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Die Sonne blüht wieder golden. Gelb ziehen die Felder.
Am Horizont die weißumrissenen Wolkengletscher wachsen. Rollen Alabasterblöcke vor die Sonne:
Ein Wolkenschatten.
Sinkt grau in das Waldinnere.
Die grünen Sonnenfeuer löschen. Der laue stumpfe Schatten spült in grauer Flut durch die Blätter.
Das Waldinnere sinkt unter dem Wolkenschatten auf den dämmerigen Grund eines tiefen Sees.
Grau aus dem rotwelken Grund steigen in schlanken Stämmen graue Korallen.
Tief im trüben Geflecht grünen Lichter von Phosphor und Bernsteingeäder.
Durch die bleiche Wasserschicht leuchten hoch oben die Ufer einer silberweißen Welt ...
Der Wolkenschatten zieht weiter. Über das Herrenhaus grau. Der Schatten schwimmt dumpf in den Saal.
Die grünen gewundenen Drachen an den Säulenknäufen, die blauen gemalten Raben am Deckengewölbe, Äste, Blätter, Runen, stieren reglos, und schwingen nicht mit dem Aufblühen und Welken der Dämmerung, und bleiben steif. Die Schattenwelle gleitet an dem starren Leben ab.
Der Sonnenschein am Bogenfenster glüht wieder gelb auf. Die Wolke zieht weiter. –
Am weißen Himmelsrand langsam erst, steigen, fallen die schwarzen Kreuze der Mühle.
Über dem matten Fjordspiegel dunkelviolette Striche und streichen unheimlich geduckt nach den Ufern. Flache Wellen gelüftet in Silberblättern.
Tief im Walde ein Rauschen. Steigt in Brandung auf:
Sturmstimme.
Die Stimme schnaubt heran.
Durch die Blätter, zischt, durch die Eichen, prasselt, lodert in schwarzen Flammen.
Und die schwarze Stimme stürzt für einen Augenblick den goldenen Tag, löscht schwarze Felder, Himmel.
In der plötzlich klaffenden schwarzen Nacht sieden rasende Wasserfälle, blendet die Kälte von nacktem Granit ...
In dem Sturm, Duft von Meerwasser quillt auf, Duft von verwestem Tang, schwülem Salz, scharfen Tierleichen vom Meergrunde:
Der Meerduft glüht heißer und heißer in der schwarzen Sturmstimme.
Ein glühendroter Mond steigt in der brausenden schwarzen Nacht. Steigt purpurn über die Klippenränder. Gießt Blut in die Klüfte ...
Der Sturm fällt in das Herrenhaus. Der Meergeruch füllt schwer den Saal.
Die schwarzen Sturmflammen, die Eisglut des Meerduftes brennen gegen die Schlangensäulen, die Delphinsessel, gegen die geschnitzten Eichenblätter.
Nur etwas Gold und Staub blättert ab, und die Ledertapete bläht sich leise. Aber das gezwungene Leben an Gewölbe und Wänden bleibt stumm und kühl.
Die Sturmstimme bäumt sich steiler in wildem Leben.
... ein schwarzer Windschrei.
Ein Pfiff von rostigen Eisen.
In den Angeln die hohen Eichenladen am Fenster schwanken.
Schlagen krachend zu.
Dunkel tot der Saal.
Goldene Tränen
Aus der Asche gestürzter Jahre
Tränen, die einst unser Glück geweint.
Goldene Tränen ...
1
Weißt du noch damals?
Ein Wintertag.
Schnee gelb geborsten um Bautasteine.
Wir hoch auf Granit, wo die Winde horsten.
Uns huldigen Täler im Sonnenscheine.
Und draußen in Eis gespannt die See.
2
Nachtstille.
Sternenäste durchqueren
Weiß die blauenden Ätherauen.
Im West entfaltet grüngolden
Wie Duft von Lotosdolden,
Ein später Schein.
Schneereste in Schlacken
Begraut am Wege.
Nirgend ein Laut.
Sacht auf silbernen Spulen rinnen
Tausende Wasser von Felsenzinnen.
In schwarzen Zügen das Schattenland.
Aus grauen Hügeln lauschen die Trolle,
Tauschen Geflüster von Wand zu Wand.
3
Grünbebend ein Frühlingsmorgen.
Lichte wärmen den webenden Wald.
Weiß in Schwärmen die Anemone.
Und wir steigen Hand in Hand
Zu dem brüchigen Runenthrone
Unter jungen güldnen Eichen,
Wir, Könige in Veilchenreichen.
4
Mondrot der Maienabend.
Ließen das purpurne Licht uns kredenzen.
In scheuen Lauben buhlte das Dunkel.
Fern hat ein Waldhuhn lüstern gelacht.
Bleichsüße Essenzen von den Spiräen und Sorbustrauben.
Wir stürzten die schwere Schale der Nacht.
5
Lodernde Tage.
Heckenrosen und Apfelknospen
Flogen in rosigen Bogen
Über den Lagern von goldenen Moosen.
Weiße Convalien und Erdbeerblüten
Sprühten kühlende Düfte.
Tief aus heimlichen Schatten umschlang
Einer Amsel Silbergesang
Sonne bis spät zum Ermatten.
6
Mittagsstille.
Auf violetter Schwelle am Meeressaum
Gelbnackt die letzte einsame Schere.
Grell brennt der Schaum.
Blank klimmen Welle auf Welle.
In eiserner Öde zieht das Meer
Blaue glühende Kreise,
In eiserner Öde zischen die Wasser
Streng ihre endlose Weise.
Möwe und Eider in blassem Gestöber
Wehrufen, klagen,
Tragen die Angst bleich in den goldenen Raum.
7
Abenddämmerung.
Wühlend eine silberne Wüste die See.
Grünklaffend gewölbt Kluft an Kluft.
Gelbmatt im Duft ein fernes Riff.
Schwarze Seehundköpfe glotzen,
Schwinden mit blitzendem Pfiff.
Inselberge wie Höhlenschlunde
Gähnen dunkel zum Rosenhimmel.
Schweigend mit goldenen Abendwinden
Schneidet ein Segel die blanke Straße.
Nach ihm eine dunkle Wunde.
8
Heiß flossen von Klippen purpurträchtig
In roten Strömen die Heidesprossen.
Schmächtig in Trieben der Espenhain.
Grün die Mitternachtsonne. Die Sterne sprangen.
Grau kroch der Tau über Wiese und Rain,
Grau im Rauch die Heide gefangen.
Alles zergangen. –
Sternschnuppe
Golddurchbrannt, meergrün der Himmel. Tiefgestreckt über nächtig efeugrünen Wassern.
Dunkel auf rasender blanker Strömung treiben blattleer kristallgrüne Bäume.
Blasse bange Geschöpfe. Menschenwesen. Glasbläulich wie Manetengallerte. Grünstrahlige, violettstrahlige Fühler an Stirn und Hüften. Hangen im baren Geäst.
Schwarzgerissen die Astgerippe peitschen den grünknisternden Himmel. Fortgezerrt auf goldblanken Flutgeleisen. Grünfeurig die Wurzeln. Schlitzen mit blutpurpurnen Flossen die Wasser.
Die blaßscheuen Gestalten. Rotirr die Augen. Schlüpfen auf den langen lichten Fühlfäden wie große weiße Spinnen durch die Luft. Pfeifend die Strömung reist sie mit. Und die fortstürzende Luft.
Langgedehnt die dunklen Flügel einer ungeheuren Libelle.
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