Isolani tritt herein.
ISOLANI.
Hier bin ich – Nun! wer kommt noch von den andern?
OCTAVIO geheimnisvoll.
Vorerst ein Wort mit Euch, Graf Isolani.
ISOLANI geheimnisvoll.
Solls losgehn? Will der Fürst was unternehmen?
Mir dürft Ihr trauen. Setzt mich auf die Probe.
OCTAVIO.
Das kann geschehn.
ISOLANI.
Herr Bruder, ich bin nicht
Von denen, die mit Worten tapfer sind,
Und kommts zur Tat, das Weite schimpflich suchen.
Der Herzog hat als Freund an mir getan,
Weiß Gott, so ists! Ich bin ihm alles schuldig.
Auf meine Treue kann er baun.
OCTAVIO.
Es wird sich zeigen.
ISOLANI.
Nehmt Euch in acht. Nicht alle denken so.
Es haltens hier noch viele mit dem Hof,
Und meinen, daß die Unterschrift von neulich,
Die abgestohlne, sie zu nichts verbinde.
OCTAVIO.
So? Nennt mir doch die Herren, die das meinen.
ISOLANI.
Zum Henker! Alle Deutschen sprechen so.
Auch Esterhazy, Kaunitz, Deodat
Erklären jetzt, man müß dem Hof gehorchen.
OCTAVIO.
Das freut mich.
ISOLANI.
Freut Euch?
OCTAVIO.
Daß der Kaiser noch
So gute Freunde hat und wackre Diener.
ISOLANI.
Spaßt nicht. Es sind nicht eben schlechte Männer.
OCTAVIO.
Gewiß nicht. Gott verhüte, daß ich spaße!
Sehr ernstlich freut es mich, die gute Sache
So stark zu sehn.
ISOLANI.
Was Teufel! Wie ist das?
Seid Ihr denn nicht! – Warum bin ich denn hier?
OCTAVIO mit Ansehen.
Euch zu erklären rund und nett, ob Ihr
Ein Freund wollt heißen, oder Feind des Kaisers?
ISOLANI trotzig.
Darüber werd ich dem Erklärung geben,
Dems zukommt, diese Frag an mich zu tun.
OCTAVIO.
Ob mir das zukommt, mag dies Blatt Euch lehren.
ISOLANI.
Wa – was? Das ist des Kaisers Hand und Siegel.
Liest.
»Als werden sämtliche Hauptleute unsrer
Armee der Ordre unsers lieben, treuen,
Des Generalleutnant Piccolomini,
Wie unsrer eignen« – Hum – Ja – So – Ja, ja!
Ich – mach Euch meinen Glückwunsch, Generalleutnant.
OCTAVIO.
Ihr unterwerft Euch dem Befehl?
ISOLANI.
Ich – aber
Ihr überrascht mich auch so schnell – Man wird
Mir doch Bedenkzeit, hoff ich –
OCTAVIO.
Zwei Minuten.
ISOLANI.
Mein Gott, der Fall ist aber –
OCTAVIO.
Klar und einfach.
Ihr sollt erklären, ob Ihr Euren Herrn
Verraten wollet, oder treu ihm dienen.
ISOLANI.
Verrat – Mein Gott – Wer spricht denn von Verrat?
OCTAVIO.
Das ist der Fall. Der Fürst ist ein Verräter,
Will die Armee zum Feind hinüberführen.
Erklärt Euch kurz und gut. Wollt Ihr dem Kaiser
Abschwören? Euch dem Feind verkaufen? Wollt Ihr?
ISOLANI.
Was denkt Ihr? Ich des Kaisers Majestät
Abschwören? Sagt ich so? Wann hätt ich das
Gesagt?
OCTAVIO.
Noch habt Ihrs nicht gesagt. Noch nicht.
Ich warte drauf, ob Ihr es werdet sagen.
ISOLANI.
Nun seht, das ist mir lieb, daß Ihr mir selbst
Bezeugt, ich habe so was nicht gesagt.
OCTAVIO.
Ihr sagt Euch also von dem Fürsten los?
ISOLANI.
Spinnt er Verrat – Verrat trennt alle Bande.
OCTAVIO.
