Der Comanche hatte gestern Abend von dem Rittmeister erfahren, daß sein Genosse von den Apachen getötet worden sei, und dies hatte ihn zur Rache getrieben. Er war noch während der Nacht nach dem Wald gegangen, in welchem er auf der Weymouthskiefer gesessen hatte, und hatte dann mit Tagesanbruch sein Werk begonnen; er war den Spuren der Apachen gefolgt. Als er in die Nähe der Pyramide kam, gebot ihm die Klugheit, Halt zu machen. Er ahnte, daß sie sich dort bei der Pyramide befänden. Er schlug einen weiten Kreis um dieselbe, und erfuhr da, daß die Spuren nur bis zu dem Bauwerk, aber nicht weiter führten.
Jetzt kehrte er in die Hacienda zurück und machte dem Rittmeister seine Meldung. Dieser war noch voller Wut über die Schlappe, welche er gestern abend erhalten hatte, und beschloß, sich sofort zu rächen! Er ließ satteln und aufsitzen und ritt mit allen seinen Leuten nach der Pyramide; auch die meisten Vaqueros schlossen sich an, um Zeugen des Kampfes zu werden.
Als Sternau den Reitertrupp herankommen sah, nickte er nachdenklich mit dem Kopf. Über sein schönes, männliches Gesicht glitt ein Zug lustiger Ironie.
„Das sind über hundert Mann“, sagte er. „Wie viele Apachen sind nötig, sie abzuhalten?“
„Fünfzig“, antwortete ‚Bärenherz‘.
„Sagen wir hundert“, meinte Sternau. „Die anderen hundert will ich mit mir nehmen.“
„Wohin?“
„Das ist noch mein Geheimnis. ‚Grizzlytöter‘ mag hundert Mann aufsitzen lassen und mit mir kommen.“
Noch war kaum eine Minute vergangen, so saß diese Mannschaft im Sattel und wartete auf Sternau, um sich von ihm anführen zu lassen.
„Was beabsichtigen Sie denn eigentlich?“ fragte ‚Donnerpfeil‘.
„Das werden Sie später sehen.“
„Sie kommen doch wieder?“
„Versteht sich. Halten Sie sich gut gegen die Dragoner!“
Er setzte sich an die Spitze seiner Reiter und verließ die Pyramide. Gerade von Süden her kamen die Dragoner, und gerade nach Norden ritten die Apachen davon; die ersteren konnten die letzteren nicht sehen, da das breite, hohe Bauwerk dazwischen lag.
Sternau ritt im schnellsten Galopp. Als er bemerkte, daß er von der Pyramide aus nicht mehr gesehen werden konnte, schwenkte er nach Westen und dann nach Süden um und schwenkte nach einer Weile nach Osten ein. Auf diese Weise hatten sie einen Halbkreis geschlagen und kamen von Westen her auf die Hacienda zu. Als sie die Besitzung endlich sahen, bemerkten sie, daß kein einziger Vaquero sich auf der Weide befand, darum erreichten sie das Haus ganz unbemerkt. Es war nur die alte Wirtschafterin mit dem weiblichen Dienstpersonal vorhanden.
Sie erhoben ein fürchterliches Angstgeheul, als sie die Apachen erblickten, wurden aber bald zur Ruhe gebracht. Jetzt nun wurde das ganze Haus durchsucht. Man fand Proviant in Menge, auch Waffen und Munition, von der letzteren den ganzen Vorrat der Dragonerschwadron. Alles, was bei einem Biwak an der Pyramide gebraucht werden konnte, wurde auf die Pferde geladen; die Frauen waren eingesperrt worden, und als die Apachen nun fertig waren, warteten sie auf die Rückkehr der Dragoner.
Als diese vorhin in die Nähe der Pyramide gekommen waren, hielten sie zunächst an, um zu rekognoszieren. Ein Unteroffizier mußte mit seiner Sektion absteigen und zu Fuß vorrücken. Sie näherten sich den Büschen immer mehr, ohne daß man dort ein Lebenszeichen bemerkt hätte. Schon glaubte der Rittmeister, daß der Comanche sich geirrt habe, und daß hier von Apachen gar keine Rede sei, da donnerte plötzlich eine Salve, und der Unteroffizier stürzte mit seiner ganzen Sektion tot zu Boden nieder, kein einziger lebte.
„Heilige Madonna, sie sind wirklich da!“ rief der Rittmeister. „Das Plänkeln hilft nichts. Diese verdammten Rothäute fürchten den offenen Angriff, sie werden sofort ausreißen. Drauf auf sie!“
In donnerndem Galopp brauste die Schwadron gegen das Gebüsch. Der Kommandeur war ein mutiger Mann, aber er besaß keine Klugheit. Als ‚Büffelstirn‘ und die anderen Anführer erkannten, daß der Angriff nur von dieser Seite geschehen werde, riefen sie ihre Leute zusammen. Am Rande des Gebüsches lagen sie versteckt, Mann an Mann, und als die Reiter in genügender Nähe herangekommen, krachten ihre Büchsen und schwirrten ihre Pfeile.
Es entstand ein gewaltiger Wirrwarr unter den Dragonern. Tote und verwundete Menschen und Tiere lagen untereinander, und die anderen waren gezwungen, anzuhalten. Auch den Rittmeister hatte ein Pfeil verwundet.
„Das ist dieser ‚Fürst des Felsens‘!“ zürnte er.
1 comment