Silberflug Kranichheere
Über die Schaumsaat stahlkühler Meere.
Meerwassergeruch
Ein Blau aus fliehenden Wäldern
Sengend, nachtheiß.
In hohler Weite schneidend weiß.
Sand bis zum Erdrand.
Wolkenschatten in schwarzbleichem Zug,
Stumme Geier in lohendem Flug,
Röchelnde Stille.
Gelb zücken die Lüfte.
Fern Donner
Blutet schwarzrot
Durch eisige Klüfte.
Reif
Auf schwarzen Auen
Kalte grünblanke Mondrosen.
Scharf kristallene Sternblüten,
Und senken weißen klingenden Samen
In die weißen singenden Winde.
Streng keimen marmorkühle Myrthen,
Edelweiß aus wehem klagenden Alabaster,
Singen mit den weißen Winden:
: Eine eisblasse Mondwelle schläft
Bei den mattgrauen Wellen der Sonne ...
Herbstflammen
Hell brennen die Wälder.
Braun versengt sprühen die Eichen.
Weiche Buchenkronen glühen,
Jagen auf in sonnengelbem Schaum.
Rot Pilze,
Gifttrunken.
Grün zucken Moose.
Weisfeuchte Funken sprengen Granit.
In grelle Breschen gespalten die Tannennacht
Rotglut verschüttet um Ulme und Eschen.
Gelbschrill in Feuerfahnen lohen Platanen.
Schwefelscharf Augen,
Glimmen, sengen,
Schneidendweiß klafft Gebiß.
Goldbraune Panther schleichen stier,
Dunkelheiß mit singendem Atem,
Die weißen Kehlen pochen in Gier.
Rollend gewölbt,
Flammen wildgelb,
Stürzen vom Laub,
Schlagen in Purpurgruben zusammen.
Schwarz aus roter Brunst
Schreie ...
Ein Weib ...
Brüllender Dunst von brechendem Blut,
Scharlachen in goldbrandigem Laub
Wälzt sich ein rauchender Leib.
Dunkelgeduckt,
Gelbe Augen,
Blankes Gebiß.
Panther umgleißen den flammenden Strauch.
Rot kocht der Rauch,
Die weißen Kehlen pochen in Gier ...
Gelber Regen vom Birkenreise.
Gelbe Blätter zitternd geflogen
Von den silbernen Birkenbogen.
Leise Fäden in wallenden Zweigen,
Frauenhaar.
Und die Sonnenstrahlen spreiten
Singendes Licht in die lallenden Saiten.
Mondklar ein Jüngling,
In sehnenden Linien
Einer schlanken Kallaraute.
Weiß des Knaben Finger,
Und pflücken
Von der blanken Birkenharfe
Blaue schwanke sehnende Laute.
Lautlos fällt der Wald in Asche.
November
Grau verwirrt der leere Wald.
Mit tausend blauglühenden Ätheraugen,
Hoch durch schwarzen Fichtenbehang,
Irren Heere blauer gigantischer Blüten.
Von fremden Dolden,
Niemand hat je sie belauscht,
Blüht jeder Morgen im Grase
Eisigen Samen.
Graue Frauen,
Die lautlos im Reigen kamen,
Sind lautlos gegangen.
Der Bleichen Juwelen
Strahlende Fäden
Irisgrün, irisgolden,
Hangen an allen Zweigen.
In nackten Kronen singen
Wachszarte Ströme der Sonne.
Um bloße Säulen,
Auf weißen Schwingen kreist
Einäugig ein Aar,
Das Schweigen.
Erster Schnee
Fern, irgendwo im Himmelblau,
Ein sonderzartes Land.
Die Heiden weiß,
Besprossen lilaklare Primelblüten.
Blüten groß, offen erschlossen,
Augen, weite Augen, die an Tränen saugen,
Sanfte Augen, die ein Paradies behüten.
Mit weißen Fingern
Ein stilles Kind
Spielt mit den Primeln,
Lacht mit dem Wind.
Zaudernd auf schleichenden Zehen,
Über die Blüten,
Weiße Rudel
Von weißen Rehen.
Alles so licht und so eigen.
Einsam entblättert das Schweigen.
Blanke Nächte
Melodien eines Mondsüchtigen
Werdender Mond
1
Die hohen Pappeln starren eisendunkel.
Schwarzblaue Steine glimmen im grauen Wiesentau.
