Auch wollte ich keine Entsagung üben – höchstens im Notfall. Ich wollte tief leben, alles Mark des Lebens aussaugen, so herzhaft und spartanisch leben, daß alles, was nicht Leben war, aufs Haupt geschlagen würde. Ich wollte mit großen Zügen knapp am Boden mähen, das Leben in die Enge treiben und es auf die einfachste Formel bringen ..."

 

Gegen Ende März 1845 lieh Thoreau von seinem Freunde Alcott eine Axt, zog zum Waldenteich, fällte Tannen und begann das Holz zum Hausbau herzurichten. Zwei bis drei Wochen widmete er froh und fleißig diesem Vergnügen. Dann stellte er mit Hilfe einiger Freunde, die er mehr aus Höflichkeit als aus Notwendigkeit herbeigerufen hatte, sein Haus auf. Die Hütte war zehn Fuß lang und fünfzehn Fuß breit, hatte einen Speicher, einen Wandschrank, ein großes Fenster und erhielt später auch einen Kamin. An Hausrat gab es nur ein Bett, einen Tisch, drei Stühle, einen Spiegel (drei Zoll im Durchmesser), einen Kessel, eine Bratpfanne, einen Schöpflöffel, einen Becher, zwei Messer und zwei Gabeln, drei Teller, ein Waschgeschirr, einen Krug für Öl und einen für Melasse und eine Lampe. Einige Ziegelsteine, die auf seinem Schreibtisch lagen und jeden Morgen abgestäubt werden mußten, warf er bald aus dem Fenster: wenn schon etwas abgestäubt werden müßte, so sollte es der geistige Hausrat sein. Jeden Morgen nahm er ein Bad im Teich. Das war religiöse Übung. Dann kam die Tagesarbeit oder die Tagesmuße. Er pflügte, noch ehe sein Haus fertig war, etwa zweieinhalb Morgen sandigen Bodens um und bepflanzte sie mit Bohnen, zum Teil mit Kartoffeln und mit Erbsen und Rüben. Im ersten Sommer arbeitete er stets von fünf Uhr bis zur Mittagsstunde auf dem Felde. Leute, die dort vorüberkamen, schauten mit Verwunderung auf den seltsamen Farmer, der, ohne Dünger auf den Acker zu bringen, um eine Zeit Bohnen pflanzte, wo andere sie bereits hackten. Der seltsame Farmer aber empfand in seiner Seele eine fast überirdische Befriedigung. Er begann seine Bohnen zu lieben, obwohl er mehr von ihnen großzog als er bedurfte. Sie brachten ihn der mütterlichen Scholle näher, und er ward stark wie Antaeus. Und wenn er mit seiner Hacke gegen einen Stein schlug, und Himmel und Erde diese Musik widerhallten, dann hatte er schon reichliche Ernte. "Es waren keine Bohnen mehr, die ich hackte, und ich war es nicht mehr, der sie hackte, schrieb der Mystiker Thoreau ... Hatte er den Morgen hindurch gearbeitet, dann erfrischte er sich durch ein zweites Bad im Teich und genoß am Nachmittag völlige Freiheit, durchstreifte Wälder und Felder, wohin auch immer die Stimmung ihn trieb. Oft widmete er den ganzen Tag der Muße. Er sagt in seinem Waldenbuch: "Bisweilen saß ich an Sommertagen, wenn ich mein gewohntes Bad genommen hatte, vom Sonnenaufgang bis zum Mittag traumverloren im Sonnenschein auf meiner Türschwelle zwischen Fichten, Walnußbäumen und Sumach in ungestörter Stille und Einsamkeit, während die Vögel ringsum sangen und geräuschlos durch das Haus flatterten. Erst wenn sich die Sonne in meinem Fenster gen Westen spiegelte, oder das Rollen eines Reisewagens auf der fernen Landstraße erklang, kam mir der Gedanke, wie schnell die Stunden verflogen. In solchen Stunden wuchs ich wie der Mais in der Nacht. Sie waren auch weitaus besser angewendet als irgend ein Werk meiner Hände hätte sein können. Sie wurden meinem Erdenwallen nicht abgezogen, sondern zugelegt." Die Stunden wurden ihm nicht durch das Schlagen einer Uhr zersetzt. In Mondnächten ließ er auf dem Teich im Boot sich treiben und weckte mit seiner Flöte Klang das Echo der schlummernden Wälder. ... In seiner Kleidung war er völlig anspruchslos. Er trennte sich ungern von alten Schuhen und Socken, sie waren ihm mit der Zeit vertraute Freunde geworden.