Und seid entschlossen, gegen ihn zu fechten?
ISOLANI.
Er tat mir Gutes – doch wenn er ein Schelm ist,
Verdamm ihn Gott! die Rechnung ist zerrissen.
OCTAVIO.
Mich freuts, daß Ihr in gutem Euch gefügt.
Heut Nacht in aller Stille brecht Ihr auf
Mit allen leichten Truppen; es muß scheinen,
Als käm die Ordre von dem Herzog selbst.
Zu Frauenberg ist der Versammlungsplatz,
Dort gibt Euch Gallas weitere Befehle.
ISOLANI.
Es soll geschehn. Gedenkt mirs aber auch
Beim Kaiser, wie bereit Ihr mich gefunden.
OCTAVIO.
Ich werd es rühmen.
Isolani geht. Es kommt ein Bedienter.
Oberst Buttler? Gut.
ISOLANI zurückkommend.
Vergebt mir auch mein barsches Wesen, Alter.
Herr Gott! Wie konnt ich wissen, welche große
Person ich vor mir hatte!
OCTAVIO.
Laßt das gut sein.
ISOLANI.
Ich bin ein lustger alter Knab, und wär
Mir auch ein rasches Wörtlein übern Hof
Entschlüpft zuweilen, in der Lust des Weins,
Ihr wißt ja, bös wars nicht gemeint.
Geht ab.
OCTAVIO.
Macht Euch
Darüber keine Sorge! – Das gelang!
Glück, sei uns auch so günstig bei den andern!
Sechster Auftritt
Octavio Piccolomini. Buttler.
BUTTLER.
Ich bin zu Eurer Ordre, Generalleutnant.
OCTAVIO.
Seid mir als werter Gast und Freund willkommen.
BUTTLER.
Zu große Ehr für mich.
OCTAVIO nachdem beide Platz genommen.
Ihr habt die Neigung nicht erwidert,
Womit ich gestern Euch entgegenkam.
Wohl gar als leere Formel sie verkannt.
Von Herzen ging mir jener Wunsch, es war
Mir Ernst um Euch, denn eine Zeit ist jetzt,
Wo sich die Guten eng verbinden sollten.
BUTTLER.
Die Gleichgesinnten können es allein.
OCTAVIO.
Und alle Guten nenn ich gleichgesinnt.
Dem Menschen bring ich nur die Tat in Rechnung,
Wozu ihn ruhig der Charakter treibt;
Denn blinder Mißverständnisse Gewalt
Drängt oft den Besten aus dem rechten Gleise.
Ihr kamt durch Frauenberg. Hat Euch Graf Gallas
Nichts anvertraut? Sagt mirs, Er ist mein Freund.
BUTTLER.
Er hat verlorne Worte nur gesprochen.
OCTAVIO.
Das hör ich ungern, denn sein Rat war gut.
Und einen gleichen hätt ich Euch zu geben.
BUTTLER.
Spart Euch die Müh – mir die Verlegenheit,
So schlecht die gute Meinung zu verdienen.
OCTAVIO.
Die Zeit ist teuer, laßt uns offen reden.
Ihr wißt, wie hier die Sachen stehn. Der Herzog
Sinnt auf Verrat, ich kann Euch mehr noch sagen,
Er hat ihn schon vollführt; geschlossen ist
Das Bündnis mit dem Feind vor wengen Stunden.
Nach Prag und Eger reiten schon die Boten,
Und morgen will er zu dem Feind uns führen.
Doch er betrügt sich, denn die Klugheit wacht,
Noch treue Freunde leben hier dem Kaiser,
Und mächtig steht ihr unsichtbarer Bund.
Dies Manifest erklärt ihn in die Acht,
Spricht los das Heer von des Gehorsams Pflichten,
Und alle Gutgesinnten ruft es auf,
Sich unter meiner Führung zu versammeln.
Nun wählt, ob Ihr mit uns die gute Sache,
Mit ihm der Bösen böses Los wollt teilen?
BUTTLER steht auf.
Sein Los ist meines.
OCTAVIO.
Ist das Euer letzter
Entschluß?
BUTTLER.
Er ists.
OCTAVIO.
