Hast
du Sorgen, so will ich sie mittragen, aber du darfst mich nicht
dafür verantwortlich machen, daß sie da sind. Was ich
dir hundertmal gesagt habe, das muß ich dir wieder sagen.
Du bist kein guter Kaufmann, denn du hast das Kaufmännische
nicht gelernt, und du bist kein guter Wirt, denn du spielst schlecht
oder doch nicht mit Glück und trinkst nebenher deinen eigenen
Wein aus. Und was da nach drüben geht, nach Neu-Lewin hin,
oder wenigstens gegangen ist« (und dabei wies sie mit der
Hand nach dem Nachbardorfe), davon will ich nicht reden, schon
gar nicht, schon lange nicht. Aber das darf ich dir sagen, Hradscheck,
so steht es mit dir. Und anstatt dich zu deinem Unrecht zu bekennen,
sprichst du von meinen Kindereien und von dem hochwürdigen
Bischof, dem du nicht wert bist die Schuhriemen zu lösen.
Und wirfst mir dabei meine Bildung vor.«
»Nein, Ursel.«
»Oder daß ich's ein bißchen hübsch oder,
wie du sagst, vornehm haben möchte.«
»Ja, das.«
»Also doch. Nun aber sage mir, was hab ich getan? Ich habe mich in den ersten Jahren
eingeschränkt und in der Küche gestanden und gebacken und gebraten und des Nachts an der
Wiege gesessen. Ich hin nicht aus dem Haus gekommen, so daß die Leute darüber geredet
haben, die dumme Gans draußen in der Ölmühle natürlich an der Spitze (du hast es
mir selbst erzählt), und habe jeden Abend vor einem leeren Kleiderschrank gestanden und die
hölzernen Riegel gezählt. Und so sieben Jahre, bis die Kinder starben, und erst als sie tot
waren und ich nichts hatte, daran ich mein Herz hängen konnte, da hab ich gedacht, nun gut, nun
will ich es wenigstens hübsch haben und eine Kaufmannsfrau sein, so wie man sich in meiner
Gegend eine Kaufmannsfrau vorstellt. Und als dann der Konkurs auf Schloß Hoppenrade kam, da hab
ich dich gebeten, dies bißchen hier anzuschaffen, und das hast du getan, und ich habe mich
dafür bedankt. Und war auch bloß in der Ordnung. Denn Dank muß sein, und ein
gebildeter Mensch weiß es, und wird ihm nicht schwer. Aber all das, worüber jetzt soviel
geredet wird, als ob es wunder was wäre, ja, was ist es denn groß? Eigentlich ist es doch
nur altmodisch, und die Seide reißt schon, trotzdem ich sie hüte wie meinen Augapfel. Und
wegen dieser paar Sachen stöhnst du und hörst nicht auf zu klagen und verspottest mich
wegen meiner Bildung und Feinheit, wie du zu sagen beliebst. Freilich bin ich feiner als die Leute
hier, in meiner Gegend ist man feiner. Willst du mir einen Vorwurf daraus machen, daß ich nicht
wie die Pute, die Quaas, bin, die >mirmichKätzchenJavornehmvornehm
»Du sagst Spottpreis, Ursel. Ja, was ist Spottpreis? Auch
Spottpreise können zu hoch sein. Ich hatte damals nichts
und hab es von geborgtem Gelde kaufen müssen.«
»Das hättest du nicht tun sollen, Abel, das hättest
du mir sagen müssen. Aber da genierte sich der werte Herr
Gemahl und mußte sich auch genieren. Denn warum war kein
Geld da? Wegen der Person drüben. Alte Liebe rostet nicht.
Versteht sich.«
»Ach Ursel, was soll das! Es nutzt uns nichts, uns unsere
Vergangenheit vorzuwerfen.«
»Was meinst du damit? Was heißt Vergangenheit?«
»Wie kannst du nur fragen? Aber ich weiß schon, das
ist das alte Lied, das ist Weiberart. Ihr streitet eurem eignen
Liebhaber die Liebschaft ab. Ursel, ich hätte dich für
klüger gehalten. So sei doch nicht so kurz von Gedächtnis.
Wie lag es denn? Wie fand ich dich damals, als du wieder nach
Hause kamst, krank und elend und mit dem Stecken in der Hand,
und als der Alte dich nicht aufnehmen wollte mit deinem Kind und
du dann zufrieden warst mit einer Schütte Stroh unterm Dach?
Ursel, da hab ich dich gesehn, und weil ich Mitleid mit dir hatte,
nein, nein, erzürne dich nicht wieder... weil ich dich liebte,
weil ich vernarrt in dich war, da hab ich dich bei der Hand genommen,
und wir sind hierher gegangen, und der Alte drüben, dem du
das Käppsel da nähst, hat uns zusammengetan. Es tut
mir nicht leid, Ursel, denn du weißt, daß ich in meiner
Neigung und Liebe zu dir der alte hin, aber du darfst dich auch
nicht aufs hohe Pferd setzen, wenn ich vor Sorgen nicht aus noch
ein weiß, und darfst mir nicht Vorwürfe machen wegen
der Rese drüben in Neu-Lewin. Was da hinging, glaube mir,
das war nicht viel und eigentlich nicht der Rede wert. Und nun
ist sie lange tot und unter der Erde. Nein, Ursel, daher stammt
es nicht, und ich schwöre dir's, das alles hätt ich
gekonnt, aber der verdammte Hochmut, daß es mit uns was
sein sollte, das hat es gemacht, das ist es. Du wolltest hoch
hinaus und was Apartes haben, damit sie sich wundern sollten.
Und was haben wir nun davon? Da stehen die Sachen, und das Bauernvolk
lacht uns aus.«
»Sie beneiden uns.«
»Nun gut, vielleicht, oder wenigstens, solang es vorhält.
Aber wenn das alles eines schönen Tages fort ist?«
»Das darf nicht sein.«
»Die Gerichte fragen nicht lange.«
»Das darf nicht sein, sag ich. Alles andre.
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