Bleich fließt die Nacht.
Eisgrüne Meere ziehen durch den tiefen Äther,
Und ihre lichten Wellen rühren an mein Blut.
Blau, in aschenweißen Fluten,
Schwingt ein dunkel Echo meines Körpers.
Bleich, von meinem Fleisch,
Reg entzündet Augen, meine Augen,
Und mit der blassen Strömung fließt mein blaues Bild.
2
Der Jasmin schwimmt heller aus den tiefen Büschen.
Seidenglanz gleißt durch das blaue Gras.
Ich weiß es nicht ... es ist ...
Ich sah dich schon vor Zeiten.
Doch damals, mein bleiches Bild,
Du blühtest tiefer, unergründlich silbern.
So tönen Schatten hohl aus einer Gruft.
3
Steil in schwarzen Zacken loht der Tann.
Milchhell Lachen schweben durch die Waldnacht.
An den Stämmen rinnen weiße Säfte.
Hoch aus graugespaltnen Wolken
Glimmt der grüne Ätherschnee.
Blauer schwellen deine Glieder,
Und der Eisduft deines Fleisches
Singt von fernen bleichen Ländern.
In den letzten violetten Wäldern
Blühen silberblasse Schluchten,
Wiegen marmorlichte Dolden blanke Düfte. –
Weiße Sehnsucht blendet scharf mein Blut.
4
Stahlweiß brennt in Nacktheit eine Insel
Aus dem schwarzgeschlossenen Nachtmeer.
Und mein blauer Schatten
Öffnet goldne Augen
Nach den silbernen Gestaden,
: Sieh der Weg liegt blank im Äther offen! –
Vollmond
5
Grellgestürzt schrille Schluchten.
Tief in phosphorgrünen Schachten
Glühen stumm metallne Spiegel,
Weiß und lautlos festerstarrt.
Du liegst eingegossen blau
Vor mir in dem klaren Erz.
Und ich knie nieder,
Meine Augen beten:
Strahle deinen blauen Atem in mein Blut.
6
Blaue Schatten knien an den Ufern.
Lächeln in die Silberspiegel,
Ihre gelben Augen singen hell und dunkel.
Alle, Kinder dieser bleichen Insel.
Blaue Wesen, die der Mond geboren.
Und die Feuer ihrer Augen
Glühen hell die Sprache ihres Schweigens.
Aus den weißen Spiegeln blühen
Blaue Echo ihrer Schatten.
Jeder betet zu dem eignen Bilde.
Ihre goldnen Phosphoraugen
Küssen heiß sich selber im Metall,
Und die blauen Wesen schmelzen bleichend,
In das eigne blaue Spiegelbild.
Durch die grünen Einsamkeiten
Wallt der Klagelaut der Blidatulpen,
Und die elfenbeinbleichen Kelche
Gießen Schnee.
7
Hoch am schneeigen Schachtrand
Rauschen weiß die Schwanenbäume,
Und aus grünem Eis die Blüten
Schwingen mit kristallenen Flügeln
Auf und nieder.
Silbermatt ihre Wellensänge
Gleiten durch die erznen Spiegel,
Das Metall schwingt mit den Düften,
Und sie wiegen dich im Lächeln
Ätherblau auf ihrem Silber.
O, ich liebe dich mein Knabe,
Und mein Blut will mit dir bleichen,
Und in einer blauen Welle mit dir schwingen.
8
Grüner glühn die Phosphorklippen,
Und die erznen Seen spannen
Heißer, blanker ihre Spiegel.
Tief bin ich in dich geschmolzen,
Weich in einer blauen Flamme
Tönen wir im bleichen Silber.
Ringsum zucken aus dem Spiegel
Kalt die weißen Seedakelche.
Blendend bleichen ihre Düfte
Unseres Atems tiefste letzte rote Welle.
Wir erstarren schweigend glühend,
Weiß im weißen erznen Spiegel.
Schwindender Mond
9
Bleich von Phosphor grünt die Stille.
Hochauf jagen starr eisfahl die Wände.
Schwarz am weißen Kluftrand brennt die Äthernacht.
Kupferfeurig einer roten Scheibe Bogen
Schwillt am weißen Schachtsaum,
Und die wilde Röte leckt
Murmelnd an dem blassen Eis.
Auf der höchsten blanken Klippenstufe
Zittert irisviolett eine dünne Tojablüte.