Bedenkt Euch, Oberst Buttler.
Noch habt Ihr Zeit. In meiner treuen Brust
Begraben bleibt das raschgesprochne Wort.
Nehmt es zurück. Wählt eine bessere
Partei. Ihr habt die gute nicht ergriffen.
BUTTLER.
Befehlt Ihr sonst noch etwas, Generalleutnant?
OCTAVIO.
Seht Eure weißen Haare! Nehmts zurück.
BUTTLER.
Lebt wohl!
OCTAVIO.
Was? Diesen guten, tapfern Degen
Wollt Ihr in solchem Streite ziehn? Wollt
In Fluch den Dank verwandeln, den Ihr Euch
Durch vierzigjährge Treu verdient um Östreich?
BUTTLER bitter lachend.
Dank vom Haus Östreich!
Er will gehen.
OCTAVIO läßt ihn bis an die Türe gehen, dann ruft er.
Buttler!
BUTTLER.
Was beliebt?
OCTAVIO.
Wie war es mit dem Grafen?
BUTTLER.
Grafen! Was?
OCTAVIO.
Dem Grafentitel, mein ich.
BUTTLER heftig auffahrend.
Tod und Teufel!
OCTAVIO kalt.
Ihr suchtet darum nach. Man wies Euch ab.
BUTTLER.
Nicht ungestraft sollt Ihr mich höhnen. Zieht!
OCTAVIO.
Steckt ein. Sagt ruhig, wie es damit ging. Ich will
Genugtuung nachher Euch nicht verweigern.
BUTTLER.
Mag alle Welt doch um die Schwachheit wissen,
Die ich mir selber nie verzeihen kann!
– Ja! Generalleutnant, ich besitze Ehrgeiz,
Verachtung hab ich nie ertragen können.
Es tat mir wehe, daß Geburt und Titel
Bei der Armee mehr galten, als Verdienst.
Nicht schlechter wollt ich sein, als meinesgleichen,
So ließ ich mich in unglückselger Stunde
Zu jenem Schritt verleiten – Es war Torheit!
Doch nicht verdient ich, sie so hart zu büßen!
– Versagen konnte mans – Warum die Weigerung
Mit dieser kränkenden Verachtung schärfen,
Den alten Mann, den treu bewährten Diener
Mit schwerem Hohn zermalmend niederschlagen,
An seiner Herkunft Schmach so rauh ihn mahnen,
Weil er in schwacher Stunde sich vergaß!
Doch einen Stachel gab Natur dem Wurm,
Den Willkür übermütig spielend tritt –
OCTAVIO.
Ihr müßt verleumdet sein. Vermutet Ihr
Den Feind, der Euch den schlimmen Dienst geleistet?
BUTTLER.
Seis, wer es will! Ein niederträchtger Bube,
Ein Höfling muß es sein, ein Spanier,
Der Junker irgend eines alten Hauses,
Dem ich im Licht mag stehn, ein neidscher Schurke,
Den meine selbstverdiente Würde kränkt.
OCTAVIO.
Sagt! Billigte der Herzog jenen Schritt?
BUTTLER.
Er trieb mich dazu an, verwendete
Sich selbst für mich, mit edler Freundeswärme.
OCTAVIO.
So? Wißt Ihr das gewiß?
BUTTLER.
Ich las den Brief.
OCTAVIO bedeutend.
Ich auch – doch anders lautete sein Inhalt.
Buttler wird betroffen.
Durch Zufall bin ich im Besitz des Briefs,
Kann Euch durch eignen Anblick überführen.
Er gibt ihm den Brief.
BUTTLER.
Ha! was ist das?
OCTAVIO.
Ich fürchte, Oberst Buttler,
Man hat mit Euch ein schändlich Spiel getrieben.
Der Herzog, sagt Ihr, trieb Euch zu dem Schritt? –
In diesem Briefe spricht er mit Verachtung
Von Euch, rät dem Minister, Euren Dünkel,
Wie er ihn nennt, zu züchtigen.
Buttler hat den Brief gelesen, seine Knie zittern, er greift nach einem Stuhl, setzt sich nieder.
Kein Feind verfolgt Euch.
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