»Dat's joa binoah, as
ob he een' abmurkst hett. Na, so dull wahrd et joa woll nich sinn...
Nei, nei, denn wihr dat Licht nich. Awers ick tru em nich. Un
ehr tru ick ook nich.«
Und damit ging sie wieder bis an ihr Bett und kletterte hinein.
Aber ein rechter Schlaf wollt ihr nicht mehr kommen, und in ihrem
halbwachen Zustande sah sie beständig das Flimmern im Kellerloch
und dann den Lichtschein, der in den Garten fiel, und dann wieder
Hradscheck, wie er unter dem Baume stand und grub.
Siebentes Kapitel
Um vier Uhr stieg der Knecht die Stiege hinauf, um Szulski zu
wecken. Er fand aber die Stube verschlossen, weshalb er sich begnügte,
zu klopfen und durch das Schlüsselloch hineinzurufen: »Is
vier, Herr Szulski; steihn S' upp.« Er horchte noch eine
Weile hinein, und als alles ruhig blieb, riß er an der klapprigen
Türklinke hin und her und wiederholte: »Steihn S' upp,
Herr Szulski, is Tied; ick spann nu an.« Und danach ging
er wieder treppab und durch den Laden in die Küche, wo die
Hradschecksche Magd, eine gutmütige Person mit krausem Haar
und vielen Sommersprossen, noch halb verschlafen am Herde stand
und Feuer machte.
»Na, Maleken, ook all rut? Wat seggst du dato? Klock
vieren. Is doch Menschenschinnerei. Worümm nich um söss?
Um söss wihr ook noch Tied. Na, nu koch uns man en beten
wat mit.«
Und damit wollt er von der Küche her in den Hof hinaus. Aber
der Wind riß ihm die Tür aus der Hand und schlug sie
mit Gekrach wieder zu.
»Jott, Jakob, ick hebb mi so verfiert. Dat künn joa
'nen Doden uppwecken.«
»Sall ook, Male. He hett joa 'nen Dodensloap. Nu wahrd he
woll uppstoahn.«
Eine halbe Stunde später hielt der Einspänner vor der
Haustür, und Jakob, dem die Hände vom Leinehalten schon
ganz klamm waren, sah ungeduldig in den Flur hinein, ob der Reisende
noch nicht komme.
Der aber war immer noch nicht zu sehen, und statt seiner erschien
nur Hradscheck und sagte: »Geh hinauf, Jakob, und sieh nach,
was es ist. Er ist am Ende wieder eingeschlafen. Und sag ihm auch,
sein Kaffee würde kalt... Aber nein, laß nur; bleib.
Er wird schon kommen.«
Und richtig, er kam auch und stieg, während Hradscheck so
sprach, gerade die nicht allzu hohe Treppe hinunter. Diese lag
noch in Dunkel, aber ein Lichtschimmer vom Laden her ließ
die Gestalt des Fremden doch einigermaßen deutlich erkennen.
Er hielt sich am Geländer fest und ging mit besonderer Langsamkeit
und Vorsicht, als ob ihm der große Pelz unbequem und beschwerlich
sei. Nun aber war er unten, und Jakob, der alles neugierig verfolgte,
was vorging, sah, wie Hradscheck auf ihn zuschritt und ihn mit
vieler Artigkeit vom Flur her in die Wohnstube hineinkomplimentierte,
wo der Kaffee schon seit einer Viertelstunde wartete.
»Na, nu wahrd et joa woll wihr'n«, tröstete sich
der draußen immer ungeduldiger Werdende. »Kümmt
Tied, kümmt Roat.« Und wirklich, ehe fünf Minuten
um waren, erschien das Paar wieder auf dem Flur und trat von diesem
her auf die Straße, wo der verbindliche Hradscheck nunmehr
rasch auf den Wagen zuschritt und den Tritt herunterließ,
während der Reisende, trotzdem ihm die Pelzmütze tief
genug im Gesicht saß, auch noch den Kragen seiner Wolfsschur
in die Höhe klappte.
»Das ist recht«, sagte Hradscheck. »Besser bewahrt
als beklagt. Und nun mach flink, Jakob, und hole den Koffer.«
Dieser tat auch, wie befohlen, und als er mit dem Mantelsack wieder
unten war, saß der Reisende schon im Wagen und hatte den
von ihm als Trinkgeld bestimmten Gulden vor sich auf das Spritzleder
gelegt. Ohne was zu sagen, wies er darauf hin und nickte nur,
als Jakob sich bedankte. Dann nahm er die Leine ziemlich ungeschickt
in die Hand, woran wohl die großen Pelzhandschuhe schuld
sein mochten, und fuhr auf das Orthsche Gehöft und die schattenhaft
am Dorfausgange stehende Mühle zu. Diese ging nicht; der
Wind wehte zu heftig.
Hradscheck sah dem auf dem schlechten Wege langsam sich fortbewegenden
Fuhrwerk eine Weile nach, sein Kopf war unbedeckt, und sein spärlich
blondes Haar flog ihm um die Stirn. Es war aber, als ob die Kühlung
ihn erquicke. Als er wieder in den Flur trat, fand er Jakob, der
sich das Guldenstück ansah.
»Gefällt dir wohl? Einen Gulden gibt nicht jeder. Ein
feiner Herr!«
»Dat sall woll sien. Awers worümm he man so still wihr?
He seggte joa keen Wuhrt nich.«
»Nein, er hatte wohl noch nicht ausgeschlafen«, lachte
Hradscheck. »Is ja erst fünf.«
»Versteiht sich. Klock feiv red ick ook nich veel.«
Achtes Kapitel
Der Wind hielt an, aber der Himmel klärte sich, und bei hellem
Sonnenschein fuhr um Mittag ein Jagdwagen vor dem Tschechiner
Gasthause vor. Es war der Friedrichsauer Amtsrat; Trakehner Rapphengste,
der Kutscher in Livree.
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