Weiße Fühler aus den rosigen Schuppen
Züngeln, tasten schlank gereckt
Nach der Glut der roten Scheibe.
10
Sieh, mein Liebling, unsere blaue Flamme
Blüht mattdünn, gespalten in zwei schwachen Blättern.
Feuerkeime sinken von der roten Scheibe.
Jener rote Bogen in dem schwarzen Äther
Ist die Erde.
11
Schon zur Hälfte überflutet
Schweres Rot den schwarzen Mund des Schachtes.
Schwarze Ströme rollen nieder.
Dunkel welkt die grüne Stille,
Und der weiße See erlischt aschendüster.
Stumpf wälzt der trübe Spiegel
Grau zerwühlt mein Silberbild.
12
Tief in grauerloschnen Gründen
Kochen wetterfahl die erznen Seen.
Eisenwellen sträuben schwarzen Schaum.
Mit den blauen Schatten wandeln wir,
Bleich in bleichem Kreise um die dunklen Ufer.
Alle, die einst lächelnd vor dem eignen Bilde knieten,
Seufzen einsam.
Rot in heiserm Scharlachschrei
Schwillt die Feuerscheibe lauter.
Rot in Tropfen zünden sich Pupillen.
Und die Schatten recken sich gerötet.
Hoch aus schwarzem Äther
Rollt die Feuerblüte näher.
13
Schwarze Kohlenäste sprießen,
Sprühen Asche auf das bleiche Eiland.
Ätherrauch erstickt das helle Eis.
Ferner rinnt das Singen welker Blüten.
Du mein dunkles Bild, grau versengt,
Müde löschen deine Augen,
Müde glimmst du in dem welken Licht.
Rot aus meinem Blute brechen
Feuerflügel, greifen nach den roten nahen Ufern.
14
Sacht ein letzter weißer Klang
Schwingt in schmalem, dünnem Bogen
Über lavadunklen Bergen
Und
Verklingt.
Schmal in grauem Schweigen
Zieht auf dünnen Nebeladern
Blaß ein Schatten in die Schatten.
Toter Mond
15
Schwer die eisendunkeln Pappeln rauschen.
Schwül, ein heißdunkler Violenkelch,
Flammt der schwarze Himmel.
Ohne Echo starrt die Nacht.
Ohne Echo pocht mein Herz.
Doppelleben
Schattenkühl ein Prunksaal in einem dänischen Herrenhof.
Das Goldbraun der Ledertapete. Stumpfes Gelb, Grün. Nordische Arabesken. In schleppenden Wellen Äste, Ringe, Eichenblätter, Schlangen. Rostrote Runen. Eingetrieben mit schweren Schlägen in silbergraues Gebälk.
Alles kalt.
Goldranken, Delphinleiber, rote Blätter steif in eisigen strengen Linien.
Ein totes Leben.
Goldklingend, Sonnenschein am Saalende.
Ein hohes gotisches Spitzbogenfenster. Die Scheiben weit geöffnet. Die Eichenladen hinaus aufgeschlagen in den bleichglühenden Mittag.
Draußen Sonnenleben.
Grüne Feuer unter Buchengewölben. Goldenes Waldinnere.
In bleichem Flug flache Kornfelder.
Opalmatt die Fjordfläche in blauem Sonnenatem.
Fern eine schwarze Mühle, mit reglos schwarzem Rad. Stumm schwarz gegen den schrillweißen Mittaghimmel.
Über den Erdrand quellen Wolkenberge dumpfblau zerklüftet.
In der siedenden Mittagstille das Leben der Waldlaute, des Sonnenlichtes, der Wiesendüfte geht in wechselnden wehen und lachenden Wellen über die Landschaft:
Ein Möwenschrei.
Hoch unter der Sonne.
Fällt bleich in das warme Schweigen.
Dieser klagende kalte Laut ... Licht, Sonne, Gold gerinnen grau in der harten trüben Frostfarbe dieses Schreies.
Während des Pochens einer Sekunde bleicht das Geld der Felder. Unter dem Klageschrei geht fahles Eis weit über das Land. Fahl in Winternebeln der Himmel. Aus brüchigem Schnee starren Scharen weißer Disteln, knistern im Frosthauch ...
Im Saal der Schrei schlägt über die Bogen und Gewölbe. Aber die Ranken, die heraldischen Lilien stehen kalt, reglos in blanken Lanzenklingen.
Der Schrei verklungen.
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